Lacan, Schriften I, Haas

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JacquesLacan

SCHRIFTE,NI Ausgewählt und herausgegeben von Norbert Haas übersetzt v,rn Rodolphe Gasch6,Norbert Haas, Klaus Laermann und Peter Stehlin unter Mitwirkung von Chantal Creusot

Quadriga

I)AS \flERK VON JACQUES LACAN I IN.RAUSGEBER: JACQUES-ALAINMILLER

I r r t l c r r t sl tr c r S p r a c h c l r t ' r ' , r r r s g c g t ' bvc( )l tn N o r b e r t H a a s r r r r t lI l . r r r s. fo r r c l r i r rM r ctz.gcr soclr I t ' k t , r r , t t(:, 1 ; r t rK

JacquesLacan

SCHRIFTENI Ausgewählt und herausgegeben von Norbert Haas Übersetzt von Rodolphe Gasch6,Norbert Haas, Klaus Laermann und Peter Stehlin unter Mitwirkung von Chantal Creusot

Quadriga

l ) i c i n d i e s e mB a n d e n t h a l t e n e nA r b e i t e n v o n . l : r c q u c sl - a c a ns i n d e r s c h i e n e n i n " F . c r i t s " ,P a r i s 1 9 6 6 .

UnlversitätcBib!iothok Mürrchert

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OlP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek l.acen, Jacques: l ) r s V e r k / v o n J a c q u e sL a c a n . H r s g . : J a c q u e s Alain Miller. In dt. Sprache hrsg. von Norbert [{aas u. Hans-Joachim Metzger. - \üeinheim ; llcrlin : Quadriga N l ; . : l . a c a n ,J a c q u e s :[ S a m m l u n g . d t . ' ] S ch r i f t e n . l. Ausgew. und hrsg. von Norbert Haas. übers. von Rodolphe Gaschd ... unter Mitw. von (ihental Creusot. - 3., korr. Aufl. - 1991 ISIIN 3-88679-901-8

Allc l(celrrc, insbcsoncleredas Recht der Vervielfältigung r r n t l V c r [ r r c i t u n gs o w i c d e r Ü b e r s e t z u n g ,v o r b e h a l t e n . 'l'crl Kcirr tlcs Verkes darf in irgendeiner Form ( r l r r r t l r I i o t o k o p i c , M i k r o f i l m o d e r e i n a n d e r c sV e r f a h r e n ) , r l r r r cr c l r r i l t l i c h c G e n e h m i g u n gd e s V e r l a g e sr e p r o d u z i e r t o d e r r r r r t c rV c r w c n d u n g c l e k t r o n i s c h e rS y s t e m ev e r a r b e i t e t , v c r v r c l l i l t i g r o d c r v c r b r c i t e tw e r d e n . t ß tl i l i t i o n s d u S e u i l . P a r i s 1 9 6 6 rg l9tt6 ()uadriga Verlag, \feinheim, Berlin o 1 9 9 1 ,. 1 .k o r r . A u f l a g e Vicrlcrverirffcntlichung der im rtüalter-VerlagOlten l ' 1 7 . ]c r s t h i e n c n e n A u s g a b e . ( icrlrntherstcllung: f)ruckhaus Beltz, 6944 Hemsbach I l r r r r e h l r g g c s t a l t u n gM : enfred Manke tsltN l 886u9-90t-8

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Inhalt D A S S E M I N A RU B E RE .A . P O E S . D E R E N T I W E N D E TBER I E F " 7 DarstellungdesweiterenVerlaufs 4r Einführung 44 (r966) j4 Parenthese der Parenthesen A L S B I L D N E RD E R I C H F U N K T I O N , I'DASSPIEGELSTADIUM Vie sieunsin der psydroanalytisdren Erfahrung ersdreint (Beridrt für den r6. InternationalenKongreßfür Psydroanalyse inZüridr amrT.Juli r949) 6t F U N K T I O NU N D F E L DD E SS P R E C H E NU SN D D E R S P R A C H EI N D E R P S Y C H O A N A L Y S E (Beridrt auf dem Kongreßin Rom am 26. und 4. Septemberr953 im Istituto di Psicologiadella Universitädi Roma) 7r Vorwort 73 Einleitung 78 I. LeeresSprecJren und vollesSpredrenin der psydroanalytisdren DarstellungdesSubjekts 84 II. Symbol und Spradreals Struktur und Grenzbestimmung des psydroanalytisdren Feldes rot III. Die Resonanzder Interpretation und die Zeit desSubjektsin der psydroanalytisdrenTedrnik rjr DIE AUSRICHTUNG DERKUR UND DIE PRINZIPIEN IHRER MACHT (Vortrag beim Kolloquiumvon Royaumontro.-r3. Juli r9y8) 17L I. II. III. IV. V.

\t?eranalysiertheute? 17t IfleldrerPlatz gehörtder Interpretation? r8r I7oran ist man mit der Ubertragung? r9r rtfliemit seinemSeinagieren 2o3 Man muß dasBegehrenbuchstäblidrnehmen 2ro

11DAS SEMINAR ÜBER E.A.POES .DER ENTTTENDETE BRIEF,'

I A.d.Ü.: Im Original lautet der Titel Baudelaires Übersetzung folgend Le sdminaire sur .La lettre vol6e'. In der deutsdren Übersetzung geht audr verloren, daß letne Brief und Bud-rstabeheißt, was wir bei Gelegenheit mit dem Kunsrwort .Letter> umsdrreiben.

Und wenn esuns glüdtt, Und wenn essidr sdridrt, So sind esGedanken. unsere Forsdrunghat uns zu der Erkenntnisgeführt, daß das Prinzip in dem gründet, was wir die Insistenz der des lüTiederholungszwangs2 signifikantenKette nannten,DiesenBegriff habenwir ausseinerKorrelationzu Ex-sistenz(oderaudt:zum exzentrisdtenOrt) abgeleitälin -äer *ir das Subjekt des Unbewußten,wollen wir die Entdedrung anzusiedelnhaben.Bekanntlid'rist in der von der Freudsernstnehmen, inauguriertenErfahrung zu begreifen,mittels welcher Psychoanalyse rüflinkelzüge desImaginärendieseSymbolwerdungbis ins Innerstedes mensdrlichen Organismussidr auswirkt. DiesesSeminarsoll lehren,daß dieseimaginärenInzidenzen,die keineswegs das lVesentlidreunsererErfahrung repräsentieren'uns nur Inliefern, es sei denn, sie werden auf die symbolisdreKette konsistentes bezogen,die sieverbindetund ausridrtet. in jenen Gewiß,wir kennendie Vidrtigkeit der imaginärenPrägungen3 Aufteilungender symbolisdrenAlternative, die der signifikantenKette ihren Verlauf geben.Vir behauptenaber, das dieserKette eigentümpsydroanalid:e Gesetzregieredie für das Subjekt determinierenden lytischenEffekte: die Verwerfung, die Verdrängung,die Verneinung selbst- wobei wir, was die ricltige Akzentuierunganbelangt,verdeutlidren müssen,daß dieseEfiekte sotreu der EntstellungadesSignifikanten folgen,daß die imaginärenFaktoren,trotz ihrer Trägheit,hier nur auftreten. in Gestaltvon Sdrattenund Spiegelungen Audr wäre dieserAkzent vergebensgesetzt,sollte er in Ihren Augen zu abstrahienur dazu dienen,eineallgemeineForm von Phänomenen ren, derenPartikularität in unsererErfahrung das Wesentlidrefür Sie nur künstlidr ausbliebe,und deren ursprünglidreZusammensetzung wäre. einanderzubredren rz Deshalbkamenwir darauf, dieVahrheit, die sidr ausdemMoment des daswir untersudlten,ergibt,daß nämlidr die symFreudsdrenDenkens, bolischeOrdnung konstitutiv seifür das Subjekt,Ihnen heutean einer t A.d.Ü.: Im Original deutsdrin Klammern. Lacan übersetzt\fiederholungszwang mit cutomatisme de rip|tition statt mit dem gebräudrlidtencompilsion de röpätition, E A.d.Ü.: Im Original: imprögnationsimaginaires(Prägung)' { A.d.Ü.: Der Originaltext bringt die Termini Verwerfung, Verdrängung,Verneinung, Entstellungdeutsdrin Klammerzusätzen,

Cieschic}te zu illustrieren; und zwar indem wir Ihnen an dieserGes&ichte darstellen,wie das Subjekt aus dem Durdrlauf einesSignifikanteneinehöhereDeterminierungerfährt. I)ieseVahrheit, das wollen wir festhalten,ist nodr die Voraussetzung clerFiktion. Folglidr eignetsidr eineFabelso gut wie jede andereGesciichte,sie ins Lidrt zu rüd<en- wobei nicht zu vermeidenseinwird, dicseauf ihre Kohärenzhin zu überprüfen.Von diesemVorbehalt abgcschen, besitztsiejedoö den Vorzug, die NotwendigkeitdesSymbolisdrenum so reinerzu manifestieren,als sieuns vom Arbiträren regiert crsdreint. Aus diesemGrunde habenwir, ohne weiter zu sudren,unserBeispiel jcncr Gesclic"hte entnommen,in der die Dialektik desSpielsvon "Grad rrdcrUngrad", die wir uns kürzlic.trzuntrtzegemachthaben,enthalten ist.Daß sichdieseGeschidrte überdiesals vorteilhaft erwiesenhat,einen [.Jntersuc]rungsgang fortzusetzen,der sichsdronauf sie bezogenhatte, ist ohne Zw eifel kein Zuf all. I'ls handelt sicl, wie Sie wissen,um die von BaudelaireübersetzteErz.ählung:.Der entwendeteBrief., In einer erstenAnnäherungmuß in ihr cin Drama von seinererzählerischen Darstellungund den VoraussctzungendieserDarstellunguntersdrieden werden. lrn übrigenwird man sdrnellsehen,was dieseKomponentennotwendig matfit, und man wird sehen,daß sie den Absidrtendesjenigen, der sie zusarnmcngesetzt hat, nidrt entgangenseinkönnen. l)ic crz.ählerisdre DarstellungverdoppeltdasDrama durdr einenKomrncrltltr,ohne den keine Inszenierungmöglidr wäre. Sagenwir, seine I hrrdlung bliebe anderenfallsvom Zusdrauerraumher eigentlidrunaudr schonvon den sichtbar,außerdemfehlteseinemDialogentsdrieden, jeder Arrforderungen desDramasher, Sinn,den ein Zuhörermit ihm vcrknüpfen könnte; mit anderen'\üü'orten: nichtsvom Drama könnte in Iirscheinungtreten, könnte vom Auge oder durdr das Ohr aufgenonlrncnwerden,ohnedasLicht, dasdie Erzählungauf jededer Szenen wirft vom Gesicltspunktaus, den jeder der Akteure hatte, als er sie spicltc. lls sind zwci Szenen.Die erstebezeidrnenwir sofort als Urszene,nidrt rurrrrbsidrtlidr, denn die zweitekann als ihre Viederholungangesehen werdcnin dcm Sinne,der hierzur Debattesteht. l)ic Urszenc,sagt man uns, spielt also im königlidrenBoudoir,und l 3 zwllr s(),clirßwir vermutenkönnen,diePersonvon allerhödrstemStanrlc, sic wird auchocrlaudrtePerson'genannt,die sidr dort alleinauf-

hält, wie sieeinenBrief empfängt,seidie Königin. DieseAhnung wird durdr die Verlegenheitbestätigt,in die sie durdr den Eintritt der anderen erlauöten Persongebraclt wird, von der man uns sdron vorher gesagthat, daß, nähmesie von dem genanntenBrief Kenntnis,nidrts der Dame. Geringeresaufs Spiel gesetztwäre als Ehre und Seelenruhe werden in der handelt, König Alle Zweifel, daß essidrwirklidr um den Tat sdrlagartigdurdr die Szenebehoben,die mit dem Eintritt desMinistersD... beginnt.In diesemAugenblidrkonntedie Königin in der tun, als sichdie UnaufmerksamkeitdesKönigs zuTat nichtsBesseres nutze madrend,den Brief umgedreht,.die Adresseobenauf" liegenzu lassen.Dieseentgehtallerdingsnidrt dem Luc}saugedesMinisters,um so mehr als er die Verwirrung der Königin bemerkt und so ihr Geheimniserrät. Von nun an läuft alleswie in einemUhrwerk ab. Nadrdem er in der ihm eigenenManier und mit dem ihm eigenenSdrarfsinn erörtert hat, zieht der Minister aus die öffentlichenAngelegenheiten in Rede stehendenin etwa ähnelt, der dem seinerTasdreeinenBrief, stellt sidr, als leseer, und legt ihn dann nebenden anderenhin. Nadrunterhaldem er noc} mit ein paar'Wortendie königlicle Gesellsd-raft ten hat, nimmt er den kompromittierendenBrief jäh an sidrund bridrt raschauf, ohne daß die Königin, die seinTreiben beobadrtethat, eingreifenkann, will sienidrt Gefahr laufen,die AufmerksamkeitdesköniglidrenGemahlszu wedren,der in diesemAugenblicl didrt an ihrer Seitesteht. Einem mögliclen Zusclauerhätte also die ganzeOperation, bei der niemandgestörthat, verborgenbleibenkönnen: ihr Quotienr besteht darin, daß der Minister der Königin ihren Brief entwendethat und Ergebnisdar, die Königin daß, und dies stellt ein nochbedeutsameres jetzthat, und dasniclt sdruldlos. weiß, daßer esist, der ihn Ein Rest, den kein Analytiker außer Adrt lassenkann, da er darauf dressiertist, alles, was zum Signifikantengehört, festzuhalten,audr wenn er nicht immer weiß, was er damit anfangensoll: der Brief, den der Minister hinterläßt und den die Hand der Königin jetzt zu einer Papierkugelzerknüllenkann. Zweite Szene:im BureaudesMinisters.SeinPalaisund dessenUmgebung- wir wissendavon ausdemBerichtdesPolizeipräfektenan jenen Dupin, desseneigentümlidreGabe,rätselhafteFälle aufzuklären,Poe hier zum zweitenmaleinführt - hat die Polizei seitadttzehnMonaten gründlichdurdrsudrt,indem sie dorthin so oft zurüdrkehrte,als es die nädrtlidreAbwesenheit,eineder GewohnheitendesMinisters,erlaubte. I I

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Vergeblich- obwohl jeder aus der Situation schließenkann, daß der Minister diesenBrief zur augenblicJrlidren Verfügungbereithält. Dupin läßt sidr beim Minister melden.Dieserempfängtihn mit betontcr Gleidrgültigkeit,mit \ü/orten,die den Ansdreineinesromandsdren Ennui erwedrensollen.Dupin jedocJr,der sidr durdr dieseVerstellung nidrt täuschenläßt, mustert unrer dem Sdrutz einer grünen Brille die Gemädrer.Als seinBlidr sdrließlidrauf ein stark zerknittertesBillett fällt, dasgänzlidrverlassenim Fadr einessdräbigenKartenhaltersaus Pappkartonsteckt,der durdr seinenFlitter den Blid und mit einem Ilrief bewaffnet,der dem gegenwärtigenAussehendesgesudrtenähnlidr sieht, am nädrstenMorgen wieder vorzuspredren,um sie abzuholen. Vährend einesZwisdrenfallsauf der Straße,der für den ridrtigen Augenblidrvorbereitetworden ist, und bei dem der Minister ans Itenstereilt, nutzt Dupin die Gelegenheit,nun seinerseits den Brief an sich z.u nehmenund ihn durdr den ähnlidrenzu ersetzen;er braudrt jctz.tnur nocl gegenüber dem Minister den SdreineinesnormalenAbsdrieds zu wahren. Audr hier ist alles,zwar nidrt geräusdrlos, dodr ohneLärm vonsrarten gcgangen.Der Quotient der Handlung bestehtdarin, daß der Minister dcn Brief nidrt länger besitzt, davon allerdingsnidrts weiß und erst rcdrt nicht ahnr, daß Dupin esist, der ihn ihm geraubthat. \?as ihm in der Fland bleibt, ist darüberhinausfür den weiteren Verlauf keines'$üir wcgs unsignifikant. werden nodr darauf zurüd
von Zügen gebildet,die nur zu aus der einfadrenZusammenstellung Es ihre Differenz auszugleidren. sind, dem einzigenZwed
sacle,daß der ersteseinenKopf in den Sandgesteckthat, während er sich von einem Dritten in aller Ruhe die Federn aus dem Hinrern rupfen läßt; man müßtenur die spridrwörtlidreBezeiclnungdavon um cinen einz-igenBuchstabenbereidrern,um aus ihr die politique de l'autruicbe6zu madren,damit sie sdrließlichvon nun an in sidr einen ncucnSinnfände. Nadrdem wir in dieser'Weisedas intersubjektiveMuster für die sidr wicderholendeAktion angegeben haben,brauc}enwir in ihr nur nodr
der andere und astrudte :

r A.d,U.: If ier und in den folgenden Zeilen steht im Original döplacement, das Lat,ur, vgl. dcn Beginn der vorlesung, gegen den Braudr audr für.Entstellung" verwcrrdct. t1

Verbredrenoder einemVergehenher motiviert wird - das heißt seine 'Werkzeuge und Ausführung,das VerNatur und seineBeweggründe, fahren, mit dessenHilfe der Urheber aufgefunden,wie audr die Art wie er überführtwird -, hier bei BeginnjederPeripetiesorgund \üüeise, fältig eliminiertist. I)er Betrugist von Anfang an tatsädrlidrebensooffensidrtlidr,wie die S&lidre des Sdruldigenund ihre Auswirkungen auf sein Opfer. Das Problem besdrränktsidr im Augenblidr, in dem es Yor uns entfaltet wird, auf die Sudrenadr dem Objekt, das mit dem Betrug verbunden ist, mit dem Zwed<seiner\üiedererstattung;es sdreintauchAbsidrt, daß die LösungdiesesProblemsin dem Augenblid<,in dem esvor uns wird, sdrongefundenist. Ist es das,wodurdr man uns in ausgebreitet Atem hält? !üflas immer man von einemGenreund von seinenKonventionen erwartenmag, wenn esdarum geht, beim Leserein spezifiscles daß "der Dupin", der Interessezu wecken,wir wollen nidrt vergessen, hier zum zweiten Male auftritt, ein Prototyp ist, und daß der Autor, wenn das Genre sidr nur dem erstenverdankte, ein wenig früh mit einerKonventionspielte. rz Es wäre aber ebenfallsübertrieben,das Ganzeauf eineFabelzu reduzieren,deren Moral die wäre, daß es genüge,die Sclriftstückejener Korrespondenzen, deren Verheimliclung der Ehefriedemanchmalerfordert, auf unseremTisdr liegen zu lassen- und sei audr mit ihrer signifikantenSeitenadr unten -, um sie den Blickenzu entziehen.Das ist ein Trugschluß, dem niemandverfallensoll; er könnteGefahrlaufen, enttäuscltzu werden,wenn er sidr drauf verläßt. So beständealsoder rätselhafteFall von SeitendesPräfektenin nichts anderemals einemUnvermögen,das Ursadrefür seinenMißerfolg ist, womöglichnochvon SeitenDupins in einervon uns nur zögerndzugestandenenUnstimmigkeit zwisdrenden bestimmtsehr scharfsinnigen, wenn audr in ihrer Allgemeinheitnidrt durdrwegabsolutstichhaltigen Bemerkungen und der Art und'Weise,auf die er tatsädrlicheingreift. '\üüürden wir unsetwasstärkerdemGefühl überlassen, Sandin denAugen zu haben,würden wir uns bald einmal fragen- von der Anfangsszenean, die nur durdr den Rang ihrer Protagonistenvor dem Vaudeville gerettetwird, bis zum Sturz in die Lä&erlidrkeit, die dem Minister zum Schlußoffenbarbestimmtzu seinsdreint-, ob unserVergnügenhier nidrt darin liegt, daß allenübel mitgespieltwird. Vir wollten das um so lieber annehmen,als wir dabei mit all jenen, die uns hier lesen,die Definition wiederfänden,die wir an anderer rt

Stellevom modernenHelden gegebenhaben, "den lächerlidreHeldentaten in einerSituationder Verirrung auszeidrnenre. \üerden wir aber nidrt selbstdurch die Vortrefflidrkeit des Amareurdetektivs gefesselt,Prototyp einesneuenMaulhelden,der nodr vor der Abgesclmadrtheitdeszeitgenössisdren .Supermann"bewahrtist? Ein Sclerz,der uns vom Gegenteilüberzeugtund der uns in dieserErz.ählungeineso vollkommene\Tahrscheinlidrkeit konstatierenläßt,daß man sagenkann, die lfahrheit enthülltesoihre fiktive Ordnung. Denn das ist genaudie Ricltung, in die uns die Gründe dieser]ü(ahrsdreinlichkeitführen. Indem wir uns zunädrstihrer Verfahrensweise nähern,nehmenwir in der Tat ein neuesDrama wahr, das wir als komplementär zvm erstenbegreifen,sofern diesesein Drama ohne \üorte war, währenddasInteressedeszweitenist, auf den Eigensdraftcn desDiskurseszu spielenlo. \rlü'enn nun klar ist, daß jede der beidenSzenendeswirkliöen Dramas uns oflenbar im Verlauf eines jeweils versdriedenenDialogs erzählt wird, brauclt man nur mit den Begriffen,die wir mit unsererLehrezur Oeltungbringen,gerüstetzu sein,um zu erkennen,daß dasnidrt einzig und allein um der Bequemlidrkeitder Expositionwillen geschieht, sonclern,daß diesebeidenDialogedadurdr,daß sievon den Möglichkeiten desSprechens entgegengeserzten Gebraudrmadren,selbstdie Spannung gcwinnen,die nun ein neuesDrama sdrafft,dasunserVokabular vom erstcnuntersdreidet alseines,dasin der symbolisdren Ordnung steht. I)cr ersteDialog - zwisdrendem Polizeipräfektenund Dupin - spielt sichab als der einesStummenmit einem,der hört. Das heißt,er präsenticrt tatsächlichdie Komplexität dessen, was man gemeinhin,mit dem IirgebnisgrößterKonfusion,zum Begrifi der Kommunikation vereinfa
dann zeigt sich, daß seine \üüahrsdreinlichkeit auf der Garantre der Exaktheit spielt. Indessenist er dann dodr fruchtbarer, als es sdreint, wenn wir nur seineVerfahrensweise aufde&.en:\ü?irwerdenuns aber, wie man sehenwird, auf die Erzählung unserererstenSzenebesdrränken. Denn der doppelteund sogardreifadresubjektiveFilter, durö den sie uns erreidrt: - Erzählung des Freundesund Vertrauten Dupins, den wir fortan generellals den Erzähler der Gesdridrtebezeidrnen,der Gesdrichte,durdr die der Präfekt Dupin informiert, und zwar über den Beridrt, den ihm die Königin erstattethat - ist hier mehr als die Folge einerzufälligenAnordnung. 'Wenn die äußersteVerlegenheit,in die die ursprünglidreErzählerin gerät, aussdrließt, daß siedie Ereignisse veränderthat, hätte man Unrecht zu glauben,der Präfekt seihier nur seinerEinfaltsarmurwegen,auf die er sozusagen schonpatentiertist, befähigt,der Königin seineStimmezu leihen. Die Tatsadre,daß die Botschaftin dieserVeise zum zweitenmalübermittelt wird, bezeugt,was absolutnidrt selbstverständlidr ist: daß sie nämlidr tatsädrlidr der Dimensionder Spradreangehört. Die hier anwesendsind, kennen unsereeinsdrlägigenBemerkungen, insbesondere, waswir am Kontrast der sogenannten Bienensprache illustriert haben: in der ein Linguistll nur die simple Signalisierung der Lage eines Objekts, anders ausgedrüdrt,nur eine imaginäre Funktion erblidren kann, die lediglidr etwas differenzierter ist als die anderen. lVir möclten hier hervorheben,daß eine solcheForm der Kommunikation beim Mensdrennidrt fehlt, wie versdrwindendklein in bezug auf seinnatürlidresGegebensein dasObjekt für ihn auchseinmag aufgrund der Desintegration,die es durdr den GebraudrdesSymbolserIeidet. Ihr Äquivalent kann man tatsächlidrin der Gemeinsamkeitsehen,die sichzwischenzwei Personenim Haß auf ein und dasselbe Objekt einstellt: abgesehen davon,daß die Begegnung immer nur über ein Objekt möglicJrist, das durcl die Züge desjenigen lüesensdefiniertwird, dem der einewie der anderesic} verweigert. 11 Vgl. Emile Benveniste, Commtnication animale et hngage bumain, Diogöne Nr, r, rgyu (A.d.U.: !fiiederabgedrudrt in E.8., Problömes de linguistiqae gön|rale,Paris r966) und unsern Vortrag von Rom, unten S. r4o.

r7

liinc solcleKommunikation kann aberin der symbolisdrenForm nidrt iibcrmittelt werden.Siehält sidreinzigin der Beziehungauf diesesObjckt. Auf diese'Weise kann sieeineunbestimmteAnzahl von Subjekten in cin und demselben..Ideal" vereinigen:Innerhalbder so konstituiertcn Mcngebleibt die Kommunikation zwisdreneinemSubjektund eincm anderendarum aber nidrt weniger in weiter niclt reduzierbarer Vcise durdr einenidrt aussprechbare Beziehungvermittelt. l )icscrExkurs soll hier nidrt bloß an Prinzipienerinnernund soll nicJrt bloß an die ferne Adressejener sidr ridrten, die uns untersrellen,wir iibcrsähendie niclt-verbale Kommunikation: Indem er die Tragweite dcsscnbestimmt,was sidr im Diskurs wiederholt,bereiteter die Frage rr;rdrdcm vor, wasdasSymptomwiederholt. l)ic indirekteRelationstecktso die Dimensionder Spradreab, und der llrzählcr fügt ihr, sieverdoppelnd, "per Hypothese"nichtshinzu. Im ::wcitcnDialog aberhat esdamit einevöllig andereBewandtnis. l)crrn dicsersetzt sidr dem erstenentgegenwie einer von zwei Polen, tlic wir in der SpracJre bei andererGelegenheit untersdrieden habenund tlic inr Cegensatz zueinanderstehenwie Wort und Spredten. | )rrshcißt, man sdrreitetvom Feld der Exaktheit fort zum Registerder $ihlrrhcit. DiesesRegisterindes, wir glaubennicht, daß wir daratif zrrri.ir:k.kommen müssen,gehört ganz woandershin, eigentlichin den llt'gründungszusammenhang der Intersubjektivität.Es gehört dorthin, wo rlrs Subjektnicfitsfassenkann als die Subjektivität selbst,die ein Arrdcrcsabsolutkonstituiert.Um seinenOrt hier anzugeben, begnügen w i r rursdamit, den Dialog zu zitieren,der seineZugehörigkeitzu jüdi sdrcn I'lrzählungenjener Bloßstellungverdankt, in der die Beziehung dcs Signifikantenzum Spredeenaufsd-reint in der Bescfivrörung, in der cr gipfclt. "Siehher,wasdu für ein Lügnerbistn,wird hier verwunderr (wenn du sagst,du fahrst nac} Krakau, willst trrrtlatcrrlosausgerufen, tlrr tkrdr, daß icl glaubensoll, du fahrst nadr Lemberg.Nun vreiß ich ;rbt'r,tlaß du wirklicfi fahrst nadr Krakau. Also warum lügstdu?" I )icscrSdrwallvon Aporien,eristischen Rätseln,Paradoxien,Scherzen g;rr, dcr uns gleidrsameinführensoll in die MethodeDupins, drängre rrnscirrcühnlicheFrageauf, wenn niclt in demLlmstand,daß diesuns von jcurandcm,der sichals Sc}ülergibt, im Vertrauenmitgeteilt wird, s()rtwirs wic dic Möglidrkeit dieserDelegierungsidr eröffnete.Darin bcstelrtunfchlbardcr Vorzug desZeugnisses: die TreuedesZeugenist tlic Miindrsl(appc, bci der die Kritik der Zeugnisfähigkeit eingesdrläl'ert wircldadurch,daßmansieblind madrt. rll

als die Geste,mit der die etwasÜberzeugenderes Gibt es andererseits I(arten auf den Tischgelegtwerden?Sieist esin dem Maße,daß sieuns habe tatfür einen Augenblidr davon überzeugt,der Tasdrenspieler säcllicÄdas Verfahren seinesKunststücksso demonstriert,wie er es angekündigthatte, währender esdodr lediglicJrin einerreinerenForm erneuerthat: diesesMoment läßt uns den SuprematdesSignifikanten im Subjektermessen. verfährt Dupin, wenn er von der Gesdridrtedeskleinen In dieser'S7eise Vunderkindes ausgeht,das alle seincKameradenbeim Spiel "Grad oder Ungrad" mit Hilfe desKniffs der Identifizierungmit dem Gegenspielerfoppte; dieserkann, wie wir sdrongezeigthaben,die ersteEbene seinermentalenAusarbeitung,das heißt den Begriff des intersubjektiven \flechselsnidrt erreidren,ohne dort sogleichAnstoß zu nehmen am Steinseiner\üiederkehr12. werdenuns,um unserBlickfeld voll zu stellen,die Nichtsdestoweniger zr Namen von La Rochefoucauld, La Bruyöre,Macliavelli und Campanellavorgesetzt,derenRenommeeim Vergleichzur kindlidrenHeldenmüßte. tat mehr alsgeringersdreinen Und indem Dupin bei Chamfort anknüpft, dessenFormel lautet: "Ich wette, daß jede öffentlicheVorstellung,jede übernommeneKonvention eineDummheit ist, da sieden Beifall der größtenMengegefunden [2g", wird er mit Sic]rerheitall jenezufriedenstellen,die glauben,sich dem GesetzdieserFormel entziehenzu können,das heißt genau:jene größteMenge.Daß Dupin die AnwendungdesBegriffsAnalyseauf die Algebra durdr die Franzosenals Irreführung taxiert, kann unserem Stolz kaum etwasanhaben,zumal die FreisetzungdesTerminuszv anderen Zwed<enden Psycloanalytikernicht hindert, seineRedrte hier Begeltendzu macfien.Nunmehr sehenwir Dupin sidr philologischen merkungenzuwenden,die den LateinliebhabernEntzüd<enbereiten würden:wenn er, ohneweiter kommentierenzu wollen, daran,erinnert, daß oambitus nidtt Ehrgeiz, religio nicht Religion, homines bonesti niclt recltsc}a{feneMänner bedeutetn,wer von Ihnen würde sidr nicht gerne daran erinnern . . . was für den, der mit Cicero und Lukrez Umgang hat, dieseVörter heißen.Poe amüsiertsichzweifelsohne.. . Ein Verdachtdrängt sichuns allerdingsauf: will dieseGelehrsamkeitsparadeuns am Ende die Schlüsselworte unseresDramas verständlich lt Vgl. unsereEinführung, unten S, y7 f. r9

niclt vor unsseinKunststüd<, madrenl3? Ifliederholtder Taschenspieler ohnc uns diesmalmit dem Verspredrenzu ködern, er wolle uns sein Ccheimnisanvertrauen,aberseinenEinsatzsoweit steigernd,daß er es wirklich aufded
fachoder zu durchsidrtigist, wird für ihn keine anderenFolgenhaben alseineetwaskräftigereReizungdesZwerdrfells. Das Ganzeist so angelegt,daß wir zur Annahmeverleiterwerden,die Person sei sdrwadrsinnig.Das wird nadrdrüdrlich durdr die Tatsac}e illustriert, daß der Präfekt und seineGehilfen sidr als Verstedreines Gegenstandes nichtsausdenkenkönnen,was dasVorstellungsvermögen ganz gewöhnlidren eines Spitzbubenübersteigt,dasheißt ebendie Reihe allzu bekannter außergewöhnlicher Verstecke,die man uns vor Augen führt: angefangenbei den GeheimfädrerndesSdrreibtisdres bis zu der vom Tisdr entferntenPlatte, von den aufgetrenntenPolstern der Stühle bis zu ihren ausgehöhltenBeinen,von der Rüdrseiteder Spiegelgläser bis zur Dickeder Budrdedrel. Und darauf zieht man über den Irrtum her, dem der Präfekt erliegr, 'wenner aus der Tatsache,daß der Minister Dichter ist, sdrließt,ihm fehle nicht viel zum Narren: ein Irrtum, wird man folgern, der nur, was nidrt unerheblichist, in einer falschenAnwendung desMitrclbegriffs gründet, denn er folgt durdrausnicht daraus,daß alle Narren Dichterseien. Gewiß, aber uns selbstläßt man rätseln,in was denn in SachenVerstedrendie UberlegenheitdesDidrtersbestehen mag,und stecktein ihm als ein Double zugleidrnodr ein Mathematiker,denn hier unterbriclt man plötzlidr unsersdrwungvollesDenken,indem man uns in ein Gestrüpp übler Streitereienüber die Denkungsarrder Mathematikerhineinzieht,die, soweitidr weiß, nie so viel Anhänglidrkeit für ihre Formeln gezeigthaben,als daß sie diesemit der räsonierenden Vernunfr identifiziert hätten. $7ir würden zumindestbezeugen,daß im Gegensatz ztJ der Erfahrung, die Poe anscheinendvertraut war, uns - zusammenmit unseremFreundRiguet,der hier durchseineAnwesenheit dafür einsteht- unsereStreifzügedurdr die Kombinatorik nidrt durdrausals so sdrwereVergehen(die Gott, Poe zufolge,nicJrtwohlgefällig sind) vorkommen, wie es der Zweifel wäre, der uns eingäbe,daß *X2 * px vielleidrt doch nicht ganz und gar gleidr q sei"; ohne daß wir uns,wir strafenPoe darin Lügen,vor irgendwelchen unerwarreten Mißhandlungenje hättenhütenmüssen. \7ird alsonidrt sovielGeist lediglidr dazu aufgeboten,um den unseren von demabzulenken,was unsanfänglichalsgesichert hingestelltwurde, nämlich,daß die Polizei überallgesuchthabe?Das solltenwir, was das Feld betrifft, von dem die Polizei nidrt ohne Grund annahm,daß der Brief, die Letter, sidr in ihm befindenmüßte,im Sinneeinerzweifellos

ErschöpfungdesRaumesverstehen,der aber,und das ist thcoretischen dcr lWitz der Geschiclte,budrstäblic}genommenwird, wobei die Aufwird, für so exakt austcilung in Planquadrate,nadr der vorgegangen ist, daß der ausgesdrlossen man uns sagt, es, wie gcgcbcnwird, daß ufünfzigsteTeil einerLinie" der Aufmerksamkeitder Forsdrerkönnte cntgangensein.Haben wir folglicl nicht das Reclt zu fragen,wie es dar.rnkommt, daß der Brief.nirgendwo gefundenwurde, oder vielmehr dlrauf hinzuweisen,daß alles,was man uns über die Konzeptioneiner nicht erkläI lchlerei höherenRangsgesagthat, uns strenggenommen ist, da das entgangen rcn kann, wieso der Brief den Nachforsdrungen von ihnen durdrforschteFeld ihn, wie der Fund von Dupin schließlirir bcwcist,tatsädrlichin sichschloß. Mußte der Brief, unter allen Objekten,mit der Eigenschaftder nallibirty ausgestattet sein: um uns diesesBegriffs zu bedienen,den das rrrrtcrclemNamen *Roget' wohlbekannte\flörterbuchder semiologisc'lrcn lJtopie desBisdrofsVilkins entlehncls? l,lsist cvident (a little toor6self evid,ent),daß der Brief mit dem Ort \(ort gibt, dasmit llcziclrungenunterhält,für die eskein französisdres tswortesodd v erglidtenwerden Ei genschaf t Icr'I ragweitedesenglischen krnrr. f)as ]ü(ortbizarre,mit dem Baudelaireesin der Regelübersetzt, i\t nur approximativ. Sagenwir, dieseBeziehungensind einzigartig, tlt'nn cssind genaujene,die der Signifikantmit demOrt unterhält. Sic wisscn,daß wir uns nidrt mit der Absidrt tragen' aus ihnen "subzu maclen,und wir niclt vorhaben,die Letter (den tilc" Bcz.iehungen Brief) mit dem Geist zu verwedrseln,und erhielten lluchstaben / den rüege,auchwissenSie,daß wir durchwir sic auchauf pneumatischem ,ruscrkcnnen,daß der einetötet, während der anderelebendigmadrt, irrriofcrnder Signifikant- Sie beginnenesvielleidrt zu verstehen- die 'Wenn wir jedodr zunächstan der Instlnz. dcs Todes materialisiert. Mrrtcrialität des Signifikantenfestgehaltenhaben, dann, weil diese Mrrtcrialitätin manchenPunkten einzigartigist; wobei daserstedarin Sie einenBrief bcstcht,daß er eineTeilung nidrt zuläßt. Zerschneiden irr klcine Teile, er bleibt der Brief, der er ist, und das in einemSinn, ri libcn jcne,der JorgeLuisBorgesin seinem,mit der Phyle unsererRede so sehr harnrorricrcrrdcnuüerk, ein Los besöieden hat, das andere auf seineridrtigen Proporriorrcn zurüd
5.sz+-ls.

t: U,,'" Autor hervorgehoben.

von dem die Gestalttheoriemit dem verkapptenVitalismusihres Begriffs desGanzennidrts weiß17. Die Sprachespridrt ihr Urteil dem, der eszu versrehenvermag:durdr den GebrauchdesArtikels, der als partitives Partikel verwendetwird. Ebenhierdurchsdreintder Geist,wenn der Geistdie lebendigeSignifikation ist, in nidrt minder einzigartiger'Weise als der Brief /Buc.hstabe, der Quantifizierungin hödrstemMaße ausgeliefert.Angefangenmit der Signifikationselbst,die eszuläßt, daß man sagt: dieserDiskurs ist voll zton Signifikation,so wie man einer Handlung Absidrt besdreinigt [d.e I'intention/, es bedauert,daß es keine Liebe [plus d'amourJ mehr gibt, daß man vollaon Haß ist und Aufopferung aufwendet[d,a d6vouement/,und daß soviel antörichterVoreingenommenheit sidrdamit aussöhnt,daß esimmer Sdrenkel[d.e la cuisse/zu kaufen und [duJ Rififi bei den Männerngebenwird. Über die Letter /Brief / Budrstaben J aber- begreift man sie im Sinne des typographischen Elements,der Epistel oder im Sinne dessen,was der Gebildete[Ie lettröJ macht- wird man sagen,daß das,was man sagt,buclstäblich/, la lettreJ zu verstehensei,daß ein Brief Sie beim Vagenmeistererwartet,ja sogardaß Sie Bildung Ides lettresJbesirzen - nie wird man sagen,daß esnirgendwoBrieflidres,Buclstäblidres [de la lettreJgäbe,in weldrerEigenschaftesSieaudrimmer beträfe,und sei es,um die verspätetePostzu bezeidrnen. Das kommt daher,daß der SignifikanqEinheitist aufgrund seinerEinzigkeit, da er infolge seinerNatur nur das Symbol einer Abrresenheit ,i:!. Und somit kann man, wie wohl von anderenObjekten,vom Brief nicht behaupten,er müsseirgendwo seinod.ernid'n sein,sondern,daß er - im Gegensatzzu jenen - dort, wo er ist, wohin er aucl immer ginge,seinund,nidtt seinwird. Sehenwir etwas genauerzu, was den Polizistengesdrieht.Man versdrontuns mit nicJrts,was die Verfahrensweisen betrifft, mit denensie zs den ihrer UntersuchungunterworfenenRaum durchstöbern, von seiner Aufteilung in Raumsegmente durdr die nidrt ein undurcldringlidrer Gegenstandsidr den Augen entzieht,bis zur Nadel, die das\Teicheaus17 Das trifft in einem soldren Maße zu, daß die Philosophie in den durdr stetesAbdreschenfarblos gewordenenBeispielen,mit denen sie, ausgehendvom Einen und vom Vielen, argumentiert,das einfadre,in der Mitte durdrgerissene Blatt und dcn unterbrodrenenKreis, wenn nidrt gar den zerbrodrenenKrug und ganz zu sdrweigen vom sidr windenden durchgesdrnittenen!7urm, niciht zu demselbenZwed< verwenden wird. 2t

krtct, und, da ein rüfliderstand ausbleibt,das Flarte sondiert,bis zum Mikroskop, das den Bohrstaubam Rand der Bohrung, ja sogar das nriudcsteGähnenkleinsterAbgründedenunziert.Sehenwir nicht, wie dcr Raum sicl gleidr dem Brief entblättert,in dem Maße,wie sidr das Nctz.dcr Polizei engerzusammenzieht und sie,nidrt damit zufrieden clic Blattseiten der Bücher auszusdrütteln,dazu übergehen,sie zu ziihlcn? l)ic ForsclerhabenjedodreinensostarrenBegriff vom \Tirklidren, daß sicniclt bemerken,daß ihre untersudrungesin ihr Objekt umwandelt. Mcrkmal, mit dessenHilfe sie diesesObjekt von allen anderenvielIcichtuntersdreiden könnten. l'ls hicßc das zweifellos aber zu große Anforderungenan sie stellen, nidrt soschrwegenihrer mangelndenEinsidrt,sondernvielmehrwegen tlcr unsrigcn.Ihre Einfalt ist weder individueller, noch gemeinsdraftlichcr Art, sie ist subjektivenUrsprungs.Die realistisdreEinfältigkeit versuchtunablässigsidr vorzuhalten,nidrts, wie weit audr immer eine I lancl rcidre,um es in den Eingeweidender Velt einzugraben,wäre jcrnalsdort den Blidien entzogen,da eine andereHand es dort erreichcnkönnc, und daß, was versted
zisten in diesemAugenbli& in Händen halten, ihnen erst redrt nicht ze seinewahre Natur preis. Ein andererHandstempelauf einem Siegel von untersdriedlidrerFarbe, ein anderer graphisdrerDuktus der Aufschrift sind hier die unzerbredrlichstenVersrcdre.\t7ennsie außerdem bei der RückseitedesBriefes Halt madren,auf der, wie man weiß, damals die Adressedes Empfängersgesdrriebenstand, dann weil der Brief für siekeineandereSeitebesitztals dieseRüd<seite. \flas könnten sie tatsädrlidr auf seinerVorderseiteaufdedren?- Seine Botsdraft, wie man sidr zum Vergnügen unsererkybernetisdrenFesrstundenausdrüdrt?... Kommt uns aber nidrt der Gedanke,daß diese Botschaft ihre Empfängerin sdron erreidrt hat und ihr in dem Fetzen unbedeutendenPapierssogarerhalten gebliebenist, das dieseBotsdraft jetzt nidrt weniger gut repräsentiertals dasursprünglidreBillett? '!?'enn man sagenkönnte, ein Brief habeseineSendungvollendet, nachdem er seineFunktion erfüllt habe,dann wäre die Zeremonieder Rüdrgabevon Briefen als Absdrlußfür das Erlöschender Leidensc}aftenin der Liebe nidrt so gebräudrlidr. Der Signifikant ist nidrt funktional. Ebensowenighätte die Mobilisierung der niedlidren Welt, deren Ausgelassenheit wir hier verfolgen,einenSinn, wenn der Brief sidr damit begnügte,einen zu haben. Denn ihn einem Trupp von Bullen mitzuteilen,wäre keinesehrangemessene Art, ihn geheimzu halten. Man könnte sogarannehmen,daß der Brief für die Königin einenganz anderen,wenn nidrt gar verzehrendenSinn hat, als den, den er dem Verständnisdes Ministers darbietet.Der Gang der Dinge würde dadurcl kaum merklidr berührt. Selbstdann, wenn er jedem nidrt eingeweihten Leserstrikt unverständlidrbliebe. Denn er ist essidrerlidr nidrt für jeden: "käme das Dokument, wie der Präfekt uns, zum Gespört aller, emphatischversidrert, einer dritten Person,die ungenanntbleiben soll, vor Augen, (derenName ins Auge springt, wie der Sdrweinesdrwanzzwisöen den Zähnen von Varer Ubu), so "würde die Ehre einer Persönlidrkeit von allerhödrstemRang person in Gefahr gebracht", ja sogar "die Seelenruheder erlaudrten stündeauf dem Spiel." Gefährlidr wäre es folglidr nidrt nur, den Sinn, sondernden Text der Botsdraft in Umlauf zu bringen, und das um so mehr, je harmloser er ersdriene,da dadurdr das Risiko der Indiskretion erhöht würde, die einer seinerMitwisser, ohne eszu wissen,begehenkönnte. Nidrts verrnagdaher die stellung der Polizei zu retten und man änderte zz nidrts, wollte man ..ihre Kulturo veredeln.Scripta manent: vergeblidr 2t

crl'iihre sie von einem Flumanismusin Luxusausgabe die sprichwörtf idrc Lcktion, die mit verba volant ihren Abschlußfindet. 'Wollte der I lirnrnel,daß die Schriftstüd<e blieben,wie diesviel ehervom Spreclen gilt: dcnn dessenunauslöschliche Sdruld befrudrtet wenigsrensunsere I lrrndlungendurchihre Ubertragungen. l)ic Schriftstückereden die blanken Tratren einer wildgewordenen Vcr'hsclreitereiin den Vind. Und wären sie keine fliegendenBlätter, g;ibccskeinegestohlenen Briefele. I )odr wie steht es damit? Damit es gestohlene Briefe gibt, fragen wir, wcrrrnruß dann ein Brief gehören?Vorhin habenwar das Sonderbare in tfcr Rüd
vol6eso) bedeutet zugleidr stehlen und fliegen.

die ausgespieltenüblen Ruf zu tolerieren, gewinnen einen ausgezeidr28 nerenSinn dadurch,daß sie den unumschränkten Gebieterder Königin bezeidrnen,an den ihr Treuesdrwur sie in doppelter rüüeise bindet, da ihre Stellung als Gemahlin sie ihrer Pflidrt als Untertanin nidrt enrhebt,sondernsievielmehrzur Aufsidrt über daserhebt,was dasKönigtum, entspredrenddem Gesetz,von der Macht verkörpert: das heißt über die Legitimität. \Telchesdaheraudrimmer der weitereVerlauf ist, den die Königin dem Brief zu gebengedenkt,dieserBrief bleibt das Symbol einesPaktes; und selbstdann, wenn seineEmpfängerinfür diesenPakt nidrt einsteht,stellt die ExistenzdesBriefessie in eine symbolisdreKette, die von der, die ihre Pflidrr vorschreibt,untersdrieden ist. Der Beweis,daß diesesymbolisdreKette mit letztererunvereinbarist, wird durch die Tatsadreverdeutlicht,daß der Besitzdes Briefesunmöglichöfientlicl als legitim vertretenwerden kann, und die Königin, um ihm zur Anerkennungzu verhelfen,sichnur auf ihr Privatrechtberufen könnre, dessenPrivileg in der Ehre gründet, die dieserBesitz geradebeeinträchtigt. Da sie nämlich die huldvolle Gestalt der Souveränitätverkörpert, dürfte sie auchprivat kein geheimesEinverständnisunterhaltenohne die gesetzlidre Gewalt zu unterridrren,und siekann sidr niclt an Stelle desSouveränsein Geheimniszunutzemachen,ohne damit auf Heimlidrkeit sidr einzulassen. Die Verantwortung des Briefschreibers wird folglicJrzweitrangig im Vergleidrzu derderjenigen,die denBrief inHänden hält:denn in ihrer Personverdoppelt sicll die Majestätsbeleidigung durcl den höcÄsten Hocboerrat. '!üir sagen:die ihn in Händen hält, und nicht: die ihn besitzt.Denn dadurdr wird klar, daß der Besitz des Briefes seiner Empfängerin niclt wenigerstreitiggemadrtwerdenkann, als jedemanderen,dem er in die Hände geratenkönnte,weil, was die ExistenzdesBriefesbetrifit, nichtsin die Ordnung desBesitzeseintrerenkann, ohnedaß derjenige, an dessenPrärogativensie sichvergreift, über ihn zu urteilen gehabt hätte. All diesimpliziert jedodrnicht,daß, wenn sidr audr dasGeheimnisdes Briefesnidrt verteidigenläßt, der Verrat diesesGeheimnisses dafür in irgendeiner\7eise ehrenvoll sein könnte. Die bonesti hornines, die ehrenwertenLeute,können sidt da nicht so wohlfeil herausziehen. Es gibt mehr als einereligio,und nicht so schnellwerdendie heiligenBan-

dc aufhören uns kreuz und quer zu ziehen.\Ias arnbitu.s,den Umweg bctrifft, so ist es, wie man sehenkann, nidrt immer Ehrgeiz, der ihn irrspiriert.Denn wenn es einen gibt, den wir hier durdrlaufen,haben wir ihn - wie wir hervorhebenmüssen- nicht gestohlen,da wir den 'l'itcl nidrt in der Absidrt übervon Baudelaire,wir wollen's gestehen, nommcnhaben,um den konventionellenCharakter desSignifikanten, wic man es uneigentlidrausdrüdrt,sondernviel eher,um seinenVorBleibt nichtsdestowerang gegenüber dem Signifikat herauszustreidren. nigcr, daß Baudelaire,bei aller Verehrung,Poeverratenhat, indem er dcsscnTitel: "The pudoined letter, mit: "La letre vol6e, [Der gestohlcneBrief] übersetzteund also untersdrlug,daß ein ziemlich sel'Nüort verwendet wird, dessenEtymologie wir leidrter definieren tcrncs kiinncn alsdessen Gebrauch. 'Wort, 'l'o purloin ist ein anglo-französisches sagt uns das "Oxford | )ictionaryr, dasheißt,esist ausdem Präfix pur- (dasman in purPose: Vrrrsatz,purcbase:Erwerbung,?arPort: Bedeutungwiederfindet)und Im rfcm altfranzösisdrenWort: loing, loigner,longözusammengesetzt. crstcrrElementerkennenwir das lateinisdrepro wieder,sofernes sidr was über ein Rückwärtigesvorausvon dnte durdr das unterscheidet, sctzt, über das es hinauszielt,gegebenenfalls um für es zu bürgen,ja (währendante demvorausläuft,was sogarfür esals Bürgeeinzustehen '\üüort angeht: ihm cntgegenkommt).!üüasdas zweite, altfranzösisdre loigncr, Verb desOrtsattributsau loing (oder aucl longö),so bedeutet cs nidrt: in der Ferne,sondern:entlang;eshandeltsidr also darumbeisciteza schieben,oder um einen gebräudrlidrenAusdrud< zu verwendcn, der auf demDoppelsinnspielt:mettreä gauche,auf die Seitebrinßen. Auf dieserüüeise sehenwir uns in unseremUmweg durdr das Objekt sclbstbestätigt,das uns dorthin mitreißt: denn es ist in der Tat der eincn IJmweg nebmendeBrief , derjenige,dessenTfeg prolongiert wurrlc (dasist die buchstäblidre UbersetzungdesenglisdrenI[ortes), oder, um auf das Briefpostvokabularzurückzugreifen,der unzustellbare ßricl, derunshier beschäftigt. Sinple and odd, wie man esuns von der erstenSeitean ankündigt,ist hier alsodie EinzigartigkeitdesBriefesauf ihren einfadrstenAusdrur* gcbradrt, der, wie der Titel anzeigt, dasanahrhat'tigeSubiekt der Erzühlungist: da der Brief einenUmweg gehenkann, hat er einen\üfleg, dcr ihm eigenist.Ein Zug, durdr den sichhier seineInzidenz als Signifikant bestätigt.Denn wir habenbegreifengelernt,daß der Signifikant rB

sic} nur in einer Verschiebungerhält, die mit unserenTagesnachrichten in Laufschrift oder mit den rotierendenGedädrtnissenunsererMavergleidrbarist, weil er alterniesöinen-die-wie-Menschen-denken20 rend funktioniert, indem sein Prinzip fordert, daß er seinenOrt verläßt, um zirkulär zu ihm zurüdrzukehren. ro Genau das ereignetsidr im'!üüiederholungszwang. Was Freud uns in dem Text, den wir kommentieren,lehrt, impliziert, daß das Subjekt folgt; das aber, was hier illustriert ist, ist dem Zug desSymbolischen noö weitergreifend:nic.htallein das Subjekt,sonderndie Subjekte,in ihrer Intersubjektivität begriffen, reihen sichdem Zug ein, andersausgedrüc}t: unsereVogel-Strauße,auf die wir somit zurüdrgekommen dem Moment der sind, und die, gehorsamerals Sdrafe,nodr ihr rüflesen signifikantenKette, dassiedurdrläuft, nadrbilden. 'W'enn das,was Freud freigelegthat und immer von neuemwieder in überrasdrender'Weise freilegt, einenSinn hat, dann, weil die Versdriebung desSignifikantendie Subjektein ihren Handlungen,in ihrem Gein ihren Verblendungen,in ihrem Erfolg scfiidr,in ihren Weigerungen, und ihrem Sdricksalungeachtetihrer angeborenenAnlagen und ihrer sozialenErwerbungen,ohneRücksiclt auf den Charakterund dasGeschlechtbestimmt, und weil wohl oder übel dem Zug desSignifikanten als Sad
glcichzeitigmit dem Dieb einnahm,begebenhat - und das aufgrund desgeraubtenGegenstandes. dcr Bcschaffenheit l)cnn wenn es jetzt, wie vorher audr sdron,darum geht, den Brief vor als dasselbe Verfahren lllickcn zu bewahren,hat er keineandere'S7ahl, arrzuwenden,dessenZiel er selbstvereitelt hatte: ihn aufgededrtzu lasscn?Und man darf mit Redrt bezweifeln,daß er somit weiß, was cr tut, da man ihn sofort durdr einezweifacheRelation- in der wir alle Mcrkmale der Mimikry oder dessidr tot stellendenTiereswiederfindcn -, gefesseltund damit in der Schlingeder typisdr imaginärenSituation verstrid
tr A.tf .O.: autruiche (vgl. Anmerkung z) wird um das \lort

:;""

tricherie, Betrug' ver-

det, dassiedurdr die lVirkung der Ursprüngestetsin der Positiondes Signifikanten,ja sogardesFetiscJr, umfängt. Um der Madrt diesesZeichensgewachsen zu sein,braudrt sie sic}rnur unbewegliclrin seinem Schattenzu halten, und findet in ihm obendrein,so die Königin, jene Simulierung von Meistersdraftim Nicht-Handeln, welcle nur das "Ludrsauge"desMinisterszu durdrsciauenvermodrte. Nach demRaub diesesZeidrenssehenwir nun den Mann in seinemBesitz: unheilvollerBesitz,da er sidr nur durcl die Ehre behauptenkann, die er bedroht; verfluclter Besitz, da er auf den, der ihn verteidigt, Strafeherabruftoder ihn zum Verbrechenverleitet,von denensowohl die einewie audrdasandereseineAbhängigkeitvom Gesetzbrechen. Mit diesemZeidrenmuß ein höclst sonderbares noli rnetangeregesetzt sein, damit, dem sokratischenZitterroclen vergleidrbar,sein Besitz seinenMann in einemsolclenMaßeerstarrenläßt, daß er demverfällt, wassichbei ihm unzweideutigalsUntätigkeit verrät. Denn wenn wir, wie es der Erzähler von der erstenlJnterredungan tut, bemerken,daß mit der VerwendungdesBriefessichseineMadrt auflöst, gewahrenwir, daß dieseBemerkungnur ausdrücklidrseinen Gebrauchzu Machtzwecl<en anvisiert- und gleiclezeitig, daß sidr diese VerwendungdemMinister aufnötigt. Um niclt in der Lagezu sein,ihn sicJrvom Flalsezu sdraffen,muß esso sein,daß er nicht weiß, was er mit dem Brief anderesmachenkönnte. Denn dieseVerwendungbringt ihn in einederartigeAbhängigkeitvom Brief als soldrem,daß er ihn auf die Dauer sogaraus den Augen verliert. 'Süir wollen sagen,wenn dieserGebraudrwirklidr den Brief beträfe, könnte der Minister, der schließlicldurch den Dienst am König, seinem Flerrn, dazu autorisiertwäre, der Königin eine respektvolleErmahnungpräsentieren,und sollte er sidr auchihrer Rücl<wirkungmittels angemessener Garantieversidrern- oder irgendeineAktion gegen den UrheberdesBriefeseinleiten;die Tatsadre,daß dieserUrheberaus dem Spielbleibt, zeigt,wie wenig essidr hier um Schuldhaftigkeitoder Vergehenhandelt,sondernvielmehrum dasZeidrendes\i7iderspruches und desArgernisses, den der Brief in jenemSinnedarstellt,in dem das Evangeliumsagt, daß es ohne Rücksidrtauf das Unglück dessen,der sidr zu seinemUberbringermadrt, diesenereilt -, ja er könnte sogar quali den Brief als Aktenstück "der dritten Person"unterbreiten,die fiziert ist zu entscheiden,ob er der Königin ein peinlichesGericht bereitenoder den Minister in Ungnadefallen lassensoll. 3r

\fir erfahren nidrt, warum der Minister den Brief nidrt in dieser'Weise nutzt, und esziemt sidr, daß wir davon nidrts wissen,da uns hier ausschließlidrdie \flirkung dieser Nidrtbenutzung interessiert;es genügt uns zu wissen,daß die Art der Aneignung desBriefes kein Hindernis für einediesermöglidrenVerwendungendarstellt. Denn dies ist klar: wenn der nidrt-signifikadve Gebrauchdes Briefes eine erzwungeneVerwendungfür den Minister darstellt, dann kann seineVerwendungzu Machtzweckennur potentiell sein,da er nidrt zur Tat schreitenkann, ohne sofort zu erlösdren;wenn der Brief als Madrtmittel folglidr nur durdr die letzten Anweisungen des reinen Signifikanten existiert,so bedeutetdieseVerwendungzu Machtzwedren:seinen Umweg verlängern - um ihn durdr einen weiteren Ubergang an den redrtmäßigenEmpfänger kommen zu lassen,will sagen,mit Hilfe cinesanderenVerrats, dessenRückwirkungeninfolge der]üflichtigkeit des Briefes sdrwer vorgebeugtwerden kann -, oder den Brief. zu zerstören,worin daseinzigsidrereund als soldresvon Dupin gleidrvorgebradrte Mittel bestünde,mit dem ein Ende zu madren, was aufgrund seinerStruktur dazu bestimmt ist, die Annulierung dessenzu bezeidrnen,wasesbezeidrnet. Den Einfluß, den der Minister ausder Situationzieht, gewinnt er also nidrt ausdemBrief,sondern,ober esweiß oder nidrt, ausderRolle,die dieserihm zuspielt.Die'Worte desPräfektenstellenihn uns außerdem alleswagt, who daresall tbings, als jemandenvor, der sdrlechterdings was auf vielsagende\$üeisekommentiert wirdz those unbecomingas uell as thosebecominga rnan;dasheißt: Dinge, die siö nicht für einen Mann wie auch soldre, die sidr für einen Mann ziemen, und dessen PointeBaudelairefahren läßt, indem er übersetzt:Dinge, die sidr nidrt für einenMann ziemen,wie auchsoldre,die sidr für ihn ziemen.Denn in ihrer ursprünglidrenForm ist die Einsdrätzungdem, was eine Frau i nteressiert, viel angemessener. Hiermit wird die imaginäre Bedeutung dieser Gestalt sidrtbar, das heißt die narzißtisdreRelation, in die der Minister, diesmal gewiß ohne sein Wissen,verwid<elt ist. Sie wird audr im englisdrenText, auf dcr zweitenSeite,in einerBemerkungdesErzählersangedeutet,deren Form köstlidr ist: uDer Einfluß", sagter, den der Minister erlangthat, hinge von der Kenntnis ab, die "der Dieb von der Kenntnis besitzt, wcldre die beraubtePersonvom Dieb [xs,, textgetreu the robbels hnouledge of the losels knoaiedge of tbe robber. Eine \fendung, deren Gewidrt der Autor unterstreidrt, indem er sie Dupin wörtlidr wiet:

deraufnehmenläßt, unmittelbar im Anschlußan die Erzählung von der RaubszenedesBriefes,mit der man angehobenhatte. Hier kann man abermalssagen,Baudelaireschwankein seinerSprache,indem er den einenfragen,denanderenbestätigenläßt mit folgenden'Worten: "Veiß der Dieb?. . .',, und dann: oderDieb weiß . . .o,'\üü'as?: die beraub"daß te Personihren Dieb kennrn. Denn worauf es dem Dieb ankommt, ist nidrt nur, daß die genannte Personweiß, wer sie bestohlenhat, sondernaucJr,mit wem sie es in SadrenDieb zu tun hat; will heißen,daß sieihn zu allem fähig glaubt, was wie folgt zu verstehenist: daß sie ihm die Position verleiht, die kein Menschwirklidr erfüllen kann, weil sieimaginär ist, nämlidr die desabsolutenFlerrn. In lüTahrheitist eseinePositionabsoluterOhnmacht,abernicht für den, den man solches glaubenläßt. Der Beweisdafür bestehtnicht nur darin, daß die Königin hier den Mut findet, die Polizei um Hilfe zu bitten. Denn sie paßt sichihrer Versdriebungum nur eine Stufe in der Ordnung der Ausgangstriadean, indem sie sidr genaujener Verblendung anvertraut,die erforderlidt ist, um dieseStelleeinzunehmen:No rnore sagacioasagent could.,I suppose,moquiert sichDupin, be desiredor eaenimagined.Nein, wenn siediesenSchritt getanhat, dann weniger, weil sie zur Yerzweiflung getriebenworden wäre, driven to despair, wie man uns sagt, als vielmehr, weil sie die Last einer Ungeduld auf sich nimmt, die einer wahnhaften Spiegelungzugesdrrieben werden muß. Denn der Minister hat viel zu tun, um sichin der Untätigkeit zu halten, die in diesemAugenblickseinLos ist. Der Minister ist in der Tat niclt absolutverrüdrt. Das ist eineBemerkungdesPräfekten,der zu allem seinengoldenenRat gebenmuß: dasGold seinerRatsdrlägefließt zwar nur für Dupin und läuft bis zum Hödrstbetragvon fünfzigtausend Francs,die esihn in der damaligenVährung jenesMetallskostenwird, nicht ohneihm dochnodr eine\flohltatsbelohnungübrig zu lassen.Der 'Wahnsinns Minister ist folglidr in dieserStagnationdes nicht absolut verrüdrt und muß sidedeshalbnachdem Modusder Neuroseverhalten. 'Wie jener Mensdr,der sichauf eineInsel zurüdrgezogenhat,um zu ver- so hat der Minister den Brief dagessen, was?,er hat es vergessen durch,daß er ihn nidrt verwandte,vergessen. Das gehtausder Beharrlidrkeit seinesBenehmens hervor. Die Letter (der Brief / der Budrstabe) aber, nidrt weniger als das Unbewußtedes Neurotikers, vergißt ihn nidrt. Sie vergißt ihn so wenig, daß sie ihn mehr und mehr nach dem 3t

lliltlc jtrnertransformiert,die sie seinemüberrasdrenden Raub aussctztc; cr wird sic jctzt nadr ihrem Beispieleinem ähnlidren Raub iibcrlasscn. l)ic McrkmalcdieserTransformationwerden,und dasin einerziemlidr draraktcristisdren Form,in ihrer sdreinbaren \flillkürlichkeit angegeben, rrtnsicin gültigcrlü(eiseder Viederkehr desVerdrängrenanzunähern. Srrcrf:rhrcnwir zunädrst,der Minister habeebenfallsden Brief untgelrcltt, gcwiß nicht mit jener hastigenGesteder Königin, sondernwohl iibcrlcgt, wie man ein Kleidungssrüd< wendet. Das ist tatsädrlidrdie Art rrrrdriüeisein der er vorgehenmußte, dem Gebrauchder Zeit genrä{i,in der man einenBrief und dasSiegelfaltere,um eineunbesdrriebc.c stclle freizumac}en,auf der eineneueAdressegesdrrieben werden kotrntc23.

l)icsc Aufsclrift wird seineeigene.ob sienun seinereigenenoder einer andcrcnFland entstammt- sie zeigt siclrals eine sehr feine weibliche Sdrrift, und das Siegel geht vom Ror der Leidensdraftüber zurn SdrwarzihrerSpiegelungen-,er drüdrt ihm seineigenesSiegel auf.Diesc IiigcntümlichkeiteinesBriefes,der mit dem SiegelseinesEmpfängers vcrschenist, erweistsicfials Idee um so erstaunlicher,als sie im Text zwar rnit Nadrdrud
Auch die Aura von Nonchalance,die soweit geht, den Ansdrein von veichheit vorzutäuschen,das Zursdraustelleneinesdem überdruß nahen ennaiin seinen\7orten, die Stimmung,die der Autor einer *philosophieder Einridrtung.,24durdr fast ungreifbareEindrüd<e,wie der desMusikinstrumentsauf dem Tisdr,zu erwedrenweiß - all dasscheint zusammenzuspielen, damit die Gestalt (der Minister), derensämtlidre Iü7ortesie mit den Merkmalen der Männlidrkeit ausgestattethaben, den eigentümlidrsten odor di t'eminavon sidr gibt, sobaldsiein Ersdreinung tritt. Daß essidr dabeium einenKunstgrifi handelt,versäumrDupin in der Tat nidrt zu unrersrreidren,indem er uns auf die \fladrsamkeitdes sprungbereiten Raubtiereshinter diesemfalsdrenAuftritt hinweist.Da essichaberebenum die'$Tirkungdesunbewußtenin dem genauen Sinn handelt,wonachwir lehren,daß dasUnbewußte,will heißen:daß der Mensd-rvom signifikantenbewohnt wird - wie könnte man dafür ein sdröneres Bild finden, als das,weldresPoe sdrmiedet,um uns die LeistungDupins verständlichzu madren.Denn zu diesemzwedr greift er auf die toponomasrisdren Namen zurüd<,die einegeographisdre Karte, um nicht stummzu sein,ihrer Zeichnungbeifügt,und die man zum GegenstandeinesRatespielsmadrenkann: man muß den Namen finden, den ein Spielpartnergewählthat - und machtdarauf aufmerksam,daß der vorteilhaftesteNamen, einenNeuling zu verwirren, derjenigesein wird, der sichin großenund breitenLerternvon einemEnde der Karte zum andern hinzieht und der, meisrenssogarohne daß der Blick bei ihm einhält,die Bezeidrnung einesganzenlandesangibt . . . re so der gestohlene Brief, der gleiclreinemungeheuren Frauenkörpersich im Raum desministeriellenKabinetts ausbreitet,als Dupin esbetritt. Er aber ist sdrondarauf vorbereitet,ihn in dieser\fleisevorzufinden, und er braudrt diesengroßenKörper nur nodr mit Hilfe seinerdurdr grüneGläsergesdrützten Augenzu entkleiden. Und deshalb,ohneesnötig oder,und das ausguten Gründen,die Gelegenheitdazu gehabtzu haben,an den Türen desprofessorsFreudzu hordren, geht er sdrnurstrad<s dahin, wo das, was der Körper versted<enmuß, liegt und lagert, in irgendeinersclönenMitte, in die der Blid
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Zwischenden SodcelndesKamins befindetsichdasObjekt, dasmit der braudrt. . . I land erreic}barist, die der Räubernur nodr auszustredren Dic Frage,ob er es auf dem Kaminsims,wie Baudelaireübersetzt, odcr unter ihm ergreift, wie im ursprünglidrenText steht,kann ohne Sdradenden Sdrlußfolgerungender Interpretationsküdreüberlassen wcrden2s. \Wiire,wenn die symbolische'\üTirkungskraft hier endensollte, damit ludr die symboliscleSdruld gelösdrt?\üenn wir diesglaubenkönnten, so würdcn uns doch zwei Episodendas Gegenteilbeweisen,die man urn so wenigerfür bloßesBeiwerk halten kann, als sie auf den ersten lllick im \Werknicht zu harmonierenscheinen. von der BezahlungDupins, die, allesan| )as ist einmal die Geschichte clcrcalseineSpielereizum Ende,von Anfang an sidr ankündigtein der Fragenachder Höhe der versprodrenen rcdrt ungeniertvorgebracJrten ßclohnung,mit weldrer Dupin sichan den Präfektenwendet,der seincrscits,obsdroner sichin der genauenSummezurüd
stufe stellenwie den annihilierendstenSignifikanten,des es in bezug auf Signifikationüberhauptgibt: dasGeld. Das aberist hier nidrt alles.Denn wenn derGewinn,zu weldremDupin so leicht gekommenist, dessenKopf aus der Schlingeziehensoll, so wird der Ausfall, sagenwir: der Scllag unter die Gürtellinie, den er dem Minister plötzlich versetzt,nur um so paradoxer,scJrodrierender. haben, Solltedennder Streidr,dener ihm gespielthat, niclrtausgereicht abzugestellten Luft Geltung die seiner so unverschämtzur Sdrau lassen? lVir habendie grausamenVersegenannt,die er, wie er versidrert,sich nicht enthaltenkonnte, in dem von ihm gefälsdrtenBrief demjenigen Augenblickzu widmen, in dem derMinister,durdr die unausbleibliclen Herausforderungender Königin außersich,sie zu demütigengedenkt und sichin den Abgrund stürzt: Er gibt die Sentenzfacilis descensus Aaerni26zum Bestenund fügt hinzu, der Minister könne niclt verwasdadurcfi,daß er ohne fehlten,seineHandsclrift wiederzuerkennen, einenSchandfleck hinterläßt, als ein unrühmNot und erbarmungslos lidrer Triumph erscheint- Dupin hat esimmerhin auf einePersonabgesehen, die nic}t ohneVerdienstist. Der Groll, auf den er sidr beruft, wegen einesüblen Betragens,dem er in \(ien (war es auf dem Kongreß?)ausgesetzt war, fügt dem nur nodr eine weitereAnsdrwärzung hinzu. Explosion docJrnoch etwas geSehenwir uns dieseleidensdraftliche den Umstand, daß sie wir insbesondere nauer an und berücksiclrtigen die Folge einer Handlung ist, deren Gelingeneinem so kühlen Kopf sidr verdankt. Siefolgt genauauf denAugenblid<,in dem,nachdemder entsdreidende Akt der IdentifizierungdesBriefesstattgefundenhat, Dupin sozusagen den Brief bereitsin Händen hält, ihn fast sdron in Besitzgenommen hat, ohne aber audr sdronin der Lage zu sein,sic.hseinerwieder entledigenzu können. Er ist damit ebenfallsAbnehmerin der intersubjektivenTriade und als soldrerin der mittleren Position,die vorher die Königin und der Minister eingenommenhaben.'ü7ird er, indem er nun mehr Überlegenheit rs beweist,unsauchdie AbsichtendesAutors enthüllen? Ist esihm gelungen,denBrief wieder auf seinenrec}ten\Veg zurüd
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DieseAdresseaber ist die Stelle,die zuvor der König eingenommen hatte,an diesermüßteer in die Ordnung desGesetzes wiedereintreten. Vir habengesehen, weder der König nodr die Polizei, die an dessen Stellerüdrte, waren fähig, ihn zu lesen,da dieseStelleBlindheit einschlo$. Rexet a,.tgur,die legendäreArchaik dieser\florte scheinthier nur anzuklingen,weil wir ahnensollen,wie lächerlichesist, an dieseStelleeinen Mann zu berufen.Die Gestaltender Geschichte sind ja seit geraumer Zcit nicht geradeermutigend.SeinerNatur nachist der Mann nidrt daz.u beschaffen, das Gewicht des höchstenaller Signifikantenallein zu tragen.Und die Stelle,die er einnimmt, indem er sie bekleidet,kann zum SymboldesSdrwadrsinns werden27. Sagenwir, hier ist derKönig durdr die demSakraleneigeneAmphibolie gesdrlagen, mit jcnem Sd-rwadrsinn der mit dem Subjekt28zusammenhängt. Das wird den Personen,die sidr an seinerStelleablösen,den Sinn verlcihcn. Nidrt, daß man die Polizei für konstitutionell analphabetisdr haltcn kann, bekannt ist ja die Rolle, die die bei der Staatsgründung iruf demcdmpnsaufgepflanztenPiken spielen.Die Polizei aber,die hier ilrrcm Geschäftnadrkommt, ist redrt weitherzig, was ihr nahegelegt wird von Herren, die aus ihrem Hang zur Indiskretion kaum ein (lchcimnis madren. Deswegenkaut man uns nidrt den bekanntcn Spru<*rüber die ihnen vorenthaltenenBefugnissevor: ..Sutor ne ultra crepidam,Bullen, bleibt bei euren Stullen.ITir werden euchzu
dieseSehnsudrtmit ihren Verbrechentrüben, ein Interesse,das dafür nodr die Beweisescfimiedet.Ja, man kann sogarfeststellen,daß diese Praxis, die immer sdron dadurdr gut angekommenist, daß sie immer nur zugunstender Mehrheit ausgeübtwurde, durdr jene verbürgt bekanntenund die selbstdaran wurde, die öffentlidrihre Sclmiedungen etwashättenaussetzen können:die bisherletzteManifestationdesVorrangsdesSignifikantenüber dasSubjekt. Bleibt trotzdem wahr, daß man einer Polizeiakte immer mit einem wobei schwerzu erklärenist, daß dieserVorbehalt Vorbehaltbegegnet, soweit über denKreis der Historiker hinausreidrt. lVegendiesesim AbnehmenbegriffenenGlaubenswird die von Dupin beabsidrtigteAuslieferungdes Briefes an den Polizeipräfekten,den Brief in seinerTragweiteschmälern.\Wasbleibt jetzt nodr vom Signifikantenübrig, nadrdemer, bereitsum seineBotschaftan die Königin erleichtert,in seinemText ungültig wurde in dem Augenblid<,da er dem Ministerausden Händenkam? Er kann sogeradenocfiauf die Frageantworten,was von einemSignifikanten übrig bleibt, der keineBedeutungmehr hat. Das aberist genau die Frage,die der an ihn gerichtethat, den Dupin nunmehr an dem durchBlindheit gezeidrneten Ort wiederfindet. Es ist tatsächlichdie Frage, die den Minister dorthin geführt hat, wenn anderser der Spielerist, als den man ihn uns bezeiclnet,und als den ihn seineHandlung hinreidrenddeutlichausweist.Die Leidensdraft desSpielersist ja nicJrtsanderesals die an den Signifikantengeridrtete Fragenadademaatomaton desZuf alls. "\[as bist du, Figur des'!üürfels,den irü im ZusammenfallQtiyr)3omit meinemSchicksalwcnde?Nidrts, wenn nidrt die AnwesenheitdesTodes,die dasmenscfilicleLebenzu jenemAufsdrubmadrt, der von Morgen zu Morgen im Namen der Bedeutungen erwirkt ist, derenHirtenstab dein Zeichenist. So tat Sc}eherezade während Tausendundeiner Nadrt, und so tue ich seit achtzehnMonaten, während der idr unter dem Einfluß diesesZeichenssteheum den Preiseinersdtwindelerregenden Seriefalscher'\7ürfein demSpielum .Grad oderUngrad,.' So kommt es, daß Dupin, aorn Ort her, wo er ist, sidt nicht dagegen wehrenkann, gegenden,der sofragt, eine\(ut von manifestweiblicher 30 Man kennt die grundsätzlidreOpposition, die Aristotelesin der Begriffsanalyse, die er in seiner"Physik" dem Zufall widmet, hinsidrtlidr der beidenhier erwähnten Termini aufstellt. Kennte man sie."sowürde mandre Diskussion erhellt.

Natur zu empfinden.Das hehreBild, zu dem sichdie Erfindungsgabe dcsDidrtersund die StrengedesMathematikersmit der Unberührbarkcit einesDandy und der EleganzeinesBetrügersvereinigten,wird plötzlichfürdenselben, der esunsgenießenließ,zum wahren monstrr'!'rn ltorrendum,wie seineeigenenl(orte lauten, "ein genialerKopf ohne Grundsätze". I-licr zeichnetsichder Ursprung diesesSdrredrensab, und der ihn ersidr so fährt, hat, ihn uns zu enthüllen,eigentlidrkeine Veranlassung, viillig unerwartetals "Parteigängerder Dame" zu erklären.Man weiß, ins Spielbringt, daß Damenesnidrt lieben,wenn man Grundsätzlidres dcnn ihre Reizesind in hohemMaße dem MysteriumdesSignifikanten vcrpflidrtet. Seite des I)ahcr wird Dupin uns sdrließlidr die sdrreckenerregende Signifikantenzukehren,den alle außerder Königin bishernur von der Kclrrseiteher lesenkonnten. Dem Orakel, das dieseandereSeite in ihrcr Fratzeträgt, entsprichtder GemeinplatzdesZitats so gut wie der Umstand,daß esder Tragödieentnommenist: . . . Un destin si funeste, s'il n'cst digne d'Atrde, est digne de Thyeste. So lautet die Antwort desSignifikantenjenseitsaller Bedeutungen: "l)u glaubstzu handeln,während ich didl bewegean Fäden,mit weldrcn idr deineBegierdenverknüpfe.So nehmendiesezu an Kraft und vcrmchrensicl in die Objekte,die dicfi an die ZerissenheitdeinerKindcrzcit zurüdrverweisen. Dies soll dein Festmahlseinbis zur \fliederkclrr desSteinernenGasts,der idr sein werde für didr, wenn du mich rtt fst. o

lJrrr wicdcr zu einer gemäßigteren Tonart zurückzufinden, sagen wir lrrit jcncm Sdrerzwort, das wir zusammen mit einigen von Ihnen, die tunsim lctzten Jahr an den Kongreß nach Züridr begleiteten, als Parole lrusgcgcbcn haben: "Iß dein .Dasein'.' lst's clics,was den Minister an einem schicksalhaftenTreffen erwartet? l)rrpin vcrsidrertes uns, wir aber habengelernt,seinenAbschweifungen nidrt lllzu vicl Glauben zu schenken. Zwcifclsohne sehen wir hier den Verwegenen auf jenen Zustand srhwadrsinnigcr Blindheit reduziert, in dem der Menscl sich jenen '\üand Srhriftzcidrcn an der gegenübersieht,die sein Schid<salbestimtncrr. I)o<jh kijnnen die Provokationen der Königin allein genügen, cirrcn Mann wie diesen dazu zv bewegen,sidr den Sdrriftzeidren zu stel4o

len? \[as ist mit ihnen bewirkt? Liebe oder Haß? Jeneist blind und +r wird ihn zwingen,seine\üaffen zu stred(en.Dieserist hellsichtig,wird aber seinenArgwohn wecken.Ist er wirklich der Spieler,als den man ihn unsvorstellt,wird er seineKarten, bevor er sieaufdeckt,ein letztes hat, rechtzeitigvom Mal befragenund sich,wenn er seinSpiel gelesen zu entgehen. Tischerheben,um der Schande Ist dies alles und dürfen wir damit glauben,die wirkliche Strategie Dupins über die imaginärenKniffe, mit denener uns täusclenmußte, hinausentziffert zu haben?Ja, gewiß, denn wenn uein jeder Fall, der Nacldenken erfordertr, wie Dupin zunächstvorbringt, "zwedtmäßig imDunkeln untersudrtwird,, sokönnenwir jetzt dieLösungmit Leic.htigkeit am hellenTagelesen.Siewar bereitsim Titel unsererErzählung enthaltenund diesemunsdrwerzu entnehmen- und zwar nach der Formelder intersubjektivenKommunikation,mit der wir Siesdronseit langemvertraut gemachthaben:Ihr zufolge,sagenwir, empfängtder SenderseineBotsdraftvom Empfängerin umgekehrterForm wieder. Somit will .entwendeterrr,eben .unzustellbarerBriefu besagen,ein Brief (eineLetter) erreicheimmer seinen(ihren)Bestimmungsort. (Guitrancourt,SanCasciano,Mitte Mai, Mitte August r956)

Darstellung des weiteren Verlaufs Auf diesenText würden wir den, der sicheinen Eindruck von unserenVorlesungen verschaffenwollte, sdrwerlicJrhinweisen'ohne ihm den Rat zu geben,daß man sidr durdr ihn in die Einleitung einführen lassenkann, die ihm vorausging,und die hier folgen wird. Sieaber war für jene gemadrt,die mit diesemEindrud<sdtonvertraut waren. Dicser Ratsdrlagwurde, wie gewöhnlidr,nidrt befolgt: da der Gesdrmadran Klippen das OrnamentdesBeharrensim Seindarstellt. 'Vir nehmenhier die Ukonomie desLesersnur insofernin die Hand, als wir auf den AdressatenunseresDiskurseszurückkommenund hervorheben,was nicht mehr in Abrede gestelltwerden kann: unsereSdrriften reihen sidr in ein Abenteuerein, das jedenfallssoweitdie Psyüroanalyse es in Fragestellt' desPsydroanalytikers, +z Die UmwegediesesAbenteuers,jasogarseineUnebenheiten,habenuns in ihm an die StelledesUnterridrrendenversetzE. Daher ein inrimer Hinweis, den man, nadrdemman zunädrstdieseEinleitung durchlaufen hat, durdr den Hinweis auf die im Chor praktizierten Exerzitien, begreifen wird. 4r

arbeitet der vorangehende Text ja nur die Ergebnisse einer von innen, vcrfcincrnd, heraus, die sidr als besondersdankbar erwiesen haben. Man macht daher einen sdrledrten Gebraudr von der Einleitung, die folgen wird, w('nn man sie für sdrwierig hält: das hieße, auf den Gegenstand, den sie präsentiert, das zu übertragen, was allein an ihrer Perspektive liegt, sofern diese sidr nadr der Lctztlidr

Ausbildung des Psychoanalytikers ridrtet. suchen die vier Seiten, die einigen Kopfzerbredren bereiten, keineswegs Vcrwirrr.rng zu stiften. Sfir führen einige nadrträgliche Beridrtigungen an, um jeden Vorwand auszuräumen, der dazu dienen könnte, sidr von dem, was sie behaupten, Audr

rrbzuwcnden. Nümlidr die, daß die Erinnerung, um die es sidr im Unbewußten, im Freudsdren, wic sidr versteht, handelt, nidrt der Ordnung angehört, die man dem Gedädrtnis urrtcrstellt, sofern letzteres das Eigentum des Lebendigen wäre. Llrn das, was diese negative Referenz beinhaltet, genau herauszustreidren, sagen wir, daß das, was ausgehedrt wurde, um über diese \firkung der lebendigen Materie llet'Icnschaft zu geben, uns durdr die Resignation, die es nahelegt, nicht annehmbarer wird. \üüiihrcnd es doch in die Augen springt, daß wir durdr den Verzidrt auf diese Unterwcrfung in dcn geordneten Ketten einer formalen Sprache in allen Punkten die Ähnlidrkcit mit einem Erinnern erkennen können: ganz besondersmit demjenigen, das die lirrtdccü.ungFreuds forderr. Wir wcrden daher bis zu dieser Behauptung gehen: wenn es überhaupt irgendwo cirrcrr Bcweis zu erbringen gibt, dann den, daß diese Ordnung, die das Symbolisdre korrstituicrt, nicht genügt, um hier allem die Stirn bieten zu können. lrrr Augcnblid< sind die Beziehungen dieser Ordnung, in Anbetradrt der Erkenntnis, rlic [ireud über die Unzerstörbarkeit dessenhat madren können, was im Unbewußten ,rtrfbcwahrt ist, die einzigen, von denen man denVerdacht hegen kann, ibm za ge,, il llt,tt.

(M.rn bcirdrtc Freuds Text über den uI(underblodr", der diesbezügliö, wie mandrc ;rrrrlcrc,dcn trivalen Sinn übersdrreitet, den ihm die Zerstreuten lassen.) l)irs l)rogramm, das sidr für uns abzeidrnet, besteht folglidr darin, zu erkennen, wie cirrc formalc Sprache das Subjekr bestimmt. l)cr ocwinn cines solchen Programms ist allerdings nidrt einfadr: da es voraussetzr, rlall cin Subjckt es nur erfüllen wird, indem es erwas von sidr selbst dazu beiträgt. liirr l)syr:hoanalytiker kann nidrr umhin, sein Interesse daran hervorzuheben, sogar rr,rclrMrflgabc des Hindernisses, auf das er dabei stößt. l)ic, tlic daran mitwirken, räumen es ein, und sogar die anderen, in angemessener +3 t0üciscbcfragt, würden es zugeben: es liegt hier eine seite subjektiver umkehrung v.r, rlic für unsere psydroanalytisdre verbindung nidrt undramatisch gewesen ist, tttttl rlcr Vorwurf, dcn die anderen mit dem Begriff der Intellektualisierung erheben, rrrrrl nrit dcm sie uns einen streich spielen woilen, zeigt in diesem Lidrt sehr genau, w,rr cr vcrbirgt. ()hrre zwcifcl hat keiner sidr verdienstvollere Mühe gegeben, diese seiten zu lesen, ,rlr cirrer, tlcr uns rrahe steht, und der sdrließlich nur die Hypostase zu denunzieren w r r l l t c , d i c s c i u c r rK a n t i a n i s m u s b e u n r u h i g t e . I ) i e K ; r r r t i s t h cl ] ü r s t e b r a u d r t a l l e r d i n g s s e l b s ti h r A l k a l i . I lier bictct sidr cine günstige Gelegenheit, unseren l7idersadrer einzuführen, und 1'

andere audr, die weniger relevant sind, da sie jedesmal,wenn sie sidr ihr täglidres subjekt erklären,ihren Patienten,wie man sagt,und wenn sie ihm sidr erklären,vom magisdlenDenken Gebraudrmadten. Daß sie dadurdr selbstin es eingehen,gesdriehttatsädtlidr mit demselbenSchritt, mit dem der erste versucht, von uns den Keldr der Hypostase fernzuhalten, während er dodr mit eigenerHand den Bedrergefüllt hat. Denn wir haben niöt vor' mit unserena, f ,y, ö aus dem Realen mehr z:utagezu föthaben,daß heißt hier: nidrts; sondern, als wir in seinerGegebenheitvorausgesetzt dern wir wollen nur zeigen,daß sie hier eine syntax einführen,indem siejenesReale überhaupterst zum Zufall madren. Dazu stellenwir als nädrstesfest, daß die \fiederholungseffekte,die Freud zwänge nennt, keiner anderenUrsacheentspringen. daß unserea, f ,1,ö abernidtt sind, ohnedaß ein Subjektsiclr Man hält uns entgegen, ihrer erinnere.Genau das steht in unserenSdrriften zur Frage: was sidr wiederholt, geht eben aus dem, u)ds nicbt toar, hervor - eher als aus einem Nidrts des Realen, das man sidr verpflidrtet fühlt, in ihm anzunehmen' Merken wir än, daß die Tatsadre,daß das, q/as sidl wieclerholt, so sehr insistiert, um sichzur Geltung zu bringen,dadurdr wenigererstaunlidlwird. Das bezeugtder geringsteunsereroPatienten"in der Analysemit lt(orten,die unsere Lehre um so besserbestätigen,als sie es sind, die uns dahin gebradlt haben: genauso wie audr die eswissen,die wir ausbilden,da sie oftmals unsereTermini - wenn audr antizipiert- in demfür sienodr frisdrenText eineranalytisdrenSitzunggehörthaben. gehört v/erde, Daß der Kranke aber im Augenblidr,in dem er spridrt, angemessen ist das,was wir erreichenwollen. Denn es wäre befremdend,daß man nur der Idee dessen,was ihn vom redrten Weg abbringt, ein Ohr leihen würde, im Augenblidc,in dem er ganz einfadr der \Tahrheit ausgeliefertist. Aus diesemGrund ist esder Mühe vsert,die SidrerheitdesPsyöologen ein wenig zu das "Ansprudrsniveau,ererschüttern,das heißt die Pedanterie,die beispielsweise funden hat, zweifellos mit der Absidrt, in ihm das eigeneals unüberbietbarenPlafond zu bestimmen. Man darf niclt glauben,der Universitätsphilosophvon altem Sdrrot und Korn sei dasBrett (La planche!A.d.U.),das dieseKurzweil unterstützenv/ürde. Genau hier, wo sie alte Sdrulstreitigkeitenwieder erklingen läßt, stößt unsereRede auf die Passivades Intellektuellen,es handelt sidr aber audr um die Behebungtöridrter Voreingenommenheiten. Auf der Tat ertappt, uns eine Übersdrreitungder KantisdrenKritik zu Unrecht anzukreiden,ist das Subjekt,das so wohlwollend mit unseremText aufräumenwollte, dodr nidrt der Vater Ubu und sträubt sidr nidrt. Aber es hat fast alle Lust am Abenteuerverloren. Es will sidr setzen.Das ist eine körperlicheAntinomie zum Beruf des Analytikers. Vie kann man sitzen bleiben, wenn man sidr in die Lage gebradrthat, auf die FrageeinesSubjektsnidrt mehr ant'worten zu müssen,als indem man es zuerst hinlegt?Es ist klar, daß Aufredrtstehen nidrt wenigerunbequemist. ErfahDeshalbstellt sidr hier die Fragenadr dem Übertragender psydroenalytischen umzusetzen. rung, wenn in sie die didaktischeAbsidrt impliziert ist, ein 1üTissen Die Inzidenzeneiner Marktstruktur sind für das Feld der Vahrheit nidrt belanglos, dochsiesind hier bedenklidr.

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,c,lntunfung l)ie Vorlesungaus unseremSeminar,die wir hier in überarbeiteter liorm nodr einmal vorlegen,wurde am 26. April r9y5 gehalten.Sieist cin Teil desKommentars,den wir im Verlauf jenesganzenStudienjahres "JenseitsdesLustprinzips"gewidmethaben. Man weiß, daß viele von denen,die sidr auf den Titel einesPsychoanalytikers berufen, nicht zögern, dieses\flerk von Freud als überIlüssige,ja sogar gewagte Spekulation zu verwerfen; und an der Antinomie par excellence, in der esgipfelt, dem Begrifi desTodestriebcs, kann man ermessen, in welcJremMaße es für die meisten,man vcrzciheunsdastVort, undenkbarseinkann. lis fällt allerdingsscJrwer, das \(erk, das geradehier ein Vorspiel der ncucnTopik ist, für eineAbschweifungoder gar einenFehltritt jener 'l'opik zu halten, die die - im theoretischen Gebraudrwie auchin der populären Verbreitung besondersvorherrsdrendgewordenen- Terrnini desIcb, Es undüberich repräsentieren. l)icscseinfacle Verständnissieht sidr bestätigt,dringt man in die Motivationenein, die die sogenannte Spekulationan die theoretisc}eReviclicrungknüpfen,als derenKonstituenssiesicherweist. l'lin solcherProzeß läßt keinen Zweifel an der Entartung, ja sogar arn Widersinn, mit dem die vorliegende Gebrauchsweise der genanntcnTermini gesdrlagen ist, und der sdrondarin offenkundigwird, daß thcoretiscler und vulgärer Gebrauch vollkommen äquivalent sincl. (lcwiß rccltfertigt genaudiesdie von bestimmtenEpigoneneingestantlcnc Absicht,in diesenTermini die Mittel zur Aufbereitungzu finden, durrir die die Erfahrung der Psydroanalyse von dem,was sieallgemeine Psydrol
\fleise zu restrukturieren,indem er ihr eineverallgemeinerteForm verleiht, aber audr seineProblematik im lüiderstand gegenden Verfall wiederzueröffnen,der sidr seit damalsdarin bemerkbarmadrte, daß gehaltenwurden. ihre Virkungen für schlidrtGegebenes I[as sichhier erneuert,artikulierte sichsdron im "Entwurfu3l, in dem sein Ahnungsvermögendie \flege zeidrnete,durdr die seinForschenihn führen sollte: das Systemrp, Vorläufer desUnbewußten,bezeugthier seineOriginalität, indem es nur im Wied'erfindendes aon Grund aut' verlorenenObjektsbefriedigtwerdenkann. Auf diese\(eise situiert Freudsidr von Anfang an in der KierkegaardschenOpposition,die den Begriff der Existenzbetrifft, sofernsiein der '!trenn Kierkegaardin Erinnerungoder in der \üiederholunggründet. bewunderungswerter Weisein ihr die Differenz der antiken und modernen Konzeption des Mensdrenuntersdleidet,dann wird offenbar, Sc}ritt abfordert'wenn er daßFreudder letzterenihren entsdreidenden Mensc.hen als Handelndemdie in dem mit Bewußtseinineinsgesetzten dieserlViederholungenthalteneNotwendigkeit raubt. Da dieselViederholung symbolisdrelViederholungist, stellt sidr heraus,daß die Ordnung desSymbolsnidrt mehr als durdr den Menschenkonstituiert, sondernalsKonstituensbegriffenwerdenkann. So sahenwir unsveranlaßt,unsereZuhörerwahrhaft mit dem Begriff der Viedererinnerungvertraut zu machen,den das FreudscheWerh impliziert: und zwar aus der hinreichenderwiesenenFeststellung der Analyseselbst,läßt man sie impliheraus,daß die Gegebenheiten zit, in der Luft hängen. I7eil Freud niclt vom originellenCharakter seinerErfahrung weic}t, sehen wir ihn gezwungen,ein Element herbeizuzitieren,das sie von Jenseitsdes Lebensbeherrsdrt- und welcheser den Todestrieb nennt, Der Hinweis, den Freud hier seinensogenanntenNachfolgern gibt, vermag nur die zu entrüsten,deren Scllaf der Vernunft sich, der lapidaren Formel Goyas gemäß,von den Ungeheuernnährt, die er zeugt. t1 Es handelt siö um den .Entwurf einer PsydrologieE von r89y, der, da er an Fließ geridrtet war, im Gegensatz zu den berühmten Briefen, denen er hinzugefügt wurde, von seinen Herausgebern nicht zensiert wurde. Gewisse Fehler bei der Lektüre des Manuskripts, die die deutscheAusgabe enthält, zeugen sogar von der geringen Beachtung, die man seiner Bedeutung gezollt hat. Es ist klar, daß wir an dieser Stelle nur eine Position bezeichnen, die wir in unserer Vorlesung enrwickelt haben.

4t

I)enn um seinem Gewohntem nidrt zu widersprechen,liefert Freud uns seinenBegriff nur in Verbindungmit einemBeispiel,das hier die grundsätzlicheFormalisierung,die er bezeidrnet,in glänzender\7eise bloßlegenwird. - deren JcnesSpiel, weldresdas Kind betreibt, wenn es Gegenstände I')igenartübrigensgleiclgültig ist aus seinerSidrt verbannt, um sie wicder hervorzuholenund ansdrließenderneut zum Versdrwindenzu bringen, währenddessen es jene distinktive Silbenfolgemoduliert diesesSpiel,sagenwir, manifestiertin seinenradikalen Zigen die Detcrminierung,die das Mensdrentiervon der symbolisdrenOrdnung cmpfängt. I)cr Mensc}widmet seineZeit budrstäblidrder Entfaltung der strukturellen Alternation, in der die An- und Abwesenheitsichgegenseitig aufrufen. Genauim Augenblidr ihrer wesentliclenKonjunktion, also soz.usagen am Nullpunkt desBegehrens, fällt das mensdrlidreObjekt untcr die Beschlagnahme, die, seinnatürlidresEigentumannullierend, csfortan denBedingungen desSymbolsunterwirft. Um die lü/ahrheit zu sagen,hier liegt nur ein erhellenderEinblidr in dcn Eintritt des Individuums in eine Ordung vor, deren Massees trügt und in der Form der Spradrein sidr aufnimmt, und die in der l)iadrronie wie in der Synchronieder Bestimmungdes Signifikatsdie tlcsSignifikantenüberauferlegt. Man kann dieseUberdeterminierung in ihrem Auftritt selbstfassen;sie ist dic einzige,um die esin der Freudschen Auffassungder symbolischen lrurrktiongeht. l)ic cinfacleKonnotation einerReihemit (+) und (-),die auf der einzigcn grundsätzlichen Alternative von An- und Abwesenheitspielt,erlaubt cs zu zeigen,wie die strengstensymbolisdrenDeterminationen sichcincr Folgevon'tüflürfenangleichenlassen,derenRealität in strengcnrSinnureinzufällignverteiltist. lis gcnügttatsädrlich,in der DiachronieeinersoldrenReihedie DreierHruppcnz.usymbolisieren,die sidr aus jedem Wurf32sdrließenlassen, irrdcrnman sie beispielsweise synchronisdrmittels der Symmetrieder llcstiindigkcit(+ * +, - - -), die mit (r) bezeidrnet wird, oderder Altcrnation(+ - +, - + -), die mit (3) gekennzeidrnet wird, defiir Vir t:rlüuternder Klarheit wegendieseNotation einerZufallsfolge:

* *

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l ; : : ; ; : ;

u s w

vorbehält, die niert; wobei man die Notation (z) der Dissymmetrie33 durdr dasUngeradein der Gestalt einer Gruppe zweier ähnlic}er ZeiZeidten entweder vorangeht oder folgt dren, der das entgegengesetzte (+ - -, - * *, * * -, - - +), zu erkennenist, damitinderneuen Reihe,die mit Hilfe dieserNotationenkonstituiertwurde, MöglichkeiDas folgende sichabzeichnen. ten und Unmöglidrkeitender Sukzession Netz faßt siezusammen,wie esaudr die konzentrisdreSymmetrieoffenbart, mit der die Triade schwangergeht - das heißt, wir fügendas hinzu, die Struktur selbst,auf die sic.hdie von den Anthropologenimmer wieder eröffnete Frage3aüber den grundsätzlichenoder sdreinbeziehenmuß. Organisationen barenDualismusder symbolischen Hier folgt diesesNetz:

NETZ I-':

kann man feststelIn der Reiheder Symbole(r), (t), (3) beispielsweise len, daß die Reihesic}ran den geradenoder ungeradenRang jeder dievon (z) dauert, ser (z) erinnernwird, solangeeine stetigeSukzession die nadr einer (r) begonnenhat; dennvon diesemRang hängt esab, ob dieseSequenznur durdr eine (r) nacheiner geradenZahlvon (z) oder durdr eine(3) nadr einerungeradenZahlabreißenkann. des SymbolsersterOrdSomit läßt mit der erstenZusammensetzung nung mit sichselbst- wir weisendarauf hin, daß wir sie nicht willhaben-, eineStruktur, die gegenkürlidr in dieserlüüeise vorgeschlagen über ihren Gegebenheiten nodr vollauf transparentbleibt, die wesentss Sie ist genau das, was die Verwendungsarten des englisdren \[ortes, ohne ein Äquivalent, das wir aus anderen Spradren kennen, in sidr vereinigt: odd. Die französisdre Gebraudrsform des Vortes impair (uagerade) zeigt, um eine Abweidrung im Verhalten zu bezeidrnen, einen Anfang;

das Vort:

disparat allerdings erweist

sich als unzureidrend. 8a Vgl. seine Wiederaufnahme durdr Claude Ldvi-strauss in: Gibt es dualistisdre Organisationen? aus: Strukturale Anthropolo gie,Frankfwt, r967.

licheVerbindungder Erinnerungmit dem Gesetzin Erscheinungtretcn.

Wir werdenaber sehen,wie die symbolisdreDeterminierungundurchsidrtigwird und sidr die Natur desSignifikantengleidrzeitigofrenbart, indem wir nur die ElementeunsererSyntax durdr überspringeneines Tcrms neu kombinieren,um eine quadratischeRelation auf dieses binäreElementanzuwenden. Sctz.cnwir deshalbswenn folgendesbinäre Element: (r) und (l) beispielsweise in der Gruppe [(r) (r) (l)] vorkommt und mit Hilfe seiner Symbole eine Symmetriemit einer Symmetrie [(r)-(r)], (l)-(l), wird, so sdrreiben t(t)-(l)l oder audrnodr [(3)-(r)] zusammengefügt wir c; die Konjunktion einer Dissymmetriemit einer Dissymmetrie (rrur [(z)-(z)]) heißt y; aberim Gegensatzzu unsererersrenSymbolisicrungverfügen die Kreuzkonjunktionenüber die beiden Zeichenf und d, wobei p die Konjunktion der Symmetriemit der Dissymmetrie [(r)-(t)], [(l)-(r)], und ö die der Dissymmetriemit der Symmetrie [ (r)-( r)], t(r)-(:)l bezeichnen. Man wird feststellenkönnen:wenn dieseKonvention audr einestrenge (ilcidrheit der Kombinationsmöglidrkeitenzwischenvier Symbolen u, fl, y, d aufstellt(im Gegensatz zur klassifikatorisdren Mehrdeutigkeit, dic in dcr früherenKonvention dieVorkommenswahrsdreinlidrkeit der bcidcn anderenund der desSymbols(2) gleichbewertete), so determinicrt die neueSyntax,die die Sukzession absovon c, p, y, ö beherrscht, lut dissymetrisdreVerteilungsmöglichkeiten zwischena und 7 einerscits,p und d andererseits. lrkcnnt man in der Tat, daß irgendeinerdieserTerme irgendeinem arrdcrenunmittelbar folgen kann und ebenfallsim 4. Zeitmetrum,das vorr cincm der beidenausgehendgezähltwird, erreidrr werden kann, tfann zcigt sicJrdagegen,daß das 3. Zeitmetrum,oder andersausgedrür.ü,t,das konstituierendeZeitmetrum des binären Elements,einem Aussdrließlidrkeitsgesetz unterworfenist, dasbesagt:auseinema oder d kann man nur ein c oder ein p, und auseinemB oder einem7 nur ein 7 odcr
VcrtcilungsschemaAA: #

+

a,f,Td

--

arf

,i

r. Zeitmetrum z.Zeitmetrum 3. Zeitmetrum

in dcrn die mit dem r. und 3. Zeitmetrumverträgliclen Symbolesicl, gcrrrüßdcr horizontalenAufreibung,die sie im Verteilungsschema ver,t8

teilt, entsprechen,während ihre Auswahl im z. Zeitmetrum indifferent ist. Die Tatsadre, daß die hier zum Vorsc.heingekommeneVerbindung ist, benidrts Geringeresals die einfadrsteFormalisierungdesTausches '!ü7ir wollen auf dieser stätigt uns ihre anthropologischeBedeutung. Ebene nur auf ihre eine Subjektivität erster Ordnung konstituierende Bedeutunghinweisen,derenBegriff wir weiter unten situierenwerden. DieseVerbindungist, berüdrsichtigtman ihre Orientierung'tatsädrlidr reziprok; andersausgedrüdit,sie ist nicht umkehrbar,sondernretroaktiv. Bestimmt man daher den Term des4. Zeitmetntms,so wird der desz. Zeitmetrumsnicht indifferent. Es läßt sic.hbeweisen,daß,bestimmtman den r. und den 4. Term einer gebenwird, dessenMöglichkeit Reihenfolge,esstetseinenBuchstaben wird, und daß es Termen ausgesc}lossen durch die beiden mittleren gebenwird, von deneneinerimmer durchden zwei weitereBuchstaben ersten,und ein andererdurch den zweiten diesermittleren Termen ausgeschlossen wird. Die beidenTafeln3sQ und O zeigendie Distribution dieserBudrstaben:

Tefcl fh

c /-\

E/-\ü-\T4p-\F4n A

p

E.acnc,-\p-\T/-r\1,-1ö Tefcl O:

I

c

Die ersteZeiLegestattetzwischenden beidenTafeln die gesuchteKombination des r. und 4. Zeitmetrumsaufzufinden,der Budrstabeder zweiten Zeile dagegenwird von der Kombination aus den zwei Zeitdie beiden Sdrriftzeidrender metren ihres Intervalls ausgesdrlossen; dritten sind von links nachrechtsdiejenigen,die jeweilsvom 2. und 3. werden. Zeitmetrumausgesdtlossen Dies könnte die Verbildlidrung eineserstenumrissesdes subjektiven Verlaufsdarstellen,indem man zeigt,daß er in der Aktualität gründet, die in ihrer GegenwartdaszweiteFutur hat. Daß sidr in der Zwischens5 Diese beiden Sdrriftzeiöen entspredrender dextrogyren und lävogyren PolarisieTermen. rung einer Quadrantenverbildlidrung der ausgesdrlossenen

zcit jenerVergangenheit- die er zu dem, was er projiziert, bereitsist cin Lodr auftut, dasein gewisses caput mort,.turnd.esSignifikanten(der hicr als Dreiviertel aller möglidren Kombinationen,die er eingehen kann, berechnetwird36)konstituiert,genügt,ihn an Abwesenheitfestz.umachen und ihn zu zwingen,seinenUmkreis zu wiederholen. Dic Subjektivitätstehtursprünglichin keinemBezugzum Realen,sondcrn kommt aus einer Syntax, die die signifikanteKennzeichnungin ihm erzeugt. l)ie Eigenschaft(oder die Unzulänglichkeit) der Konstruktion des Netzesvon o, f, l, ö bestehtdarin, zu verdeutlidren,wie sichin drei StufendasReale,dasImaginäreund dasSymbolisdrezusammensetzen, obgleicl im Innern nur das Symbolisdreals Repräsentantder beiden crstenStufenspielenkann. Sinnt man gewissermaßen nairr der Nähe, durch die der Triumph der Syntax erreichtwird, nadr, so lohnt es sich,ein wenig in der Erforsdrung der Kette zu verweilen, die in derselbenLinie geordnetist, wcldrePoincardund Markow fesselte. So stcllt man fest: wenn in unsererKette zwei B vorkommen,die ohne l'linfügungeinesd aufeinanderfolgen, dann gesdriehtdas entwederdirckt (pfi oder nadr der Einfügung einer übrigensundefiniertenAnzalrl von Paarenay: (Baya. . . yil; nadr dem zweitenp kann aberkein ncucs19in der Kette erscheinen, bevor d nicht in ihr produziert wurde. l)ic obcn definierteSukzessionzweierB kann sicl allerdingsnidrt reprrlcluzicrcn, ohnedaß sicl ein zweitesö dem erstenin einerVerbindung (lrisauf die UmkehrungdesPaaresay in ya) hinzufügt, die jener äquivalcrrt ist, die den beidenp auferlegtist, und zwar ohne Einfügung cincsfl. l)aratrsgehtunmittelbardie Dissymmetriehervor, die wir weiter oben in dcr Vorkommenswahrsdreinlidrkeit der verscliedenenSymboleder Kcttc angekündigt hatten. Viihrcnd die a und die 7 sichdurdr einegünstigeZufallsreihetatsächlit'h cinzcln wiederholenkönnen,bis sie die ganzeKette ded<en,ist es rrrsgcsdrlossen, dasB und ,ö,sogarunter den günstigstenBedingungen, ilrrc I)roportionvergrößernkönnten,esseidennsiewären bis auf einen 'l'crrn strcng äquivalent;dies begrenztdas Maximum ihrer möglidren lrrcqucnzauf yo Prozent. f' Zicfrt man die Ordnung der Schriftzeidren nidrt in Betradrt, wird , , t t r r l t l t t t r tr r u r d u r d r 7 r . b e s t i m m t . to

dieses capat

Da die von denB und den ö repräsentierte'WahrsdreinlichkeitderKombination derjenigenäquivalentist, welchedie a und die 7 voraussetzen - und die wirklic}e Ziehung der rüfürfe andererseitsstreng demZufall überlassen ist -, siehtman einesymbolische Bestimmungsichvom Realen abheben,die, wie nachdrücklidrsieauchimmer jede Partialität des Realenaufzeidrnet,die Ungleidrheit,welcle siemit sidr bringt, nur um sobessererzevgt. Eine Ungleidrheit,die außerdemnodr ansdraulid'rwird, einfadr wenn man den strukturellenKontrast der beidenTafeln Q und O betradrtet, dasheißt,die direkteoder gekreuzte'$üeise, in der sidrdie Gruppierung (und die Anordnung) der Ausschlüsse der Ordnung der Extreme,der Tafel gemäß,der dieseletztereangehört,unterstellt,indem sie sie reproduziert. Daher könnenin der Abfolge der vier Budrstabendie beidenmittleren und äußerenPaare identisdrsein,wenn das letztere sicl in die Ordnung der Tafel O einsdrreibt(etwa aaaa,oaflf, fFyy, pBöö,yyyy, yyöö, ööaa,ööBB,die möglichsind); sievermögendasnidrt, wenn dasletztere Paar sidrim Sinnvon Q einschreibt(PPPp,ffoo,yyffl, yyaa, öööö,ööyy, aaöö,aayysind unmögliclr). Der belustigendeCharakter dieserAnmerkungendarf uns niclt irreleiten. Denn esgibt kein anderesBand als diesesymbolisdreDeterminierung, in der sichdiesesignifikanteüberdeterminierungsituierenließe,deren Begriff Freud uns bereitstellt,und die sidr in seinemDenken nie als reale überdeterminierungverstehenläßt; es ist völlig ausgesdrlossen, daß er sidr auf dieseBegriffsverwirrungeinließe,in der Philosophenund Medizinernur allzu leidrt ihren religiösenEifer stillenkönnen. DieseSetzungder AutonomiedesSymbolisclenläßt als einzigedie Befreiung der Theorie und Praxis der freien Assoziationin der Psydroanalysevon ihren Zweideutigkeitenzu. Denn esist etwasganzanderes. wenn man ihreTriebfederauf die symbolisdreDeterminierung und ihre Gesetze,oder wenn man sie auf die sdrolastischen Voraussetzungen einer imaginärenTrägheit bezieht,von denensie im philosophisclen oder pseudophilosophisdren getragenwird, bevor sie Assoziationismus beansprudrtexperimentellzu sein.Da siederenüberprüfung aufgegeben haben,finden die Psychoanalytikerhier einen weiteren Ansatzpunkt für die psydrologisierende Verwirrung, in die sieunablässigund zuweilensogarvorsätzlic.h, zurüdrfallen. tr

Nur soldreBeispielewie die von uns für die in ihrem Aufscfiubunbestimmte Erhaltung der Forderungender symbolisdrenKette angegebcrrcn,erlaubenesin der Tatzu begreifen,wo dasunbewußteBegehren in scinerunzerstörbaren Beharrlidrkeitsituiert ist, die, wie paradox sie audrimmer in der Freudschen Lehreerscheinen mag,nic}tsdestoweniger wird. cinederjenigenZügeist, der am meistenhervorgehoben l)icse Eigenschaftkann jedenfallsmit keinen aus der authentisch-exwerden, die, pcrimentellenPsydrologiebekanntenEffekten gemessen welchesauchimmer die Aufsdrübeund Verspätungensind, denensie unterworfensind, wie jedeanderevitale Reaktion getilgt und gelösdrt wcrden. I)as ist genaudie Frage,auf die Freud in "JenseitsdesLustprinzips" n
drei letzten vergangenenJahre in unsererVorlesung in Sainte-Anne demonstrierthaben, folgt, von der Theorie der übertragung bis zur Struktur der Paranoia,gewöhnlichdem folgendenSchemaL: (r,)s\:

SdrcmeL:

--^-/

der @hdcrc

"**Y .lr\1r*1

"/---$

das @ndcte

DiesesSchemaist unserenSchülerninzwischenvertraur; in ihm stellen die beidenmittleren Terme das Paar reziproker imaginärerObjektivierungdar, daswir im haben. "Spiegelstadium"hervorgehoben Die Spiegelrelationzum andern,durdr die wir zunädrstder bei Freud grundlegendenTheorie des Narzißmus tatsädrlichihre dominierende Stellungin der Funktion desIchswiederzugeben sudrren,kann die ganze Phantasmatisierung, die in der analytisclenErfahrung an den Tag gebrachtwird, nur auf ihre tatsädrlichelJnterordnungreduzieren,indem sie,wie dasim Schemaausgedrüdrtwird, zwisc}endiesesDiesseits desSubjekts36' und diesesJenseitsdesAndern gestelltwird, in das das Spredrensie in der Tat einfügt, sofern die Existenzen,die in diesem gründen,dessen Zeugnisvollständigpreisgegeben sind. rüüeildie Erben einer Praxis und einer Lehre, die in so entsdriedener Iüileise,wie man esbei Freud lesenkann, über die grundsätzlidr narzißtisdreNatur jeder Verliebtheit befundenhat, diesebeidenPaareverwedrselten,konnten sie die Schimäreder sogenannten genitalenLiebe in einemMaßevergöttern,daß sieihr die Tugendder Aufopferungzusdrrieben,aus der so viele therapeutisdre Verirrungenhervorgegangen sind. Indem aberjedeReferenzauf die symbolischen Pole der Intersubjektivität unterdrücktwurde, um die Kur auf eine utopisdreBerichtigung des imaginären Paareszu reduzieren,haben wir es jetzt mit einer Praxis zu tun, in der unrer der Flaggeder "Objektbeziehung"all das zusammengebraut wird, was in jedemMensc}engutenGlaubenslediglich dasGefühl der Niederträchtigkeithervorrufenkann. roa A.d.U.: Sujet groß im Original.

tt

Das redrtfertigt die ridrtige Gymnastik desintersubjektiven Registers' wclcle dergleidrenübungen darstellen, mit denen sidr unsereVodesungaufzuhaltensdrien. [,s kann nidrt ausbleiben, daß die Verwandtsdraftder Beziehungzwischcnden TermendesSdremaL und jener,die die vier Zeitmetrenverhaben cint, die wir weiter obenin der geridrtetenReiheunterschieden erKette symbolisdren einer und in der wir die erstevollendeteForm blicJ<.ten, ins Augestidrt, sobaldman siemiteinandervergleidrt.

Parentheseder Parenthesen(1966) I Iicr gestehen wir unsere Verwunderung darüber ein, daß keiner derjenigen, die besrrcbt waren, die Anordnung zu entziffern, zu der sidr unsere Kette eignete, daran tladrte, die Struktur, über die wir dodr eine klare Aussage gemadrt hatten, in der I)arcnthcse niederzusdrreiben. Iiinc Parenthese, die eine oder mehrere andere Parenthesen in sidr einsdrließt, etwa (( )) oder (( ) ( )... ( )), ist das,wasderweiteroben analysiertenAufteilung tler / und der ö entspridrt, in der es leidrt fällt l):rrcnthese fundamental isr.

festzustellen, daß die verdoppelte

Vir wcrdcn sie Anführungszeichen nennen. Sic yrll das Ded<symbol der Struktur des Subjekts (S in unserem Sdrema L) sein, sofcrn sic eine Verdoppelung oder vielmehr jene Ärt von Teilung impliziert, die eine Vcrdoppelungsfunktion in sidr birgt. Wir haben die direkte oder inverse Alternation
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Das zwisdrenAnführungszeichenStehendeyermag alsdanndie Struktur des S (Es) aus unseremSdremaL zu repräsentieren:es symbolisiertdas als vervollständigrangenommeneSubjekt des FreudsdrenEs, das Subjekt der psychoanalytisdren Sitzung beispielsweise. In ihm ersdreintdas Es dann in der Form, die ihm Freud gibt, sofern er es vom Unbewußten untersdreidet,nämlidr: logistisdr disjunkt und subjektiv sdrweigend(dasSdrweigender Triebe). Die Alternation von or stellt somit das imaginäreRaster(aa') desSdremaL dar. Bleibt nodr das Privileg diesereigentlidrenAlternation (or gerade)deszwisdrenAn. führungszeidrenStehendenund selbstverständlidrden Status von a und a'in sidr selbstzu bestimmensT. Das außerhalb der Anführungszeichen Stehendestellt das Feld des Andern (A im SchemaL) dar. In ihm dominiert die \ü(iederholungin der Gestaltder r, einzigerZug, der die gekennzeichneten Zeitmetrendes Symbolischenals solchesdarstellt(Komplement der vorhergehenden Konvention). Von dort her auch empfängt das Subjekt S seine Botsdraft in umgekehrter Form (Interpretation). Die von dieserKette isolierte Parenthese,weldre die (ro... or) enrhäh, repräsentiert das Idr despsydrologischencogito, ja sogar des falsdren cogito, dasdie reine und sdrlidrtePerversionebensogut tragenkann38. Der einzigeRest, der sidr aus diesemVersudraufdrängt, ist die Formalisierungeines bestimmten,an die symbolisdreKette geknüpftenGedädrtnisses, dessenGesetzman leidrt über die Kette L formulierenkönnte. (Es wird im \Tesentlichendurdr das RelaisdeGniert,das in der Alternation der o, r die Ubersdrreitungeiner oder mehrererParenthesenzeidren und der jeweiligen Zeichenkonstituiert.) rt(rashier festgehaltenwerden muß, ist die Sdrnelligkeit,mit der eine anregendeFormalisierungsowohl einesdem Subjektvorangehenden Erinnerns,als auö einerStruktuierung gewonnenwird, wobei bemerkenswertist, daß sidr in ihr stabileDisparatheiten untcrsdreidenlassen (kehrt man beispielsweise alle Anführungszeidrenum, bleibt dieselbedissymmetrisdre Struktur ratsädrli& erhalten)3s. Dies hier war nur eine übung, die aber unsereAbsidrt erfüllt, in ihr die Art von Umkreis einzusdrreiben, in dem das,was wir caput mortuum desSignifikantennannten, seinenkausalenAspekt gewinnt. DieserEffekt ist dgrart handgreiflidr,daß er sowohl hier als audr in der Fiktion des entwendetenBriefesgefaßtwerdenkann. Deren Wesenbestehtdarin, daß der Brief / Budrstabeseine Wirkungen nadl innen übertragenkonnte: auf die Handelndender Erzählung,den Erzähler miteingesdrlossen, wie audr nadr außen: auf unsereLeser, wie audr auf ihren Autor, ohne daß irgend jemand jemalssidr um seineBedeutungkümmern mußte. Das ist gewöhnlidr dasLos all dessen,was gesdlrieben wird. e7 Deshalb haben wir inzwisdren eine angemessenere Topologie eingeführt. 38 Vgl. den Abb6 de Choisy, dessenberühmte Memoiren übersetzt werden können mitz ich denbe, utenn ich d,erbin, der sidr als Frau verkleidet. 3e Fügen wir hier das Netz der a, p, y, ö hinzu, das durdr Transformationen des Netzes r-3 gebildetwird. Alle Mathematikerwissen,daß man es erhält, indem man die Segmentedes ersten Netzes in Absdrnitte des zweiten transformiert und die geridr-

tt

Im Augenblidraber sind wir erst beim Entwurf einesBrüdrenbogens; und erstdie Jahrewerdenausihm eineBrückemauernao. So kam es,daß wir - um unserenZuhörern den Unterschiedzwisdren die im Begrifi der Projektion impliziert ist, und dcr Zweierbeziehung, cincr wahrhafrcn Intersubjektivität zu beweisen- uns schondesvon Vorlesung I)oc selbstin der Gesdridrte,die dasSujetder gegenwärtigen bedient hatten, wie darstellt, bevorzugt angeführtenGedankengangs audr jenes,den ein angeblidreslüunderkind anstellte,um beim Spiel der Fall "(lrad oder Ungrad" öfterszu gewinnen,als esnormalerweise gcwcsenwäre. tctcn Vege, die diese Absdrnitte verbinden, kennzeidrnet. Es ist das folgende (das wir dcr Klarheit halber nebendas erstestellen):

r

01

\

00

11

\

-/

Ncu r-t:

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r @0

100

\ ')--(

trl

\

)/ 001

Nctz rr,f, 7, d: dcrn nrirndic Konvention auferlegt,nadr der die Budrstabenbegründetwurden: I.I :

d

O.O:l

,.o:f o.r:d (lricr crkcnnt man den Grund warum wir sagen,daß es zwei Arten von o in unserer K c t t c L g i b t :d i e o v o n / : o o ou n d d i e o v o n / : o r o ) . '0 l)cr'l'cxt von rgtt knüpft hier wieder an. Auf die Einführung in die psydroanalytirdre'l'heoriedurdrsoldreübungenaufdemFeldderstrukturalenAnnäherungfolgterr irr clcr Tat bedeutsame Entwidclungenin unsererLehre. Der Fortsdrritt der Auff,rrrurrsüber dic Subjektivierungging Hand in Hand mit einer Referenz auf dic anulysissit,l.s,inder wir behaupten,den subjektivenProzeßzu materialisieren. l6

58Man muß, folgt man dieserüberlegung- die, wie man hier einmalmit redrt sagt,kindlidr ist, die aber unter anderenUmständenmehr als einen verführt -, den Punkt dingfest machen,an dem sidr ihr Trugbild entlarvt. Das Subjektist hier der Befragte:es antworrer auf die Frage,ob die Anzahl der Objekte, die sein Gegnerin seinerHand verbirgt, grad oderungradist. Der Knabe sagtim wesenrlidren:habeidr einmal gewonnenoder verloren, so weiß ich, wenn mein Gegnerein Einfaltspinselist, daß seine List nur so weit reicht,daß er das Feld seinerEinsätzewedrselt;wenn er aber etwasscllauerist, wird esihm dämmern,daß ich darauf kommen werde: fortan wird er sidr darüberim klaren sein,daß er auf dasselbesetzenwird. Das Kind verließsichalsoauf die Objektivierungdesmehr oder weniger fortgesdrrittenenGrades zerebralerFrisierung seinesGegners,um seinenErfolg zu sidrern.Ein Gesidrtspunkt,dessenVerbindung zur imaginären Identifikation sofort durcl die Tatsadre offenbart wird, daß er vorgibt, mit Hilfe einerinnerenNadrahmungseinerVerhaltensweisenund seinerMimik die ridrtige EinschätzungseinesObjekteszu erreidren. rüüas geschieht aberim folgendenSdrritt, wenn der Gegner,der erkannt hat, daß idr intelligent genugbin, um ihm in diesemZug zu folgen, seineeigeneIntelligenz zeigt, indem er bemerkt,daß er dadurcJr,daß er sidr dumm stellt, die Chancebesitzt mic} zu täuschen? Von diesem Moment an gibt es keine andere gültige überlegungszeit,eben deswegen,weil siesichvon nun an nur nodr in einerunbegrenzten Oszillation wiederholenkann. Und abgesehen vom Fall reinerDummheit,in dem die überlegungobjektiv zu gründensdrien,kommt dasKind nidrt umhin zu denken,daß seinGegneran den Ed
rlaß ich siemeinemGegnerzumute,damit ihre Funktion nichtig wird, clasiedamit jenenZufälligkeitenwiederanheimfällt. Wir behauptenallerdingsnidrt, der ITeg der imaginärenIdentifikation nrit dem Gegnersei im Augenblickeinesjeden Wurfs schonvon vornlrcrcinversperrt;wir behaupten,siesdrlösse den eigentlidrsymbolisdren l)roz.eßaus,der zum Vorscleinkommt, sobalddie Identifizierungnicht nrit dcm Gegner,sondernmit seinemGedankengang, dener artikuliert, gcschieht(eine Difrerenz, die übrigensim Text ausgesprochen wird). l)ic Tatsaclebeweistaußerdem,daß einesolcherein imaginäreIdentifik:rtionim Allgemeinenmißlingt. l)cshalb läßt sichdie Zufludrt jedesSpielers,überlegter, nur jenseits dcr Zweierbeziehung finden,dasheißt in irgendeinemGesetz,dasüber tlic Sukzession der \flürfe, die mir aufgegeben werden,herrsdrt. Und das ist so wahr, daß - bin idr es,der den Wurf zv ratenaufgibt, ths hcißt,bin ich dasaktive Subjekt- i& michin jedemAugenblidrbernühcnwerde,meinemGegnerdie ExistenzeinesGesetzes zu suggeriercn, das einer bestimmtenRegelmäßigkeitmeiner \fürfe zugrunde licgt, um ihn, indem ich esbredre,so oft wie möglichder M(iglichkeit tlcsZr,rgriffszu berauben. sicJlvon dem zu machenweiß, .fc sclbständigerdieseVorgehensweise wassidr gegenmeinenWillen als wirklidre Regelmäßigkeitabzeidrnet, tlcstomchr wirklidren Erfolg wird sieverbuchen;deshalbhat einervon .lcncn,die an einemder VersudrediesesSpiels,daswir ohneZögernin rlcn ltang praktischerArbeiten erhoben,teilgenommenhatten, zugegcbcn,daß er in einemAugenblidr,in dem er dasbegründeteoder unlrcgri.indcte zu werden,sichdavon Geftihl hatte, allzu oft durchschaut bcfrcit hat, indem er sichnachder in konventioneller\fleisebezüglich tlcr \ffurffolge übertragenenSukzessionder BudrstabeneinesVerses vorr Mallarmd richtete, die er sodann seinem Gegner unterbreiten wolltc. I liittc tlas Spiel aber die Zeit einesganzen Gedidrtesgedauertund lr.ittc clerCegner,oh'Wunder,dieseserkennenkönnen,so hätte er bei jcdcrrr\if urf gewonnen. l)irs crlaubteuns zu sagen:wenn das Unbewußteim FreudsclenSinn existicrt,wir wollen sagen:wenn wir die Implikationender Lehre, rlic cr aus den Erfahrungen der Psydropathologiedes Alltagslebens ziclrt, vcrstehen,dann ist es nicht undenkbar, daß eine moderne l{cdrcnmasc}rine über alle gewohntenProportionen hinaus im Spiel .(irld odcr Ungrad' gewänne,indem sie den Satz freilegte,der ohne rll

sein Wissenund auf lange Sidrt die Wahlakte eines Subjekts moduliert. ReinesParadox zweifellos, in dem sich aber kundrut, daß wir esnicht aufgrund einesMangels seinerEigensdraft,die die des menschlichen Bewußtseinswäre, ablehnen,jene Maschineals Denkmaschinezu beoo zeidrnen,der wir derart bewunderungswürdigeLeisrungenzugestehen würden, sonderneinzig und allein deshalb,weil sie nidrt mehr dädrte als der Mensdr das in seinemgewöhnlichenStatustur, ohne dafür weniger denAppellendesSignifikantenpreisgegeben zu sein. Die in dieser\(eise angedeutete Möglichkeitwar ebenfallsdeshalbinteressant, weil sieuns die Virkung der Verwirrung, ja sogarder Angst, die einigedarüberempfindenund die sieso gut waren uns mirzureilen, zu Gehör brachte. Dasist eineReaktionüber die man sidrmokierenkann, da sievon Analytikern rührt, derenganzeTedrnik auf der unbewußtenDeterminierung beruht, die man in ihr der sogenanntenfreien Assoziationzusdrreibt- und die in jedemBuclstabenim \üerke Freuds,daswir eben zitierten,lesenkönnen,daßeineZahl nierein zufällig gewähltwird. BegründeteReaktion allerdings,wenn man bedenkt, daß nichts sie lehrte,sichvon der gemeinenAnsiclt zu lösen,indem sieunterschieden, wasdieserunbekanntist: nämlidr die Natur der Freudschen überdeterminierung,das heißt die symboliscleDeterminierung,wie wir siehier vorbringen. Müßte dieseüberdererminierungals wirklidr angesehen werden, wie mein Beispielihnen zu suggerieren sdrien,sofern sie wie ein jeder die Rechnungen der Masdeinemit ihrem Medranismus verwedrselnal, dann wäre ihre Angst tatsädrlichgeredrtfertigt;denndurcheinenochunheilvollere Gesteals an die Axt zu rühren,wären wir derjenige,der sie an legte; als gute Deterministen,die in der Tat jene "die Zufallsgesetze rel="nofollow"> sind, die jene Gesteso sehr ersclüttert hat, fühlen sie mit Redrt, daß kein einzigesdieserGesetzemehr denkbarsei,wenn man Hand an sie legte. ar Um diese Illusion zu beseitigen,haben wir den Zyklus jenes Jahresmit einem Vortrag über und Kybernetik' abgesdrlossen; er hat sehr viele auf"Psydroanalyse grund der Tatsadreenttäuscht,daß wir in ihm kaum über die binäre Numerierung, über das arithmetisdre Dreie&., ja sogar über die T.ür ganz einfadr nidrt gesprodren haben,die dadurdr definiert wird, daß sie entwederauf oder zu seinmuß, kurz, daß es so scJrien,als ob wir uns nur wenig über die PascalsdreEntwidrlungsstufe dieser Fragehinausbewegthätten.

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l)icse Gesetzesind aber genaudie der symbolisdrenDeterminierung. [)cnn esist klar, daß sie vor jeder wirklidren FeststellungdesZufalls licgcn,wie man sidr audr davon überzeugenkann, daß man die entsprcclendeGesetzmäßigkeit einesObjekts je nachdem beurteilt,ob es Reihe sicJrdazu eignetoder nidrt, einein diesemFall stetssymbolische zu dievon Zufallswürfenhervorzubringen:indem man beispielsweise scr lunktion ein Geldstüd
' DAS SPIEGELSTADIUMALS BILDNER DER ICHFUNKTION' wie sie uns in der psychoanalytischen Erfahrung erscheint Beridrt für den r6. InternationalenKongreßfür Psychoanalyse in Züridr am 17. Juli ry49

1 A.d.U.: lonction du Je. Zw Gebraudrvon je und moi 'tgl. Anm, 7 zu "Die Ausrichtungder Kur und die Prinzipien ihrer Macht'.

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Der Begriff Spiegelstadium, den, ich anläßlich unseres letzten Kongı-es.. ses vor dreizehn Jahren eingeführt habe und in der französischen Gruppe inzwischen allgemein verwendet wird,_-fisclıieıı es mir wert zu sein, Ihrer Aufmerksamkeit erneut empfohlen-_ zu werden; dies um so mehr, als der Begriff geeignet ist, die Funktion des Ich (je), wie wir sie in der Psychoanalyse erfahren: zu verdeutlichen. Gerade unsere spe.. zielle Erfahrung stellt uns jeder Philosophie entgegen, die sich unmittelbar vom cogito ableitet. _ Vielleicht erinnern sich einige unter. Ihnen an den Verhaltensaspekt, von dem wir ausgehen, und den wir mittels einer Tatsache der ve;-_ gleichenden Psychologie erhellen: Das Menschenjungeerkennt auf einer Altersstufe von kurzer, aber durchaus merklicher Dauer, während der eslvom Schimpansenjungen an motorischer Intelligenz übertroffen wird, im Spiegel bereits sein eigenes Bild als solches. Dieses Erkennen wird signalisiert durch die illuminative Mimik des Alm-Erlebnissesz, in dem - als einem wichtigen Augenblick des Intelligenz-Aktes - sich nach Köh_ ler die Wahrnelımung der Situation ausdrückt. Dieser Akt erschöpft sich nicht, wie beim Affen, im ein für allemal er; lernten Wissen von der Nichtigkeit des Bildes, sondern löst beim Kind sofort eine Reihe von Qesten aus, mit deren Hilfe es spielerisch die Beziehung der vom Bild aufgenommenen Bewegungen zur gespiegelten Umgebung und das Verhältnis dieses ganzen virtuellen Komplexes zur Realität untersucht, die es verdoppelt, bestehe sie nunim eigenen Körper oder in den Personen oder sogar in Objekten, die sich neben ihm befinden. s B Dieses Ereignis kann - wir wissen es seit Baldwin - vom sechsten Monat an ausgelöst werden; seine Wiederholung hat - als ein ergreifendes Schauspiel - unser Nachdenken oft festgehalten: vor dem Spiegel ein Säugling, der noch nicht gehen, ja nicht einmal aufrecht stehen kann, der aber, von einem Menschen oder einem Apparat (in Frankreich nennt man ihn «trotte-bébé››) umfangen, in einer Art jubilatorischer Geschäftigkeit aus den Fesseln eben dieser Stütze aussteigen, sich in eine mehr oder weniger labile Position bringen und'einen momentanen Aspekt des Bildes noch einmal erhaschen will, um ihn zu fixieren. Solche Aktivität behält für uns bis zumAlter von achtzehn Monaten den Sinn, den wir ihr geben. Sie verrät nicht nur einen libidinösen Dynamismus, der bis dahin problematisch geblieben ist, sondern auclı ~ı

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2 A.d.Ü.: Deutsch im Original. .

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eine ontologische Struktur der menschlichen Welt, die in unsere Reflexionen über paranoische Erkenntnis eingeht. A A Man kann das Spiegelstadium als eine Identifikation verstehen im vollen Sinne, den die Psychoanalyse diesem Terminus gibt: als eine beim Subjekt durch die Aufnahme eines Bildes ausgelöste Verwandlung. Daß ein Bild für einen solchen Phasen-Effekt prädestiniert ist, zeigt sich bereits zur Genüge inder Verwendung, die der antike Terminus Imago in der Theorie findet. Die jubilatorische Aufnahme seines Spiegelbildes durch ein'Wesen, das noclı eingetaucht ist in motorische Ohnmacht und Abhängigkeit von Pflege, wie es der Säugling in diesem inftms-Stadium ist, wird von nun an - wie uns scheint - in einer exemplarischen Situation die symbolische Matrix darstellen, an der das Ich (je) in einer ursprünglichen Form siclı niedcrschlägt, bevor es sich objektiviert in der Dialektik der Identifikation mit dem andern und bevor ihm die Sprache im Allgemeinen die Funktion eines Siıbjektes wiedergibt. p Diese Form könnte man als Ideal-Ic/13, bezeidınen und sie so in ein bereits bekanntes Begriffsregister zurückholen; .damit würde sie zum Stamm der sekundären Identifikationen, worunter wir die Funktionen der Libido-Normalisierung verstehen. Aber von besonderer Wichtigkeit ist gerade, daß diese Form vor jeder gesellschaftlichen Determinierung die Instanz des Ich (moi) auf einer fiktiven Linie situiert, die das Individuum allein' ııie mehr auslöschen kann, oder vielmehr: die nur asymptotisch das Werden des Subjekts erreichen wird, wie erfolgreich immer die dialektischen Synthesen verlaufen mögen, durch die es, als Ich (je), seine Nichtübereinstimmung mit der eigenen Realität überwinden muß. A - i " _ Die totale Form des Körpers, kraft der das Subjekt in einer Fata Morgana die Reifung seiner Macht vorwegnimmt, ist ihm nur als <šGesta1t$› gegeben, in einem Außerhalb, wo zwar 'diese Form eher bestimmend als bestimmt ist, wo sie ihm aber als Relief in Lebensgröße erscheint. das sie erstarren läßt, und einer Symmetrie unterworfen wird, die ihreSeiten verkehrt - und dies im Gege_nsatz zu der Bc_wegungsfülle,_mit der es sie auszustatten meint. Solcllermaßen symbolisiert diese «Ge° A.d.Ü.: Lacan übersetzte Freuds «Ideal-Ich» in diesem Aufsatz noch mit je-idéal. Dazu folgende Anmerkunglin der Neuausgabe (Ecrits, 1966): «Wir lassen die Besonderheit der in diesem Aufsatz verwendeten .Übersetzung des Ideal-Ich von Freud stehen, ohne die Gründe dafür weiter auszuführen, und fügen nur hinzu, daß wir sie nicht beibehalten haben.» ` f -

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stalt›› - deren Prägnanz offenbar als artgebunden zu betrachten ist, obschon ihr Bewegungsstil noch verkannt werden könnte - durch die zwei Aspekte ihrer Erscheinungsweise die mentale Permanenz des Icb (je) und präfiguriert 'gleichzeitig dessen entfremdendi; Bestimmung; sie geht schwanger mit den Entsprechungen, die das Ich vereinigen mit dem Standbild, auf das hin der Mensch sich projiziert, wie mit dem Phantomen,›die es beherrschen, wie auch schließlich mit dem Automaten, in dem sich, in mehrdeutiger Beziehung, die Welt seiner Produktion zu vollenden sucht. i _ t Für die Imagines - wir haben des Vorrecht, zu sehen, :wie ihre verschleierten Gesichter in unserer alltäglichen Erfahrung und ini Halbschatten der symbolischen Wirksamkeifi' Konturen gewinnen - scheint das Spiegelbild die Schwelle der sichtbaren Welt zu sein, falls wir uns der spiegelartigen Anordnung überlassen, welche die Imago des eigenen Körpers in der I-Ialluzination und im Traum darbietet - handle es sich nun um seine individuelle Züge, seine Gebrechen oder seine Projektionen auf ein Objekt -, oder falls wir die Rolle des spiegelnden Apparates in denErscheinungsweisen des Doppelgängers entdecken, in denen sich psychische Realitäten manifestieren, die im übrigen sehr verschiedenartig sein können. ' Daß eine «Gestalt›› bildnerische Wirkungen auf den Organismus auszuüben wermag, ist durch ein biologisches Experimentieren bezeugt, das der Idee einer psychischen Kausalität derart fremd gegenübersteht, daß es sich nicht entschließen kann, sie als solche zu formulieren. Dennoch erkennt es, daß die Reifung der_Geschlechtsdrüsen bei der Taube den Anblick eines Artgenossen unbedingt voraussetzt - wobei dessen Gesclilecht keine große Rolle spielt -, und daß diegleiche Wirkung audi erzielt wird durch das Aufstellen eines Spiegels in der Nähedes Individuums, so daßes sich darin sehen kann-. In ähnlicher Weise kann der Generationswechsel bei den Wanderheuschrecken von der Form des Einzelgängers zu der des Schwarms erreicht werden, indem das Individıtium in einem bestimmten Stadium dem bloßen Anblick eines bewegten Bildes von einem Artgenossen ausgesetzt wird - wobei die künstlichen Bewegungen allerdings möglichst denen ähnlich sein müssen, die der Art entsprechen. Diese Tatsachen fügen Sidi in eine Ordnung homomorpher Identifikation, welche in die Frage nach dem Sinn der Sdıönheit als einer bildenden und erogenen miteinbezogen wäre. Vgl. Claude Levi-Strauss, L'efficacité symbolique, in: Revue d'histoire des religions, Jihıuar-März_i949. _ _ " _ ¬

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Doch die Tatsachen der Mimikry, begriffen als heteromorphe Identifikation, interessieren uns hier nicht weniger, um so mehr als sie das Problem der Bedeutung des Raumes für den lebenden Organismus stellen; die psychologischen Begriffe scheinen mindestens so geeignet zu sein, einiges Licht in diese Dinge zu bringen, wie die lächerlichen Versuche, solche Tatsachen auf ein angeblich vorherrschendes Gesetz der Anpassung zurückzuführen. Erinnern wir uns nur an die Einblicke, die uns das Denken eines Roger Caillois (das damals eben den Bruch mit der Soziologie, wo es entstanden war, vollzogen hatte) verschaffte, als er unter dem Begriff «psyclmstlıénie lëgenalaire die morphologische Mimikry einer Zwangsvorstellung vom Raum in ihrer entrealisierenden Wirkung zuordnete. Wir haben in der gesellschaftlichen Dialektik, welche die 'menschliche Erkenntnis als eine paranoische strukturiert5, den Grund gezeigt, der diese Erkenntnis im Kraftfeld des Begehrens autonomer macht als die des Tieres, der sie aber auch auf jenes «bißchen Realität» beschränkt, das die surrealistische Unzufriedenheit an ihr denunziert.Auch zwingen uns diese Überlegungen, in der räumlichen Befangenheit, die das Spiegelstadium manifestiert, beim Menschen die Wirkung einer organischen Unzulänglichkeit seiner natürlichen Realität anzuerkennen, die sogar jener Dialektik vorausgeht - wenn wir überhaupt dem Terminus Natur einen Sinn geben wollen. g r ` _ g r Die Funktion des Spiegelstadiums erweist sich uns nun als ein Spezialfall der Funktion der Imago, die darin besteht, daß sie eine Beziehung herstellt zwischen dem Organismus und seiner Realität - oder, wie man zu sagen pflegt, zwischen der Innenwelt und der Umweltó. Aber diese Beziehung zur Natur ist beim Menschen gestört durch ein gewisses Aufspringen (dê/viscence) des Organismus in seinem Innern, durch eine ursprüngliche Zwietracht", die sich durch die Zeichen von Unbehagen und motorischer Inkoordination in den ersten Monaten des Neugeborenen verrät. Das objektive .Wissen um die anatomische Unvollendetheit des Pyramidalsystems und um die Remanenz gewisser organischer Flüssigkeiten des mütterlichen :Körpers bestätigt, was wir

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Embryologen als solche anerkannt und als Foetalisation bezeichnet wird; sie bestimmt den Vorrang der sogenannten höheren Nervensysteme und speziell der .Hirnrinde, die ja seit den Eingriffen der PsychoChirurgen als intraorganischer Spiegel zu gelten hat. Diese Entwicklung wird erlebt als eine zeitliche Dialektikywelche die Bildung des Individuums entscheidend als Geschichte projiziert: das Spiegelstadizım ist ein Drama, dessen innere Spannung von der Unzulänglichkeit auf die Antizipation überspringt und für das an der lokkenden Täuschung der räumlichen Identifikation festgehaltene Subjekt die Phantasmen ausheckt, die, ausgehend von einem zerstückelten Bild des Körpers, in einer Formienden, die wir in ihrer Ganzheit eine orthopädische nennen könnten, und in einem Panzer, der aufgenommen wird von einer wahnhaften Identität, ileren starre Strukturen die ganze mentale Entwicklung des Subjekts bestimmen werden. So bringt der Bruch des Kreises von der lnnenwelt zur Umfwelts die unerschöpfliche Quadratur der Icb-Prüfungen (récolements du moi) hervor. A ' Dieser zerstüdselte Körper, dessen Begriff ich ebenfalls in unser System theoretischer Bezüge eingeführt habe, zeigt sich regelmäßig in den Träumen, wenn_die fortschreitende Analyse auf eine bestimmte Ebene aggressiver Desintegration des Individuums stößt..Er erscheint dann in der Form losgelöster Glieder und exoskopisch dargestellter, geflügelter und bewaffneter Organe, die jene inneren Verfolgungen aufnehmen, die der Visionär Hieronymus Bosch in seiner Malerei für immer festgehalten hat, als sie im fünfzehnten Jahrhundert zum imaginären Zenith des modernen Menschen heraufstiegen. Aber diese Form erweist sich als greifbar im Organischen selbst, an den Bruchlinien nämlich, welche 'die fantasmatische Anatomie iumreißen und die offenbar werden in Spaltungs- und Krampfsymptomen, in hysterischen Symptomen. Entsprechend symbolisiert sich die lc/0-Bildung (formation du je) in Träumen als ein befestigtes Lager, als ein Stadiong, das - quer durch die -,innere Arena bis zur äußeren Umgrenzung, einem Gürtel aus Schutt und Sumpfland - geteilt ist in zwei einander gegenüberliegende Kampffelder, wo das Subjekt verstrickt ist in die`Suche~. nach dem erhabenen und fernen inneren Schloß, dessen Form - manchmal im gleichen Szenario danebengestellt - in ergreifender Weise das Es symbolisiert. Wir finden diese Strukturen einer Befestigungsanlage - deren Metaphorik 3 A.d.Ü.: Deutsch im Original. ' _ 9 A.d.Ü.: Das französisdıe Wort stade kann sowohl «Stadium» wie «Stadium bcdeuten, also sowohl etwas zeitlichwie etwas räumlich Begrenztes. -« P

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Aufkommen der Lohn 'e nes Unterfangens zu sein scheınt, . die laßtišlghsäb.. -' die er Ilxistentialismus an denJ Rechtfertigungen abschätzen, ššeíheit jektiven Sackgassen gibt, die eben daraus resultieren: Eine n eineS'Ge_ sich nirgends so authentisch bejaht' wie innerhalb der _Maä?r Ohnmacht

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offenbare Form darstellt, so bleiben doch deren Wirkungen zum größten Teil verborgen, solange sie nicht erhellt werden in irgendeinem Lichte, das von der Ebene der Fatalität reflektiert Wird, wo sich das Es manifestiert. Solchermaßen kann jene Trägheit verstanden Werden, die den Bildungen des Ich eignet, in denen die ausführlichste Definition der Neurose zu schen ist: die Befangenheit des Subjekts in der Situation gibt die allgemeinste Formel für den Wahnsinn ab, sowohl für den zwischen den Mauern der Asyle wie für den, der mit seinem Lärm und seiner Wut die Erde betäubt. . _ Die Leiden der Neurose und der Psychose sind für uns die Schule der seelischen Leidenschaften, so wie der Balken der psychoanalytischen Waage - wenn wir den Grad derßedrohung ganzer Bevölkerungsgruppen ermessen wollen - uns anzeigt, wie weit die Leidenschaften im

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In diesem Punkt, wo sid« Natur und Gesellschaft treffen und den die heutige Anthropologie so hartnäckig erforscht, erkennt allein die Psychoanalyse jenen Knoten imaginärer Knechtschaft, den die Liebe immer neu lösen oderlzerschneiden muß. _ _ Für ein solches Werk erweist sich nach unserer Meinung das altruistisehe Gefühl als eitel; wir setzen die Aggressivität ins Licht, Welche unter den Aktionen des Philantropen, des Idealisten, des Pädagogen, sogar des Reformators liegt. l In der Zuflucht, welchewir vor dem Subjekt für das Subjekt retten, kann die Psychoanalyse den Patienten bis zu der Grenze der Entzükkung begleiten, Wo sich ihm in der Formel «du bist_es›› die Chiffre seiner irdischen Bestimmung enthüllt, aber es steht nicht allein in unsrer Macht als Praktiker, ihn dahin zu führen, vvo die wahre Reise beginnt. S B Übersetzt 'von Peter Steblin

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FUNKTION UND FELD DES SPRECHBNS UND DER SPRACI-IE IN DER PSYCHOANALYSE D Bericht auf dem Kóngreß in R001 am 726- und 27- 5ePfemb°1` 195 3 im Istituto di Psicologia della Unıversıtà dı Roma.

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Vorwort -

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Inslvesoindere sollte nicht 'vergessen werden, daß die Trennung in Emlaryologie, Anatomie, Physiologie, Psychologie, Soziologie und Klinik in der Natur nicht ` auftritt und :laß es eigentlich nur eine Disziplin gibt, die Neurobiologie, der nach unserer Auffassung das _ Epit/aeton menschlich laeigegeløen werden muß. (Ein Zitat als Motto eines Instituts für Psychoanalyse im jahre 1952.)

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Der hier folgende Vortrag verdient durch die Erwähnung seiner Umstände eingeleitet zu werden; er ist durch sie gekennzeichnet. Sein Thema wurde dem Autor vorgeschlagen für den üblichen theoretischen Hauptvortrag.des jährlichen Treffens„mit dem die Gesellschaft, die damals in Frankreich die Psychoanalyse repräsentierte, seit achtzehn Jahren eine unter dem Titel «Kongreß französischsprachiger Psychoanalytiker» ehrwürdig gewordene Tradition pflegte. Seit zwei Jahren umfaßte dieses Treffen generell die Psychoanalytiker der romanischen Länder, wobei Holland aufgrund besonderer sprachlicher Toleranz ebenfalls vertreten war. Im September 195,3 sollte der Kongreß in Rom stattfinden. _ A ' S Inzwischen führten schwere Meinungsverschiedenheiten in der französischen Gruppe zu einer Spaltung. Sie waren entstanden aus Anlaß der Gründung eines Instituts für Psychoanalyse. Aus der Fraktion derer, denen es gelungen war, ihre Statuten undihr Programm durchzusetzen, konnte man damals hören, daß sie den, der zusammen mit anderen eine abweichende Konzeption durchzuführen versucht hatte, daran hindern würden, in Rom zu sprechen. Und sie benutzten zu diesem Zweck alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel. Es schien indes denen, die damals die neue Société Française de Psychanalyse gegründet hatten, nicht angezeigt, die Mehrheit der Studenten, die sich ihrer Lehre anschloß,_um die angekündigte Veranstaltung zu bringen oder auf den bedeutenden Ort zu verzichten, an dem sie hatte stattfinden sollen. A i S" Zudem versetzten die großen Sympathien, die ihnen von seiten der italienischen Gruppe entgegengebracht wurden, sie nicht in die Rolle ungebetener Gäste in der Ewigen Stadt. _ P Der Autor dieses Vortrags glaubte - wie wenig auch immer er der

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Aufgabe gerecht werden sollte, über dasllSprpççl1enp_(pa_roh_:) zu sprechen - auf einige stillschweigende Nachsicht rechnen zu können, die diesem Ort eigen ist. 'r s 5' D . Er erinnerte sich, daß, lange bevor hier die Glorie des höchsten Throns der Erde offenbar wurde, Aulus Gellius den sogenannten Mons.Vaticanus in seinen Noctes _/ltticae etymologisch von fuagire ableitetel, was das erste Schreien von Säuglingen bedeutet. ~ Wenn nun also sein Diskurs nichts .weiter als ein, Säuglingsgeschrei 'sein sollte, so erfüllten sich in ihm zumindest die Auspizien, daß

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Zudem gewinnt diese Erneuerung zuviel Sinn aus der Geschichte, um nicht, nach'Meinung des Autors, mit dem traditionellen Stil zu brechen, der den wissenschaftlichen Bericht zwischen Kompilation und Zusammenfassung ansiedelt, und ihm den ironischenStil einer Infragestellung der Grundlagen dieser Disziplin zu geben. s Weil seine Zuhörer Studenten waren, die unser Sprechen erwarten, wurde sein Diskurs vor allem durch sie als dessen Adressaten aufwieglerisch, um stellvertretend für sie; auf Vorschriften zu verzichten, die von Auguren üblicherweise fordern, Strenge durch Kleinlichkeit zu

demonstrieren sowie Vorschriftund Überzeugung zu verwechseln.

In dem damaligen Konflikt war ihre Autonomie so ungeheuerlich unterschätzt worden, daß die erste daraus resultierende Forderung eine Reaktion auf jenen Ton war, der dieses Übermaß möglich gemacht hatte. s jenseits der lokalen Besonderheiten, die diesen Konflikt hervorriefen, war eine Unzulänglichkeit zutage getreten, die jene Besonderheiten bei weitem übertraf. Daß man auch nur die Absicht hatte haben können, die Ausbildung von Analytikern so autoritär zu regeln, warf die Frage danach auf, ob nicht die etablierten Formen dieser Ausbildung auf fortgesetzt aufrechterhaltene Unmündigkeit hinausliefen. Gewißsind die streng reglementierten Initiationsformen, in denen Freud die Garantie für die Weitergabe seiner Lehre sah, bei einer Disziplin gerechtfertigt, die nurdadurch überleben kann, daß sie sich auf dem Niveau unverkürzter und ungetrübter Erfahrung hält. in Aber haben sie nicht zu einem trügerischen Forrnalismus geführt, der 1 A.d.Ü.: Aulus Gellius, Noctes Atticae, ed. P. K. Marshall, Oxford (Clarendon

Press) 1968, XVI. 17. 2, S. 496. 74

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Initiativen entmutigt, indem er das Risikö bestraft, und der die Herrschaft gelehrter Meinungen ins Prinzip gelehriger Vorsichtigkeit verkehrt, die authentische Forschung von vornherein lähmt? Die große Komplexität der Begriffe, die auf unserem Gebiet ins Spiel gebracht werden, bringt es mit sich, daß wie nirgendwo sonst jemand, der ein Urteil abgibt, ganz und gar kein Risiko mehr _eingeht, sich als unfähig zu entlarven. ` = Die Konsequenz daraus sollte unser' erster, wenn nicht einziger Vorschlag sein: man muß zu einer generellen Freigabe von wissenschaftlichen Behauptungen aufgrund einer Klärung ihrer Prinzipien gelangen. Die strenge Auswahl, die in der Tat notwendig ist, dürfte nicht in kleinlicher Kooptation unabsehbar vertagt werden, sondern sollte auf der Fruchtbarkeit der konkreten Arbeit und auf dem dialektischen Nachweis der Fähigkeit beruhen, Thesen kontradiktorisch zu verteidigen. -A R i Dies impliziert von uns aus keine Wertschätzung von Abweichungen. Auf dem Internationalen Kongreß in London, wo wir wegen eines Formfehlers unsererseits als Bittsteller auftraten, haben wir ganz im Gegenteil nicht ohne Überraschung eine uns wohlgesonnene Persönlichkeit sich darüber beklagen gehört, daß' wir unsere Sezession nicht mit einer theoretischen Meinungsverschiedenheit begründen konnten. Soll das heißen, daß ein Verband, der international sein möchte, ein anderes Ziel verfolgen kann als die Aufrechterhaltung des Prinzips der Gemeinsamkeit unserer Erfahrung? s _ 7 Gewiß ist es eine Binsenwahrheit, daß das längst den Bach runter ist und daß les so nicht mehr ist. Dem undurchdringlichen Zilboorg, der, unseren Fall beiseiteschiebend, darauf bestand, daß keine Spaltung ohne wissenschaftliche Debatte zulässig sei, konnte, ohne Anstoß zu geben, Wälder eindringlich erwidern, daß bei einer-Darlegung der Prinzipien, auf die jeder von uns seine Erfahrung zu gründen glaubt, unsere Mauern sehr schnell in babylonischer Verwirrung zerfallen würden. _ i ~ Es ist, so meinen wir, durchaus nicht nach unserem Geschmack, es uns als Verdienst anzurechnen, wenn wir etwas Neues bringen. In einer Disziplin, die ihren wissenschaftlichen Wert allein den theoretischen Konzepten verdankt, die Freud mit fortschreitender-Erfahrung formuliert hat, die aber, da sie bisher unzureichend kritisiert 240 sind uncl soviel umgangssprachliche Ambiguität mit sich führen, von dieser Resonanz profitieren (was zu Mißverständnissen führen kann),

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in einer solchen Disziplin schiene es uns verfrüht, mit der Tradition ihrer Terminologie zu brechen. i Aber es scheint uns, daß diese Termini nur dann geklärt werden können, wenn man ihre Äquivalente im aktuellen Sprachgebrauch der Anthropologie, ja der neuesten Probleme der Philosophie aufsucht, die die Psychoanalyse oft nur aufzugreifen braucht. E Vordringlich ist *jedenfalls die Aufgabe, in den Begriffen, die im Routinegebrauch verschleißen, den Sinn freizulegen, den sie im Rückgriff auf ihre Geschichte wie in der Reflexion auf ihre subjektiven Grundlagen wiedergewinnen: . ' _ Darin liegt ohne Zweifel die Aufgabe des Lehranalytikers, von der alle anderen abhängen, und sie ist es, bei der sich Erfahrung am besten bezahlt macht. ' _ A Vernachlässigt man sie, so verwischt man den Sinn eines Handelns, das seine Wirkung allein aus seinem Sinn erhält, und die technischen Regeln, die reduziert werden zu bloßen Rezepten, nehmen der Erfahrung jede Reichweite der Erkenntnis und selbst jedes Realitätskriterium. T _ Denn niemand ist weniger anspruchsvoll als ein Psychoanalytiker, wenn es darum geht, einem Handeln eine Satzung zu geben, das auch er selbst beinahe für magisch hält, da er nicht weiß, wo in einer Vorstellung seines Gebiets er es einordnen soll, und das er kaum mit seiner Praxis zu vereinbaren beabsichtigt. I V ' Die Inschrift, die wir als Ornament vor dieses Vorwort gestellt haben, ist ein schönes Beispiel dafür. Eignet sie sich zudem nicht für ein Konzept psychoanalytischer Berufsausbildung, das mit dem einer Fahrschule zu vergleichen wäre, die, nicht zufrieden damit, das Privileg zu beanspruchen, den Führerschein zu verleihen, sich vorstellte, den Automobilbau zu kontrollieren? _ I Dieser Vergleich mag wert sein, was er will, aber er ist gewiß soviel wert wie jene, die bei den ernstesten unserer klösterlichen Zusammenkünfte kursierten und die, weil sie in unserem Diskurs mit Idioten entstanden sind, nicht einmal den Reiz eines Ulksunter Eingeweihten haben, sondern ihren Gebrauchswert aus ihrer hochtrabenden Dummheit zu erhalten scheinen. Das beginnt bei dem bekannten Vergleich des Kandidaten, der sich verfrüht zu praktizieren verleiten läßt, mit einem Chirurgen, der ohne Asepsis operiert, und das geht bis zu jenem Vergleich, der einem die Tränen über die unglücklichen Studenten ins Gesicht treibt, die der 241

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Streit ihrer Lehrer wm Kinder auseinanderreißt, deren Eltern sich scheiden lassen. Ohne Zweifel ist dieser letzte Vergleich von dem Schuldigen Respekt denen gegenüber inspiriert, die in der Tat dem ausgesetzt sind, was wir unter Mäßigung unseres 'Ge'dankens einen <
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Realität zu begreifen und durch seine Gewißheit die Handlung zu antizipieren, die sie gegeneinander abwägt. ' g

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«Flesh composed of suns. How can such'he?›› exclaim A the simple ones. _ _ _ A (Rohert Browning, Parleying with certain people.)' j

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So groß ist das Entsetzen, das sich desiMenschen bei der Entdeckung des Bildes seiner Macht bemächtigt, daß er in seinem eigenen Handeln sich von ihm abwendet, sobald dieses Handeln ihm jenes Bild unverstellt zeigt. Das jedenfalls geschieht im Fall der Psychoanalyse.Die prometheische Entdeckung Freuds war ein solches Handeln. Sein Werk gibt uns Zeugnis davon. Aber es ist nicht minder präsent in jeder Untersuchung, die einer von denen bešcheiden ausführt, die bei ihm gelernt haben. _ Man kann im Verlauf der letzten jahre eine zunehmende Abneigung beobachten, sich für die Funktionen des Sprechens (parole) und das Gebiet der Sprache (langage) zu interessieren. Sie motiviert die «Veränderungen von Ziel und Technik», zu denen man sich innerhalb der psychoanalytischen Bewegung bekennt und deren Beziehung zum Nachlassen der therapeutischen Effizienz recht zweideutig ist. Den Widerstand des Objekts in der Theorie und Technik so in den Vordergrund zu rücken, ist etwas, das selbst der Dialektik der Analyse unterworfen werden muß, die darin nur ein Alibi des Subjekts erkennen kann. I '_ E r Versuchen wir, die Topik dieser Bewegung nachzuzeichnen. Wenn man jene Literatur betrachtet, die wir so als unsere wissenschaftliche Tätigkeit ansehen, ergeben sich deutlich drei Bereiche, in denen die Probleme der Psychoanalyse heute angesiedelt sind: Ä 78

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A) Die Funktion des Imaginären,'wie wir sagenwerden, oder direkter: der Phantasmen in der/Technik der Erfahrung und in der Objektkonstitution auf den verschiedenen Stufen der psychischen Entwicklung. Der Forschungsansatz ist hier aus der Kinderanalyse gekommen und von dem fruchtbaren Gebiet, das die präverbalen Strukturierungen den Versuchungen und Versucheiı der Forscher bot.- Hier ruft sein Höhepunkt.-jetzt auch schon eine Umkehr hervor, insofern sich das Problem stellt, den Phantasmen in ihrer Interpretation ein_e symbolische Sanktionierurrg zu geben. 7 B) Der Begriff der libidinösen Objektbeziehungenlverändert - mit seiner Erneuerung der Idee eines Fortschritts - insgeheim- die Durchführung der Kur. Die neue Perspektive hathier ihren Fluchtpunkt in der Ausdehnung der Methode auf die Psychosen und auf prinzipiell je verschiedene Gegebenheiten. Die Psychoanalyse wird dabei zu einer existentiellen Phänomenologie, ja sogar zueinem Aktivismus der Barmherzigkeit. Auchhier zeigt sich eine deutliche Reaktion in Richtung einer Rückkehr zum Symbol als technischem Angelpunkt. D A C) Die Bedeutung der Gegenübertragung und - damit zusammenhängend - der psychoanalytischen Ausbildung. Hier liegt der Akzent auf den Sdıwierigkeiten, die Kur zu beenden; sie treffen mit denen zusammen, die in dem Augenblick entstehen, in dem die Lehranalyse des Kandidaten aufhört und dieser in die Praxis eingeführt wird. An ihnen läßt sich dasselbe Hin und Her beobachten: auf der einen Seite behandelt man,_nicht ohne einige Kühnheit, das Dasein des Analytikers als nicht zu vernachlässigendes Element in den Auswirkungen der Analyse und erklärt sogar, es müsse, selbst wenn diese sich ihrem ,Ende nähere, in seinem Verhalten deutlich hervortreten; auf der anderen Seite proklamiert man mit nicht weniger Nachdruck; eine Lösung könne nur aus der immer weiter vorangetriebenen Erforschung des Unbewußten hervorgehen. " Über die Pioniertätigkeit hinaus, die sie auf verschiedenen Grenzgebieten mit der Vitalität der sie tragenden Erfahrung unter Beweis stellen, haben diese drei Probleme einen gemeinsamen Zug. Für.den Analytiker ist es die Versuchung, die Grundlagen des Sprechens gerade auf den Gebieten aufzugeben, wo dessen Gebrauch, -obwohl er an _Unaussprechliches grenzt, mehr denn je der Untersuchung bedürfte: dem der pädagogischen Bemutterung, dem der wohlwollenden Samariterdienste und dem der Herrschaft durch Dialektik. Groß wird die Gefahr zumal, wenn er darüberhinaus seine Sprache zugunsten bereits 79

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institutionalisierter Sprachen aufgibt, von denen er kaum weiß, Welche Kompensationen sie der Unwissenheit bieten. _ _ _ _ Zwar würde man wirklich gern mehr über die Wirkung von 3ym_ bolisierungen auf Kinder wissen, aber die weiblichen Analytiker, die

zugleich Mütter sind, ja selbst jene, die auch unseren bedeutendsten

Ratschlägen einen matriarchalischen Anstrich geben, sind nicht gegen jene Sprachverwirrung gefeit, in der Ferenchi eine Gesetzmäßigkeit der Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen siehtz. _ A Die Vorstellungen, die sich unsere Weisen von einer vollendeten Objektbeziehung machen, sind recht unbestimmt und bringen bei näherem Zusehen eine Mittelmäßigkcit zum Vorschein, die unserem Berufsstand keine Ehre macht. ` r Kein Zweifel, daß diese Ergebnisse, mit denen der Psychoanalytiker sich_dem Typ des modernen Heros annähert, den lächeiliche Heldentaten in einer Situation der Verwirrung auszeichnen, nur korrigiert werden können durch eine erneute Erforschung gerade. des Gebiets, auf dem der Psychoanalytiker Meisterschaft erwerben sollte, dem der Funktionen des Sprechens. '_ ' Aber es scheint, als habe man seit Freud dieses zentrale Feld unser-es Gebiets brach liegen lassen. Bemerkenswert ist, wie er selbst sich vor zu weiten Exkursionen an die Peripherie dieses Feldes hütete: die verschiedenen Phasen der Libidoentwicklung beim Kind hat er bei der Analyse von Erwachsenen entdeckt; beim kleinen Hans hat er nur über dessen Eltern eingegriffen und schließlich hat er ein ganzes Stück der Sprache des Unbewußten im päranoischen Deliriumentzif-i fert, ohne dazu etwas anderes als den Schlüsseltext zu benutzen, den Schreber in der Lava seiner Geisteskatastrophe hinterließ. In der Dia-lektik seines Werks wie bei der Tradierunig seines Sinns hat er jedoch die Position der Meisterschaft in ihrer ganzen Größe behauptet. Soll das nun heißen, daß, wenn der Platz des Meisters leer bleibt, der Grund dafür weniger in seinem Tod zu suchen ist als in einer zunehmenden Verwischung des Sinns seines Werks? Kann man, um sich davon zu überzeugen, nicht einfach ffeststellen, was an dessen Stelle getreten ist? I_ Da wird in einem verdrießlichen Stil, der in seiner Undurchsichtigkeit absichtlich Wichtiges übergeht, eine Technik tradiert, die der kleinste * Ferenczi: Confusions of Tongues between the Adult and the Child, in: Internatio'

nal Journal of Psydıoanalysis, Bd. 3o (1949), S. zz;-230; zuerst dt. in: Int. Zs. f. PsA, Bd. 19 (1933), S. gif. _ 80

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Luftzug scheint in Verwirrung setzen zu können. Man ist auf dem Weg des Formalismus bis hin zum Ritual so weit gegangen, daß man sich fragen kann, ob diese Technik nicht von demselben Hieb eines Vergleichs mit .der Zwangsneurose getroffen wird, mit dem Freud so überzeugend auf den Ablauf, wenn nicht gar die Genese religiöser Riten gezielt hat. ' ' r ii _ I Wenn man die Literatur betrachtet, die von solcher Aktivität hervorgebracht wifd und sie ernähren soll, wird diese Analogie deutlicher: man hat da oft den Eindruck eines geschlossenen Kreises, in dem 'die Unkenntnis über den Ursprung verschiedener Begriffe das Problem hervorbringt, sie miteinander in Übereinstimmung zu bringen, und in dem die Anstrengung, dieses Problem ziı~Dlösen, die Unkenntnis wiederum verstärkt. -› V D W D ~ Um zu den Gründen dieses Sprachverschleißes (détérioration du discours) in der Analyse vorzudringen, ist es legitim, die 'psychoanalytische Methode auf die~Gesamtheit derer anzuwenden, die sich ihrer Sprache bedienen. D In der Tat ist, von einem Sinnverlust der analytischen Tätigkeit zu sprechen, so wahr undso vergeblich, wie es wahr und yergeblidı ist, ein Symptom durch seinen Sinn zu erklären, solange dieser Sinn nicht anerkannt wird. Es ist bekannt, daß beim Fehlen einer solchen Anerkennung die Tätigkeit des Analytikers unabhängig davon, auf welchem Niveau sie sich bewegt, bloß als aggressiv empfunden werden kann; weiter ist_bekannt, daß, sobald soziale «Widerstände›› fehlen, mit denen die Gruppe der Psychoanalytiker sich beruhigen konnte, ihre Toleranzschwelle gegenüber ihrer eigenen Aktivität, die dann „«akzeptiert››, wenn nicht gar gebilligt wird, nur noch von dem numerischen Verhältnis abhängt, mit dem sich ihre Anwesenheit auf der Skala sozialer Rangordnung messen läßt. D r . Diese Ansatzpunkte genügen, um die symbolischen, imaginären und realen Bedinguñgen anzugeben, die - als Isolierung, Ungeschehenmachen, Verleugnung und allgemein als Verkennen - die Abwehrmechanismen bestimmen werden, die wir in der psychoanalytischen Lehre erkennen können. ` 7 Wenn man also nach ihrer Zahl die Bedeutung der amerikanischen Vertreter in der analytischen Bewegung mißt, wird man den Bedingungen Gewicht beizumessen haben, die in den Vereinigten Staaten vorherrschen. _ D _ Zunächst wird man auf dem Gebiet der Symbolbildung die Bedeu-

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tung jenes Faktors c nicht vernachlässigen dürfen, auf den wir während des Kongresses für Psychiatrie von 1950 hingewiesen haben, um eine charakteristischeKonstante eines gegebenen kulturellen Milieus zu bezeichnen: hier des Umstands der Ahistorizität, in der nach übereinstim-› mender Meinung aller Beobachter das Hauptkennzeichen von «K0mmunikation›› in den USA zu sehen ist. Diese Ahistorizität ist nach unserer Auffassung das genaue Gegenteil der analytischen Erfahrung, Dazu kommt eine recht autochthone Geistes7haltung, die unter dem Namen Behaviorismus so sehr die psychologische Begriffsbildung in Amerika dominiert, daß sie eindeutig seit jeher die Inspirationen Freuds in der Psychoanalyse unterdrückt. "Was die beiden anderen Gebiete betrifft, so überlassen wir denen, die es interessiert,7das Urteil darüber, was die im Leben der pgyçhoanalytischen Gesellschaften zutage tretenden Mechanismen einerseits den an äußerlichem Prestige orientierten Beziehungen innerhalb der Gruppe verdanken und andererseits den spürbaren Auswirkiıngen ihres freien Unternehmertums auf die Gesamtgesellschaft; denn man muß der Behauptung eines ihrer erleuchtetsten Vertreter Glauben-schenken, es bestehe eine Konvergenz zwischen der Fremdheit einer Gruppe, in der Einwanderer vorherrschen, und der Distanzierung, in die eine solche Gruppe mittels der Funktion getrieben wird, diedie obengenannten kulturellen Bedingungen erheischen. › 7 Es erscheint jedenfalls unbezweifelbar, daß die Auffassungen der Psychoanalyse in den Vereinigten Staaten uminterpretiert wurden zu einer Anpassung des Individuums an seine soziale Umgebung, zur Untersuchung von patterns des Verhaltens und zu7 der ganzen Objektivierung, die der Begriff der human relations impliziert. Besonders im Begriff des human engineering, der dort entstanden ist, drüdct sich jene privilegierte Haltung aus, die den Menschen als Objekt ansieht. Der.Distanziertheit, die notwendig ist, um eine solche Haltung auszubilden und aufrechtzuerhalten, muß man es zuschreiben, daß sich in der Psychoanalyse die lebendigsten Begriffe ihrer Erfahrung, der des Unbewußten und der der Sexualität, so weit verfinstert haben, daß es den Anschein hat, als müßten sie bald nicht einmal mehr Erwähnung finden. 'ii T Wir haben nicht über den Formalismus und den Krämergeist zu befinden, auf die die offiziellen Dokumente dieser Gruppe selbst lıinweisen um siezu verurteilen. Der Pharisäer und der Krämer interessieren uns nur wegen ihres gemeinsamen Wesens, der Quelle der 7

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Schwierigkeiten, die beide mit dem Sprechen gerade dann haben, wenn es sich um das talking shop, ihre Geschäftssprache, handelt. Die Unfähigkeit, Motive rnitzuteilen-D-mag sie es auch his zum Magister bringen - reicht nicht zur Meisterschaft, die zumindest für die Ausbildung von Psych7oanalytikern unerläßlich ist. Man ist sich dessen neulich nur zu sehr bewußt geworden, als jemand, um einen Vorrang aufrechtzuerhalten, nurso zum Schein eine Stunde geben mußte. _ Darum ist die Verbundenheit mit der traditionellenDTechnik, die von der selben Seite immer erneut beteuert wird, nach der Bilanz der Versuche in den eben aufgezählten Grenzgebieten nicht ohne Zweideutigkeit. Diese wird 'deutlich an der Substitution des Terminus «klassischg› für «orthodox›› bei der Bezeichnung dieser Technik. _ Man ist allenfalls den guten Formen verbunden; denn' über die Lehre selbst hat man nichts zu sagen. _ 1 D t Wir dagegen betonen ausdrüdclich, daß die Technik nicht richtig verstanden, also auch nicht richtig angewandt werden kann, -wenn man die Begriffe verkennt, die sie begründen. E 'Unsere Aufgabe wird sein zu zeigen, daß diese Begriffe ihren vollen Sinn erst dann gewinnen, wenn sie sich im Feld der ,Sprache orientieren und sich der Funktion des Sprechens einordnen. _ _ An diesem Punkt müssen 'wir feststellen, daß, um irgendeinen Freudschen Begriff zu handhaben, die Lektüre Freuds nicht für überflüssig gehalten werden sollte; und das gilt selbst für jene Begriffe, die gängige Vorstellungen als Homonyme haben. Das beweist das Mißgeschick einer Triebtheorie, an das wir uns eben jetzt erinnern, einer Revision Freuds durch einen'Autor, .der für jenen von Freud ausdrücklich als mythisch bezeichneten Anteil seiner Theorie wenig empfänglich war. Offensichtlich hat er es kaum bemerkt; denn er wendet sich ihr über das Werk von Marie Bonaparte zu, das er unablässig als Äquivalent des Freudtextes zitiert, ohne im geringsten den Leser davon in Kenntnis zu setzen. Vielleicht tut er es im nicht unberechtigten Vertrauen auf dessen guten Geschmack, der beides nicht verwechselt, aber nirgendwo beweist er, daß er den Niveauunterschied des Textes zweiter Hand überhaupt wahrnimmt. Am Ende schließt der Autor aufgrund der strikten Tautologie seiner falschen Prämissen von Reduktionen zu Deduktionen, von Induktionen zu Hypothesen: daß die in Frage stehenden Triebe zurückführbar sind auf den Reflexbogen. So wie der Stapel Teller, der in klassischer Manier in tausend Scherben zerbricht, während der Künstler nach diesem Spektakel nur zwei nicht

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zusammenpassende Stücke in Händen hält, so wird auch die komplexe Konstruktion von der-Entdeckung der Libidoverschiebung zwischen den erogenen Zonen bis hin zum metapsychologischen Übergang eines generalisierten Lustprinzips in den Todestrieb, zum Binom eines pas.. siven Lebenstriebs, gebildet nach dem Modell der Tätigkeit von Läusesucherinnen, die dem Dichter teuer sinda, und eines 'Destruktionstriebs, der einfach mit der Motrizität von Nervenzellen gleichgesetzt wird. Ein Ergebnis, das an hervorragender Stelle wegen der beabsichtigten oder -unbeabsichtigten Kunst erwähnt zu werden verdient, die Ko}nsequenzen eines falschen Verständnisses bis zum Rigorismus' zu zıe ıen. ı›

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I. Leeres Sprechen und volles Sprechen in der 'psychoanalytischen Darstellung des Subjekts Donne en ma bouc/Je parole vraíe et estable et fay de moy langue caulte. V (L'[nterneZe Consolacíon, XLVe C/m'pitre.' qıfon ne doit pas c/øascun croire et du legíer trebucbement de paroles.)" ~ Cause toujoiırs. (Devise «k:msalz`stischen» Den/eens.)5 Ob sie sich als Instrument der Heilung, der Berufsausbildung ode; der Tiefeninterpretation versteht, die Psychoanalyse hat nur ein' Medium: das Sprechen des Patienten. Die Offensichtlichkeit dieser Tatsache entschuldigt nicht, daß man sie übergeht. Denn jedes Sprechen appelliert an eine Antwort. l ` 3 A.d.Ü._: Rimbaud hat ein Gedicht mit dem Titel «Les dıereheuses de poux›› geschrieben, vgl.: Oeuvres, ed. P. Berrichon, .Paris (Mercure de France) 1924, S. 91 f. 4 A.d.Ü.: «Leg mir ein wahrhaftes und beständiges Wort in den Mund und mache aus mir eine behutsame Sprache» Das Motto ist ausdem 4 5. Kapitel des Livre de Pinternelle consolation, hg. M. L. Moland und Ch. d'I-Iéricault, Paris (jannet) 1866: «Daß man nicht jedem glauben darf oder Wie leicht man sich versprid1t.» “ A.d.U.: Ein Wortspiel, das sowohl «Immer eine Ursache››_wie «Plaudere nur weiter» bedeutet. ' ' '. 84

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Wir werden zeigen, daß es, solange ein Zuhörer da ist, kein Sprechen ohne Antwort gibt, selbst wenn esnur auf ein Schweigen trifft, und daß gerade darin die zengrale Bedeutung der Funktion des Sprechens in der Analyse liegt. W' Wenn aber der Psychoanalytiker nicht weiß, wie es sich mit dieser Funktion verhält, wird er 'ihren Appellcharakterum so stärker erfahren, und wenn sich in diesem zunächst die Leere Vernehmen läßt, wird er sie' in sich selbst empfinden .und jenseits des Spredıens eine Realität suchen, die diese Leere ausfülltı Er verfällt also darauf, das Verhalten des Subjekts zu analysieren, um in ihm zu finden, was es selbst nicht sagt. Um aber ein Geständnis dessen zu erhalten, ist es notwendig, darüber zu sprechen. Er findet also das Sprechen wieder, aber es ist ein suspekt gewordenes Sprechen, weil es erstnach der Niederlage seines Schweigens antwortet, und zudem ist es ein Sprechen vor dem Echo seines eigenen Nichts. Was aber war nunjener Appell des Subjekts jenseits der Leere seiner Aussage? Im Anfang ein Appell an die Wahrheit, hinter dem .späterhin die Appelle bescheidenerer Bedürfnisse sich anmeldeten. Zunächst und vor allem jedoch war es ein der Leere eigentümlicher Appell in dem zweideutigen Aufklaffen einer versuchten Verführung des ande-

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ren mit den Mitteln der Selbstgefälligkeit und der Selbststilisierung

zum Monument des eigenen Narzißmus. . «Na bitte, die Selbstbizobachtungl» ruft der Fachsimpler, der sich in ihren Gefahren nur zu gut auskennt. Er dürfe wohl behaupten, so gesteht er, ihre Reize kennengelernt und erschöpfend ausgekostet zu haben. Leider habe er keine Zeit zu verlieren. Denn von ihm könne man ganz hübsdı profunde Dinger hören, wenn er sich mal auf die Couch legte. r _ f t , B Es ist seltsam, daß ein Analytiker, der unweigerlich zu Beginn seiner Laufbahn an eine Figur wie diese gerät, der Selbstbeobachtung in der Psychoanalyse noch Bedeutung beimißt. Denn sobald. es darauf ankommt, verschwinden all die schönen Sachen, die der Fachsimpler noch in Reserve zu haben glaubte. Die Rechnung, mit der sie bei einer Analyse in der Kreide stehen, ist kurz; aber für unseren Mann ziemlich dnerwartet tauchen andere auf, die ihm zunächst dumm und ärgerlich erscheinen und ihn eine ganze Weile verstummen lassen. Das übliche Schicksals! I S -__ _ p ° Dieser Absatz wurde 1966 überarbeitet. _

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Er begreift nun den Unterschied zwischen der Sipiegelfechterei eines Monologs, dessen bequeme Phantasien ihn dazu verleiteten aufzuschneiden, und der harten Arbeit eines Diskurses ohne Ausflüchtc, den die Psychologen nicht ohne Humor und die Therapeuten nicht ohne List mit dem Namen «freie Assoziation» geschmückt haben. Sie allerdings ist Arbeit, und zwar so sehr, daß man hat sagen können, Sie @ff01'd@1'C eine Lehrleit, und daß, man darüberhinaus in einer Lehrzeit sogar den formenden Wert der Arbeit meinte_ sehen zu können- D0Cl1 W218 f01'mt sie, wenn man sie so auffaßt,'anderes als einen Facharbeiter? 1 ' * Wie ist es *nun also mit dieser Arbeit bestellt? Untersuchen wir ihre Bedingungen und ihre Früchte in der Hoffnung, ihr Ziel und ihren Ertrag besser kennenzulernen. i ' _ Man hat beiläufig das Treffende des Terminus «durcharbeiten›› bemerkt, dem im Englischen «working trough›› entspricht und der bei uns die Übersetzer zur Verzweiflung getrieben hat, obwohl sich ihnen die definitive Formulierung anbo_t, die ein Meister des' Stils in unserer Sprache prägte: «Cent fois sur .le métier, remeftez . . .›› Aber welchen Fortschritt macht in unserem Fall das'Werk7? I , Die Theorie erinnert uns an die Triade: Frustration, Aggressivität, Regression. Als Erklärung ist sie so einleuchtend, daß sie uns davon dispensieren könnte, sie zu verstehen. Intuition ist schnell bei der Hand, doch sollte uns alle Evidenz um so suspekter sein, jesmehr sie zum Gemeinplatz geworden ist. Wenn die Analyse ihre Schwäche überlisiten soll, darf sie sich nicht damit zufrieden geben, Zuflucht bei der Affektivität zu suchen. Diese ist ebenso ein Tabuwort dialektischer Unfähigkeit wie das Verb «intellektualisieren››, dessen pejora-` tive Auffassung aus dieser Unfähigkeit einen Vorzug macht; beide sind in der Geschichte der Sprache die Stigmata unserer Abgestumpftheit in Bezug auf das Subjekt“. , s '°' A.d.Ü.: Es handelt sich um ein Zitat aus Boileau, L'art poétique, dasrichtig lautet: «Hatez-vous lentement, et sans perdre courage / vint fois sur le rnétier remettez votre ouvrage. / Polissez-le sans cesse et le repolissez / ajoutez quelquefois, et souvent effacez.›› Gries übersetzt: «Ihr müsset euch bequemen, / ein Werk wol zwanzig mal von neuem vorzunehmen. / Verliert_ nie den Muth, verbessert Wort und Sinn, / Streicht diesen Ausdrud-t weg, setzt cfort was neues hin.›› N. Boileau Despreaux «Gedanken von der Dichtkunst›› zit. nach: _I.A.P. Gries, Versuch in gebundenen Übersetzungen und eigenen Gedichten, Hamburg (Martini) 1745, S. zo f. 9 Wir hatten zuvor formuliert: «. . . auf dem Gebiet der Psychologie.›› (1966) 86

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Fragen wir uns doch lieber, woher diese Frustration kommt. Aus dem Schweigen des Analytikers? Eine Antwort, ja vor allem eine zustimmende Antwort auf das leere Sprechen zeitigt oft Wirkungen, die belegen, daß sie sehr viel frustrierender ist als ein Schweigen. Handelt es sich nicht eher um eine Frustration, die dem Diskurs des Subjekts eigen ist? Betreibt hier nicht das Subjekt eine immer größere Enteignungdes Seins seiner selbst, von dem es nach wohlmeinendenßildern, die dessen Idee nicht weniger inkohärent lassen, nach Richtigstellungen, die .es nicht schaffen, sein .Wesen freizusetzen, nach Stützen und Verboten, die sein Standbild nicht zu wackeln hindern, nach narzißtischen Umarmungen, die _einen Hauch von Selbstbeseelung vortäu-, schen - bc-itreibt also hier nicht das Subjekt, sage ich, eine Enteignung seines Seins, von dem es endlich erkennt,idaß es nie etwas anderes war als sein imaginäres Werk und daß dieses Werk es um alle Sicherheit bringt? Denn in der Anstrengung, die das Subjekt unternimmt, es fiir einen andern wiederaufzubauen, findet es die grundlegende Entfremdung wieder, die es jenes Werk als ein anderes hat entwerfen lassen und die. es schon dazu bestimmt hat, ihm durch einen anderen entrissen zu werdeng. z _ ' 1 jenes ego, dessen Stärke unsere Theoretiker gegenwärtig durch die Fähigkeit definieren, Frustrationen auszuhaltén, ist seinem Wesen nach selbst Frustration“. Es ist Frustration nicht eines Begehrens des Subjekts, sondern eines Objekts, in dem sein Begehren entfremdet wird. Dieses Objekt vertieft, je 'differenzierter es wird, für das Subjekt die Entfremdung seines Lusterlebens. Eine Frustration zweiten Grades also und dergestalt, daß das Subjekt- wie immer es die Form jenes f

' Dieser Absatz wurde 1966 überarbeitet. ' ' 1° Hier liegt das Kreuz einer sowohl theoretischen wie praktisd1enAbweiehung.Denn das ego mit der Disziplin des Subjekts gleichzusetzen, heißt, die durdı das Imaginäre bewirkte Vereinzelung mit der Bändigung der Triebe zu verwechseln. Darin liegt der Ursprung vieler Fehluriteile in der Behandlungsführung: so wird zum Beispiel eine Stärkung des Ich bei den vielen Neurosen angestrebt, die durdı eine zu starke Idr. stuktur hervorgerufen worden sind -- was selbstverständlich eine Sackgasse darstellt. Haben wir nicht aus der Feder unseres Freundes Midıael Balint lesen müssen, daß eine Ichstärkung bei Fällen von Eiaeulatio präcox dem Subjekt zuträglich sei, weilsie einen längeren Aufschub seines Begehrens erlauben würde? Wie aber soll man sich das denken, wenn das Subjekt gerade der Tatsadıe, daß sein Begehren von der

imaginären Funktion des ego abhängig gemadıt wird, den Kurzschluß des Aktes

verdankt, dessen psychoanalytisdıe Klinik klar beweist, daß er an die narzißtische Identifizierung mit dem Partner gebunden ist? '.. -› _ `

Objektes in seinem Diskurs zurückführen mag auf ein passivisches Bild, durch das es sich in seiner Parade vor dem Spiegel zum Objekt macht - sich nicht damit zufrieden geben kann. Denn selbst wenn es in diesem Bild seine vollkommenste Ähnlichkeit erreichte, wäre das, was es darin zu erkennen gäbe, noch immer das Lusterleben des anderen. Darumgibt es keine adäquate Antwort auf diesen Diskurs, denn das Subjekt hält jedes Sprechen für Verachtung (mépris), das auf seinen Irrtum (méprise) eingeht. R ' ` Die Aggressivität, die das Subjekt hier empfindet, hat nichts zu tun mit der animalischen Aggressivität des f1'ustrierten,Begehrens. Diese Beziehung, mit der man sich leidıt zufrieden gibt, verdeckt eine andere, die für alle und für jeden weniger angenehm ist: die Aggressivität des Sklaven, der auf die Frustration seiner Arbeit mit einem Todeswunsch antwortet. i ' Man begreift infolgedessen, wie diese Aggressivität auf jede Intervention antworten kann, die die imaginären Intentionen des Diskurses denunziert und das Objekt auseinandernimmt, das das Subjekt konstruiert hat, um jenen Intentionen Genügefzu tun. Das ist in der Tat, was man Widerstandsanalyse nennt. Offensichtlich hat sie ihre Klippen. Sie zeichnen sich schon .mit der Existenz des Naiven ab, der stets nur die aggressive Bedeutung der Phantasien seiner Patienten sich manifestieren sieht“. ' F Es ist derselbe, der nicht zögert, für eine «kausalistiscl-re» Analyse zu plädieren, die danach trachten soll, das Subjekt in seiner Gegenwart umzuformen durch gelehrte Erklärungen seiner Vergangenheit._Bis in seinen Ton hinein verrät er die Angst, die er sich ersparen möchte, denken zu müssen, daß die Freiheit seines Patienten ander seiner Intervention- hängen könnte. _-Daß der _Notbehelf, auf den er sich stürzt, in manchem Augenblick' für das Subjekt von Nutzen sein kann, hat nur so viel Bedeutung wie ein anregender Scherz und sollte uns nicht weiter aufhalten. A 1 Schauen wir uns lieber jenes bie et nam: genauer an, auf das_manche die Durchführung der Analyse meinen beschränken zu müssen. Es kann in der Tatnützlich sein, vorausgesetzt, daß die imaginäre In“ So in derselben Arbeit, der wir am Ende unserer Einleitung den Lorbeer überreichen (1966). Es zeigt sich im folgenden, daß Aggressivität nur ein Nebeneffekt der analytischen Frustration ist; wenn dieser auch durch eine bestimmte Art der Intervention verstärkt werden kann, so ist er nicht als solcher der Grund des Begriffspaares Frustration/Regression. 88

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tention, die der Analytiker in ihm entdeckt, nicht aus dem symbolischen Bezug gelöst wird, in dem sie sich ausdrückt. Nichts darf dabei die Instanz des Ich (moi) im Subjekt betreffend hineingelesen werden, das nicht von diesem in der ersten Person, also in der grammatikalischen Form des Ich (je), übernommen werden kann. › Wenn das nicht immer wieder die Pointe der Aufnahme” wäre, die das Subjekt mit ,seinen Trugbildern vollzieht, wo könnte man dann hier einen Fortschritt feststellen? , I Infolgedessen kann der Analytiker nicht ohne Gefahr das Subjekt bis in die Intimität seiner Gebärden, ja seiner Statik verfolgen, ohne sie als stumıne Teile in Seinen narzißtischen Diskurs zu reintegrieren. Auch jüngere Praktiker haben dies überaus aufmerksam wahrgenommen. Die Gefahr _besteht hier nicht so sehr in einer negativen Reaktion des Subjekts, sondern vielmehr darin, daß es wie zuvor in eine ebenfalls nur imaginäre Objektivation seiner Statik, ja seiner Statue in ein neues Statutseiner Entfremdung eingefangen wird. Die Kunst des Analytikerssoll sich dagegen darauf richten, die Sicherheit des Subjekts zu durchbrechen und zugleidı in der Schwebe zu halten, bis aus' ihr die letzten Trugbilder verschwinden. Und im Diskurs soll gerade in seiner Skandierung ihre Auflösung sich ankündigen. _ Wie immer leer dieser Diskurs tatsächlich erscheinen mag, er ist es nur, wenn man ihn nadı seinem Oberflächenwert beurteilt. Dieser bestätigt den Satz Mallarmés, in dem er den gemeinen Gebrauch der Sprache dem Austausch einer Münze vergleicht, deren Vorder- und Rüdtseite nur noch abgegriffene Figuren tragen und die man sich «schweigend» von Hand zu Hand reidıt. Diese Metapher genügt, uns daranzu erinnern, daß das Sprechen auch in seiner extremsten Abnutzung seinen Wert als Tessera behält“. 8 _ s Selbst wenn mit ihm nichts mehr kommuniziert wird, repräsentiert 1* A.d.Ü.: Das hier mit «Aufnahme› übersetzte Wort assomption hat zugleich die Bedeutung «Aufnahme in den Himmel» _ ' ' _ 1“ A.d.Ü.: Tessera war in Rom ein Erkennungszeichen oder eine verabredete Parole. In den frühen Mysterienkulten bezeichnete es eine Tonsdıerbe, deren Bruchstelle exakt der einer anderen Scherbe angepaßt werden konnte, uni die gegenseitige Erkennung der Initiierten zu gewährleisten. Das Mallarmê-Zitat steht in den Oeuvres

Complètes, Paris (Gallimard) 1945, S. 368, 857. .

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der Diskurs das Vorhandensein von Kommunikation; selbst wenn er das Offensichtliche verleugnet, bejaht er, daß das Sprechen Wahrheit konstituiert; selbst wenn er darauf abzielt zu täuschen, spekuliert er mit dem Vertrauen auf das Zeugnis, das er ablegt. ~ Zudem weiß der Psychoanalytiker besser als irgend jemand sonst, daß es hier darauf ankommt, welchem «Teil›› dieses Diskurses der bezeichnende Ausdruck anvertrautwird, und er verfährt im Idealfall folgendermaßen: Die Erzählung einer alltäglichen Geschichte hält er für ein Gleichnis, das den, der Ohren hat zu hören, auf sein Heil verweist; ein langes Epos in Prosa hält er für einen kurzen Zwischenruf oder er hält im Gegenteil einen einfachen Lapsus für eine ungemein komplexe Erklärung; ja sogar den Seufzer im Schweigen hält er für das Ganze einer lyrischen Entwicklung, an deren Stelle er tritt. I Eine glückliche Zeichensetzung gibt dem.Diskurs des ,Subjekts seinen Sinn. Infolgedessen spielt das Ende der Sitzung, das die gegenwärtig gebräuchliche Technik zu einem rein chronometrischen Anhaltspunkt macht, der als solcher ,dem Verlauf des Diskurses äußerlich ist, die Rolle einer angekündigten Skandierung, die ganz den Stellenwert eines Eingreifens des Analytikers zu dem Zweck annimmt, die abschließenden Momente _sich überstürzen zu lassen. Demzufolge sollte dieser Begriff des Endesieiner Sitzung aus seiner üblichen Routine befreit und allen brauchbaren Zielen der Technik unterworfen werden. 'R . Auf diese Weise kann eine Regression stattfinden, die ja innerhalb des Diskurses nur eine Aktualisierung von Phantasiebeziehungen ist, die durch ein ego auf jeder Stufe der Dekomposition seiner Struktur wiedergegeben werden. Denn schließlich ist diese Regression keine reale; sie manifestiert sich sogar in der Sprache nur durch die Modulation der Stimme, die sprachlichen Wendungen und jenes «leichte Versprechen››, die bei Erwachsenen im Extrem nicht über das Gekünstelte der Babysprache hinausgehen dürften. Der Regression die Realität einer aktuellen Objektbeziehung beizumessen, hieße, das Subjekt in eine es entfremdende Illusion zu projizieren, die im Grunde nur ein Alibi des Psychoanalytikers wiedergibt. Nichts könnte daher Psychoanalytiker mehr verwirren als der Versuch, sich an einem angeblich g/efühlsmäßigen Zugang zur Realität des Subjekts zu orientieren. Dieses Sahnetörtchen der intuitionistischen, ja sogar der phänomenologischen Psychologie hat im gegenwärtigen Gebrauch eine Verbreitung gewonnen, die für die Verminderung der 90

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Macht des Sprechens im heutigen gesellschaftlichen Kontext recht symptomatisch ist. Seine zwanghafte Bedeutung aber wird offenkundig, wenn sie' innerhalb einer Beziehung gefördert wird, die gemäß ihren eigenen Regeln jeden Realkontakt ausschließt. . ' ' Junge Aiinalytiker, die sich indes durch die nicht hinterfragbare Begabung, die dieses Mittel vorauszusetzen scheint, beeindrucken lassen, könnten, um es zu entwerten, nichts besseres finden, als sich auf den Erfolg der Kontrollen zu besinnen, denen sie selbst unterliegen. Vom Standpunkt eines 'intuitiveiı Realkontakts aus müßte selbst die bloße li/löglichkeit solcher Kontrollen problematisch werden. Doch ganz im Gegenteil demonstriert in ihnen, wie manunzweideutig feststellen muß, der Kontrollierende ein zweites Gesicht, das die Erfahrung für ihn mindestens ebenso instruktiv sein läßt wie für den Kontrollierten. Und das beinahe umso mehr, je weniger der letztere Fähigkeiten unter Beweis-stellt, die gewisse Leute ohnehin für desto weniger mitteilbar halten, je mehr sie sich auf ihre technischen Geheimnisse einbilden. _; A A Die Lösung diesesRätsels ist, daß der'Kontrollierte die Rolle eines Filters, ja sogar eines Refraktors des Diskurses des Subjekts spielt und daß somit dem Kontrollierenden eine bereits fix und fertige Stereographie präsentiert wird, die schon die drei oder vier Register aufweist, nach' denen er die Partitur liest, _die durch diesen Diskurs konstituiert wird.

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Wenn der Kontrollierte durch den Kontrollierenden in eine subjektive Lage versetzt werden könnte, die von der verschieden wäre, die der schauderhafte Terminus <
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Leute voller Anstrengung niefaus dem Auge verlieren. Wenn das nämlich der Weg der Analyse sein sollte, würde sie ohne jeden Zweifel zu anderen Mitteln greifen oder aber sie böte das einzige Beispiel einer Methode, die sich die Mittel ihres Zwecks untersagte. Daseinzige Objekt, das .dem Analytiker zugänglich ist, ist die imaginäre Beziehung, die ihn mit dem Subjekt -als 'Ich (moi) verbindet. Und da er sie nicht ausschalten kann, kann er sich ihrer bedienen, um das Soll seiner Ohren gemäß_ dem Gebrauch zu erfüllen, den die Physiologie in Übefeinstimmung mit dem Evangelium als normal hinstellt: Ohren zu haben, am nicht zu hören, oder anders gesagt, um das aufzudecken, was gehört und verstanden werden muß. Denn er hat keine weiteren, weder ein drittes noch ein viertes Ohr, die man sich für ein unmittelbares Hören von Unbewußtem zu Unbewußtem wünschen mag“. Was von dieser angeblichen Kommunikation zu 2 ihalten ist, werden wir noch ausführen. 'i A Wir haben uns der Funktion des Sprechens in der Analyse von ihrer unangenehmsten'Seite genähertj der eines leeren Sprechens, in dem das Subjekt vergeblich von jemandem zu reden scheint, der sich -und wäre er ihm zum Verwechselnähnlich - nief der Aufnahme in den Himmel“ seines Begehrens anschließt. Darin haben wir den Grund einer abnelımenden Wertschätzung des Sprechens in der Theorie und Technik gezeigt. Es war notwendig, was wie ein schwerer Mühlgtein auf ihm lag, nach und nach emporzustemmeiı; denn nur als Regulationsrad der Bewegung der Analyse können die individuellen psychophysiologischen Faktoren dienen, die in Wirklichkeit ails der Dialektik der Analyse ausgeschlossen bleiben. Die Modifikation der spezifischen Trägheit dieser Faktoren zum Ziel der Analyse zu erheben, hieße, sich einer 'Fiktion von Bewegung zu überamworten, W01-in sich eine gewisse Richtung der analytischen Technik auch wirklich zu gefallen scheint. . i l

Wenn wir unseren Blick jetzt auf das (nach seiner Geschichte, seiner Kasuistik und dem Gang der Behandlung) andere Extrem der psychoanalytischen Erfahrung richten, finden wir dort im Gegensatz zur Analyse des /sie et nzmc den Wert der Anamnese als Index und Trieb/.. 1” A.d.Ü.: Es wird hier angespielt auf Matth. 13, 13 und auf Reiks Buch «Listening

with the Third Ear», New York 1950. 1°~ A.d.Ü.: Vgl. Anm. 12, oben S. 89. 92

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feder des therapeutischen Fortschrittszim Gegensatz zur zwanghaften Intrasubjektivität eine hysterische Intersubjektivität, im Gegensatz zur Widerstandsanalyse die symbolische Interpretation. In ihm nun verwirklicht sidı das volle Sprechen. Untersuchen wir also die Beziel}ungen,~ diees begründet. i t Wie man weiß, wurde die vonlBreuer und Freud entwickelte Methode kurz nach ihrer Entstehung von einer Patientin Breuers, der Anna O., auf den Namen «talking cure›› getauft. Die Erfahrung mit dieser Hysterikerin war es,` die Freud und Breuer zur Entdeckung des pathogenen, traumatisch genannten Ereignisses führte. r . Wenn dieses Ereignis als Ursache des Symptoms erkannt wurde, so geschah das, weil in den <<stories›› der Kranken seine Umsetzung ins Sprechen (paroles) das Symptom-verschwinden ließ. Aus der psychologischen Theorie, in die man diesen Vorgang sogleich als Tatsache eingebracht hat, wurde der Begriff des Bıewußtwerdens entliehen, der aufgrund seines Ansehens das Mißtrauen verdient, daswir da, wo Erklärungen selbstverständlich sein wollen, stets für angebracht halten. Die psychologischen Vorurteile der damaligen Zeit widersetzten sich der Auffassung, daß man in der Verbalisierung als solcher eine andere Realität als die eines flatus 'uocis erkennen könne. Aber im hypnotischen Zustand bleibt die Verbalisierung vom Bewußtwerden getrennt, und .das sollte genügen, eine Revision der Auffassung ihrer Wirkung zu veranlassen. ` _ Doch warum statuieren-hier die Helden einer behavioristischen /lufhebzmg” nicht ein Exempel und erklären, daß sie nicht wissen müssen, ob das Subjekt sich an irgend etwas wieder erinnert hat? Es habe lediglich ein Ereignis erzählt, sagen sie. :Wir dagegen sagen, es habe es verbalisiert oder (um diesen Begriff zu entwickeln, dessen Nachklang im Französischen einen anderen Aspekt der Pandora“ evozicrt als den der Büchse,'in die er vielleicht sollte eingeschlossen werden): es habe es zu Wort kommen lassen (faire passer dans le verbe) oder genauer: zu jenem Epos, indem es gegenwärtig von den Ursprüngen seiner Person berichtet. Und es tut dies in einer Sprache, die es erlaubt, daß sein Diskurs von seinen Zeitgenossen wahrgenommen wird, und die darüber hinaus deren gegenwärtigen Diskurs voraussetzt. Daı _

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1" A.d.Ü.: Deutsdı im Original. . ° ,_ 18 A.d.Ü.: «Pandoı-e» ist im französischen Boulevardtheater der Spitzname eınes Gendarms, der mit der stereotypen Formel «Verbalisons›› Strafen verhängt.

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"her kann der Vortrag des Epos einen lang zurüdcliegenden Diskurs in seiner arc/oaischen, ja sogar fremden Sprache enthalten oder er kann sich in der unmittelbaren Gegenwart mit der ganzen Lebhaftigkeit fortsetzen, .die einem Schauspieler zu Gebote steht; seiner Art nach ist er jedoch indirekter Diskurs, isoliert zwischen den Anführungszeichen im Faden der Erzählung; wird er aufgeführt, so geschieht das auf einer Szene, die die Anwesenheit nicht nur des Chors, sondern auch von Zuschauern erfordert., , Die hypnotisclfe Erinnerung ist zweifelsohne Reproduktion der Vergangenheit, aber vor allem ist sie gesprochene Repräsentation und als solche setzt sie alle Arten von Gegenwart voraus. Sie verhält sich zur Erinnerung im Wachztistand, die sich auf das richtet, was man merkwürdigerweise «das Material» der Analyse nennt, wie das'Drama, das die Ursprungsmythen der Polis vor der Bürgerversammlung vorführt, sich zur Geschichte verhält, die zweifelsohne aus Materialien gemacht ist, in der aber heutzutage eineNation Symbole des Schicksals zu lesen lernt._ In der Sprache Heideggers kann man sagen, daß die eine sowohl wie die andere das Subjekt als gefwesendf° konstituieren, das heißt als etwas, das so gewesen ist; Aber in der inneren Einheit dieser Zeitlichkeit bezeichnet das Dasein die Konvergenz des Gewesenen. Das heißt es käme, wenn andere Begegnungen von irgendeinem der gewesenenrMomente an unterstellt würden, ein anderes Dasein zustande, das sich ganz anders gewesen sein ließe. Die Zweideutigkeit der hysterischen Offenbarung der Vergangenheit rührt inhaltlich nicht her aus ihrem Schwanken.zwischen Imaginärem und Realem, denn ihr Inhalt kommt aus diesem sowohl als aus jenem. Das sollt- nicht heißen, daß sie einfach lügt. Vielmehr stellt sie uns die Geburt der Wahrheit im Sprechen dar, und deshalb stoßen wir 256, uns an der Realität von etwas, das weder wahr noch falsch ist. Darin liegt jedenfalls das beunruhigendste Moment ihrer Problematik. Denn von der Wahrheit dieser Offenbarung zeugt das gegenwärtige Sprechen (parole présente) in der aktuellen Wirklidıkeit, undes begründet jene Wahrheit im Namen dieser Wirklichkeit. In dieser Wirklichkeit zeugt allein das Sprechen von dem Teil der Mächte 'der Vergangenheit, der an jedem Scheideweg zurückgewiesen wurde, wo ein Ereignis eine Wahl getroffen hat. Daher hat die Bedingung der Kontinuität der Anamnese, an der Freud 1° A.d.Ü.: Vgl. M. Heidegger «Sein und Zeit››,_Tübingen (Niemeyer)1° 1963, S. 316. 94

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die Vollständigkeit einer Heilung mißt, nichts zu tun mit Bergsons Mythos einer Wiederherstellung der Dauer (durée), bei der die Authentizität eines jeden Augenblicks zerstört würde, wenn er nicht die Stimmung aller voraufgegangenen Augenblicke in sich enthielte. Denn es handelt sich für Freud weder um ein biologisches Gedächtnis, noch um dessen intuitionistische Mystifikation, noch auch_um eine Paramnesie des Symptoms, sondern um ein Wiedererinnern, das heißt um Geschichte. Wo einzig deren Daten gewiß sind, ruht die oszillierende Balance zwischen den Konjekturen des Vergangenenund den Versprechen des Zukünftigen auf des Messers Schneide. Kategorisch gesagt: es handelt sich in der psyclfoanalytischen Anamnese nicht um Realität, sondern um Wahrheit; denn es ist die Wirkung des vollen Sprechens, die Kontingenz des Vergangenen neu zu ordnen, indem es ihr den Sinn einer zukünftigen Notwendigkeit gibt, wie sie konstituiert wird durch dasbißchen Freiheit, mit dem das Subjekt sie vergegenwärtigt. _ r Die Mäander der Untersuchung, denen Freud im Bericht über den Fall des «Wolfsmannes›› folgt, bestätigen diese Thesen und gewinnen an ihnen ihren vollen Sinn. _ 1 ` B Freud fordert einen vollkommen objektiven Beweis, soweit es sich darum handelt, die Urszene zu datieren, aber er setzt ohne weiteres alle Wiederbelebungen des Eindrucks dieses Ereignisses voraus, die ihm nötig erscheinen, um' dessen Wirkung an jedem der Wendepunkte zu erklären, an denen das Subjekt sich umstrukturiert. Es handelt sich dabei um ebenso viele Umstrukturierungen des Ereignisses, die sich, wie er sagt, nachträglich vollziehen“. Darüberhinaus erklärt er mit einer Kühnheit, die an Dreistigkeit grenzt, es sei legitim, in der Analyse psychischer Prozesse die Zeitphasen auszulassen, in denen ein Ereignis im Subjekt latent bleibt“. Das heißt, er setzt sich über die Zeiten des Verstehens hinweg zugunsten der Augenblicke des Schlie(iens, die das Nachdenken des Subjekts übereine Entscheidung des Sinns jenes ursprünglichen Ereignisses beschleunigen. . Zeit des Verstehens und Augenblick des Schließens sind Funktionen, die wir in einem rein logischen Theorem definiert haben” und die unseren Schülern deshalb vertraut sind, weil siesich als sehr geeignet <

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2° S. Freud, G. W., Bd. XII, S. 71; A.d.Ü.: Deutsch im Original. _ *1 A.a.O.: S. 72, Anm. 1: Der Begriff der Nachträglichkeit wird in den letzten Zeilen der Anmerkung betont. " *{Vgl. Die logische Zeit und die (lssertion der antizipierten Gewißheit, in: Schriften III, S. 101-121. .

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für die dialektische Analyse erwiesen haben, durch die wir sie in den Prozeß einer Psychoanalyse einführen. Eben diese Aufnahme” seiner Geschichte durch das Subjekt, wie sie im Sprechen konstituiert wird: das sich an den anderen wendet, bildet die Grundlage der neuen Methode, der Freud den Namen Psychgaiıalyse gab. Und das nicht 1904, wie es jüngst eine Autorität lehrte (die, als sie den Deckmantel weisen Schweigens fallen ließ, sich insofern bloßstellte, als klar wurde, daß sie von Freud nur die Titel seiner Werke kennt), sondern 18 9 gf“. . In dieser Analyse des Sinns seiner Methodeverneinen wir ebensowenig wie Freud die psycho-physiologische Diskontinuität, die sich in den Zuständen manifestiert, in denen das hysterische Symptom auftritt. Ebensowenig verneinen wir, daß`dieses mit Methoden wie Hypnose, ja sogar Narkose behandelt werden kann, die die Diskontinuität solcher Zustände reproduzieren. So einfach und ausdrücklich, wie Freud es sich von einem bestimmteiı Augenblick an versagt hat, auf sie zurückzugreifen, leugnen wir jede aus jenen Zuständen herrührende Hilfe bei der Erklärung des Symptomssowohl wie für seine Heilung. r f . Denn wenn die Originalität der psychoanalytischen Methode sich herleitet aus Mitteln, deren sie sich entschlägt, so geschieht das, weil die Mittel, die sie sich vorbehält, genügen, einen Gegenstandsbereich zu konstituieren, dessen Grenzen die Relativität ihres Verfahrens bestimmen. . _ Ihre Mittel sind die des Sprechens, insofern dieses den Funktionen des Individuums einen Sinn verleiht; ihr Gegenstandsbereich ist der des konkreten_Diskurses, insofern dieser die überindividuelle Realität des Subjekts darstellt; ihr Vorgehn ist das der' Geschichte, insofern diese das Hervortreten der Wahrheit im Realen begründet. In der Tat akzeptiert das Subjekt zuerst, wenn es sich auf eine Analyse einläßt, eineıan sich grundlegendere Verfassung als all die Instruktionen, durch' die es sich mehr oder weniger verlockend täuschen läßt: .

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*3 A.d.Ü.: Vgl. Anm. 12, S. 89.

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2* In einem Artikel, der auch dem anspruchslosesten französischen Leser zugänglich ist, weil er in der Revue neurologique erschienen ist, deren Hefte gewöhnlich in den Bibliotheken der Arztzimmer in Krankenhäusern stehen. 'Der Schnitzer, den wir hier monieren, zeigt unter anderem, wie sich jene Autorität, die wir schon auf S. _83 f. begrüßten, zum Anspruch ihrer leadership verhält. A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W.,

Bd. I, S. 407 ff.:/L'hérédité et Pétiologie des névroses. . 96

es akzeptiert das analytische Gespräch (interlocution). Und wir sehen nichts Ungehöriges darin, wenn diese Bemerkung den, der sie hört, sprachlos macht (interloqué). Denn das gibt uns Gelegenheit, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Rede (allocution) des Subjekts einen Adressaten (allocuteur) einsdıließtzs, anders gesagt: daß der Sprechende (locuteur)26 sich in ihr alsilntersubjektivität konstituleft.

Zweitens eröffnetsich uns auf der Grundlage dieses analytischen Gesprächs (interlocution), insofern es die Antwort des Gesprächspartners (interlocuteur) einschließt, der Sinn dessen, was Freud als Wiederherstellung der Kontinuität in den Motivationen des Subjekts fordert. Die praktische Prüfung dieses Ziels zeigt unsnämlich, daß es sich nur in der intersubjektiven Kontinuität des Diskurses erfüllt, in der sich die Geschichte des Subjekts konstituiert. _ Daher kann das Subjekt in bezug auf seine Geschichte in einsprachliches Delirium verfallen, wenn es unter dem Einfluß einer jener Drogen steht, die das Bewußtsein einschläfernund die heutzutage den Namen «Wahrheitsseren›› tragen. Mit diesem Namen verrät die Treffsidıeréheit des Widersinns die der Sprache eigene Ironie. Sogar die Wiedergabe einer Tonbandaufzeichnung seines Diskurses kann, selbst wenn sie dem Subjekt vom Arzt übermittelt wird, nicht-die selbe Wirkung haben wie das analytische Gesprädı, da sie `das Subjekt in dieser entfremdeten Form erreicht. ø s r Auch von einem dritten Begriff aus erhellt sich uns die Grundlegung der Freudschen Entdeckung des Unbewußten. Sie kann mit wenigen Worten folgendermaßen formuliert werden: Das Unbewußte istder Teil'des konkreten Diskurses als eines überindividuellen, der dem Subjekt bei der Wiederherstellung der Kontinuität seines bewußten Diskurses nidıt zur Verfügung steht. Damit verschwindet das Paradox, das der Begriff des Unbewußten darstellt, solange man ihn auf eine individuelle Realität bezieht. Redu-' *5 Selbst wenn es nur vor sich hin spricht. Es wendet sidı an jenen (großen) Anderen,

dessen Theorie durch unsere Arbeiten inzwischen gesichert ist undider einige épodıè in

der Wiederaufnahme des Begriffs der Intersubjektivität nötig macht, um die wir uns bis heute bemühen (1966). A " Wir verdanken diese Termini'dem verstorbenen Edouard Pidıon, der ebensowohl bei den Hinweisen, die er gab; um unsere Wissenschaft aufzuhellen, wie mit den

Indikationen, die ihn im Dunkel der' Person leiteten, eine Divination bewies, die

wir allein auf seine Übung in der Semantik zurückführen können.

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zierte man ihn nämlich auf eine unbewußte Tendenz, hieße dasnur, dies Paradox aufzulösen, indem man der Erfahrung auswiche, die deutlich zeigt, daß das Unbewußte an den Funktionen des Vorstellens, ja des Denkens teilhat. Freud hat unzweideutig darauf insistiert, als er sich nicht in der Lage sah, im Begriff eines unbewußten Vorstellens die Verbindung,gegensätzlicher Termini zu vermeiden, und er hat ihm darum die Fürbitte sit venia verløo mit auf den Weg gegeben. Wir gehorchen diesem Begriff ohnehin, wenn wir, statt uns selbst, das Wort (verbe), insbesondere das im Diskurs gesprochene Wort, das wieselflink von Mund zu Mund läuft, dafür haftbar machen, den Handlungen des Subjekts, die durdı es eine Botschaft empfangen, einen richtungweisenden Sinn zu geben. Dieser Sinn macht aus den Handlungen des Subjekts Akte der eigenen'Gešchidıte und gibt ihnen ihre Wahrheit. ' .t Der Einwand einer contradictioin adjecto, den eine logisch schlecht begründete Psych logie gegen den Begriff des unbewußten Vorstellens erhebt, entfällt infolgedessen mit der genauen Bestimmung des Gegenstandsbereichs der Psychoanalyse, soweit sich in ihm die Realität der Rede in ihrer Autonomie mani?-festiert. Das eppfir si muofue! des _Psy-choanalytikers teilt mit dem Galileis eine Schlüssigkeit, die nicht die eines Tatsachenexperiments ist, sondern die eines experimentum mentis.' s W W y Das Unbewußte ist das Kapitel meiner Geschichte, das weiß geblieben ist oder besetzt 'gehalten wird 'von einer Lüge. Es ist das zensierte Kapitel. Doch seine Wahrheit kann wiedergefundenäwerden. Zumeist steht sie schon anderswo gesdırieben, " B -~ etwa auf Denkmälern: Das ist mein Leib, das heißt der hysterische Kern der Neurose, in dem das hysterische Symptom eine sprachliche Struktur aufweist und sich wie eine Inschrift entziffern läßt, die, nachdem sie einmal-aufgezeichnet worden ist, ohnegroßen Verlust zerstört werden kann; ' s _ - in Archivdokumenten: Das sind Erinnerungen an meine Kindheit, schwer zugänglich wie solche Dokumente, solange ich ihre Herkunft nicht kenne; ,_ _ I - j V - in der semantischen Entwicklung: Sie entspricht dem Vorrat und der Verwendung des Vokabulars, das mir eigen ist, sowie meinem “Lebensstil und meinem Charakter; _ i j ' - ebenso in der Tradition, ja sogar in den Legenden, die in heroisierter Form meine Geschichte lenken; ~ .

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- endlidı in den Spuren, deren Sinn meine Exegese wiederherstellt und die unausweichlich von den Entstellungen hinterlassen werden, die notwendig sind, um das gefälschte Kapitel in Übereinstimmung zu bringen mit den anderen, die es umgeben. Wem als Student die zugestandenermaßen seltene Idee kommt, der wir mit unserer Lehre zu einiger Verbreitung verhelfen müssen, daß, um Freud zu verstehen, eineFreudlektüre der Fenichels vorzuziehen sei, der wird sich, wenn er dieser Idee folgt, darüber klar werden, daß das eben Gesagte bis in die Lebendigkeit der Argumentation hinein so wenig originell ist, daß in ihm nicht eine Metapher erscheint, die sich in Freuds Werk nidıt mit der Häufigkeit eines Motivs wiederhólt, hinter dem eine sinnvolle Textur erscheint. Er kann dann in jedem Augenblick seiner Praxis recht einfach darauf kommen, daß diese Metaphern ihre metaphorische Dimension ganz ebenso verlieren, wie. sich eine Negation durch Verdopplung aufhebt, und er wird erkennen, daß das so ist, weil er sich auf das* eigenste Gebiet der Metapher begeben hat, die ja nur ein Synonym der symbolischen Verschiebung ist, wie sie im Symptom ins Spiel gebracht wird. Er wird nach dieser Überlegung die imaginäre Verschiebung besser beurteilen können, die das Werk Fenichels motiviert, indem er den Unterschied in der Konsistenz und technischen Effizienz erwägt zwischen der Bezugnahme auf die angeblich organischen Stadien der individuellen Entwicklung einerseits und andererseits der Erforsdıung der besonderen Ereignisse einer subjektiven Lebensgeschichte. Es ist genau der gleiche Unterschied, der authentische historische Forschung von den angeblichen Gesetzen der Geschichte trennt, von denen sich sagen läßt, daß sie von einem Philosophen jeder Epoche den herrschenden Wertvorstellungen' entsprechend verbreitet werden. Das šoll nicht heißen, es gelte von dem je verschiedenen Sinn nichts zu bewahren, der im allgemeinenVer1auf der Geschichte auf jenem Weg entdedrt wurde, der von Bossuet zu Toynbee führt und an dem sich die Gedankengebäude von Comte und Marx erheben. Jedermann weiß indes, daß sie zur Orientierung der ,Forschung über die jüngste Vergangenheit ebensowenig taugenwie zu halbwegs vernünftigen Annahmenüber zukünftige Ereignisse. Im übrigen sind sie bescheiden genug, ihre Gewißheit aufs Übermorgen zu vertagen, und auch nicht allzu pingelig, Retuschen zuzugeben, die Voraussagen über das erlauben, was gestern passiert ist. . ' ' e Wenn also ihre Bedeutung für den wissenschaftlichen Fortsdıritt recht 1

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Unterscheidung dessen, was man als primäre und Sekundä F k . . . . _ re der Historisierung bezeichnen kann un non VOI1 del' PSYCh0ë11121lYSe wie von der Geschichtswissenschaft zu b h ten, sie seien als Wissenschaften Theorien des Besonderen he`ßt auf) . . 1 t.. nichten, daß die Tatsachen, mit denen sie zu tun haben ,rei lıg oder kunstlıch induziert sind und daß ihr Wert sich ,letztlich auf die kflldß F1'age I121Ch dem Trauma reduzieren lasse Die Ereignisse werden in eine " ~ ders gesagt' die çeschichte e r*pilmai:g âhstonsıemng erzeugt; an' ' felšriet si ereits auf der Szene a f der man sie ' . .° u _ › ist sie _erst e'lnmal niedergeschrieben, vor seinem eigenen Inneren wie vor denAugen der Außenwelt spielt In der und der Epoche wird dei- und der Aufruhr im°Faubou Sa' t . s _ „ r in Antoine von den Beteiligten als Sie d ' g oder des Hofes erlebt. _ 0 er Niederlage des Parlaments 0

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Niederlage des Proletaiirfii iiifcfmiieımš anderen Zeit als Sièg oder _ 1' er our eoisie. Wenn es n einen Ausdruck des Kardinals Retz zu überngehmen die V"lk uni °ui;ln die stets die Zeche zall "' 3-« 0 eriism ' ar nicht imm dl en mussefls So handelt es sich doch ganz und 3 er um 215 Selbe historische Ereignis' denn das wofür sie _ zahlen, hinterläßt im Gedächt nis ' der Menschen i nicht . ' die 'i lb Erinnerung. , _ ' Se e Wenn zum Beispiel das Parlament oder der Hof verschwinden so gewinnt das CISIB dieser beiden Ereignisse traumatische Bedeutiing und ist wenn ` " ' seinen . c tatsädıíidı mit .man d Z11_1Cl1t aäsdrucklıch Sinn erneuert, geeignet, er e t .. . _ ' _ _ _ 1 aus em Gedachtnis zu verschwinden. Dagegen blelbf dıe Ermnefung . . . 2111. das zweite Ereignis selbst ,unter der Ze nsur sehr lebendig (wie ja die Amnesie der Verdrängung eine der leb . .. . _ endigsten Form_en des Gedachtnisses ist), solange es Menschen gibt; die 1111'C Revolte ifi den Dienst des Kampfes für die politische Machtüber nahme des Proletafiats Stellen, Menschen also denen die Schlüsselwor te des dialektischen Materialismus sinnvoll erseheinen s Es Wäre hier Zuviel behaUPtef› Wenn mansagen würde daß wir unsere

deiner unglen auf das Gebiet der Psychoanalyse ubertragen sollten,

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eI1_n wi 1' ewegen' uns bereits ' auf diesem ' .. Gebiet; ebenso ware es zuviel behauptet, die durch diese Bemerkungen sich vollziehende Em mischung der_Entzifferungsted'ınik des Unbewußten und der Theo,-ie der Instinkte, ja der Triebe verstehe sidi von selbst Wir lehren das Subjekt, sein Unbewußtes als seine Geschichte zu erken0

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nen, das heißt, wir helfen ihm, die geschichtliche Aktualisierung der Tatsachen zu vollenden, die im Laufe seines Lebens eine gewisse Zahl von historischen <<Wendepunkten›› bestimmt haben. Aber wenn sie diese Rolle gespielt haben, so waren sie selbst bereits geschichtliche Tatsachen und das bedeutet: in einem bestimmten Sinn anerkannt oder eine`r bestimmten Ordnung entsprechend zensiert. So ist jede Fixierung an ein sogenanntes Stadium der Triebentwicklung voii allem einhistorisches Stigma, ein Schandfleck, denman vergißt oder für ungeschehen erklärt, beziehungsweise ein Ruhmesblatt, das verpflichtet. Doch das Vergessene bringt sich im Handeln in Erinnerung, das Ungescheheninachen widerspricht dem, was anderswo gesagt wird, und die Verpflichtung* setzt im Symbol die Täuschung fort, in der das Subjekt sich gefangen gefunden hat. ' A Um es kurz zu sagen: Die Stadien der Triebentwicklung sind bereits, während sie durchlebt werden, als Subjektivität organisiert. Und um es klar zu sagen: Die Subjektivität des Kindes, das das Epos der allmählichen Kontrolle seines Sphinkters in Siegen und Niederlagen aufzeichnet, sich dabei' an der imaginären Sexualisierung seiner AfterÖffnung freut, aus seinen exkrementellen Ausscheidungen Aggression, a_us seiner Verhaltung Verführung und aus seiner Entleerung Symbole macht, diese Subjektivität ist nicht grundlegend *verschieden von der des Psychoanalytikers, der sich die Formen der Liebe zu vergegenwärtigen versucht, die er prägenital nennt. _ -. A Das anale Stadium ist also, anders gesagt, nidıt weniger rein historisch, noch ist es weniger rein ini der Intersubjektivität gegründet, wenn es durchlebt wird, als wenn es im Denken nachvollzogen wird. Dagegen führt seine Einstufung als Abschnitt einer angeblichen Triebreifung die- größten Geister geradewegs zu der irrigen Auffassung, es für die ontogenetisdie Wiederholung einer Entwicklungsstufe des tierischen Phylums zu halten, die bei den Spulwürmern oder sogar bei den Quallen zusuchen wäre. Es ist dies eine Spekulation, die, obwohl sie aus der Feder eines Balint ingeniös erscheint, anderswo zu den haltlosesten Träumereien führt, ja sogar zu dem Wahn, bei den Einzellern das imaginäre Schema körperlichen Eindringens suchen zu wollen, das als Furcht angeblich die weibliche Sexualität beherrscht. Warum soll man dann nidit das Urbild des Ich in der Krabbe sehen unter dem Vorwand, daß beide nach jeder Häutung ihren Panzer wieder ausbilden? '_ A Irgendwann zwischen ı9io und 1920 hat ein gewisserjaworski ein _

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recht hübsches System konstruiert, in dem «die biologische Eb<2nC>>› bis zu den äußersten Grenzen der Kultur alles umfaßte und das im Ernst der Gattung der Schal'entiere, wenn ich mich recht erinnere, irgendwo im späten Mittela_lter ihr historisches Pendant unter dem Titel einer allgemeinen Blütezeit der Ritterrüstungen zuordnete und keine Tierart, nicht einmal Mollusken und Wanzen, ohne ein mensch-, liches Pendant ließ. i . Eine Analogie ist keine Metapher, und die Zuflucht, die die Naturphilosophen bei ihr gefunden haben, erfordert-das' Genie eines Goethe; doch selbst dessen Beispiel ist nicht gerade ermutigend. Nichts ist dem Geist unserer Disziplin mehrzuwider, und Freud hat, indem er sich ausdrücklich von der Analogie distanzierte, den eigentlichen Zugang zur Traumdeutung und mit ihr zum Begriff des analytischen Symbols eröffnet. Dieser Begriff steht, wie wir behaupten, im strikten Gegensatz zu analogischem Denken, dessen zweifelhafte Tradition zur Folge hat, daß selbst unter uns manche es noch für verbindlich halten.

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Deslıalb müssen wegen ihrer erhellenden Macht Überspitzungen inS Lächerliche vorgebracht werden; denn indem sie für die Absurdität einer Theorie die Augen öffnen, verweisen sie deren Anhänger auf Gefahren, die nichts Theoretisches haben. B i I G ._ Die Mythologie von der' Triebreifung, die aus Teilstücken von Freuds Werk zusammengesetzt ist, bringt in der Tat geistige Probleme hervor, deren Dampf, zu wolkigen Idealen kondensiert, wiederum auf den ursprünglichen Mythos herniederregnet.. Die Federn der Besten lassen ihre Tinte ab, um Gleichsetzungen vorzunehmen, die den Erfordernissen der mysteriösen genital love Genüge tun sollen. (Esgibt-Begriffe, deren Seltsamkeit besser, gleichsam in Klammern, mit einem Fremdwort ausgedrückt wird und die, was sie darzustellen versuchen, durch das Eingeständnis eines non liqııet paraphieren.)' Niemand jedoch scheint durch das Unbehagen verwirrt, das daraus folgt, und man sieht in ihm eher einen Grund, alle die Herren von Münchhausen einer psychoanalytischen Normalisierung zu ermutigen, sich in der I-Ioffnting an den Haaren aus dem Sumpf zu ziehen, den Himmel der vollen Verwirklichung des Genitalobjekts, ja des`Objekts überhaupt zu erreichen. Wenn wir als Psychoanalytiker recht gut dazu in der Lage sind, die Macht des Wortes zu erkennen, so ist das kein Grund, ihr den Wert von etwas Unlösbarem gu geben oder «schwere Bürden zu binden IO2.

und sie den Menschen auf den Hals zulegen››, wie es der Fluch Christi über die Pharisäer in der Schrift des heiligen Matthäus ausdrücktzi. Die begriffliche Armut, mit der wir ein subjektives Problem zu erfassen versuchen, mag anspruchsvollen Geistern vielleidıt etwas zu wünschen übiiglassen, sobald sie sie mit den Begriffenivergleichen, die bis in ihre Verworrenheit die alten Dispute über Natur und Gnade strıakturieirtenzs. Zudem mag sie sie um die Qualität der psychologischen und soziologischen Wirkungen fürchten lassen, die man mit ihr herbeiführen kann. Und tatsächlich ist zu wünschen, daß eine größere Wertschätzung~der Funktionen des logos das Mysterium unseres phantastišchen Charisma auflöst. A Um uns an eine klarere Tradition zu halten, sollten wir uns die berühmte Maxime vergegenwärtigen, in deriLa Rochefoucauld sagt, daß <<_es Leute gibt, die sich nie verliebt°hätten, wenn sie nicht die Liebe vom Hörensagen gekannt hätten››2°. Nicht um im romantischen Sinn der völlig imaginären <<Erfüllung›› einer Liebe das Wort zu reden, die sich den bitteren Einwand der Maxime zu Herzen nehmen würde, sondern um wirklich anzuerkennen, was die Liebe dem Symbol verdankt;und was im Sprechen an Liebe mitschwingt. jedenfalls muß man nur auf das Werk Freuds zurückgreifen, um zu bemerken, welchen zweitklassigen und hypothetischen Rang er der Instinkttheorie beimißt. Sie kann sich, wie er nachdrücklich äußert, nach seiner Auffassung nicht einen Augenblick gegen die geringste Einzelheit'einer Geschichte behauptenf Und der genitale Narzißmus, auf den er sich in dem Moment beruft, in dem er den Fall des Wolfsmannes zusammenfaßt, zeigt deutlich .die Verachtung, die er für die Ordnung der Phasen der Libidoentwicklung hegt3°. Darüberhinaus beruft er sich auf den Triebkonflikt nur, um sich sogleich wieder von ihm zu entfernen und in der symbolischen Isolierung des «Ich-bin27 A.d.Ü.: Matth: 23, 3. . . 2“ Der Hinweis auf die Aporie des Christentums kündigte eine detaillierte Erörterung dieser Aporie im Jansenismus an. Pasçals noch immer makellose Wette hat uns zu einer erneuten Untersuchung gezwungen, um dahinterzukommen, 'welcher für den Analytiker unschätzbare Wert in ihr stedst. Bisher (Juni 1966) unveröffentlicht. A.d.Ü.: Vgl. B. Pascal: Oeuvres Complètes, ed._]. Chevalier, 0.0. ([Paris] Gallimard, Pléiade) ı954,Nr.4§ı,S. ızızff. _ 2° A.d.Ü.: La Rochefoucauld «Réflexions ou sentences et maximes morales››, Edition de 1678, in: Oeuvres complètes, ed. L. Martin-Chauffier und J. Marchand, o. ([Paris] Gallimard, Pléiade) 1964, Maxime 136, S. 136. . 3° A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. XII, S. 145 f. und 154. _ 1'.

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nicht-kastriert››, mit der sich das Subjekt behauptet, den Zwang zu erkennen, an den. seine heterosexuelle Partnerwahl als Abwehr der Tatsache gebunden bleibt, daß sein Ich (moi) die Beute einer homosexuellen Strömung wird, sobald es auf die imaginäre Matrix der Urszene zurückfällt. So verläuft in Wahrheit der subjektive Konflikt, in dem es sich nur um die Abenteuer der Subjektivität handelt, bis das personale Ich (je) gegen die Instanz des Ich (moi) nach Maßgabe des religiösen Katechismus oder der iindoktrinierenden Auf-

klärung“ gewinnt oder verliert. Freud hat mit seiner analytischen

Arbeit das Subjekt sich die Wirkungen dieses Konflikts vergegenwärtigen lassen, bevor er sie uns in d_er'Dialektik des Odipuskomplexes erläutert hat. " . ` 1 Bei der Analyse eines solchen Falles sieht man recht gut, daß die Verwirklichung der vollkommenen Liebe nicht eine Frucht der Natur, sondern der Gnade ist, das heißt einer intersubjektiven Übereinkunft, die ihre Harmonie der zerrissenen Natur auferlegt, die sie ihrerseits unterstützt. A _ I Aber, wird hier schließlich ein ungeduldig gewordener Zuhörer ausrufen, was ist denn nun dieses Subjekt, mit dem Sie unser Auffassungsvermögen strapazieren? Haben wir nicht schon bei Herrn Selbstverständlich” gelernt, daß alles, was der.Einzelne empfindet, subjektiv sei. ' . ` ' - Oh, einfältiger Mund, dessen'Lob noch meine letzten Tage erfüllen wird. Du solltest Dich öffnen, um mir zuzuhören! Nicht nötig, die Augen zu schließen. Das Subjekt reicht weiter als das, was der Einzelne «subjektiv» empfindet, nämlich genau so weit wie die Wahrheit, die es erreichenkann und die vielleicht aus eben dem Munde-kommt, den Sie gerade schon wieder geschlossen haben. Gewiß, diese Wahrheit seiner Gescl-ıidıte ist nicht ganz in seinem Rollenskript' enthalten, und doch ist ihre Stelle durch die schmerzlichen Erschütterungen bezeidinet, die es empfindet, weil es nur ihre Erwiderungenkennt, und zwar auf Blättern, deren Unordnung ihm kaum Erleichterung verschafft. «Daß das Unbewußte des Subjekts der Diskurs des anderen ist, zeigt

sich nirgendwo deutlicher als in den Studien, die Freud dem gewidmet

hat, was er, soweit es sich im Kontext der psychoanalytischen Erfahrung darstellt, Telepathie genannt hat. Es ist dies eine Übereinstim*1 A.d.Ü.: Deutsdı im Original. › ' ” A.d.Ü.: «M. de La Palice›› ist eine Anspielung auf den Ausdruck «une vêrité de La

Palice››, der eine Biıisenwahrheit bezeichnet. 104

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mung von Äußerungen des Subjekts mit Tatsachen, von denen es keine Kenntnis haben kann, die sich aber stets in den Bahnen einer anderen Erfahrung bewegen, ander der Analytiker alsGesprächspartner teilhat; eine Übereinstimmung zudem, die in den meisten Fällen auf einer rein sprachlichen'Konvergenz beruht, die bis zum Gleichklang gehen kann, o_der bei der, wenn sie ein Handeln umfaßt, das acting out eines anderen Patienten des Analytikers vorliegt oder eines Kindes des Patienten, das sich ebenfalls einer Analyse unterzieht. Es handelt sich däbei um Fälle von Resonanz in den Kommunikationsnetzen des Diskurses, deren gründliche Untersuchung einiges Licht auf analoge Tatsachen des täglichen«Lebens werfen könnte. ' Die Allgegenwart des menschlichen Diskurses kann fvielleicht eines Tages unter' offenem Himmel umfangen werden von der schrankenlosen Kommunikation ihres Textes. Das muß nicht heißen, daß beide dann besser aufeinander abgestimmt, sind. Doch genau das ist der Gegenstandsbereich, den unsere Erfahrung in einer Beziehung polarisiert, die nur zum Schein eine Zweierbeziehung ist; denn jede Darstellung der Struktur dieses Bereichs in bloß dualen Begriffen ist ihm theoretisch so inadäqiıat wie ruinös für seine Technik.- A '

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II. Symbol und Sprache als Struktur und

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(Evangelium nach _/o/J. VIII, 25) ' Z Lösen Sie Kreuzworträtsel. ' (Ratschlag an einen jungen Psychoanalytiker) Wir wollen, um den Faden unserer Erörterung wiederaufzunehmen, noch einmal sagen, daß die Analyse durch Reduktion der Geschichte des Einzelsubjekts an Gestalten” von Beziehungen rührt, aus denen sie eine regelmäßige Entwicklung extrapoliert, daß aber weder die Entwicklungspsychologie noch die differentielle Psychologie,_die durch sie einige Aufklärung erfahren können, "in ihr Gebiet-fallen, da beide 33 A.d.Ü.: Deutsch im Original.

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experimentelle Beobachtungsbedingungen erfordern, die mit denen der Analyse nur den Namen gemein haben. Wir können noch weitergehend formulieren: Was sich als Psychologie dem Rohzustand der Alltagserfahrung darstellt (die nur professionell mit Ideen Beschäftigte mit sensibler Erfahrung“ verwechseln) - zum Beispiel in einer Unterbrechung der alltäglichen Sorge das plötzliche Erstaunen über das, was Lebewesen in einer Unvereinbarkeit paart, diedie Grotesken eines Lionardo oder eines Goya übertrifft, oder die eigentümlich widerstandsfähige Trägheit im Erstaunen der Haut, wenn sie gestreichelt wird von "einer Hand, die diese Entdeckung aufregt, weil sie noch nicht stumpf ist vor Begierde - all das, so muß man feststellen, ist ausgeschaltet in einer experimentellen Erfahrung, die solchen Launen gegenüberisprötde und solchen Mysterien gegenüber Widerborstig ist. l R A Eine Analyse geht normalerweise zu Ende, ohne uns mehr als nur spärliche Hinweise auf die besondere Sensibilität unseres Patienten gegenüber Tönen und Farben zu geben oder auf die Geschwindigkeit seiner taktilen Auffassungsgabe, auf die schwachen Punkte seines Fleisches, auf seine Fähigkeit, etwas zu behalten oder zu erfinden, ja auf die Lebhaftigkeit seiner Neigungenf . A i Das ist nur -scheinbar paradox und beruht nicht auf persönlichem Versagen. Wehn man dieses Paradox aus den Negativbedingungen unserer Erfahrung begründen kann, so zwingt es uns nur ein'bißchen mehr, diese Erfahrung daraufhin zu befragen, was sie Positives besitzt. B Das Paradox nämlich löst sich nicht auf unter den Anstrengungen 26 derer, die -- den Philosophen vergleichbar, die Plato verspottet, ihr Hunger n_ach Realität treibe sie so weit, die Bäume zu küssen jedes Ereignis, indem eine sich entziehende»Realität aufkeimt, für eine lebendige Antwort halten, von der sie inaschen möchten. Denn es sind dieselben, die sich das zum Ziel setzen, was jenseits der Sprache liegt, und die auf das «Berühren verboten» unserer Grundregel mit einer Art Zwang reagieren. Kein Zweifel, daß auf diesem Weg die allerfeinste Reaktion in der Übertragung darin besteht, daß Analytiker und Patient sich gegenseitig beschnuppern. Wir übertreiben nicht: Ein junger; in der Ausbildung stehender Psychoanalytiker kann heutzutage nach zwei oder drei Jahren erfolgloser Analyse die lang erwartete Herstellung einer Objektbeziehung mit-solcher Witterung seines Objekts herbeiführen, um als Garantie seiner Fähigkeiten das dignus est entrare unserer Zustimmung zu erhalten. B S 106

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Wenn die Psychoanalyse eine Wissenschaft werden kann - denn sie ist es noch nicht - und wenn sie in ihrer Technik nicht auf den Hund kommen soll - und vielleicht ist das bereits geschehen -, müssen wir den Sinn ihrer Erfahrung wiedergewinnen. Zu diesem Zweck können wir nichts besseres tun, als uns dem Werk Freuds wieder zuzuwenden. Es genügt nicht, sich als Techniker auszugeben, um sich darauf zu berufen, daß man Freud III. nicht verstehe, und. um ihn zurückzuweisen im Namen Freuds II., den man zu verstehen glaubt. Die Unkenntnis Freuds I. schließlich entschuldigt nicht, daß .mandie fünf großen -Psychoanalysen für eine 'Serie von schlecht ausgewählten und dargestellten Fällen hält und meint, sich wundern zu müssen, daß das Körnchen Wahrheit, das sie enthalten, nicht verloren gegangen ist“. B ' _ Nim_mt_ man sich das Werk Freuds wieder vor und beginnt bei der Tmumdeutnngss, so erinnert man sich, daß der Traum-die~Struktur eines Satzes hat oder, um dem Buchstaben des Textes zu folgen, eines Rebus, das heißt einer Schrift, deren ursprüngliche Ideographie sich in den Träumen von Kindern darstellen soll und die bei Erwachsenen eine phonetische und zugleich symbolisdie Verwendung von signifikanten Elementen (éléments signifiants) wieder hervorbringt, wie man sie ganz ebenso in den Hieroglyphen des alten Ägyptens und in den in China noch heute gebräuchlichen Schriftzeichen findet. A Doch bei diesen geht es nur um die Dechiffrierung eines Mittels, während erst mit einer Übersetzung des Textes die Hauptsache beginnt. Von ihr sagt Freud, sie «sei in der Ausarbeitung des Traumes, das heißt in seiner Rhetorik gegeben. Ellipse und Pleonasmus, Hyperbaton und Syllepsis, Rückgriff, Wiederholung und Apposition sind syntaktische Verschiebungen, Metapher, Katachrese, Antonomasie, Allegorie, Metonymie und Synekdochesind semantische Verdichtungen, in denen Freud uns die angeberischen und demonstrativen, die heuchlerischen und überzeugenden, die zurückweisenden und verführerischen Intentionen lesen lehrt, mit denen das Subjekt seine Traumrede schmückt. Zweifellos hat er zur ,Regel erhoben, daß in ihr immer nach dem Ausdruck eines Begehrens zu suchen sei. Aber verstehen wir ihn recht! Wenn Freud als Motiv eines Traums, der seiner Theorie scheinbar 34 Diese Äußerungen stammen aus dem Mund eines der Analytiker, die am meisten von dieser Debatte betroffen waren (1966). . _ _ 35 A.d.Ü.: Im Original deutsch. ' i 107

zuwiderläuft, bei jemandem, den er davon zu überzeugen versucht hat, gerade das Begehren (den L<Wunsch››) annimmt, ihm zu widersprechen“, warum nimmt er dann nicht das selbe Motiv für sich in Anspruch, da er ja um zu dieserlFormulierung zu gelangen, seine eigene These als Gesetz von anderswo bezieht? i Z Rund heraus gesagt: Es erscheint nirgendwo deutlicher, daß das Begehren des Menschen seinen Sinn im Begehren des anderen findet. Und das nicht so sehr, Weil der andere den Schlüssel zum begehrten Objekt besitzt, sondern vielmehr weil sein erstes Objekt darin besteht, vom anderen anerkannt zu werden. _ _ i Wer unter uns weiß übrigens nicht aus Erfahrung, daß, sobald in der Analyse die Übertragung beginnt - und eben dies ist für uns der Beweis, daß sie es wirklich tut - jeder Traum des Patienten in seinem Verhälfnis zum analytischen Diskurs als Provokation, als verdecktes Geständnis oder als Ablenkungsmanöver interpretiert werden muß und daß die Träumd sich mit dem Fortschritt der Analyse immer mehr auf die Funktion von Elementen des sich daraus~entwickelnden Dialogs reduzieren lassen? A , ' › Inder Psychopathologie des Alltagslebens, einem weiteren Gebiet, das durch ein Werk Freuds erschlossen wurde, wird deutlich, daß jede Fehlleistung ein geglückter, ja sogar ein ziemlich hübsch gedrechselter Diskurs ist und daß beim Lapsus der Knebel des Sprech_ens um gerade das Stückchen gedreht wird, das erforderlich ist, damit, iwer__ Ohren hat zu hören, höre. t i „ Doch gehen wir geradewegs auf den Punkt zu, an dem das Buch sich dem Zufall zuwendet und dem Aberglauben, den dieser hervorruft, sowie den Tatsachen, mit denen es sich bemüht, die subjektive Bedeutung von Zufällen bei willkürlich gewählten Zahlen zu demon- 2 strieren. Die Grundstrukturen des Gebiets der Psychoanalyse treten nirgends klarer hervor als bei einem solchen Erfolg.. Und der beiläufige Rückgriff, auf unbekannte Denkvorgänge ist hier nicht mehr als eine Entschuldigung, die aus der Not eines vollständigen Zutrauens zu Symbolen geboren ist, das dadurch unsicher wird, sich über alle Maßen bestätigt zu finden. . _ a Wenn Freud in der Psychopathologie der Psychoanalyse für ein neurotisches oder nicht neurotisches Symptom das Minimum an Überbe3° Vgl. Gegenwunschträume in: Traumdeutung, G. W., Bd. II/III, S. 156--157 'und 163-164. r _ :o8

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stimmtheit fordert, das ein Doppelsinn dergestalt konstituiert, daß das Symptom zugleich Symbol eines abgestorbenen Konflikts ist und darüber hinaus eine Funktionin einem gegenwärtigen, nicht minder symbolischen Konflikt besitzt, wenn er uns ferner lehrt, im Text der freien Assoziationen der wachsenden Verästelung einer Linie von Symbolen zu folgen, um an den Punkten, an denen die sprachlichen Formen sich überschneiden, die Knoten ihrer Struktur zu ermitteln -, dann ist bereits vollkommen einleuchtend, daß das_Symptom sich ganz in einer Sprachanalyse auflöst, weil es selbst wie eine Sprache strukturiert ist, und daß es eine Sprache ist, deren Sprechen befreit werden muß. Demjenigen, dessen Verständnis in die Natur der Sprache nur wenig eingedrungen ist, kann das Experiment mit der Zalılenassoziation auf Anhieb zeigen, was es dabei im wesentlichen zu begreifen gilt, nämlichdie kombinatorische Fähigkeit,die das Zweideutige der Sprache ordnet. In ihr kann er die eigentliche Triebkraft des Unbewußten erkennen. A Wenn sich ausgehend von einer selbstgewählten Zahl die Zahlen, die man durch Auseinanderreißen d_er Ziffernfolge erhält, nach ihrer Vermischung in allen Operationen der Arithmetik, ja sogar nada wiederholter Division der .ursprünglichen Zahl durch eine der Teilzalılen, wenn sich also diese Zahlen unter allen anderenals symbolbildend für die Geschichte des Subjekts erweisen", so deshalb, weil sie in `der ursprünglichen Wahl latent vorhanden waren und von ihr ausgegangen sind. Wenn man infolgedessen die Idee als abergläubisch zurückweist, daß es sich hier um eben die Ziffern handelt, die das Gesdiick des Subjekts .bestimmt haben, so wird man zugeben müssen, daß sie in der ,Ordnung des Auftretens ihrer Kombinationen, das heißt in der konkreten Spradie, die sie darstellen, alles enthalten, was die Analyse dem Subjekt alshsein Unbewußtes offenbart. Sprachwissensclıaftler und .Ethnologen geben uns über die kombinatorische Sicherheit, die sich in den vollkommen unbewußten Systemen manifestiert, mit denen sie es zu tun haben, so viel Aufschluß, daß die hier vertretene These für sie nichts Überrasdıendes haben dürfte. Wenn aber jemand weiterhin Zurückhaltung ihr gegenüber für angebracht hält, so rufen wir wiederum den als Zeugen, der, nidıt ohne '

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3' Um das Ergebnis dieser Verfahren genießen zu können, muß man sich in die Bemerkungen vertiefen, auf die wir hingewiesen haben, als das Buch von Emile Borel «Le Hasard» erschien. In ihnen wird demonstriert, was man so an schlüpfrig «Witzigemfi ausgehend von einer beliebigen Zahl, gewinnen kann (1966). ._

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Anspruch auf Glaubwürdigkeit", als Entdecker des Unbewußten dessen Ort exakt bestimmen kann. Er wird uns nicht im Stich lassen. Obwohl sie mit gutem Grund iıicht im Mittelpunkt unseres Interesses steht, ist die Studie Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten Freuds unangreifbarstes, weil durchsichtigstes Werk. In ihm wird die Wirkung des Unbewußten bis in die feinsten Feinheiten demonstriert, und die Züge, die es uns offenbart, sind die des Geistes in der ihm durch.die Sprache zuteil gewordenen Ambiguität. In der Sprache tritt als die andereiSeite der 'hoheitlichen Macht des Witzes die Pointe auf, mit der dieser sein ganzes Reich in einem Augenblick vernichtet. Durch sie erweist__sich in ider Tat sein schöpferisches Handeln als absolute Zwedrfreiheit, 'in der die Herrschaft über Üdas Reale sich als Herausfofderung des Unsinns ausdrückt, in der der Humor durch die bösartige Anmut eines freien Geistes eine Wahrheit symbolisiert, die ihr letztes Wort nichtgfausspricht. _ Es ist unerläßlidı, den wunderbar genauen Umwegen der Zeilen dieses Buches auf dem Spaziergang zu folgen, zu dem Freud uns -in den erlesenen Garten der bittersten Liebe einlädt.. B Alles hat dort Reichtum und Substanz. Der Geist (esprit), der als Exilierter in einer Schöpfung lebt, deren unsichtbare Stütze er ist, weiß, daß es in jedem Augenblick in seiner Gewalt steht, sie zu vernichten. Seine geheime Königswürde gebietet über hochmütige und gemeine, dandyhafte und sanftmütige Formen, ganz zu schweigen von den allgemein verachteten, deren heimlidıen Glanz Freud aufblitzen läßt. Geschichten vom Heiratsvermittler, der durch die mährischen Gettos läuft, .eine verrufene Gestalt des Eros und wie dieser Sohn des Elends und der Not, diese Geschichten also berichten, wie er mit serviler Diskretion die Begehrlichkeit eines Freiers lenkt und ihn dann plötzlich mit einer in ihrem Unsinn erhellenden Antwort verhöhnt. <<_]eder, der sich die Wahrheit so in einem unbewadıten Moment entschlüpfen läßt››, kommentiert hier Freud, «ist eigentlich froh darüber, daß er der Verstellung ledig wird.››38 _ In der Tat, es ist die Wahrheit, die sich da in seinen Worten demaskiert, daniit der Geist (esprit) eine noch trügerisdiere Maske aufsetzt, eine Sophistik, die nur ein Tridr ist, eine Logik, die Täuschung bleibt, eine Komik, die nur blendet. Der Geist im Witz ist immer anderswo. «Eine solche subjektive Bedingtheit des Witzes besteht also

=fl A.d.U.= s. Praia, G. w., Bd. vl, s. ns. I I0

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auch . . . Sie besagt, daß nur das ein Witz ist, was ich als einen Witz gelten lasse››39, fährt Freud fort, der weiß, wovon er spricht. Nirgends wird denn auch die Intention des Individuums deutlicher durch den Einfall des Subjekts überholt; nirgends ist die Unterscheidung, die wir zwischen Individuum und Subjekt machen, spürbarer; denn es ist nicht bloß erforderlich, daß etwas an meinem Einfall mir fremd gewesen ist, damit ich an ihm Gefallen finde, vielmehr muß es das auchbleiben, damiter diese Wirkung erzielt. Von hier aus begründet sidı die von Freud exakt beobachtete Notwendigkeit einer dritten Person als Zuhörer, die stets vorausgesetzt wird, sowie der Umstand, daß der Witz (mot d'esprit) auch bei indirekter Mitteilung seine Macht nicht verliert. Er ist ein rascher Vorstoß auf den Ort des-Anderen, ein Ambozeptor“, den das Feuerwerk eines Wortes erhellt, das sich voller Heiterkeit versprüht. ' A Der Geist des Witzes fällt in sich zusammen, wenn durchs Erklären die Wahrheit zur Platitüde wird. Eben das aber betrifft unser Problem. Die gegenwärtige Veraditung für Forschungen über die Sprache von Symbolen, die man schon bei flüchtiger Durchsichtunserer Publikationen vor und nadı den Zwanziger Jahren feststellt, läuft für unsere Disziplin auf nichts Geringeres ,hinaus als auf einen Objektwechsel, dessen Anpassungstendenz an das platteste Niveau der Kommunikation aus einem Verlangen nach Übereinstimmung mit den neuen, der Technik gesetzten Zielen möglıcherweise für die ziemlich trübselige Bilanz verantwortlich ist, die einige der Intelligentesten aus ihren Ergebnissen ziehen“. Wie anders erschöpft das *Sprechen seinen Sinn oder - um mit dem Oxforder logisdien Positivismus zu reden - den Sinn des Sinns, wenn nicht in dem Akt, der eserzeugt? Damit kehrt' sich die Goethesche Umkehrung seiner Gegenwart im Ursprung, die der Satz ausdrückt «Im Anfang war dieTat››, ihrerseits um: Es war doch das Wort (verbe), das im Anfang war, und wir leben in seiner Schöpfung, aber die Tat unseres Geistes setzt diese Schöpfung stets von neuem I' II

3° A.d.Ü.: Freud, a. a. O., S. 1 15 f. ' 4° A.d.Ü.: «Ambozepton ist_ein von dem Mediziner und Biologen Paul Ehrlich (1354--1915) entwickelter Terminus für einen Schutzkörper mit zwei speziell bindfifldefls haptophoren Gruppen. , ' ~ “ C. I. Oberndorf «Unsatisfactory Results of Psyd1oanalytic'Therapy*› im PSYÖW' analytic Quarterly, Bd. 19 (1950), S. 39 3--407. - k

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fort.. Und wır können diese Tat bloß reflektieren, indem wir uns von ıhr vorantreiben lassen. K ' _ Wil' S@llI>St Werden uns darauf nur einlassen, weil wir wissen, daß das ihr Mittel und Weg ist _ _ _ 1 t _ Unkenntnis der Gesetze schütztnicht vor Bestrafung. Übersetzt aus dem Humor des Gesetzbuches drückt diese Formel trotzdem eine Wahrheit aus, auf der unsere Erfahrung beruht und die sie bestätigt. Denn'n1em9~11d lebt wirklich in Unkenntnis der Gesetze, weil das Gfiäfifl C108 MßnSChen das Gesetz der Sprache ist,'seit' die ersten Wörter des Erkennens den ersten rituellen Gaben vorangingen. Und es hat der abscheulichen Danaer bedurft,_die übers Meer kamen und auf ıhm wıeder flohen, dnmit die Mensdien täusdıende Wörter mit treulosen Gaben fürchten lernten. Bis dahin waren für die friedlichen Argonauten, die durch symbolisdıen Handel die kleinen Inseln ihrer Gemeinschaft miteinander verknüpften, diese rituellen Gaben in ihrem Austausch sowie in ihrer Darbietung als Zeichen und sogar bei ihrer HS'-*Stellung S0 eng mit dem Sprechen verbunden, daß man beide mit dem gleidıen Ausdruck benannte“. ' i Beginnt mit den Gaben Oder 01'161' mit den Losungsformeln, die ihren heilsmächtigen Unsinn dazu tun, die Sprache als Gesetz? Diese rituellen Gaben nämlich sind bereits Symbole in dem Sinne, in dem-«Symbol” einen Vefffag bedeutet, und ferner, weil .sie zunächst Signifikantßn eines Vertrages sind, den sie als Signifikat begründen; denn es ist augenfällig, daß die Gegenstände des symbolischen Tauschs -

Gefäße, die leer bleiben müssen, Schilde, die zum Tragen zu schwer

sind, Garben, die vertrodrnen, Lanzen, die man in den Boden steckt - nicht für den Gebrauch bestimmt und ihrer Fülle wegen sogar überflüssig sind. . z Ist diese Neutralisierung desSignifikanten schon das ganzeWesen d.er Sprache? Wäreıdem so, fände man einen Anhaltspunkt am Beispiel der Wasserschwalben in dem Fisch, den sie während ihres Zuges von Schnabel zu Schnabel wandern lassen. Wenn wir das in Übereinstimmung mit den Ethologen als ein Instrument ansehen, die Gruppe wie bei einem Fest in eine reigenförmige Bewegung zu bringen, so könnte man darin mit voller Berechtigung ein Symbol erkennen. Wie man sieht, zögern wir nicht, die Ursprünge symbolischen Ver42 Vgl. u. a.: Maurice Lpenhardt, Do Karno: La personne et le mythe dans le monde mélanésien, o. O. ( [Paris] Gallimard) 1947, Kap. IX und X. . . II2

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haltens außerhalb der Grenzen des Menschen zu suchen. Doch ganz gewiß tun wir dies nicht auf dem Wege einer Ausarbeitung von Zeichen, wie es nach vielen anderen jules I_-I._Massermann"° versucht. Wir werden einen Augenblick bei diesem Versuch verweilen, nicht etwa nur wegen des kessen Tons, mit dem er auftritt, sondern wegen der günstigen Aufnahme, die er bei den Redakteuren unseres offiziellen Journals gefunden What, die - einer Tradition entsprechend, die sie beim Arbeitsamt abgeguckt 'haben müssen - es nie Versäumen, alles aufzuführen, was unserer Disziplin als «positive Referenz» dienen kann. s i . Man denke! Ein Mann, der eine Neurose ex-pe-ri-men-tell bei einem Hund erzeugt. hat, der auf einem Tisch festgebunden war. Und mit welch ingeniösen Mitteln! Eine Klingelvorrichtung, ein Teller voll Fleisch, den sie ankündigt, und ein Teller voll Äpfel, der statt dessen auftaucht. Den Rest erspare ich dem Leser. Nein, ihn würde man 'ganz-gewiß nicht, so versichert zumindest er selbst uns, bei den wie er sich ausdrückt - «weitläufigen Spintisierereien» ertappen, die die Philosophen dem Problem der Sprache gewidmet haben. Er geht diesem Problem direkt an die Kehle. _ ' 1 Stellen Sie sich vor, durch kluge Konditionierung von Reflexen bringt maiı einen Wasdıbären dahin, daß_er auf seinen Futtertrog losgeht, sobald man ihm die Speisekarte zeigt, auf der sein Menu steht. Unerwähnt bleibt, ob sie die Preise enthält. Aber ein anderes überzeugendes Detail fehlt nicht: Ist er vom Service enttäuscht, zerreißt er die Karte,.die ihm zu viel versprochen hat, wie es eine aufgebrachte Geliebte mit den Briefen ihres ungetreuen Liebhabers machen würde (sic). s. L _ ' Das also ist einer der Bögen, durch die der Autor den,Weg vom Signal zum Symbol legt. Dieser Weg ist zweispurig befahrbar und in der Gegenrichtung bieten sich kaum weniger imposante Kunststücke dar. i r _ if Wenn man nämlich beim Mensdıen eine Assoziation herstellt zwisdıen der Projektion von hellem Licht auf seine Augen und zuerst dem Geräusch, später der Handhabung einer Klingel gemäß der Anweisung: <
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43 jules H. Masscrmann «Language, Behavior and Dynamic Psychiatry›, in: International Journal of Psychoanalysis, Bd. 25_ (1944),-S. 1-8. „

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selbst variieren, sie murmeln und zfiletzt nur noch in Gedanken reproduzieren darf, jedesmal ihre Pupillen kontrahiert; das heißt, man erreicht eine Reaktion des autonom genannten Nervensystems, das eben normalerweise intentionalen Wirkungen nicht unterliegt. Auf diese Weise hat Hudgins, wenn man unserem Autor glauben darf, «bei einer Gruppe von Versuchspersonen eine weitgehend individualisierte Konfiguration affiner und visceraler Reaktionen auf das Ged21flk@H5Ymb0l (idea-Symßøl)
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Ausdrucksform (langage) dadurch zugehört, daß es sich als solches für alle Sprecher dieser Sprache (langue) innerlıalb einer angenommenen Gesamtheit von homologen Elementen unterscheidet. Es folgt daraus, daß die besonderen Wirkungen eines Elements der Sprache an die Existenz dieser Gesamtheit gebunden sind, und zwar vor aljer möglichen Bindung an eine besondere Erfahrung des Subjekts. Diese letztere zu untersuchen, ohne' auf ihr Verhältnis zur Gesamtheit von homologen Elementen innerhalb der Sprache einzugehen, hieße die der Sprache eigentümliche Funktion zu leugnen. , Hätte unser Autor sich dieser Grundsätze erinnert, hätte er es vermutlich vermieden; mit unvi-:rgleichlicher Naivität zwischen den Kategorien der Grammatik seiner Kindheit und Realitätsbeziehungen wörtliche Übereinstimmungen aufzudecken. Dieses Monument einer Naivität, die imübrigen auf unserem Gebiet recht verbreitet ist, verdiente nicht soviel Aufmerksamkeit, wenn es sich hier nicht um einen Psychoanalytiker handelte oder vielmehr um jemanden, der wie zufällig allesiin sich vereinigt, was sich in einer gewissen Richtung der Psychoanalyse unter den Titeln Ich-Psycho`logie und Technik der Widerstandsanalyse tut und was, weil es der Freudschen Erfahrung vollkommen entgegengesetzt ist, gleichsam e contrario den Zusammenhang einer gesunden Auffassung der Sprache mit der Aufrechterhaltung eben jener Erfahrung zeigt. Denn Freud hat in der Natur des Menschen die Folgen seines Verhältnisses zur symbolischen Ordnung entdeckt und zugleich die Entschlüsselung ihres Sinns bis zu den grundlegenden Instanzen der Symbolisierung im Sein. Das zu verkennen, bedeutet, seine Entdeckung dem Vergessen zu überantworten, seine Erfahrung zur Ruine werden zu lassen. Wir behaupten, und diese Behauptung sollte dem Ernst unserer gegenwärtigen Ausführungen keinen Abbruch tun, daß wir lieber jenen oben erwähnten Waschbären auf dem Sessel hinter der Couch sitzen sähen,i auf den .- unserem Autor zufolge - Freud aus Schüchternheit den Analytiker verbannte, als einen Wissenschaftler, der sich über die Sprache und das Sprechen in dieser Weise verbreitet. Zumindest ist der Wasclıbär dank Jacques Prévert (<<Ein Stein, zwei Häuser, drei Ruinen, vierTotengräber, ein Garten, Blumen, ein Waschbär››44°) für immer in das poetische Bestiarium aufgenommen und hat In

*"21 A.d.Ü.: Anfang des Gcdid1tes'«Inve_ntaire›› in: J. Prévert, Paroles, o. O. ([Paris] Gallimard) 1949, S. 240 ff. ' '

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damit in seinem Wesen Anteil an einer besonderen Funktion des_Symbols. Jedoch das Wesen nach unserem Ebenbild, das seine systematische Verkennung dieser Funktion offen eingesteht, entfernt sich für immer von allem, das durch sie ins Leben gerufen werden kann. Die Frage nach dem Rang indessen, der unserem Ebenbild in der Klassifikation der Natur zukommt, würde sich, wie uns scheint, nur aufgrund eines unangemessenen Humanismus stellen, „wenn nicht sein Diskurs, der sich mit einer unter unserem Schutz stehenden Technik des Sprechens kreuzt, darin fruchtbar wäre, unfruchtbare Monstren zu erzeugen. Weil er selbst es sich zur Ehre anredinet, dem Vorwurf des Anthropomorphismus zu trotzep, tun wir ktin`d, daß wir zuallerletzt gerade diesen Begriff verwenden würden, wenn wir behaupten, daß er sich selbst zum Maß aller Dinge macht. _ Doch kehren wir zurück zum syriıbolischen Objekt, das in seinem Stoff auch dann Bestand hat, wenn es das Gewicht des Gebrauchs, verloren hat, dessen imponderabileı-.Sinn jedoch erhebliche Verschiebungen nach sich zieht. Liegt in ihm «das Gesetz und die Sprache? Vielleicht noch nicht.

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Denn selbst wenn in einer Seescliwalbenkolonie irgendein Obermotz aufträte, der vor deıı 'geöffneten Schnäbeln der anderen den symbolichen Fisch einfach verschlingen und damit die Ausbeutung der Sßllwfllbß dU1'C11 die Schwalbebeginnen würde, mit der wir früher einmal gern unsere Phantasie beflügelten, so genügte das nicht, jene mythische Geschichte als Bild unserer eigenen hervorzubringen, deren geflügeltes Epos uns auf der Insel der Pinguine in seinen Bann geschlagen hat, und irgend etwas würde fehlen, um ein _'@
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4° A.d.Ü.: S. Freud, G. W., Bd. XIII, S. 1 1 ff. 116

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das ebenfalls genügt, im Sand dieSpur des einfachen und des gebrochenen Zeichens der chinesischen kwa-Mantik zu schreiben, entsteht das Universum des Sinns einer Sprache, in dem sich das Universum der Dinge einrichtet. , R s ' ` Durch das, was nur als Spur eines Nichts Gestalt annimmt und dessen Basis sich Infolgedessen nicht verändern kann, erzeugt der Begriff, indem er die Dauer (durée) des Vergänglichen bewahrt, die Sache.

Denrf es ist noch nicht genug zu sagen, der Begriff' sei. die Sache

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selbst, was jedes Kind, im Widerspruch zur herrschenden Lehrmeinung, dartun kann. Es ist vielmehr die Welt der Worte, die die Welt der Dinge schafft- die zuerst im /øic et nunc eines werdenden Ganzen ununterscheidbar.sind -, indem sie ihrem Wesen konkretes Sein verleiht und ihrem Immerseienden überall seinen Platz zuweist: xrí'1μa,ëc åeí“.

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Der Mensch spricht also, aber er tut es, weil das Symbol ihn zum Menschen gemacht hat. Selbst wenn in der ,Tat eine Überfülle von Geschenken den Fremden empfängt, der sich zu erkennen gegeben hat, unterliegt das Leben der Stammesgruppen, die eine Gemeinschaft bilden, Verwandtschaftsregeln, die genau bestimmen, wie der Austausch von Frauen vollzogen werden muß, und wechselseitigen Abgabépflichten, die durch die Verwandtschaftsregeln festgelegt sind. Ein Sprichwort der Sironga lautet: «Ein angeheirateter Verwandter ist eine Elefantenkeule.››” Der Verwandtschaft ist ein System von Präferenzen vorgeordnet, das als Gesetz die Verwandtschaftsnamen bestimmt. Für die Gruppe ist es, wie die Sprache, in seiner Form verpflichtend, aber in seiner Struktununbewußt. In dieser Struktur, deren Gleichgewicht und deren Engpässe nach der Unterscheidung der Ethnologen durch einen generalisierten oder restringierten Austausch geregelt werden, findet sich zum Erstaunen des Theoretikers ~die gesamte Logik der Kombinationen. So erweisen sich die Gesetze der Zahl, das heißt des reinsten Symbols, immanent in einem ursprünglichen Symbolismus. Im Reichtum der Formen zumindest, in denen sich die angeblich elementaren Strukturen der Verwandtschaft entwickeln, ›

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4° A.d.Ü.: «Ein dauernder Besitzai Zit. nach: Thucydide, La guerre du Pêloponnèsß (griech. und frz.), ed. J. de Romilly, Bd. I, Paris (Société d'édition «Les belles lettres››) 1953, I.:-ıxii. 4, S. 15: «Meine Geschichte wurde gesdırieben als ein dauernder Besitz, nicht als das Sdıaustüdt einer Stunde» " A.d.Ü.: Das Sprichwort ist das Motto von Lêvi-Strauss' Budı «Les structures élémentaires de la parenté››, Paris 1949. _ i .

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werden sıe lesbar. Das wiederum veranlaßt uns zu denken, daß vielleicht nur unser mangelndes Bewußtsein von ihrer Beständigkeit uns an die Freiheit der Wahl in den angeblich komplexen Verwandtschaftsbeziehungen glauben läßt, unter deren Gesetz wir leben. Wenn bereits die`Statistik ahnen läßt, daß diese Freiheit nicht rein willkürlich ausgeübt wird, heißt das, daß sie von einer subjektiven Logik in ihren Auswirkungen gesteuert ist, A Gerade híßlfläßt sich, wie wir meinen, die Auffassung vertreten, daß der Üdipuskomplex, der nach unserer Erkenntnis mit seiner Bedeutung (signification) das gesamte Gebiet-derErfahrung durchdringt, die Grenzen absteckt, die unsere Disziplin der Subjektivität zuweist; das heißt also das,_was das Subjekt. von seiner uhbewußten Teilhabe an der Bewegung kemplexer Venlrandtschaftsstrukturen erkennen kann, indem es an seiner besonderen Existenz die symbolischen Auswirkungen jener tangential auf den Inzest bezogenen Strebungen verifiziert, die mit dem Beginn einer universalen Gemeinschaft auftreten. Nach diesem Grundgesetz überlagert das Reich der Kultur durch die Regelung von Verwandtschaftsbeziehungeny das der Natur, das dem GCSEIZ der Paarung unterliegt. Das Inzestverbot ist nur der subjektive Angelpunkt, der in der 'modernen Tendenz nackt hervortritt, die der

Wahl des Subjekts unfersagten Objekte auf Mutter und Schwester zu

reduzieren, wobei darüber hinaus noch lange nicht alles erlaubt ist.. ' Hinreichend deutlich ist zu erkennen, daß dieses Grundgesetz mit einersprachlichen Ordnung identisch ist. Denn keine Macht außer der sprachlichen Benennung von Verwandtschaftsgraden ist imstande, das System von Präferenzen und Tabus zu institutionalisieren, das durch Generationen hindurch die Fäden der Abstammung miteinander verflicht und verknotet. Die Verwischung der Generationsgrenzen wird denn auch in der Bibel wie in allen traditionalen Gesetzen ebenso verflucht wie die Entweihung des Wortes (verbe) und die Gottverlassenheit des Sünders. L1' . i Wir wissen, welch verheerende, bis zur Dissoziation der Persönlichkeit führende Wirkung eine regelwidrige Generationsfolge für das Subjekt haben kann, wenn soziäler Zwang die Lüge unterstützt. Solche Wirkungen werden nicht geringer, wenn ein Mann die Mutter der Frau heiratet, von der er bereits ein Kind hat, und wenn dieses nun einen kleinen Bruder seiner Mutter selbst zum Bruder hat. Wenn es aber

dann - und dieser Fall ist nicht frei erfunden - aus Mitleid in

den Haushalt einer Tochter seines Vaters aus einer früheren Ehe aufge118

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nommen wird, wird sein Verhältnis zu seiner neugewonnenen Stiefmutter wiederum das eines Halbbruders sein, und man wird sich die gebrochenen Gefühle vorstellen können, mit denen er bei dieser Wiederholung seiner eigenen Geschichte die Geburt eines Kindes erwartet, das zugleich sein Bruder und sein Neffe ist. Ähnliche Wirkungen kann eine einfache Verschiebung in der Geschlechterfolge hervorriıfen, die durch ein spät in einer zweiten-Ehe geborenes Kind entsteht, dessen junge Mutter ebenso alt ist wie ein älterer Bruder. Genaü dies war,`wie man weiß, bei 'Freud der Fall. Dieselbe Funktion symbolischer Identifikation, mit der Primitive meinen, sich die gleichnamigen Ahnen einverleiben zu können, und die .selbst bei Modernen eine alternierende Wiederkehr von Charakteren detprminiert, führt bei denen, die solchen Unstimmigkeiten in- ihre_r Beziehung zum Vater ausgesetzt sind, zu einer Dissoziation des Odipuskomplexes, in der man eine ständige Quelle pathogener Wirkungen sehen-muß. Selbst wenn sie von einer einzigen Person repräsentiert wird, vereinigen sich in der Vaterfunktion imaginäre und reale Beziehungen, die der symbolischen Beziehung gegenüber, die sie wesentlich konstituiert, stets mehr oderweniger unangemessen sind. _ Im Namen des Vaters müssen wir die Grundlage der Symbolfunktion erkennen; die seit Anbruch der historischen Zeit seine Person mit der Figur des Gesetzes identifiziert. Diese Auffassung erlaubt es uns, in der Analyse eines Falles deutlich die unbewußten Wirkungen dieser Funktion von den narzißtischen undivor allem von den realen Beziehungen zu unterscheiden, die das Subjekt zu dem Bild und dem Handeln dei' Person unterhält, die diese_Symbolfunktion verkörpert, und es folgt daraus eine Art des Verstehens, die sich bis in das Verhalten des Therapeuten während seiner analytischen Eingriffe bemerkbar macht. In der Praxis hat sich diese Methode sowohl bei uns selbst wie bei unseren Schülern als fruchtbar erwiesen, und in .Kontrollanalysen sowie bei mitgeteilten Fällen hatten wir oft Gelegenheit, auf die schädlichen Konfusionen hinzuweisen, die ihre Unkenntnis zur Folge hat. _ . Darum setzt die Tugend des Wortes (verbe) die Bewegung der Großen Schuld fort, deren Ökonomie Rabelais“ in einer berühmten Metapher bis an die Sterne ausweitet. Es ist kaum überraschend, daß das Kapitel, 43 A.d.Ü.: Rabelais, Le tiers livre des faicts et dicts héroiques du bon Pan_tagruel,`in:

Oeuvres complètes, ed. J.Boulenger und L. Sdıeler, o. O. ([Paris] Gallimard, Pléiade) 1955, Kap. III und IV, S.'338 ff. sowie: Quart livre, Kap. IX, a. a.O., S.._;6ı ff. 1

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in dem er durch makkaronische Verschlingungen von Verwandtschaftsnameıı ethnographisdıeEntdeckungen vorwegnimmt, uns zeigt, wie er die Substanz des menschlichen Mysteriums erahnt, das wir hier aufzuhellen suchen. , Indem sie gleichgesetzt wird mit dem heiligen han oder dem allgegenwärtigefı Mana ist die unverbrüchliche Schuld Garantie dafür, daß die Reise, auf die Frauen und Güter geschickt werden, in einem ununterbrochenen Kreislauf andere Frauen und Güter als Träger der gleidien Identität an ihren Ausgangspunkt zurückbring_t. Lévi-Strauss nennt diese Identität das Symbol Null und reduziert damit die Macht des Wortes (parole) auf die Form eines algebraisdıen Zeichens“. _ Synıbole hüllen das Leben des Menschen so vollständig ein in ihr Netz, daß sie, nodı bevor er auf die Welt kommt, diejenigen zusammenführen, die ihn «aus Knochen und aus Fleisch››5° zeugen; daß sie ihm bei seiner Geburt als Geschenk der Sterne oder gar°der Feen das Zeichen seines Schicksals übergebeni daß sie ihm die Wörter (mots) zur Verfügung stellen, die ihn treu oder abtrünnig werden lassen, sowie das Gesetz des Handelns, das ihm auch dorthin folgen wird, wo er`noch nicht ist, ja sogar über seinen Tod hinaus; daß endlich durch sie sein Ende in einem Jüngsten Gericht seinen Sinn findet, in dem das Wort (verbe) ihn als Seiendes erlöst oder verdammt außer wenn er die subjektive Verwirklichung des Seins zum Tode erreicht“. L ' 'i _ In' Knechtschaft und Größe würde alles Lebendige sich zugrunde richten, wenn nicht das Begehren sein Teil bewahrte in den Interferenzen und Schlägen, die die Zyklen der Sprache auf es zulaufen lassen, S0b2lld die Spffidlvßfwirrung eingreift und sobald in der Zerrissenheit eines universalen Werks die Ordnungsvorstellungen sichiwidersprechen. ` Aber dieses Begehren selbst fordert, um im Menschen befriedigt zu werden, Anerkennung irr__ı Symbol. oder im Imaginären durch eine Übereinstimmung im Sprechen oder durch einen Kampf um Prestige. ~ h

4° A.d.Ü.: Vgl. C. Levi-Strauss «Introduction à l'oeuvre de Marcel-Mauss›, in: M.

Mauss, Sociologie et authropologie, Paris (PUF) 1950. Dor; wird der Begriff des Mana verglichen mit dem Nullphonem, das R. Jakobson in die Phonologie eingeführt hat. _ _

5° A.d.Ü.: Anspielung auf eine binäre Opposition, die Lévi-Strauss in den «Struc-

tures élémentaires de la parenté››, Paris 1949, darstellt. 51 A.d.Ü.: Vgl. Heidegger «Seirbund Zcit››, a. a. O., S. 2 35 ff. IZO

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Was bei einer Psychoanalyse auf dem Spiel steht, ist, daß im Subjekt das bißchen Realität heraufkommt, über das dieses Begehren verfügt, um symbolische Konflikte und imaginäre Fixierungen in Übereinstimmung zu bringen. Und unser Vorgehen ist die intersubjektive Erfahrung, in der dieses Begehren sich zu erkennen gibt. Infolgedessen,ist, wie man sieht, das Problem eines .der Beziehungen des Sprechens und der Sprache im Subjekt. , _ In diesen Beziehungen stellen sich auf unserem Gebiet drei Paradoxa dar. 'I i _ ' Im Wahnsinn welcher Art auch immer müssen wir einerseits die negative Freiheit eines Sprechens erkennen, das darauf verzichtet hat, sich erkennen zu lassen, also das, was wir ein Übertragungshinderı_1is nennen, und andeierseits die Ausbildung eines einzigartigen Wahns, der - sei er nun fabelhaft, phantastisch oder kosmologisch, deutend, fordernd oder idealistisch-~ das Subjekt in einer Sprache ohne Dialektik objektiviertsz. _ f ' Sprachlosigkeitfabsence de la parole) manifestiert sidi hier in den stereotypen Formeln eines Diskurses, in denen das Subjekt sozusagen eher gesprochen wird alscspricht. Wir finden hier Symboledes Unbewußten' in den versteinerten Formen, die neben den mumifizierten Formen,šin denen Mythen in unseren Anthologien erscheinen, ihren Platz in einer Naturgeschichte» dieser Symbole einnehmen. Doch ist es falsch zu sagen, das Subjekt übernehme diese Symbole: denn der Widerstand dagegen, sie zu erkennen, ist, wenn das Subjekt beim Versuch einer Kur dazu 'angeleitet 'wird, hier nicht geringer als bei den Neurosen. W -' ` Es wäre, beiläufig gesagt, lohnend, im sozialen Raum die Orte zu ermitteln, die die Kultur diesen Subjekten speziell im Hinblick auf. ihre Verwendung bei der Erfüllung sozialer Leistungen zugewiesen hat, die mit der Sprache zusammenhängen; denn es ist. nicht unwahrscheinlich, daßsidı hier einer der Faktorenzeigt, die diese Subjekte durch die Brechungen als Produkt symbolischer Diskordanzen zeichnen, wie sie für kompleıie Strukturen der Zivilisation charakteristisch sind. s 5* Ein Aphorismus Lidıtenbergs lautet: «Eini Narr, der sich einbildet, ein Fürst zu sein, ist von dem Fürsten der es in der Tatiist, durch nichts unterschieden, als daß jener ein negativer Fürst, und dieser ein negativer Narr ist-, ohne Zeidien betrachtet

sind sie gleich.› A.d.Ü.: G. C. Liditenbcrg, Aphorismen, ed. A. Leitzmann, r. Heft: 1764-1771, Berlin (Behr) 1902, A 108, S. 31 (= Deutsche Litteraturdenkmale, ed.A. Sauer, No. 12.3, F. 3, Nr. 3). - _ ~

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Das zweite Paradox stellt das besondere Gebiet dar, das die Psychoanalyse entdeckt hat, nämlich das Symptom, die Hemmung und Angst in der Ökonomie, die die verschiedenen Neurosen konstituiert. Das Sprechen ist hier aus dem konkreten Diskurs, der das Bewußtsein ordnet, verjagt, aber es findet Halt und Unterstützung entweder in den natürlichen Funktionen des Subjekts, sofern nur irgendeine organische Disproportion die Kluft zwischen dessen individuellem Sein und seinem Selbst aufreißt, die aus der Krankheit eine 'Einführung des Lebendigen in die Existenz des Subjekts macht“, -- oder aber in den Bildern, die an der Grenze der. fnnenfwelt zur Umwelt“. ihre beziehungsreiche Strukturierung entfalten. A Das Symptom ist hier Signifikant eines aus dem Bewußtsein des Subjekts verdrängten Signifikats. In den Sand des Fleisches u_nd auf den Schleier der Maja geschrieben, hat ee als Symbol teil an der Sprache aufgrund der semantischen Ambiguität in seiner Konstitution, auf die wir bereits hingewiesen haben. . A _ r . J i Aber es ist Sprechen im vollen Sinn, denn es umfaßt im Geheimnis seiner Chiffrierung den Diskurs des anderen. Durch Dechiffrierung dieses Sprechens hat Freud die ursprüngliche Sprache der Symbole” wiederentdeckt, die noch lebendig ist in den Leiden der Zivilisierten (Das Unbehagen in der Kultur). -Die Hieroglyphen der Hysterie, die Wappen der Phobie, die Labyrinthe der Zwangsneurose - der Zauber der Impotenz, das Rätsel der Hemmung, die Orakel der Angst --,' die redenden Waffen (armes) des Charakters“, das Siegel der Selbstbestrafung, die_Verkleidungen der Perversion -, das sind die Hermetismen, die unsere E_xegese auflöst, die Zweideutigkeiten, die unsere Fürbitte ablöst, die-Ränke und Schliche endlich, die unsere Dialektik durch eine Rettung des in ihnen gefangenen Sinns erlöst, die von der Aufdeckung. eines Palimpsests 53 Um eine unmittelbare subjektive Bestätigung dieser Bemerkung Hegels zu erhalten, genügt es, während der jüngsten Epidemie einen blinden Hasen mitten auf der Landstraße sitzen gesehen zu haben, der der untergehenden.Sonne die Leere seines Blick gewordenen Gesichts zuwandte. Er war bis zum Tragisdıen menschlich. A.d.Ü.: Vgl. G. W. F. Hegel, System der Philosophie. Zweiter Teil; Die Naturphilosophie, Jubiläumsausgabe, ed. Glod-cner, Bd. IX, Stgt. (Frommann) 1958, S. 697. I §4 A.d.Ü.: Deutsch im Original. . 55 Die vorausgehenden und die folgenden Zeilen zeigen unsere Auffassung dieses Begriffs. ./' i 5° Der Irrtum Reichs war es - wir werden darauf zurückkommen --, daß er ein Wappen (armoirie) für einen Panzer (armure) hielt. 122.

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über die Verkündung eines Mysteriennamens bis zur Vergebung durch das Wort reicht. 5 Das dritte Paradox im Verhältnis der Sprache zum Sprechen ist das des Subjekts, das in den Objektivationen des Diskurses seinen richtungweisenden Sinn verliert. Wie immer metaphysisch die Definition dieses Paradoxes auch erscheinen mag, es kann nichtübersehen werden, daß es zuvörderst in unserer Erfahrung vorhanden ist. Denn hier liegt die tiefste Entfremdung des Subjekts der wissenschaftlichen Zivilisation, und auf eben diese Entfremdung stoßen wir zuerst, wenn uns das Subjekt von sich zu sprechen beginnt. Darum müßte eine Analyse, um sie vollkommen aufzulösen, bis an die Grenze der Weisheit geführt werden. . W ' „ , Um das exemplarisch zu formulieren, wüßten wir kein angemesseneres Gebiet anzugeben als das der Umgangssprache und darauf zu verweisen, daß das «ce suis.-je» der Zeit Villons sich verkehrt hat in das «c'est moi›› des modernen Menschen.“ L ' Das Ich (moi) des modernen Menschen_hat, wie wir anderswo dargelegthaben, in der schönen Seele als einer dialektischen Sackgasse seine Form angenommen. Die schöne Seele erkennt nicht ihre eigene raison dfêtre in der Unordnung, die sie der Welt vorhält. _ Doch dem Subjekt bietetsich ein Ausweg aus dieser Sackgasse, in der sein Diskurs deliriert. Kommunikation kann sich ihm verläßlich herstellen in dem gemeinsamen Werk der Wissenschaft und mit der Anwendung, die sie-in einer universalen Zivilisation erfordert; solche Kommunikation findet tatsächlich im Innern der ungeheuren, durch diese Wissenschaft konstituierten Objektivation statt und sie erlaubt ihm, seine Subjektivität zu vergessen. Es kann in seiner täglichen Arbeit effektiv an dem gemeinsamen Werk mitarbeiten und seine Freizeit vom Kriminalroman bis zur Memoirenliteratur, von Pädagogikvorträgen bis zur Orthopädie von Gruppenbeziehungen mit allen Annehmlichkeiten einer überwuchernden Kultur ausstaffieren, die ihm Stoff bietet, seine Existenz und seinen Tod zu vergessen und zugleidı in falscher Kommunikation den besonderen Sinn seines: Lebens zu verkennen. ' L _ _ . Wenn das Subjekt in einer Regression, die oft bis zum Spiegelstadium zurückführt, nicht die Umgrenzung eines Stadions wiederfände, in dem sein Ich (moi) seine imaginären Heldentaten bewahrt, wären schwerlich Grenzen der Leichtgläubigkeit angebbar,-»der es in dieser Lage verfallen muß. Und eben das macht unsere Verantwortung so '

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furchtbar, wenn wir ihm mit den mi)/thischen Manipulationen unserer Lehre eine zusätzliche Gelegenheit bieten, sich in der auseinandergefalteten Trinität von ego, superego und id zu entfremden. Es erhebt sich hier eine Sprachmauer, die dem Sprechen trotzt, und die Vorsichtsmaßregeln gegen das Gerede, mit denen sich der Diskurs des «Normalmenschen›› unserer_Kultur beschäftigt, machen sie nur noch undurchdringlicher. A i . Es wäre gewiß nicht müßig, diese Undurchdringlichkeit an den statistisch erhobenen Summen von Kilogramm bedruckten Papiers, von Kilometern Schallplattenrillen und von Radiosendezeit zu messen, die diese Kultur pro Kopf ihrer Einwohner in den Zonen A, B und C ihres Geltungsbereichs produziert. Das wäre mal ein hübsches Forschungsobjekt für unsere kulturellen Körpersclıaften. Man könnte 'sich klarmachen, daß sich die Frage der Sprache nicht beschränken läßt auf das Gebiet der Windungen, in denen sich ihr Gebrauch im Individuumreflektiert. ' 5 of r We are the hollow men We are the stufied men' Leaning together ' .v Headpiece filled with stmw. Alas! _ und so fort“. Die Ähnlichkeit dieser Situation mit der Entfremdung des Wahnsinns 23 freilich entsteht, sofern die oben gewonnene Formel gültig ist, daß nämlich im Wahnsinn das Subjekt gesprochen wird und nicht selber spricht, aus dem seitens der-Psychoanalyse unterstellten Ansprudı, es gebe ein wahres Sprechen (parole vraie). Wenn diese Folgerung, die die konstitutiven Paradoxien unseres gegenwärtigen Vorhabens zum äußersten treibt, gegen den gesunden Menschenverstand der psychoanalytischen Sichtweise gewandt werden sollte, 'würden wir diesen Einwand unbedingt für erheblich halten und uns doch zugleich durch ihnbeštätigt finden. Und zwar, ohne um berufene Eideshelfer verlegen zu sein, durch einen dialektischen Rückgriff zunächst auf Hegels Ablehnung der Schädellehre” und dann auf Pascals Warnung, die V A.d.Ü.: Beginn des Gedidıts «The hollow Men» von T. S. Eliot. In der Über-

setzung von H. M. Enzensberger: «Wir sind die hohlen Männer /die Ausgestopften l

aufeinandergestützt / Stroh im Schädel. Ach . . .›› zit. nach: Museum der modernen Poesie, Frankfurt (Suhrkampjfi 1963, S. 315 ff. -

“B A.d.Ü.: G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes, ed. Hoffmeister, Hamburg, (Meiner)° 1952, S. 237ff.

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vom Anbruch der historischen Epoche des Ich- (moi) mit folgenden Worten zurückklingt: «Die Menschen sind so notwendig verrückt, daß es nur Verrücktheit anderer Art wäre, nicht verrückt zu sein.››5° Das soll indes nicht heißen, unsere Kultur verlaufe in der Finsternis außerhalb schöpferischer Subjektivität; Diese hat im Gegenteil nicht aufgehört, für eine Erneuerung deriunerschöpften Macht der Symbole im menschlichen Austausch zu kämpfen, in dem sie zutage treten. 5 Auf die geringe Zahl derer zu verweisen, die diese Schöpfungen tragen, hieße, eine romantische Ansicht zu übernehmen und Ungleichwertiges miteinander zu vergleichen. Tatsache ist, daß diese Subjektivität, .auf "welchem Gebiet immer sie erscheinen mag - als mathematische, politische, religiöse, selbst als in der Werbung tätige ~, unausgesetzt die_ gesamte Bewegung der Menschheit unterhält. Und ein weiterer, zweifellos nicht weniger illusorischerBlick ließe uns etwas Gegenteiliges akzentuierenf daß nämlich der symbolische Charakter dieser Subjektivität nie zuvor deutlicher zutage getreten ist. Die Ironie_von_Revolutionen ist es, eine in ihrer Ausübung um so unumschränktere Herrschaft hervorzubringen, nicht, wie man sagt, je anonymer diese ist, sondern je mehr sie auf die Wörter (mots) beschränkt wird, die sie bezeichnen. Und mehr denn je steckt andererseits die Macht der Kirchen in der Sprache, die sie zu bewahren gewußt haben.. Es ist dies eine Instanz, die - wie man sagen muß - Freud in dem Artikel im Dunklen belassen hat, in dem er darstellt, was wir als die kollektiven Subjektivitäten von Kirche und Heer bezeichnen würden“. _ Die Psychoanalyse hat in der Ausrichtung der modernen Subjektivität eine Rolle gespieltund sie kann diese Rolle nicht aufrechterhalten, ohne sie der Bewegung der Wissenschaft einzuordnen, die diese Rolle erläutert. Hier stellt sich nun die Frage nach den Grundsätzen, die unserer Disziplin ihren Platz unter den Wissenschaften sichern sollen: eine Frage der Formalisierung, die bisher wahrlich recht schlecht in Angriff genommen worden ist.. _ L Von der Verquertheit jener Medizin erneut befallen, gegen. die sie sidı hat durchsetzen müssen, scheint die Psychoanalyse wie die Medizin mit der Verspätung eines halben Jahrhunderts hinter der Entwicklung der Wissenschaften her zu sein und wieder Anschluß an sie gewinnen zu wollen. _ “ 5° A.d.Ü.: B. Pascal, Pensêes, in: Oeuvres complètes, ed. J. Chevalier, o. O. ([Paris] Gallimard, Pléiade)' 1954, S. 1 134, Nr. 184. . °° A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. XIII, S. `1o1 ff.

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In einer abstrakten objektivierenden Formulierung unserer Erfahrung nach fiktiven, ja sogar simulierten Prinzipiender experimentellen Methode finden wir die Wirkung von Vorurteilen, von denen unser Gebiet zunächst„gereinigt sein müßte, wenn wir es gemäß seiner eigenen Struktur bestellen wollen. Bei uns als Praktikern der Symbolfunktion ist es erstaunlich, daß wir uns davon abwenden,_sie genauer zu ergründen, ja daß wir sogar verkennen, daß sie es ist, die uns ins Zentrum einer Bewegung versetzt, die eine neue Ordnung der Wissenschaften mit einer erneuten Infragestellung der Anthropologie hervorbringt. ' '_ Diese neue Ordnung bedeutet nichts anderes als eine Rückkehr zum Begriff der wahrhaftigen Wissenschaft, deren Anspruch bereits vorliegt in einer Tradition, die mit Platos T/aeaitetos beginnt.. Dieser Begriff wurde, wie man weiß, in seinei* positivistisclıeni Umkehrung entwertet, die zwar die Humanwissenschaften als Krönung des Bauwerks der experimentellen Wissenschaften bezeichnet, sie ihnen aber in Wirklichkeit unterordnet. Er entsteht aus einer falschen Auffassung der Wissenschaftsgeschichte, die sich auf den Vorrang der spezialisierten Entwicklung experimenteller Verfahien gründet. _ Doch da heute die mit' Konjekturen arbeitenden, sinnverstehenden Wissenschaften den Begriff einer seit jeher gültigen Wissenschaft wiedergewinnen, zwingen sie uns, die Klassifikation der Wissenschaften, die wir vom 19. Jahrhundert übernommen haben, in einer Richtung zu revidieren, die uns hellsichtige Köpfe weisen. Man muß, um dessen gewahr zuwerden, nur die konkrete Entwicklung der verschiedensten Disziplinen verfolgen. ` _ Die Linguistik kann uns hier zur Orientierung dienen; denn eben das ist auch die Rolle, die sie an der Spitze der zeitgenössischen Anthropologie spielt und der gegenüber wir nicht gleichgültig bleiben' können. Die mathematisierte Form, in derisich die Entdeckung des Phonems darstellt als Funktion von Oppositionspaaren, die gebildet sind durch die kleinsten unterscheidbaren und unterscheidenden Elemente der Semantik, führt uns auf die` Grundlagen, mit denen Freuds späte Lehre in einer vokalischen Konnotation von Anwesenheit und Abwesenheit die subjektiven Ursprünge der Funktion des Symbols beschreibt. Die Reduktion jeder Sprache auf eine sehr kleine Anzahl dieser phonologischen Oppositionen, die eine ebenso strenge Formalisierung auch der entlegensten Morphemefnach sich zieht, läßt uns einen genauen Zugang zu unserem Gebiet finden. 126

Es bleibt uns überlassen, uns dieser Auffassung anzuschließen und den Niederschlag der Sprachstruktur in der Psychoanalyse zu entdecken, wie es parallel zur Linguistik die Ethnographie bereits tut, wenn sie Mythen nach einer Synchronie von Mythemen dechiffriert. Ist es nicht unmittelbar evident, daß Lévi~Strauss mit dem Hinweis auf das Implikationsverhältnisi von `Sprachstrukturen und dem Teil der soziälen Gesetze, der Verwandtschaft und Verscbwägerung regelt, bereits gerade das Terrain erobert, auf dem Freud das Unbewußte ansiedeltóı? W ` 1 s V Von daher erscheint es zwingend, eine allgemeine Theorie des Symbols zur Achse einer neiuen Klassifikation der Wissenschaften zu machen, bei der die Humanwissenschaften als Wissenschaften von der Subjektivität wieder ihre zentrale Stellung einnehmen. Lassen Sie mich das Grundprinzip dieser Theorie kurz skizzieren, das weiterer Ausarbeitung bedarf. . , Die Funktion des Symbols stellt sich als eine doppelte Bewegung im Subjekt dar: Der Mensch macht seine Handlung zum Objekt, doch geschieht dies nur, um ihr rechtzeitig ihre grundlegende Rolle wiederzugeben. In dieser Doppelsinnigkeit, die in, jedem Augenblick wirksam ist, ruht aller Fortschritt einer Funktion, in der Handeln und Erkennen einanderabwechselnóz. ` . ` Dafür zwei Beispiele, das eine von der Schulbank, das andere mitten aus dem heutigen Leben. ' i Das erste ist mathematisch. Jemand objektiviert in einer ersten Phase zwei Mengen, die er gezählt hat, in zwei Kardinalzahlen; in einer zweiten Phase führt er mit ihnen eine Addition durch. (Vgl. das Beispiel, das Kant in der 2. Aufl. der Einleitung zur Kritik der reinen Vermmft bringtfiza.) g _ Das zweite ist historisch. Jemand, der in unserer Gesellschaft in der Produktion tätig ist, stuft sich in einer ersten Phase als Proletarier ein; in einer zweiten Phase' beteiligt er sich aufgrund dieser Zugehörigkeit zum Proletariat an einem Geneiralstreik. _ _« 6 Wenn nach unserem Eindruck diese beiden Beispiele aus den entgegengesetztesten Bereichen innerhalb des Konkreten stammen - dem_ eines °1 -Vgl. C. Lévi-Strauss «Language and the Analysis of Social Laws» in:`American Anthropologist, 53 (1951), S. 15;-163; A.d.Ü.: Deutsch in:_ Strukturale Anthropologie, Frankfurt (Suhrkamp) 1969, S. 68 ff.. e . I

°2 Die letzten vier Absätze wurden 1966 überarbeitct._

“'21 A.d.Ü.: B ı6f. V

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immer müßigeren Spiels mathematischer Gesetze und dem der ehernen Front kapitalistischer Ausbeutung -, so geschieht das gerade deshalb, weil ihre Auswirkungen, die uns weit voneinander .ihren Ursprung zu haben scheinen, unsere Subsistenz dergestalt ermöglichen, daß sie sich im Konkreten in einer doppelten Umkehrung kreuzen: Die subjektivste der Wissenschaften hat eine neue Realität geprägt, und die Schattenseite imsozialen Yerteilungsprozeß bewaffnet sich mit einem handlungsmächtigen Symbol. ' S _ , ef Hier seheint der Gegensatz zwischen den exakten Wissenschaften und denen niclıt mehr zulässig, bei „denen es keinen Grund gibt, sie nicht «Konjekturalwissenschaften›› zu n'ennen; denn dieser Gegensatz entbehrt jeder Grundlage“. Ä Exaktlıeit nämlich unterscheidet sich von der Wahrheit, und Konjekturen schließen Genauigkeit nichıi aus. Selbst wenn eine experimentell verfahrendeWissensd1aft ihre Exaktheit von derMathematik herleitet, bleibt ihre Beziehung zur Natur darum nicht minder problematisch. Wenn uns unsere Verbindung mit der Natur in der Tat veranlaßt, uns poetisch zu fragen, ob wir nicht ihre eigene Bewegung in unserer Wissenschaft wiederfinden, in . .f. dieser Stimme, L' Die sich in ihrem Gesang nicht mehr f Als irgend jemandes Stimme erkennt, Sondern als die der Wellen und Wälder“, ' ' so ist klar, daß ,unsere physische Natur bloß eine Hervorbringung des Geistes ist, deren Instrument das mathematische Symbol darstellt. Denn experimentelle Wissenschaft ist nicht sowohl durch die Quantität zu definieren, auf die sie sich in der Tat bezieht, als vielmehr durch die Messung, die sie in das Reale einführt. Man kann das an der Messung der Zeit sehen, ohne die eine experimen-› telle Naturwissenschaft nicht möglidı wäre. _I-Iuygens Uhr, die allein ihr die präzise 'Genauigkeit gibt, ist nur das Verifikationsorgan der Hypothese Galileis über die gleiche Schwerkraft von,Körpern, das heißt über die gleichmäßige Beschleunigung, die als Gesetz in jedem einzelnen freien Fall identisch bleibt. . ~ A ' Kurios ist der Hinweis darauf, daß die Konstruktion der Uhr voll" Die beiden letzten Absätze wurden überarbeitet (1966). °* A.d.Ü.: Das französische Original lautet: «...cette...voix I qui se eonnait quand elle sonne / n'être plus la voix de personne I tant que des ondes et des bois.›› Es handelt sich um Xlalérys Gedicht «La Pythie››, in: Oeuvres, ed. J. Hytier, 0.0. ([Paris], Gallimard,”Pléiade) 1957, Bd. I, S. 130 ff. ' 128

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endet wurde, bevor diese Hypothese durch experimentelle Beobachtung verifiziert werden konnte, und daß Huygens Uhr aufgrund dieser Tatsache Galileis Hypothese zugleich überflüssig machte und ihr das Instrument ihrer exakten Geltung verschafftös. Doch die Mathematik kann auch eine andereZeit symbolisieren, nämlich dieiintersubjektive Zeit, die menschliches i~Handeln strukturiert. Deren Formeln beginnt uns die Spieltheorie zu liefern,pdie man auch Sfrategie nennt, obwohl sie besser Stocbastik genannt werden sollte. Der Autor dieser Zeilen hat in der Logik eines Sophismas die Triebfeder der Zeit zu demonstrieren versuclıt, durch die ,menschliches Handeln, soweit es sich nach dem Handeln des anderen richtet, im Skandieren seines Zögerns die Entstehung von Gewißheit findet. In der Entscheidung, zu der die Gewißheit führt, gibt dieses Handeln der Sanktionierung des Vergangenen seinen riditungsweisenden Sinn in die Zukunft. ' ' In' jenem Artikel wird gezeigt, daß auf Seiten des Subjekts die antizipierte Gewißheit in der Zeit des Verstebens aufgrund der Hast, mit der sie den Augenblick des Sc/aließens überstürzt, im anderen die Entscheidung bestimmt, die die eigene Bewegung des Subjekts zu ,Irrtum oder Wahrheit macht. i s An diesem Beispiel wird deutlich, wie mathematische Formalisierung, die die Logik von Boole und sogar die Mengenlehre inspiriert hat, der Wissenschaft vom menschlichen Handeln jene Struktur der intersubjektiven Zeit_vermitteln__kann, die die psychoanalytische Konjektur bra'ucht, um sich der Strenge ihrer wissenschaftlichen Geltung zu vergewıssern. Wenn andererseits die Geschichte von Techniken der'Geschichtsschreibung zeigt, daß deren Fortschritt sich definiert durch das Ideal einer Identifizierung der Subjektivität des Historikers mit der grundlegenden Subjektivität der primären Historisierung, in der ein Ereignis als menschliches auftritt, so ist klar, daß genau darin die Psychoanalyse ihren Gegenstandsbereich findet: nämlich in einer Erkenntnis, die dieses Ideal realisiert, und in einer Wirksamkeit, durch die sie ihre Rechtfertigung gewinnt. Das Beispiel der Geschichte löst zudem wie ein Trugbild den Rückgriff auf die erlebte Reaktion auf, der zwanghaft '5 Zur Hypothese Galileis und zu Huygens Uhr vgl.: A. Koyré «An Experiment in Measurement» in: Proceedings of the American Philosophie-.ıl Society, Bd. 97 (April 1953). Die beiden letzten Absätze wurden überarbeitet (1966). „ .

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unsere Technik und unsere Theorie beherrscht; denn die fundamentale Geschichtlichkeit des Ereignisses, das wir in Erinnerung behalten, genügnum die Möglichkeit einer subjektiven Wiederholung der Ve,-gangenheit in der Gegenwart sich vorzustellen. Darüber hinaus läßt uns dieses Beispiel begreifen, wie die psychoanalytische Regression jene progressive Dimension der Geschichte des Subjekts impliziert, deren Fehlen Freud an Jungs Begriff der new rotischen Regression hervorhebt. Wir .verstehen, wie die Erfahrung selbst diese :Progression erneuert, indem sie ihre Ablösung gewährlei.. SCCI.

Die Bezugnahme auf die Linguistik schließlich wird uns in eine Methode einführen, die uns aufgrund der Unterscheidung synchronischer und diachronischer Strukturen in der Sprache den unterschiedlichen Wert besser zu verstehen erlaubt, den unsere Sprache bei der 1me,._ pretation der Widerstände und der Übertragung besitzt, und die es uns ferner erlaubt, die eigentümlichen Wirkungen der Verdrängung und die Struktur des indivilluellen Mythos in einer Zwangsneurose differenziert zu beurteilen. _ Man kennt die Liste der Disziplinen, did Freud als Nnçl-1b;n-n;i5Sen_ schaften der Psychoanalyse auf einer idealen psychoanalytischen Hochschule für notwendig gehalten hat. Auf ihr findet man neben der Psychiatrie und der Kunde vom Sexuialleben, <
“ A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. XIV, S. 281. r 30

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den ist an die Entdeckung und Untersuchung von Symbolen, teil an der Struktur dessen, was das Mittelalter unter dem Namen der «artes liberales›› kannte. Da sie wie diese keine wirkliche Formalisierung besaß, organisierte sie sich wie die «artes liberales›› um ein Corpus vorrangiger Probleme, von denen jedes durch ein irgendwie recht beglücktes Verhältnis des Menschen zu seinem eigenen Maß bestimmt wurde. Dieser Eigenart verdankt die Psychoanalyse einen gewissen Charme und eine Menschlichkeit, die in unseren' A`ugen den zuweilen etwas erheiternden (récréatif) Aspekt ihrer Darstellung jener Probleme aufwiegen. Aber wir sollten diesen Aspekt in der frühen Entwicklung der Psychoanalyse nicht geringschätzig abtun; er drückt in der Tat nichts Geringeres aus als eine Erfrischung (rêcréation) des menschlichen Geistes in/einer Dürrezeit des Szientismus. Verachten sollten wir diesen Aspekt um so weniger, als die Psychoanalyse ihr Niveau nicht gehoben hat, indem sie sich auf den falschen Weg einer Theoretisierung begab, die ihrer dialektischen Struktur zuwiderläuft. i ' ~ ' Die Psychoanalyse wird ihre Theorie und Technik wissenschaftlich nur begründen können, indem sie die wesentlichen Dimensionen ihres Erfahrungsbereichs adäquat formalisiert. Das sind neben der historischen Theorie des Symbols, die intersubjektive Logik sowie die Zeitlichkeit des Subjekts. _ ı

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III. Die Resonanz der Interpretation und die Zeit des Subjekts in der psychoanalytischen -Technik Entre Phomme et l'amonr, i Il y a la femme. Entre Plaomme et la femme, Il y a im monde. Entre Pbomme et le monde, Il y ct un mar“. _ (Antoine'Tndal, Paris en l'cm zooo). °" A.d.Ü.: «Zwischen dem Mann und der Liebe / steht die Frau. Zwischen dem Mann

und der Frau / liegt eine Welt. Zwisdıen dem Mann und der Welt / steht eine

Mauern»

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Nam Sibyllnm qnidem Cıimis ego ipse ocnlis meis 'vidi in ampnlla pendere, et cum illi pneri dicerent: Zißiólla rt Oš/lets'

respondelmt illa: ånoßaveív Oš/lw (Satyricqn, XLVIII)*”. ,

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Führt man die psychoanalytische Erfahrung auf das Sprechen und die Sprache `als ihre Grundlagen zurück, so betrifft das zugleich ihre Technik. Wenn die psychoanalytische Erfahrung auch noch nicht ins Unaussprechliche abgeglitten ist, so läßt sich doch eine Tendenz dazu entdecken, die analytische Interpretation entlang einerEinbahnstraße mehr und mehr von ihrem Prinzip zu entfernen. Der Verdacht ist daher begründet, daß die Abweichung in der Praxis die neuen Ziele motiviert, denen sich die Theorie öffnet. ~ _ S 9 Bei näherem Zusehen stellt man fest, daß diei Probleme der Symbolinterpretation angefangen hablen, unsere kleine Welt einzuschüchtern, bevor sie ihr lästig wurden. Die Erfolge_Freuds rufen heute wegen der Ungeniertheit der Indoktrination, aus der sie hervorzugehen scheinen, Erstaunen hervor, und die Art, wie diese Indoktrination sich in den Fällen der Dora, des Rattenmannes und des ,Wolfsmannes zur Schau stellt, hat für uns etwas Skandalöses. Da zögern nun allerdings unsere Schlaumeier nicht, daran zu zweifeln, ob dieses Vorgehen die richtige Technik gewesen sei. ' Diese erkaltende Liebe zu Freud innerhalb der psychoanalytischen Bewegung rührt her von einer Sprachverwirrung, aus der neulich im persönlichen Gespräch die für die gegenwärtige Hierarchie dieser Bewegung repräsentativste Persönlichkeit auch keinen Hehl machte. Recht bemerkenswert ist, daß diese Verwirrung mit der Prätention wächst, aufgrund derer jeder Analytiker sich berufen glaubt, die Bedingungen einer vollendeten Objektivierung in unserer analytischen Erfahrung zu entdecken. Zugleich wächst die Verwirrung mit dem Enthusiasmus, den solche theoretischen Essays desto eher scheinen hervorrufen zu können, je mehr sie sich als realitätsfremd (dêréel) erweisen. Sicher ist, daß die Prinzipien der Widerstandsanalyse, wie gut fundiert sie immer _sein mögen, in der Praxis dazu geführt haben, das Subjekt mehr und mehr zu verkennen, weil sie nicht in ihrem Verhältnis zur Intersubjektivität des Sprechens verstanden wurden. F “ß A.d.Ü.: «Denn mit eigenen Augen habe ich die cumäische Sibylle in einer Grotte hängen sehen, und immer, wenn Jungen sie fragten: <Was wünschst Du,Sibylle?›, ant-

wortete sie:
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Folgt man dem Ablauf der ersten sieben Sitzungen im Fall des Rattenmannes, die Freud uns vollständig mitteilt, so ersdıeint es wenig wahrscheinlich, daß er die Widerstände nicht am rechten Ort erkannt hat, nämlich eben dort, wo unsere modernen Techniker uns weismachen, daß er ihr Auftreten ungenutzt habe verstreichen lassen. Denn schließlich ist es Freuds eigener Text, der es ihnen erlaubt, auf sie hinzuweisen. In ihm zeigt sich einmal mehr die erschöpfende Darstellung eines Themas, die uns an den Schriften Freuds erstaunt, ohne daß.auch nur eine Interpretation bisher ihren Reichtum erfaßt hätte. Wir meinen, daß Freud sidı nicht nur darauf eingelassen hat, seinen Patienten zu ermutigen,;s_eine anfängliche Zurückhaltung abzulegen, sondern daß er die verführerische Wirkung dieses Spiels im Imaginären durchaus begriffen hat. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, sich. der”Beschreibung zuzuwenden, die ervom Gesichtsausdruck seines Patienten während der peinlichen Erzählung von der vorgestellten Qual gibt, die das Thema seines Zwangs ist, das der Ratten, die sich in den After des Gemarterten einbohren. Sein <
fizierung des Analytikers mit dem «grausamen Hauptmann››79, der

der Erzählung in der Erinnerung des Subjekts mit Gewalt Zutritt verschafft hat. Er übersieht auch nicht die Tragweite der theoretischen Erläuterungen, die das Subjekt als Bürgschaft fordert, um seinen Diskurs fortzusetzen. _ g Weit davon entfernt, jetzt den Widerstand_ zu interpretieren, erstaunt uns Freud damit, daß er dieser Forderung niachgibt, und zwar so weitgehend, daß er auf das Spiel des Subjekts einzugehen.scheint. I Doch der überaus vage, uns beinahe banal erscheinende Charakter der Erläuterungen, mit denen er es zufriedenstellt, ist recht aufschlußreich: Es handelt sich bei ihnen weder um eine :Doktrin, noch gar um eine Indoktrinierung, sondern um die symbolische Gabe eines Sprechens, das im Kontext einer imaginären Teilhabe, die es umfaßt, mit einem geheimen Pakt schwanger geht. Deren Tragweite enthüllt sich späterhin in der symbolischen, vom Subjekt in seinem Denken vollzogenen Gleichsetzung der Ratten mit den Gulden, die es dem Analytiker zahlt. . ' “°'A.d.Ü.: S. Freud, G. W., Bd. VII, S. 392. 7° A.d.Ü.: S. Freud, a. a.O., S. 397.

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Wie man sieht, ist Freud also weit davon entfernt, den Widerstand zu verkennen. Vielmehr benutzt er ihii als eine geeignete Disposition, um eine Resonanz des Sprechens hervorzurufen. Er hält sich, so weit er kann, -an seine erste Definition des Widerstands“, indem er sich seiner bedient, um das Subjekt implizit in seiner Botschaft zu begreifen. Ebenso bricht er ein Gespräch sofort ab, wenn. er bemerkt, daß der Widerstand, sobald er schonend behandelt wird, dahin tendiert, den Dialog auf einer Ebene der Konversation weiterzuführen, in der das Subjekt seine Verführung und zugleich _seine Ausweichmanöver fortsetzt. s _, R I Doch wir lassen uns belehren, daß die 'Analyse darin besteht, auf allen Notenlinien der Parfitur zu spielen, die das Sprechen in den Registern der Sprache bereitstellt. Von ihnen hängt die Überdeterniiniertheit ab, die nur innerhalb dieser Ordnung sinnvoll ist. Hier sehen wir zugleich die Ursache von Freuds Erfolg. Damit nämlich die Botschaft des Analytikers eine Antwort auf die Grundfrage des Subjekts gibt, muß das Subjekt sie in der'Tat wie eine ihm eigentümliche Antwort hören. Das Privileg der Patienten Freuds, das richtige Wort (bonne parole) aus dem Munde dessen zu hören, der es verkündet hatte, kam dieser ihrer Forderung entgegen. W ” I ~ . Im Fall des Rattenmannes hatte, nebenbei bemerkt, das Subjekt bereits einen Vorgeschmack davon erhalten beim Blättern in dem damals gerade erschienenen Werk «Zur Psychopathologie des Alltagslebens››. Das soll nicht heißen, daß dieses Buch, selbst. unter Analytikern, heute viel besser bekannt ist, aber die Vulgarisierung der Ideen Freuds im Bewußtsein der Allgemeinheit, ihre Aufnahme in das, was wir die Sprachmauer nennen, würde die Wirkung unseres Sprechens abschwächen, wenn wir sie im Stil von Freuds Bemerkungen gegenüber dem Rattenmann formulieren würden. S . 9 Doch eskommt hier auch nicht "darauf an, ihn zu' imitieren. Um die Wirkung von ,Freuds Sprechen wieder zu erreichen, halten wir uns nicht an seine Begriffe, sondern an die Prinzipien, denen es gegehorcht. “ A _ Diese Prinzipien sind keine anderen als die der Dialektik des Selbstbewußtseins, wie sie sich von Sokrates bis Hegel entfaltet. :Ihren Ausgang nimmt sie von der ironischen Annahme, alles Vernünftige sei wirklich, und schließlich stürzt sie sich in das wissenschaftliche Urteil,

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'" A.d.Ü.': S. Freud, G. W., Bd. I, S. 268 f. 134

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alles Wirkliche sei vernünftig". Doch Freuds Entdeckung bestelıt in dem Beweis, daß ein solcher Verifikationsprozeß sich zwar am Subjekt vollzieht, aber authentisch nur zu durchlaufen ist um den Preis seiner Entfernung au_s dem Zentrum des Selbstbewußtseins, auf dessen Achse die Hegelsche Rekonstruktion der Phänomenologie des Geistes _es noch hielt. Freuds Entdeckung machtalso jenes Streben nach «Bewußtwerdung›› nóch hinfälliger, das sich nicht jenseits von deren psychologischer Erscheinung der Konjunktur eines besonderen Augenblicks verschriebe, der allein das Universale- leibhaftig werden läßt und ohne, den es sich in bloße Allgemeinheit auflösen würde. W * . Diese Bemerkungen' bezeichnen die Grenzen, innerhalb derer es unserer Technik unmöglich ist, die Strukturmomente der Hegelschen Phänomenologie außer acht zulassen: zunächst vor allem die Dialektik von _I:-Ierr und Knecht, ferner die der schönen Seele und des Gesetzes des Herzens, allgemeiner dann alles, was uns zu begreifen erlaubt, wie sich die Konstituierung des Objekts einer Verwirklichung des Subjekts unterordnet. ` W _ 7 I Wenn indes an der Forderung einer ursprünglichen Identität von Besonderem; und Allgemeinem, an der Hegels Genie sich erweist, etwas Prophetisches haftet, so vermag nur die Psychoanalyse das Paradigma dieser Forderung in der Struktur zu liefern, in der diese Identität sich als die das Subjekt zerteilende Identität entfaltet, ohne an ein Morgen zu appellieren. * I ' Hinzufügen ivollen wir noch, daß uns das zu einem Vorbehalt gegen jede Formulierung nötigt, die auf eine Totalität im Individuum rekurriert; denn das Subjekt bringt eine Teilung in diese Totalität ebenso wie ins Kollektiv, das ihr Äquivalent ist. Die Psychoanalyse führt eigentlich das eine wie das andere auf den Status einer Täuschung zurück. W A _ W Allem Anschein nach würde man das nicht mehr vergessen. können, wenn nicht gerade die Psychoanalyse lehrte, daß man es vergessen kann. Aufgrund einer Wendung, die legitimer ist, als man glauben mag, liefern uns die Psychoanalytiker selbst die Bestätigung dafür, daß ihre «neuen Tendenzen» eben dieses Ver`gessendarstellen.W W S Wenn indes Hegel uns gerade recht ist, um unserer sogenannten analytischen Neutralität einen Sinn zu geben, der nicht bloßer. Stupor 72 A.d.Ü.: Vgl. G. W. F, Hegel, Grundlinien der Ph'_ifos`ophie des Rechts, in: Werke, Bd. VII, Frankfurt (Suhrkamp) 1970, S. 2.4. f . I”

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wäre, so soll das nicht heißen, daß wir nichts lernen könnten von der geschmeidigen Maieutik des Sokrates oder gar von dem faszinierenden technischen Verfahren, mit dem Plato sie uns präsentiert, und sei esnur, um an Sokrates und seinemi Begehren das noch unberührte Rätsel eines Psychoanalytikers“kennenzulernen und um unser Verhältnis zur Wahrheit auf die platonische Schau zu beziehen. Das hat in diesem Fall so zu geschehen, daß der Abstand beachtet wird zwischen der Erinnerung, die Plato für jedes Auftauchen einer Idee vorauszusetzen sich genötigt sah, und der Ersdiöpfung des Seins, das sich in einer Wiederholung verzehrt, wie sie Kierkegaard beschreibt“. Doch es g ibt zwıs i ch en dem Gesprächspartnerdes Sokrates und dem unseren auch einen historischen Unterschied, den auszumessen nicht müßig ist. Wenn Sokrates sich auf eine handwerkliche Vernunft stützt, die er ebensogut aus dem Diškurs eines Sklaven zutagejfördernkann, so tut er es, um wirkliche Herren zur Notwendigkeit einer Ordnung zu führen, die deren eigene Herrschaft für falsch erklärt und Wahrheit an die Stelle der Zentralbegriffe (maitre-mots) der Polis setzt. Wir Analytiker aber haben es mit Sklaven zu_ tun, die sich für Herren halten und die in einer Sprache von universeller Reichweite mit den Fesseln der Ambiguität eine Stütze ihrer Knechtschaft finden. Das geht so weit, daß man mit einigem Humor sag'en könnte, es sei unser Ziel, in ihnen wieder die souveräne Freiheit herzustellen, die Humpty Dumpty beweist, wenn er Alice daran erinnert, daß er zumindest Herr des Signifikanten, wenn schon nicht Herr des Signifikats ist,in dem sein Sein Gestalt angenommen hat~"3°. Wir kommen also wieder zurück auf unsere doppelte Beziehung zum Sprechen und zur Sprache. Um das Sprechen des Subjekts zu befreien, führen wir es in die Sprache seines Begehrens ein, das heißt in die erste Sprache (langage premier), in der es schon jenseits dessen, was`es 7“ Diese Bemerkungen sind bei sich bietcndcr Gelegenheit ausgearbeitet worden

( r 966). Vier Absätze wurden umgeschrieben. -

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A.d.Ü.: Vgl. S. Kierkegaard, Die Wiederholung, in: Werke, ed. L. Richter, Bd. II, Hamburg (Rowohlt) 1961, S. 23.

"fl A.d.Ü.: «When I-use a word››, Humpty Dumpty said in rather a scornful tonß. «it means just what I choose it to mean -- neither mor nor less.›› W ~

«The question is››, said Alice, «whether you can make words mean so many different things.›› ' _ I «The question is››, said Humpty, «whıch rs to be Master - thats all.›› L. Carrol. Through the Looking-Glass and what Alice found there, in: Alıce's Adventures in

Wonderland, London und Glasgow (Collins) 1954, S. zo9 f. 136

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uns von sich sagt, vor allem mit der Symbolik seiner Symptome ohne sein Wissen zu uns spricht. Es handelt sich bei dem Symbolismus, der in `der Analyse zutage gefördert wird, in der Tat um eine Sprache. Diese hat, einem spielerischen Wunsch entsprechend, den man in einem Aphorismus Lichtenbergs finden kann, den universalen Charakter einer Sprache, die sich in allen anderen Sprachen vernehmen_ läßt. Aber als Sprache, die das Begehren/.an eben dem Punkt ergreift, wo dieses sich vermenschlicht, indem es sich zu erkennen gibt, ist sie zugleich das absolut,Besondere des Subjekts. , 0 Wir nennen sie die erste Sprache und vermeiden es, von primitiver Sprache zu reden; denn Freüd, den man aufgrund seiner Verdienste um, ihre vollständige Aufdeckung mit Champollion vergleichen kann, hat sie insgesamt aus den Träumen unserer Zeitgenossen dechiffriert. Autoritativ definiert wurde ihr Gebiet durch einen der wenigen, die zu ihrer Erforschung Neues beigetragen haben. Ich spreche von Ernest Jones, dem letzten_Überlebenden derer, denen vom Meister die sieben Ringe geschenkt wurden. Durch- seine Anwesenheit in Ehrenämtern einer Internationalen Assoziation beweist er, daß solche Ämter nicht bloß den Trägern von Reliquien vorbehalten sind. ' In einem grundlegenden Artikel über die Symbolik" bemerkt Jones ungefähr auf der fünfzehnten Seite, Wdaß sich alle Symbole, obwohl es im psychoanalytischen Sinn Tausende gibt, auf den eigenen Körper, auf Verwandtschaftsverhältnisse, Geburt, Leben und Tod beziehen. Diese von uns ,als Tatsache anerkannte Wahrheit erlaubt uns zu verstehen, daß das Symbol, obwohl es, psychoanalytisch gesprochen, ins Unbewußte verdrängt wird, keine Spur einer Regression oder gar von Unreife an sich trägt. Um seine Wirkungen ins Subjekt zu tragen, genügt es daher, daß es sich vernehmen läßt; denn diese Wirkungen verlaufen ohne Wissen des Subjekts. .Wir geben das Win unserer alltäglichen Erfahrung zu, wenn wirmanche Reaktionen von Neurotikern oder Normalen als Antwort auf den symbolischen Sinn eines Handelns, einer Beziehung oder eines Objekts erklären. ~ Zweifellos also kann der Analytiker mit-der Macht des Symbols spielen, indem er es nach genauem Kalkül Win dersemantischen Resonanz seiner Bemerkungen hervorruft. ' ~ 7" E.- Jones «On the Theory of Symbolism» in: British journal of Psydiology, Bd. 9 (1916), S. 695 f; in erweiterter Fassung in: Papers on P_sy_c_ho-analysis, 2. Cd-, London 1918; A.d.Ü.: Dt. zuerst in: Int. Zs. f. ärztl. PsA,_Bd. 5 (1919). .

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Die Verwendung von Wirkungen des Symbols wäre gewiß ein Weg zu einer erneuerten Technik der Interpretation. ' V Beziehen könnten wir uns dabei auf das, was eine hinduistische Tradition über das a'/o'vani75 lehrt, sofern sie an ihm die Eigenart des Sprechens darstellt, etwas zu Gehör zu bringen, was es selbst nicht sagt. Das veranschaulicht sie an einem Geschichtchen, dessen Naivität, die bei solchen Beispielen üblich scheint, genug Humor zeigt, um uns zu veranlassen, zu der .Wahrheit vorzudringen, die das Geschichtchen verbirgt. W I i i S. Ein Mädchen wartete einmal am Ufer eines Flusses auf ihren Geliebten, als sie einen Brahmanen auf sich zukommen sah. Sie lief ihm entgegen und rief im Ton der liebenswürdigsten Begrüßung: «Welches Glück! Der Hund, der Euchlan diesem Ufer durch sein Bellen zuweilen ersclirßdit hat, iSt Weg. Eben ist er von einem Löwen verschlungen worden, der oft hier in der Gegend umhedstreicht . . .›› ' i Die Abwesenheit des Löwen kann also eine ebenso große Wirkung hervorrufen wie, wenn er da wäre, sein Sprung; dennder Löwe springt, wie das von Freud geschätzte Sprichwort sagt, nur einmal“. Der Prime/mmktcr von Symbolen rückt sie in der Tat in die Nähe jener Zahlen, aus denen alle anderen Zahlen zusammengesetzt sind. Wenn Symbole nun hinter allen Semantemen der Sprache stehen, könnenpwir den vollen Evokationswert des Sprechens wiederlıerstellen, indem wir vorsichtig ihre Interferenzen suchen und uns dabei -von einer Metapher leiten lassen, deren symbolische Verschiebung den Nebensinn der Begriffe neutralisiert, die .sich beim Sprechen einstellen. _ Um gelehrt oder gelernt zu werden, würde diese Technik eine gründliche Beherrschung der Möglichkeiten einer Sprache erfordern, wie sie vor allem in deren poetischen Texten konkret realisiert sind. Wie man weiß, war das bei Freud der Fall in bezug auf die deutsche Literatur und in bezug auf das durch eine unvergleichliche Übersetzung in sie integrierte Theater Shakespeares. Sein gesamtes Werk legt nicht weniger i`n seiner Technik als in seinen Entdeckungen Zeugnis ab von dieser stets erneuten Hinwendung zur Literatur. Darüberhinaus stützt ersich zugleich auf seine Kenntnis der klassischen Antike sowie der 75 Es handelt sidı um die Lehre des Abhinavagupta aus dem ıo. _Ih.; vgl. das Werk von Dr. Kanti Chandra Pandey «Indian Esthetics» in; Chowkamba Sanskrit Series, Studies, vol. II, Benares 1950. 7° A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W.,/Bd. XVI, S. 62. 138

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modernen Volkskunde und verfolgt mit Interesse die Ergebnisse des zeitgenössischen Humanismus auf dem Gebiet der Ethnographie. Von den Praktikern der Psychoanalyse sollte gefordert werden, Versuche, Freud auf diesen Wegen zu folgen, nicht für überflüssig zu halten. Doch wir schwimmen gegen den Strom. Man kann das an der herablassenden Beachtung messen, die, als handelte es sich um etwas Neues, dem woçding zuteil wird. Die Morphologie des Englischen gibt hier einem noch schwer zu definierenden Begriff, eine so subtile Unterstützung, daß es nötig ist,_den Fall zu untersuchen. t › Was dieser Begriff verdeckt, ist indes kaum ermutigend, wenn ein Autor" sich darüber erstaunt zeigt, einen je verschiedenen Erfolg bel der Analyse ein und desselben.Widerstands erzielt zu haben, je nachdem, ob er - wie er betont «ohne vorherige bewußte Überlegung» - den Begriff need for love anstatt und anstelle des Begriffs demand for love verwandte, den er zunächst vorgebracht hatte, ohne es sich, wie wiederum erselbst betont, weiter überlegt zu haben. Wenn diese Anekdote den Zusammenhang einer Interpretation mit der Ego Psyclsrologybelegen soll, die im Titel des betreffenden Aufsatzes firmiert, so scheint es, daß sie weit eher einen Zusammenhang mit der Ego Psychology ihres Autors dokumentiert, indem dieser sich mit einem so schlechten Englisch zufrieden gibt, daß er in seiner Praxis bereits an die Grenze der Faselei stößt“. ' . 'I Denn need und demand haben für das Subjekt einen diametral entgegengesetztenfSinn, und zu behaupten, daß sie in ihrem Gebrauch auch nur für einen Moment verwechselt werden können, läuft auf eine vollkommene Verkennung der intimation des Sprechens hinaus. i In seiner symbolisierenden Funktion nämlich zielt das Sprechen auf nichts Geringeres als auf eine Transformierung des Subjekts, an das es sich mittels einer Verbindung wendet, die es mit demjenigen herstellt, der es hervorbringt. Das heißt esieführt eine Signifikanten-Wirkung herbei. . r B Deshalb müssen wir noch einmal auf die Struktur der Kommunikation in der Sprache zurückkommen und definitiv das Mißverständnis der Sprache als Zeichen (langage-signe) zerstreuen, das eine Quelle von '

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ii" E. Kris «Ego Psychology and Interpretation» in: Psychoanalytic Quarterly, Bd. zo (1951) S. 15-29; vgl. vor allem S. 27 f. ' 78 Dieser Absatz wurde überarbeitet (1966). W ' ' O

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Verwirrungen des Diskurses und von Fehlentwicklungen des Sprechens darstellt. Wenn die Kommunikation der Sprache wirklichwie ein Signal aufgefaßt wird, mit dem ein Sender einen Empfänger vermittels »eines gewissen Codes über etwas informiert, gibt es keinen Grund, warum wir nicht jedem anderen Zeichen ebenisoviel oder gar mehr Glauben schenken sollten, wenn das <<etwas››, um das~es sich handelt, von einem Individuum kommt. Alle Gründe sprechen dann sogar dafür, jeder Art von Ausdruck den Vorzug zu geben, die sich natürlichen Zeichen annähert. ` _ B Auf diese Weise ist bei uns die Technik desiSprechens in Mißkreclit geraten. Denken Sie nur, wie wir nach einer Geste, Grimasse, Körperhaltung, Mimik oder Bewegung suchen, nach_ einem leichten Zittern, einem Einhalten in dem gewohnten Verhaltensablauf. Denn wir sind durchtrieben, und nichts wird uns daran hindern, unsere Spürhunde auf eine solche Fährte zu setzen. ' Daß die Vorstellung von der Sprache als Zeichen (langage-signe) unzureichend ist, werden wir an eben dem Phänomen zeigen,_-das sie im Tierreich am besten illustriert und von dem es scheint, man hätte es zu diesem Zweck erfinden müssen, wenn es nicht jüngst Gegenstand einer wirklichen Entdeckung gewesen wäre. ~ Wissenschaftlich nicht mehi*.umstritten ist, daß die Biene, die vom Honigsammeln zu ihrem Korb zurückkelırt, ihren pArtgenos'sinnen durch zwei Arten von Tänzen einen nahen oder entfernteren Fundort anzeigt. Der zweite Tanz ist der bemerkenswertere; denn die Ebene, auf der er eine Achterkurve beschreibt, die ihm den Namen wagging dance eingetragen hat, sowie die Frequenz der getanzten Kurvenabläufe in einer gegebenen Zeit bezeichnen einerseits exakt die Richtung, die abhängt vom Neigungswinkel der Sonne, an der sich die Bienen dank ihrer Sensibilität gegenüber polarisiertem Licht stets orientieren können; andererseits bezeichnen sie die Entfernung des entsprechenden Fundorts bis zu mehreren Kilometern. Die anderen Bienen beantworten die Botschaft, indem sie sich unverzüglich an den bezeichneten Ort begeben. _, _ Karl von Frisch hat etwa 'fzehn jahre gebraucht, um diese Art von Botschaften zu dekodieren. Denn es handelt sich in der Tat um einen Code oder um ein Signalsystem, das wir allein aufgrund seines gattungsbestimmenden Charakters nicht als konventionelles System ansehen dürfen. p 140 i

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Ist es indes eine Sprache? Wir können sagen, daß es sich von einer Sprache gerade durch die starre Korrelation seiner Zeichen mit der Realität unterscheidet, die diese Zeichen bedeuten. Denn in einer Sprache gewinnen Zeichen ihren Wert aus ihrem wechselseitigen Verhältnis in'der lexikalischen Verteilung ihrer Semanteme ebenso wie in der positionellen oder flexionellen Verwendung ihrer Morpheme. Das setzt sie in einen Gegensatz zu der Starrheit der Kodierung, die das Kommunikationssystem der Bienen beherrscht. Die Verschiedenheit menschlicher Sprachen erhält unter diesem Aspekt besonderes Gewicht. Wenn f'erncr eine Botschaft in der hier beschriebenen Art das Handeln eines socius bestimmt, so wird sie doch nie von ihm weiterübermittelt. Das wiederum bedeutet, daß sie gebunden bleibt an ihre Funktion eines handlungsauslösenden Relais, von dem kein Subjekt sie ablöst und zum Symbol der Kommunikation selbst erhebt“. R Die Form, in der sich Sprache ausdrückt, definiert durch sich selbst Subjektivität. Die Sprache sagt: «Geh dort lang, und wenn Du das und das siehst, biege in die und die Richtung ab.›› Mit anderen Worten: sie bezieht sich auf den Diskurs des anderen. Als solche ist sie verwickelt in die höchste Funktion des Sprechens, insofern das Sprechen den, der es hervorbringt, verpflichtet, indem es seinen Adressaten mit einer neuen Wirklichkeit besetzt. Das geschieht zum Beispiel, wenn durch ein «Du bist mein Weib» ein Subjekt sich als den Mann des <
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nehmen brauchten, um an ihr das Gepräge unseres eigenen Denkens wiederzuerkennen, daß nämlich das Sprechen subjektiv immer seine Antwort einbezieht, daß das «Du würdest mich nicht suchen, wenn Du mich nicht gefunden hättest››8° diese Wahrheit nur generell bestätigt und daß dies der .Grund dafür ist, warum in der paranoischen Verweigerung von Anerkennung oder Dankbarkeit die unbekennbare Empfindung in der Form negativer Verbalisierung in einer quälerischen Verfolgungs-«Interpretation›› zutage tritt._ Ü Wenn Sie sich beglückwünschen, jemanden getr`offen zu haben, der dieselbe Sprache spricht wie Sie, lwollen Sie ganz ebenso damit nicht sagen, daß Sie ihm in einem Allerwelts-Diskurs (discours de tous) begegnen, sondern daß Sie durch eine besondefe Art zu sprechen (parole particulière) mit ihm verbunden sind. Man sieht also hier die immanente Antinomie im Verhältnis des Sprechens und der Sprache zueinander. In dem Maße, wie die Sprache funktioneller wird, wird sie für das Sprechen zunehmend ungeeignet; 299 gerät uns die Sprache dagegen allzu privat, verliert sie ihre Funktion als Sprache. i . Ü , H' Bekannt ist bei Primitiven die traditionale Verwendung von Gelıeimnamen, mit denen das Subjekt sich selbst oder seine Götter so weitgehend identifiziert, daß, diese Namen zu offenbaren, bedeuten würde, sich selbst zu verlieren oder die Götter zu verraten. Mitteilungen unserer Patienten, wenn nicht eigene Erinnerungen belehren uns, daß nicht selten Kinder spontan die Macht dieses Brauchs wiederentdecken. Schließlich bemißt sich der Wert einer Sprache für das Sprechen an der Intersubjektivität eines «Wir››, das sie übernimmt. j An einer umgekehrten Antinomie läßt sich beobachten, daß der Rolle der Sprache, je mehr sie durch 'Annäherung an die Information sich neutralisiert, desto mehr Redundanz vorzuwerfen ist. Der Begriff der Redundanz stammt aus Untersuchungen, die desto genauer waren, je mehr sie von ökonomischen Interessen bestimmt wurden. Das Ausgangsproblem war das einer Kommunikation über große Entfernungen hinweg und insbesondere die Möglichkeit, mehrere Unterhaltungen über einen einzigen Telefondraht laufen zu lassen. Dabei konnte festgestellt werden, daß ein bedeutender Teil des phonetischen Materials zur Herstellung der gewünschten' Kommunikation in der Tat überflüssig ist. A r Ü

8° A.d.Ü.: B. Pascal, Pensées, a. a. O., Nr. 736, S. 1313.

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Für uns ist das überaus lehrreichsı; denn was bei der Information als Redundanz auftritt, ist genau das, was beim Sprechen als Resonanz dient. . 1 , 7 Die Funktion der Sprache besteht ja hier nicht darin zu informieren, sondern zu evózieren. ' _ Was ich im Sprechen suche, ist die Antwort des anderen. Was. mich als Subjekt konstituiert, ist meine Frage. Um vom anderen erkannt zu werden, spreche ich das, was war, nur aus im Blick auf das, was seiniwiürd. Um ihn zu finden, rufe ich ihn bei einem Namen, den er, um mir zu antworten, übernehmen oder ablehnen muß. Ich identifiziere mich in der Sprache, aber nur indem ich mich dabei in ihr wie_ein Objekt verliere. Was sich in meiner Geschichte verwirklicht, ist nicht die abgeschlossene Vergangenheit (passé défini) dessen, was war, weil es nicht mehr ist, auch nicht das'Perfekt dessen, der in dem gewesen ist, was' ich bin, sondern das zweite Futur (futur antérieur) dessen, was ich für das werde gewesen sein, was zu werden ich im Begriff stehe. Stelle ich mich nun dem anderen gegenüber,'um ihn zu befragen, so kann keinkybernetischer Apparat, wie -kompliziert Sie ihn sich auch vorstellen mögen, die Antwort zu einer Reaktion machen. Die Definition der Antwort als response im zweiten Teil des Stimulusresponse-Schemas ist bloß eine Metapher, die sich auf eine dem Tier zugeschriebene Subjektivität stützt, um sie dann im physikalischen Schema wegzulassen, auf das die Definition sie reduziert. Wir nennen das: Ein Kaninchen erst in den Zylinder stecken, um es dann daraus hervorzuzaubern. Eine Reaktion ist also keine Antwort. t Wenn« ich einen Knopf drücke und das Licht angeht, so_ist das keine Antwort außer' für mein Begehren. Wenn ich, um zu dem selben _Ergebnis zu kommen, ein ganzes Relaissystem ausprobieren muß, dessen genaue Einstellung ich nicht kenne, so ist das keine Frage außer für 31 jeder Sprache ihre Übermittlungsform. Da die .Legitimität solcher Forderungen von' ihrem Erfolg abhängt, ist es nicht verboten, sie moralisierend zu gebrauchen. Be_trachten wir z. B. die Maxime, die wir als Motto unseres Vorworts aufgespießt haben. Belastetimit Redundanzen mag sie vielleicht platt erscheinen. Erleichtern wir sie aber von dieser Redundanz, so erweist sich ihre Kühnheit des Enthusiasmus würdig, den sie verdient: «Bessoni vergesdastren unginbry anaphi ologi psysocline indnat nitritt -- dassini nune n'rbiol' wirtrift ithemensdı zuzumüha . . .›› Hier ist endlich die Reinheit der Botsdiaft offengelegt. Sinn hebt hier wieder sein Haupt, das Zeugnis des Seins entbirgt sich und siegreich vererbt unser Geist der Zukunft unsterblich. sein Wort. ' -_ ...-

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meine Erwartung. Und die Frage verschwindet, sobald ich eine ausreichende Kenntnis des Systems gewonnen habe, um es fehlerfrei zu handhaben. l Wenn ich aber den, mit dem ich spreche, bei irgendeinem Namen nenne, den ich ihm gebe, so lege ich ihm die subjektive Funktion zu, mir zu antworten, die er auch dann erfüllt, wenn er sie zurückweist. Hierbei zeigt sidi infolgedessen die entscheidende Rolle meiner eigenen Antwort. Diese Rolle besteht nicht nur, wie man gesagt hat, darin, vom Subjekt als Billigung oder Ablehnung seines eigenen Diskurses aufgenommen zu werden, sondern darin, es als Subjekt anzuerkennen oder abzutun. Gerade darin bestehtı, jedesmal wenn er sprechend eingreift, die Verantwortung des Analytikers. A Das Problem des therapeutischen Effekts falscher Interpretationen, das Edward Glover” in einem bemerkenswerten Artikel aufgeworfen hat, hat ihn zu Schlußfolgerungen geführt, bei denen die Frage der zutreffenden Genauigkeit von Interpretationen in den Hintergrund tritt. So wird zum Beispiel nicht nur jede gesprochene Intervention vom Subjekt seiner Struktur entsprechend aufgenommen, sondern laufgrund ihrer Form übernimmt sie Subjekt selber eine strukturierende Funktion. Gerade die Wirkungsmöglichkeit nicht-analytischer Therapien, ja sogar der einfachsten ärztlichen Rezepteibesteht darin; daß es sich bei ihnen um einen Eingriff handelt, den man als Zwangssystem der Suggestion, als hysterische Suggestion phobischer _Natur, ja sogar als Unterstützung einer Verfolgungsangst betrachten kann. Jeder von diesen Eingriffen erhält seine besondere Prägung aufgrund der Bestätigung, die Cr der Verkennung der eigenen Realität durch das Subjekt gibt. ' Das Sprechen ist in der Tat eine Gabe aus Sprache, und die Sprache ist nichts Immaterielles. Sie ist ein subtiler Körper“, aber ein Körper ist sie. Wörter stecken in allen Körperbildern, die das Subjekt fesseln; sie können eine I-Iysterikerin schwanger werden lassen, sie können sich mit dem Obj_ekt`des Penisneids identifizieren, das Harnfließen des urethralen Ehrgeizes repräsentieren oder das verhaltene Exkrement der Lust des Geizes. Darüberhinaus können Wörter selber eine symbolische Beschädigung

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32 Glover «The Therapeutic Effect of Inexact Interpretation. A Contribution to the Theory of Suggestiom, in: Int. J. PsA, Bd. ,ı2 (1931), S. 4. B3 A.d.Ü.: Vgl. Anm. 26 zu «Die Ausrichtung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht».

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erfahren und imaginäre Handlungen vollziehen, deren Subjekt der Patient ist. Man erinnere sich der Wespe, die, um ihren Anfangsbuchstaben kastriert, in dem Augenblick zu S.P., den Initialen des Wolfsmanns, wurde, als dieser sich der symbolischen Bestrafung bewußt geworden war, die/Gruscha,idie Wespe, an ihm vorgenommen hatte“. Man erinnere sich ferner des S, daš das Residuum der hermetischen Formel darstellt, zu der sich die Zauberworte des Rattenmannes ver-_ dichtet hatten, als Freud aus dieser Chiffre das Anagramm des Namens der Geliebten zog. In dieser Formel wird das S mit dem Amen vom Schluß seines Stoßgebets vermählt und überschwemmt auf ewig den Namen der Dame mit dem symbolischen Ausstoß einer impotenten Begierde“. " s In gleicher Weise zeigt uns ein von den aufschlußreichen Bemerkungen Abrahamsinspirierter Artikel von Robert Fliess“, daß der Diskurs insgesamt gemäß den Verschiebungen iin'Körperbild erotisiert werden kann, die zu einem gegebenen Moment von der analytischen Beziehung bestimmt sind. i Der Diskurs übernimmt dannjeweils eine phallisch-"~urethrale, analerotische, ja oral-sadistische Funktion. Es ist übrigens bemerkenswert, daß der Autor die Wirkung dieser Funktion zumeist im Schweigen erfaßt, das eine Hemmung der Befriedigung anzeigt, die das Subjekt im Schweigen empfindet. . .' Auf diese Weise kann das Sprechen im Subjekt zum imaginären, ja sogar zum realen Objekt werden und als solches in mehr als einer Hinsicht die Funktion der Sprache herabsetzen. Wir stellen es dann in die Parenthese des Widerstands, den es manifestiert. , Doch tun wirdas nicht, um es auf den Index der analytischen Beziehung zu setzen; denn die würde damit- bis hin zu ihrer raison d'être alles verlieren. _ R Die Analyse kann nur das Heraufkommen des wahren Sprechens (parole vraie) zum Ziel haben und auf Seiten des Subjekts die Verwirklichung seiner Geschichte in ihrer Beziehung zu einer Zukunft. μ A Diese Dialektik durchzuhalten, bedeutet, sich jeder objektivierenden Ausrichtung_der Analyse zu widersetzen. Diese Notwendigkeit hervorzuheben, ist eine Grundvoraussetzung, um die Verirrungen der neuen _

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3*' A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. X_II, S. 128. _ 35 A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. VII, S. 442 f. 3° R. Fliess «Silence and Verbalization. A Supplement to 'the Theory of the
tic Rule›», in: Int.`]. PsA., Bd. 30 (1949), S. 1.

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Tendenzen zu durchschauen, die in der Psychoanalyse hervorgetreten sind.

Wir wollen unsere Erörterungen veranschaulichen, indem wir uns nochmals Freud zuwenden und insbesondere dem Fall des Rattenmanns, dessen wir uns bereits zuvor zur Erläuterung bedient haben. Freud springt sogar mit der Exaktheit der Tatsachen nach seinem Belieben um, wenn es darum geht, zur Wahrheit des Subjekts vorzudringen. Beim Rattenmann bemerkt er einmal die bestimmende.Rolle, die am Ursprung der gegenwärtigen Phase seiner Neurose der Vorschlag seiner Mutter, sich zu verheiraten, für das Subjekt gespielt hat. Er hatte diesen Geistesblitz, wie wir in unserem Seminar gezeigt haben, aufgrund eigener Erfahrung. Nichtsdestowenigcr zögert er nicht, dem Subjekt die Wirkung die es Vorschlags zu interpretieren, als berulie sie auf dem Verbot einer Verbindung mit der Dameseines Herzens seitens des verstorbenen Vaters. r ' ' Das ist nicht bloß der Sache nach, sondern auch psychologisch ungenau. Denn dieKastrationshandlung des Vaters, die Freud hier mit einer Nachdrücklichkeit betont, die man für systematisch beabsichtigt halten kann, hat 'in diesem Fall nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Doch die Einsicht in die dialektische Beziehung ist so, treffend, daß die Interpretation dieser Einzelheit dur`ch Freud das entscheidende Auftreten der Todessymbole auslöst, die das Subjekt narzißtisch an den toten Vater und zugleich an die idealisierte Dame binden, wobei sich die Bilder beider gegenseitig in einem für Zwangscharaktere typischen Gleichgewicht halten: das eine in einer phantasmatischen Aggressivität, die es 'am Leben erhält, das andere in einem Kult der Selbstabtötung, der es in ein Idol verwandelt. .Freud erreicht sein Ziel auf gleiche Weise, wenn er die erzwungene Subjektivierung der Zwangsschuldm, die der Patient als Druckmittel bis zum Delirium gegen sich ausspielt, in dem Szenarium der vergeblichen Rückgabe des Geldes erkennt, das allzu deutlich 'die imaginären Momente ausdrückt, als daß das Subjekt auch nur versuch30 te, es in die Tat umzusetzen. Freud läßt seinen Patienten in dem Bericht von der Taktlosigkeit des Vaters, von seiner Heirat mit der Mutter, von dem «hübschen armen Mädchen››, von den unglücklichen Liebesaffären, von der Undankbarkeit in der Erinnerung an einen 37 Der Terminus soll hier als Äquivalent zu dem der Zwangsbefürchtung gelten, der ohne Sinnverlust in seine semantischen Bestandteile zerlegt werden muß. 146

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hilfreichen Kameraden - Freud also läßt seinen Patienten mit der schicksalhaften Konstellation, die selbst seine Geburt beherrschte, in seiner Lebensgeschichte das Aufklaffen wiederfinden, das jene symbolische Schuld unmöglich zuzuschütten vermochte, deren Protest die Neurose ist. ' ~ ' Hier gibt es keine Spur eines Rückgriffs auf das gemeine Gespenst einer was-weiß-icl_a'-wie-gearteten ursprünglichen <
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zugleich das Objekt, auf das dieses Begehren sich richtet, widersinnig zu übersetzen. ~ ' Der Hysteriker fängt sein Objekt mit einer raffinierten Intrige ein, und sein ego ist der Dritte im Bunde aufgrund einer Vermittlung, die es dem Subjekt erlaubt, das Objekt zu genießen, in welchem seine Frage sich inkarniert. Der Zwangsneurotiker zieht die Objekte, in denen seine Frage in einem vielfachen Alibi tödlicher Figuren. widerhallt, in den Käfig seines Narzißmus' undlenkt, indem er als Dompteurihrer Akrobatik auftritt, ihre zweideutigen Huldigungen in die Richtung der Loge, in der er selbst den Platz eines Gèbieters einnimmt, der sich nicht zu selıen vermag. l Traloit sua qnemque 'volnptas9°; der eine identifiziert sich mit einem Schauspiel, und der andere setzt sich in Szene. i R ' Dem Hysteriker müssen Sie zur Einsicht darüber verhelfen, wo sein Handeln abläuft, denn der Begriff des acting ont _ist bei ihm wörtlich zu nehmen, da er) außerhalb seiner agiert. Den Zwangsneurotiker müssen Sie dahin bringen, Sie als den von der Bühne aus unsichtbaren Zuschauer zu erkennen, an den er über die Vermittlung des Todes gebunden ist. . ` Stets muß man im Verhältnis der Instanz des Ich eines Subjekts (moi du sujet) zum personalen Ich seines Diskurses (je de son discours) den richtungweisenden Sinn dieses Diskurses begreifen, um die Entfremdung des Subjekts aufzuheben. ~ Doch wird man nicht dahin gelangen, wenn man der Vorstellung verhafte_t bleibt, daß die Instanz des Ich (moi) im Subjekt identisch ist mit der Gegenwart, die zu einem spricht. e Dieser Irrtum wird durch die Terminologie der Topik begünstigt, die für ein objektivistisches Denken eine allzu große Versuchung darstellt, indem sie ihm erlaubt, vom Ich (moi), das als System der Wahrnehmung und des Bewußtseinsgı, das heißt als System der, Objektivationen des Subjekts definiert ist, zu einem Ich (moi) abzugleiten, das als Korrelat einer absoluten Realität begriffen wird, und damit in einer merkwürdigen Wiederkehr des verdrängten psychologistischen Denkens eine < im Ich wiederzufinden, an der jemand wie Pierre Janet seine Vorstellungen orientiert. 9" A.d.Ü.: Maxime aus Vergil, Bucolica jl 6;: «Jeden treibt seine eigene Begierde» Vgl. P. Vergili Maronis, Opera, ed. R. Sabbadini, Bd. I, Rom (Typis Regiae Offficinae Polygraphicae)" 1937, S. 41.

M A.d.U.= s. Freud, G.w., B4. X111, s. 247 ff. 148

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Ein solches Abgleiten kann nur deshalb erfolgen, weil m_an_ nicht erkannt hat, daß die Topik von ego, id und superego im Werk Freuds der Metapsychologie untergeordnet ist, deren Begriffe Freud zur gleichen Zeit entfaltet und ¬ohne die die Topik ihren Sinn verliert. Mit diesem Abgleiten hat man sich einer psychologischen Orthopädie ver; schrieben, die nicht/aufhöreniwird, Früchte zu tragen. Michael Balint hat überaus eindringlich die vielfache Verflechtung von Theorie und Technik bei der Herausbildung einer neuen Konzeption von Psychoanalyse beschrieben underörtert. Er findet keine bessere Formel zu charakterisieren, worauf sie hinausläuft, als das von Rickman entlehn"te Wort vom Heraufkommen einer itwo-body-psycbology. Besser kann man es in der Tat nicht ausdrücken. Die Analyse wird zur Beziehung zweier Körper, zwischen denen sich eine phantasmatische Kommunikation herstellt, in der der Analytiker dem Subjekt beibringt, sich als Objekt. aufzufassen. Subjektivität ist in ihr nur in der Parenthese der Illusion zugelassen, und das Sprechen wird auf den Index einer_ Suche nach Erlebnissen gesetzt, die zum obersten Ziel' der Analyse wird. Das dialektisch notwendige Ergebnis erscheint in dem Umstand,'°daß die von jeder Zügelung befreite Subjektivität des Analytikers das Subjekt allen Vorhaltungen überantwortet, die der Analytiker ihm macht. ' Wenn die intrasubjektive Topik einmal zu Einheiten geronnen ist, setzt sie sich in der Tat in der Arbeitsteilung zwischen den in der Analyse einander konfrontierten Subjekten durch. 'Diese abwegige Anwendung der Formel Freuds, daß alles, was id war„eg0 werden sollegz, tritt in einer entmystifizierten Form auf. Das zu einem Dieses (cela)°3 umgebildete Subjekt muß sich nach einem ego richten, in dem der Analytiker ohne Schwierigkeit seinen Verbündeten erkennt, da es sich in Wirklichkeit um sein eigenes ego handelt.) R 8 l _ Genau dieser Vorgang drückt sich in manchen theoretischen Formulierungen vom splitting des ego in' der Analyse aus. Die Hälfte des ego des Subjekts geht auf die andere Seite der_Mauer, die den Analysanden vom Analytiker trennt, dann die -Hälfte der Hälfte' und so weiter in einer asymptotischen Prozession, die, wie weit sie auch immer in die Meinung vorgetrieben wird, die das Subjekt von sich W A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G.W., Bd. XV, S. 86: «Wo Es war, soll Ich werden» Lacari verwendet hier (wie zuvor schon) statt der französisdıen die englisd1enTermir1i, um polemisch deren Differenz zu Freud zu bezeichnen. Ä A °3 A.d.Ü.: «Cela›› meint eine objektivistische Form des Es (ça). .. ~

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wird gewonnen haben, nicht ganz die Marge_ zu beseitigen vermag, von der aus es sich auf den Irrweg der Analyse zurückbesinnen kann. 1 Wie aber kann das Subjekt bei einer Analyse, die nach dem Prinzip vcrfährt, daß alle seine Formulierungen Widerstandssysteme darstellen, gegen die vollständige Desorientierung verteidigt werden, in der dieses Prinzip die Dialektik des Analytikers beläßt? . 4 r ' Freuds Interpretation,ideren dialektisches Verfahren im Fall der'Do'ra so deutlich in Erscheinung tritt, weist diese Gefahr nicht auf. Denn sobald die Vorurteile des Analytikers, (das heißt s_eine Gegenübertragung, ei_n Begriff, dessen korrekter Gebrauch unserer Meinungnach nicht über die dialektischen Gründe des Irrtums hinaus ausgedehnt werden sollte), sobald also die Vorurteile des Analytikers ihn bei seiner Intervention irregeführt haben, zahlt er sofoıi-t den Preis dafür in Form einer negativen Übertragung. Diese tritt mit desto größerer Intensität auf, je weiter die Analyse das Subjekt bereits in die authentische Erkenntnis eingeführt hat, und gewöhnlich zieht sie einen Abbruch der Analyse nach sich. A “Eben das ist ja auch im Fall der Dora aufgrund der Hartnäckigkeit Freuds geschehen, mit der er ihr die Einsicht hat vermitteln wollen, daß das verborgene Objekt ihres Begehrens in der Person jenes Herrn K. zu suchen sei, in dem er wegen der Vorurteile, die seine Gegenübertragung bildeten, ein Glücksversprechen für sie zu sehen sich genötigt fand“. R Zweifellos fiel Dora selber in dieser .Beziehung einer Täuschung zum Opfer, doch_hat sie nicht weniger lebhaft gespürt, daß es Freud mit 306 ihr ebenso erging. Aber als sie ihn nach fünfzehn Monaten wieder aufsucht, nach einer Zeitspanne also, in die sich die schicksalhafte Zahl ihrer «Zeit des Verstehens›› einschreibt, beginnt sie, wie man spürt, mit der Täuschung, vorgetäuslcht zu haben. Die Konvergenz dieser Täuschung zweiten Grades mit der aggressiven Absicht, die ihr Freud gewiß nicht ohne Richtigkeit, aber doch in Unkenntnis des realen Beweggrundes vorhält, zeigi: uns den Umriß einer intersubjektiven Komplizenschaft, die eine auf ihre Rechte pochende «Widerstandsanalyse›› zwischen ihnen beiden hättefortsetzen können. Ohne Zweifel :hätte sich mit den Mitteln, die uns inzwischen aufgrund unserer' Fortschritte in der Technik zu Gebote stehen, der menschliche /

°*' A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. V, S. 282 f. 150

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Irrtum über 'die Grenze hinaus fortsetzen lassen, jenseits derer er teuflisch wird. All das ist nicht auf unserem Mist gewachsen. Freud selbsthat nachträglich die für die Beurteilung des späteren Sachverhalts bedeutsame Quelle seines Scheiterns darin gesehen, daß er während der Analyse die homosexuelle Stellung de_s Objekts verkannte, auf das das Begehren der Hysterikerin sich fichtetegs. . ' Zweifelsohne verweist die gesamte Entwicklung, die zur gegenwärtigen Tendenz-derPsychoanalyse geführt hat, von Anbeginn an auf das schlechte Gewissen des Analytikers angesichts des Wunders, das er durch sein S_prechen wirkt. Er interpretiert ein Symbol, und auf einmal verschwindet ein Symptom, das jenes Symbol mit Buchstaben des Leidens ins Fleisch des Subjekts eingeschrieben hat. Diese Wundertätigkeit verstößtgegen die guten Sitten. Schließlich sind wir Wissenschaftler und sollten nicht die Praktiken der Magie verteidigen. Man entledigt sich ihrer, indem man dem Patienten magisches Denken vorwirft. Bald sind wir soweit, unseren Kranken das Evangelium nach Légvy-Br-uhl zu predigen. Einstweilen jedoch sind wir zu Denkern geworden und richten die angemessene Distanz wieder auf, die es den Kranken gegenüber zu wahren gilt und deren Tradition man ein wenig zu schnell aufgegeben hat. Überaus vornehm wurde diese Tradition ausgedrückt von Pierre Janet in seinen Zeilen über die (im Vergleich mit unserer erhabenen Position) geringen Fähigkeiten einer Hysterikerin: «Die arme Kl'ei'ne››,'so läßt er uns wissen, «versteht nichts von der Wissenschaft und stellt sich nicht einmal vor, daß man Interesse an ihr haben könnte . . . Stellt man die Unkontrolliertheit in Rechnung, die für das Denken der Hysteriker charakteristisch ist, so wird man, statt sich über ihre Lügen aufzuregen, die übrigens recht naiv sind, sich eher darüber wundern, daß es unter ihnen nochiso vieleehrliche Leute gibt und so weiter.›› Soweit diese Zeilen eine Einstellung wiedergeben, der heute viele jener Analytiker verfallen sind, die sich dem Kranken gegenüber dazu herablassen, «seine Sprache» zu sprechen, können sie uns helfen zu begreifen, was inzwischen geschehen ist. Wenn Freud intellektuell imstande gewesen wäre, diese Zeilenzu unterschreiben, wie hätte er dann aus den kleinen Geschichten seiner ersten Kranken die Wahrheit heraushören können, was ihm ja tatsächlich gelang, oder wie_hätte er gar °5 A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, a.a.O., S. 284, Anm. 1. 151

das dunkle Delirium eines Schreber so weit entziffern können, daß er es zum Maß des ewig an seine Symbole geketteten Menschen machen konnte?

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Ist unsere Vernunft so schwach, daß sie sich nicht, in der Besinnlichkeit der Gelehrtensprache und im ersten Austausch eines symbolischen Objekts als identische efkennt und daß sie nicht in beiden das gleiche Maß ihrer ursprünglichen List wiederfindet? i Ist es notwendig, daran zu erinnern, was die Elle des «Denkens›› den Praktikern einer Erfahrung wert ist, die die Beschäftigung mit ihm eher mit innerer Erotik vergleichen als. mit einem_Äquivalent des Handelns? _ a Muß, wer zu Ihnen spricht, beweisen, daß er für sêinen Teil nicht aufs Denken zu rekurrieren braucht, um zu begreifen, daß er, wenn er zu Ihnen in diesem Augenblick vom Sprechen spricht, das insofern tun kann, als wir über eine gemeinsame Technik des Sprechens verfügen, die Sie in die Lage versetzt, ihn zu verstehen, wenn er von ihr spric:ht,_und die ihn befähigt, sich über Sie an diejenigen zu wenden, die davon nichts verstehen? ' . ` Zweifellos müssen wir unser Ohr dem Nichtgesagten öffnen, das in den Löchern des Diskurses ruht, aber .es ist nicht herauszuhören wie Klopfzeichen hinter einer Mauer. › ` Denn um uns von nun an, wie manche sich rühmen, nur mit diesen Geräuschen zu beschäftigen, müssen wir einräumen, daß wir uns nicht die geeignetsten Bedingungen geschaffen haben, um ihren Sinn zu entziffern. Wie soll man, ohne sich über das Verständnis dieses Sinns Kopfschmerzen zu bereiten, etwas übersetzen, was nicht per se die eigene Sprache ist? Kommen wir also dahin, ans Subjekt zu appellieren, weil wir schließlich dieses Verstehen auf sein Konto überweisen müssen, so schließen wir es ein in eine Wette, die zum Gegenstand hat, daß wir es* verstehen, und wir warten darauf, daß wir bei einer Erwiderung beide gewinnen. Damit wird es, diesem Hin und Her folgend, ziemlich einfach lernen, selbst den Takt anzugeben - eine Suggestion, die soviel wert ist wie jede andere; das heißt, daß man bei dieser Suggestion, .wie bei jeder anderen, nicht weiß, wer anspielt. Der Vorgang wird als recht sicher erkannt, wenn es sich darum handelt, ans Loch zu gelangengó. Auf halbem Wege zu diesem Extrem stellt sich die Frage: Bleibt die °° Zwei 'Absätze wurden überarbeitet (1966). 152

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Psychoanalyse _eine dialektische Beziehung, in der das Nicht-Handeln des Analytikers den Diskurs des Subjekts zur Verwirklichung seiner Wahrheit lenkt, oder wird sie reduziert auf eine Beziehung von Phantasmen, in der zwei «Abgründe sich einander nähern››, ohne sich zu berühren, bis die Skala imaginärer Regressionen erschöpft ist, also auf eine Art lvundlirzgw, das als psychologische Probe bis an seine äußersten Grenzen getrieben wird? › Diese Illusion, die uns dazu treibt, die Realiiät des Subjekts jenseits der Mauer der Sprachezu suchen, ist die gleiche, aufgrund derer das Subjekt glaubt, seine Wahrheit sei in uns bereits vorhanden oder wir wüßten sie im vorhinein. Und eben auch dadurchklafft das Subjekt unseren objektivierenden Interventionen entgegen. Ohne Zweifel muß es für seinen Teil diesen subjektiven Irrtum nicht verantworten, der, ob er nun in seinem Diskurs eingestanden wird oder nicht, der Tatsache immanent ist, daß es in die Analyse gekommen istund dem grundlegenden Pakt zugestimmt hat. Die Subjektivität dieses Moments sollte man um so weniger vernachlässigen, als wir in ihm den Grund dessen finden können, was man insofern als die konstitutiven Faktoren der Übertragung bezeichnen kann, als sie sich durch einen Realitätsindex von den nur abgeleiteten Faktoren derselben unterscheidengs. _. . ~Wie erinnerlich insistierte Freud, als er die Gefühle berührte, die in die Übertragung eingebracht werden, auf der Notwendigkeit, in ihnen einen Realitätsfaktor zu unterscheiden. Es wäre, so schließter, ein Mißbrauch der Folgsamkeit des Subjekts, wollte man ihm in allen Fällen einreden, seine Gefühle gegenüber dem Analytiker seien eine simple Wiederholung seiner Neurose in der Übertragung. Wenn infolgedessen diese wirklichkeitsbezogenen Gefühle sich als die primären “T Man bezeidınet mit diesem Begriff einen ursprünglich keltischen Brauch, den es nodı bei einigen biblischen Sekten Amerikas gibt. Er gestattet es Verlobten und sogar durchreisenden Gästen, gemeinsam mit der Tochter'des Hauses unter der Bedingung im selben Bett zu sdılafen, daß beide ihre Kleider anbehalten. Die Bedeutung des Wortes stammt daher, daß die Mädchen gewöhnlich wie Bündel in Tüdıer eingewickelt wurden. (Quincey erwähnt diesen Brauch; vgl. auch das Buch von Aurand le Jeune über diese Praktik in der Amish-Sekte.) Der Mythos von Tristan und Isolde, ja der Komplex,_den er repräsentiert, könnte dem Psychoanalytiker als Garant seiner Suche nach der Seele dienen, die durch eine allrnähliche Ablösung instinktmäßigcr Phantasmen eine mystifızierende Vermählung herbeiführt. . _ ` "Ü Man findet hier definiert, was wir später als Stütze der Übertragung bezeichnet haben, nämlich das angeblich wissende Subjeki (sujet-supposé-savoir) (1966).

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erweisen und unser persönlicher Charme als Analytiker ein Zufallsfaktorfibleibt, kann der Anschein. entstehen, es gebe dabei irgendein Geheimnis. T A Doch dies Geheimnis klärt sich auf, wenn es_ in der Phänomenologie des Subjekts gesehen wird, denn das Subjekt konstituiert sich durch die Suche nach Wahrheit. Man braucht sich nur den traditionellen Lehren zuzuwenden, die uns die Buddhisten (aber nicht nur sie) liefern, um in dieser Art von Übertragung einen der Existenz eigentümlichen Irrtum zu erkennen. Sie gliedern diese Lehren unter drei Gesichtspunkten, die sie wie folgt zusammenstellen: Liebe, Haß_und Ignoranz. Als Gegeneffekt der Bewegung der Analyse verstehen wir ihre Äquivalenz in dem, was man eine ursprünglich positive Übertragung nennt. jedes der drei wird von den anderen ıbeiden unter diesem existentiellen Aspekt erhellt, wenn man nicht das dritte ausnimmt, das wegen seiner Nähe zum Subjekt gewöhnlich weggelassen wird. Ã i ' Wir erinnern hier an eine Invektive seitens eines Autors, dessen Schuld uns gegenüber an der gleichen Verwendung des Terminus <<'real>› zu erkennen. ist. Durch diese Invektive wurden wir`in einer (von uns bereits allzu häufig zitierten) Arbeit insofern zum Zeugen mangelnder Zurückhaltung, als sie das Spiel der Instinkte in-der Analyse sinnlos objektivierte. Mit folgenden Worten machte er, wie man so sagt, «seiner Seele Luft››: «Es ist höchste Zeit, daß mit der Hochstapelei Schluß gemacht wird, die glauben machen möchte, in der analytischen Behandlung gehe irgend etwas Reales vor sich.›› Übergehen wir einfach, was daraus geworden ist. Denn wenn die Analyse das orale Laster des Hundes, von dem die Heilige Schrift spricht, nicht geheilt hat, ist seine Verfassung jetzt schlimmer als zuvor: er frißt, was andere atısgekotzt-habengaa. s Dieser Witz ist indes nicht schlecht gezielt. Denn er sucht in der Tat nach einer`bisher in der Analyse nicht vorgenommenen Unterscheidung, die wir später in den Begriffen des Symbolischen, Imaginären und Realen fundiert haben. i In der analytischen Erfahrung bleibt die Realität in der Tat oft von negativen Formen verschleiert, aber es ist nicht allzu schwer, sie auszumachen. S g W' A›d-Ü-¦ SP1'-425, II: «Wie ein Hund sein gespeiets wider frisst / Also istder Narr der seine narrheit wider treibt.› Zit. nach M. Luther, Die gantze Heilige Sehrifft Deudsdi, Wittenberg 1545, (repr. München [Rogner ôc Bernhard] 1972, S.rı29J , 1 154

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Ihr begegnet man zum Beispiel in dem, was wir als aktives Eingreifen mißbilligen; doch wäre es falsch, ihre Grenzen dadurch zu. bestimmen. . ` Denn es ist andererseits klar, daßidie Enthaltung des Analytikers, seine Weigerung zu antwoııten, ein Element der Realität in der Analyse darstellt. Genauer gesagt liegt in dieser Negativität, soweit sie als reine Negativität von jedem besonderen Motiv gelöst ist, die Gelenkstelle zwischen dem 'Symbolischen und dem Realen. Das folgt einfach daraus, daß dieses Nicht-Handelnsich auf unser durch jenes Prinzip gestützte Wissen gründet, daß alles,'was wirklich ist, vernünftig ist. Ferner gründet es sich auf das daraus abzuleitende Motiv, es sei Sache des Subjekts, sein ihm eigenes Maß wiederzufinden. Im übrigen wird diese Enthaltung nicht unbegrenzt beibehalten; sobald die Frage des Subjekts die Form, eines wahren Sprechens angenommen hat (parole vraie), sanktionieren wir sie durch unsere Antwort. Doch haben wir gezeigt, daß das wahre Sprechen seine Antwort bereits enthältund daß wir sie nur wie in einer Antiphon verdoppeln. Kann das nun etwas 'anderes heißen, als daß wir lediglich dem Sprechen des Subjekts seine dialektische Interpunktion geben? Hieraus erhellt das weitere Moment, in dem das Symbolische und das Reale sich verbinden und das wir theoretisch bereits begründet haben: die Funktion der Zeit. Es lohnt sich, einen Augenblick bei den technischen Wirkungen der Zeit zu verweilen. Die Zeit spielt in der Technik unter verschiedenen Gesichtspunkten eine Rolle. ' ' I ~' 1 Zunächst stellt sie sich in der Gesamtdauer der Analyse dar und bedingt den Sinn, der einer Beendigung der Analyse zugeben ist. Diese Frage ist vorrangig vor der nach den Zeichen ihres Endes. Wir werden das Problem der Festsetzung eines Endes kurz berühren. Doch ist schon jetzt deutlich, daß die Dauer der Analyse für das Subjekt nur als unbegrenzt antizipiert werden kann. S Und das aus zwei Gründen, 'die man nur in dialektischer Perspektive trennen kann: Der eine betrifft die Grenzen unseres Feldes und bestätigt unsere Bemerkungen über die Bestimmung seines Umfangs. Wir können die Zeit des 'Versiehens bei einem Subjekt insofern nicht vorhersehen, als sie einen psychologischen Faktor einschließt, der sich uns als solcher entzieht. '"

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Der zweite Grund betrifft das Subjekt selbst. Die Festsetzung eines Endes der Analyse kommt einer verräumlichenden Projektion gleich, in der das Subjekt je schon von dem Moment an sich selbst entfremdet ist, in dem seine Wahrheit als terminierbar vorausgesehen werden kann. Was immer von ihr in einer verräumlichten Intersubjektivität ankommen mag, es ist dies: daß die Wahrheitbereits da ist; das heißt, wir würden im Subjekt seine ursprüngliche Täuschung in dem Maße wieder herbeiführen, in dem es in uns seine Wahrheit setzt, und wir würden insofern, als wir es mit' unserer Autorität darin bestärkten, die Analysein eine Verwirrung lenken,deren Resultate unmöglich zu korrigieren wären. s g Gerade das ist in dem berühmten Fall des \Volf§manns geschehen, dessen 'exemplarische Bedeutung Freud so gut begriffen hat, daß er in seinem Aufsatz über «Die endliche und die unendliche Analyse» wieder auf ihn eingeht. ' , i l Welche (im eigentlichen Sinne des Wortes) divinatorisclie” Sicherheit auch immer ein Analytiker bei der vorweggenommenen Festsetzung eines Endes der Analyse dem Beispiel Freuds folgend unter ,Beweis stellen mag, der`diese' erste Form aktiven Eingreifens selbst eingeführt hat (pro pmíorl), diese Festsetzung wird das ,Subjekt stets in einer Entfremdung von seiner Wahrheit belassen. _ g Die Bestätigung dessen finden wir darüberhinaus in zwei Tatsachen des Freudsclıen Falls: A 'J Trotz des ganzen Bündels von Beweisen, die die Historizität ,seiner Urszene belegten, trotz der gegenüber Freuds Versuchen, sie methodisch in Zweifel zu stellen, unerschütterlichen Überzeugung von dieser Historizität vermochte der Wolfsmann erstens nie, ihre Wiedererinnerung in seine Geschichte zu integrieren. I H ` Zweitens zeigt er seine Entfremdung schließlich in der kategorischsten Form, der Paranoia. , ,_ 9” Aulus Gellius schreibt: «Wenn es bei einem Prozeß darum geht, wer' mit dem Amt des Anklägers betraut werden soll und wenn zwei oder mehr Personen für dieses Amt eingeschrieben zu werden verlangen, heißt das Urteil, mit dem das Gericht den Ankläger benennt, divinatio . . . Dieses Wort kommt daher, daß, weil

Ankläger und Angeklagrer zwei korrelativc Institutionen sind, von 'denen eine nicht

ohne die andere existieren kann, und weil die Art des Urteils, um die es hier~gel_ıt, einen Angeklagten ohne Ankläger präsentiert, daß man sich also auf die divinatio stützen muß, um zu finden, was der Fall nicht hergibt, vielmehr noch unerkannt läßt, eben einen Ankläger.›› A.d.Ü.: Aulus Gellius, Noctes Atticae, ed. P. K. Marshall, Oxford (Clarendon Press) 1968, II. 4. 3., S. 82. i _/ 156

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Tatsächlich spielt hier noch ein anderer Faktor mit, durch den die Wirklichkeit in die Analyse eingreift, nämlich die Übergabe des Geldes, dessen symbolischen Wert wir uns anderswo darzustellen vorbehalten, dcssen Reichweite aber bereits angedeutet ist in dem, was wir über die Verbindung des Sprechens mit einer für den primitiven Tausch grundlegenden Gabe geäußert haben. Hier nun ist die Gabe des Geldes aufgrund der Initiative Freuds verweigert worden, in der. wir, ebenso wie in der Beharrlichkeit, mit der er'auf den Fall zurückkommt, eine in ihnf selbst nicht aufgelöste subjektive Form der Probleme erkennen können, die dieser Fall offenläßt. Niemand zweifelt daß dies ein auslösender Faktor der Psychose gewesen ist, ohne indes genauer zu wissen, warum. i Begreift man denn nicht, 'daß man ein Subjekt entschieden in die Entfremdung von seiner Wahrheit hineintreibt, wenn man zuläßt, daß es aufgrund der Verdienste seines Falls um die Wissenschaft als Pensionär der Psychoanalyse ernährt wird? (Denn nur aufgrund einer Sammlung unter den Analytikern vermochte der Wolfsmann mit einer Rente seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.) i ' Das Material der nachfolgenden Behandlung, in der der Kranke Frau Ruth -MacBrunswi“ck anvertraut wurde, belegt die Verantwortung jener ersten Kur, indem es unsere These über den jeweiligen Ort des Sprechens und der Sprache in der psychoanalytischen Vermittlung erhärtet.. vg _ ., Darüberhinaus kann man unterm Gesichtspunkt des Sprechens und der Sprache begreifen, wie Ruth MacBrunswid< sich im ganzen nicht schlecht mit ihrer 'delikaien Rolle gegenüber der Übertragung zurechtgefunden hat. (Man wird sich der Mauer in unserer Metapher erinnern, die ebenfalls in einem der Träume auftaucht. Die Wölfe des Schlüsseltraums gieren danach, um sie herumzugelangen . . Den Hörern unseres Seminars ist all das bekannt, und die übrigen mögen sich darin übengga. ' y t Wir wollen ein anderes, uns gegenwärtig besonders unter den Nägeln brennendes Problem der Funktion der Zeit in der analytischen Technik angehen. Wir wollen über die Sitzungsdauer sprechen. . S Es handelt sich auch hierbei um ein Element, das ,tatsächlich zur Realität gehört, denn es stellt unsere Arbeitszeit dar, und damit fällt es unter die Rubrik einer beruflichen Arbeitsregelung, die man für vordringlich halten mag. 9°* Zwei Abschnitte neu geschrieben (ı966).

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Doch ihre subjektiven Auswirkungen sind nicht weniger bedeutsam, vor allem-für den Analytiker. Das Tabu, mit dem in der jüngsten Diskussion die Sitzungsdauer belegt worden ist, beweist zur Genüge, daß in diesem Betracht die subjektive Einstellung der Analytiker ganz und gar nicht frei ist, und die skrupulöse, um' nicht zu sagen zwanghafte Art, mit der gewisse, wenn nicht die, meisten Analytiker die Einhaltung eines Standards beachten, dessen .historische und geographische Abweichungen im übrigen niemanden zu beunruhigen scheinen, ist gewiß ein Zeichen dafür, daß hier ein Problem vorliegt, das man um so weniger anzugehen bereit ist, als man spürt, daß es die Funktion des Analytikers sehr. weitgehend in Frage stellen würde. ` Andererseits kann man seine Bedeutung. für das Subjekt, das sich einer Analyse unterzieht, nicht verkennen. Das_ Unbewußte, so äußert man in einem Ton, der desto' erfahrener klingt, 'je weniger man in der Lage ist zu rechtfertigen, was man sagen möchte, das Unbewußte also braucht Zeit, um sich zu offenbaren. Dem stimmen wir durchaus zu. Doch fragen wir, wie es zu messen ist. Istí_ sein Maß dasdes Unıversums der Präzision, um einen Ausdruck Alexandre Koyrés zu gebrauchen? Zweifelsohne leben wir in diesem Universum, 'doch ist seine Geltung für den Menschen vergleichsweise jungen Datums, da es genau bis zur Uhr von Huygens zurückreicht, also ins Jahr 16 5 9, und das Elend des modernen Menschen läßt uns' daran zweifeln, ob diese Präzision für ihn ein Faktor der Befreiung ist. Ist diese Zeit des freien Falls geheiligt, weil sie der Zeit der Sterne entspricht; die in Ewigkeit durch Gott festgesetzt ist, der, wie Lichtenberg sagt, unsere Sonnenuhren aufziehtggb? Vielleicht erhalten wir eine bessere Vorstellung vonder Zeit, wenn wir die Zeit, die nötig ist, um ein symbolischeS Objekt hefvofzubfifigfin, mit dem unaufmerksamen Augenblick vergleichen, in dem wir es fallenlassen? `i ~ _ , Wie dem auch Sei, glauben wir, wenn unsere Arbeit als Analytiker in dieser Zeitspanne problematisch bleibt, einiges Licht in die Funktion der Arbeit "bei dem gebracht zu haben, was der Patient in dieser Zeit realisiert. , › 8 ' S Doch die Realität dieser Zeit nimmt, was immer sie sein mag, sofort einen verräumlichten Wert an, nämlich den der Annahme eines Produkts dıeser Arbeit. , ` Wh A-d-Ü-¦ Y81- G« C» Lidflfiflbfifg, Aphorismen, ed. A. Leitzrnann, 3. Heft: 177i "" 1779› Beflm (Behr) 19°5› F 1013, 5« 306 (= Deutsche Literaturdenkmale des I8. und 19. Jahrhunderts, No. 136, F. 3, Nr. 15), 'I

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Wir spielen eine Rolle des Aufzeichnens, indem wir die in jedem symbolischen Austausch fundamentale Funktion übernehmen, das zu sammeln, was do /eamo99°, der Mensch in seiner Authentizität, das bleibende Sprechen nennt (parole qui dure). i g ' ` Als Zeuge aufgerufen für die Ehrlichkeit des Subjekts, als Verwahrer der Prozeßakten seines Diskurses, als Referenz für seine Genauigkeit, als Garant seiner Aufrichtigkeit, als Hüter seines Testaments, als Gerichts_schreiber seines jeweils letzten Willens hat der Analytiker etwas von einem Kopisten. /r _ ' _ I i, Doch er bleibt Herr der .Wahrheit, deren' Fortschritt dieser Diskurs ist. Vor allem er ist es, der, wie wir gesagt haben, dessen Dialektik interpunktiert; Hier nun wird er als Preisrichter dieses Diskurses aufgefaßt. Das hat die folgenden zwei Konsequenzen. Die Unterbrechung der Sitzung kann vom Subjekt nicht als keine Interpunktion in seinem Fortschritt empfunden werden. Wir wissen, wie es sie in ihrer Terminiertheit einkalkuliert, um sie in seine eigenen Fristen, ja sogar in' seine Ausreden einzuplanen, wie es sie vorwegnimmt, indem es sie wie eine :Waffe in der Hand wiegt und sie wie eine Deckung belauert. _ - „ Beim Studium symbolischer Schriften, ob es sich um die Bibel handelt oder um chinesische kainonische Texte, läßt sich in der Tat feststellen, daß das Fehlen der Interpunktion .eine Quelle von Zweideutigkeiten ist. Eine vorgegebene Interpunktion fixiert den Sinn; ihre Änderung erneuert ihn oder stößt ihn um, und ist sie falsch, kommt sie einer Entstellung des Sinns gleich. _, Die Indifferenz, mit der ein Einschnitt des timing die,Augenblicke der Hast im Diskurs' des Subjekts unterbricht, kann sich fatal auf den Schluß auswirken, zu dem dieser Diskursssich überstürzt, ja sie kann ein Mißverständnis festigen oder gar einen Vorwand liefern für eine abweisende List. Anfänger scheinen von den Auswirkungen solcher Vorfälle stärker beeindruckt zu sein, was zu der Vermutung Anlaß gibt, daßidie anderen sich ihrer wie einer Routineangelegenheit unterziehen. t Gewiß bleiben wir mit der Neutralität, die wir bei der strikten Anwendung der Regel über die Länge der Sitzung an den.Tag legen, auf der Linie des Nicht-Handelns. ` - . , , Doch hat dieses Nicht-Handeln seine Grenzen, oder aber es gibt “C A.d.Ü.: Vgl. Anm. 42. - “

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keine Intervention des Analytikers mehr. Und warum soll man sie gerade in diesem so hervorragend wichtigen Punkt unmöglich ma__ chen? i " Die Gefahr, daß dieser Punkt für den Analytiker zwanghaften Wert gewinnt, liegt einfach darin, daß er dem Einverständnis des .Subjekts Vorschub leistet, das nicht bloß dem Zwanghaften gegenüber offen ist, sondern beim Analytiker auch eine besondere Kraft gerade' anf... grund des Gefühls seiner Arbeit entwickelt. Bekanntlich durchzieh; ein Moment von Zwangsarbeit beim Subjekt selbst seine Freizeit. Aufrechterhalten wird es durch die, subjektive Beziehung zum Herrn, insofern es dessen Tod erwartet. Der Zwanghafte zeigt in der Tat eine der Verhaltensweisen, die Hegel in der Dialektik von Herr und Knecht nicht entwickelt hat'°°.' Der Knecht hat angesichts der Todesgefahr nachgegeben, in der die Gelegenheit zu herrschen ihm im Kampf um reine Anerkennung angeboten worden ist. Da. er aber weiß, daß er sterblich ist, weiß er auch, daß der Herr sterben kann. Infolgedessen kann er sich darauf einlassen, für den Herrn zu arbeiten und in der Zwischenzeit auf Genuß zu verzichten. In der Ungewißheit über den Augenblick, in dem der Tod des Herrn eintreten wird, wartet er. T I .* Das ist der intersubjektive Grund des Zweifelns wie des Aufschiebens, die Charakterzüge des Zwanghaften sind. All seine Arbeit verläuft unter Anleitung dieser Intention und wird durch sie doppelt entfremdend: ,Denn nicht bloß wird das Werk des Subjekts ihm von einem anderen entwendet, was die Grundbeziehung jeder Arbeit ist, sondern die Anerkennung seines eigenen' Wesens durch sich selbst entgeht dem Subjekt nicht weniger in seinem Werk, in dem diese Arbeit ihre Begründung findegdenn es 5e1b5t'«igt nicht in ihm››. Es ist in dem antizipierten Augenblick des Todes des Herrn, von dem an es selbst leben wird; doch während es diesen Augenblick erwartet, identifiziert es sich mit dem Herrn als einem Toten und ist aufgrund dessen selbst bereits tot. A Nichtsdestoweniger bemüht es sich, den Herrn durch die Vorführung der guten Absichten zu täuschen, die in seiner Arbeit zutage treten. Die braven Kinder des analytischen Katechismusunterrichts drücken diesen Sachverhalt in ihrer rüden Sprache aus, wenn sie sagen, das ego des Subjekts traclıte danach, das szøperego zu verführen. 10° A.d.Ü.: G. W. F. I-Iegel «Phänornenologie des Geistess, ed. J. Hoffmeister, Harnburg (Meiner) °ı952, S. r4ı_ ff. 160

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Diese intrasubjektive Formulierung wird unmittelbar entmystifiziert, sobald man sie in der analytischen Beziehung sieht, in der dasworking through des Subjekts in der Tat zur Verführung des Analytikers benutzt wird. _ i Wenn der dialektische Fortschritt der Kur sich einer Infragestellung der Intentionen des ego bei unseren Subjekten nähert, ist es denn auch kein Zufall, daß das Phantasma vom Tod des Analytikers, oft in der Form einer Befürchtung, ja der Angst niemals ausbleibt. Das Subjekt 'beginnt dann stets erneut mit einer noch demonstrativeren Vorführung seines «guten Willens››. Wie kann man,infolgedessen'die` Wirkung einer gewissen Geringschätzung bezweifeln, die der Herr dem Produkt einer solchen Arbeit entgegenbringt? Der Widerstand des Subjekts kann ihretwegen völlig durcheinandergeraten.› i 1 Von. diesem Augenblick an ,beginnt sein bis dahin tinbewußtes Alibi sich ihm zu offenbaren, und manisieht es leidenschaftlich nach einem Grund für so viele Anstrengungen suchen. i " Wir würden uns hierüber nicht in dieser Weise verbreiten, wenn wir nicht überzeugt wären, daß wir mit unseren Experimenten in Bezug auf das, was man unsere Kurzsitzungen genannt hat, während einer erfolgreich abgeschlossenen Phase unserer analytischen Erfahrung in der Lage waren, Phantasmen von einer analen Schwangerschaft, verbunden mit ihrer im Traum stattfindenden Beendigung durch einen Kaiserschnitt bei 'einemigewissen männlichen Subjekt in einem Zeitraum ans Tageslicht zu fördern, in dem wir uns. sonst noch seine Spekulationen über die Kunst Dostojewskis hätten anhören müssen. Wir sind indes nicht dazu da, dieses Verfahren zu verteidigen, sondern zu zeigen, daß es in seiner Anwendung als Technik einen genauen dialektischen Sinn hatm. ~ T Wir sind zudem nicht die einzigen, die bemerkthaben, daß dieses Verfahren sich der Technik annähert, die man mit dem Namen Zen bezeichnet und die als Mittel der Offenbarung des Subjekts in der traditionellen Askese gewisser fernöstlicher Schulen angewandt wird. ; Wir wollen nicht so weit gehen wie diese Technik, die in ihren Extremen gewissen Beschränkungen sich widersetzt, die unsere Technik Sifill auferlegt; doch scheint uns eine zurückhaltende Anwendung ihrer 1°* Mag man dies nun für einen zum Bauen ungeeigneten Stein halten oder für den Eckstein unserer Konstruktion, unsere Stärke liegt jedenfalls darin, in diesem Punkt nicht nadıgt-:geben zu haben (1966). ~ .

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Prinzipien in der`Analyse viel zulässiger zu sein als gewisse Arten der sogenannten Widerstandsanalyse, zumal sie keinerlei Gefahr einer Entfremdung des Subjekts in sich birgt. Denn sie bricht den Diskurs nur ab, um das Sprechen zu entbinden. Da stehen wir nunalso am Fuß der Mauer, am Fuß der SprachmauerWir stehen hier auf unserem Platz, das heißt auf der selben-Seite WIG der Patient, und wir werden an dieser-Mauer, die für ihn und UI15 die selbe ist, auf das Echo seines Sprechens zu antworten versuchen. Jenseits dieser Mauer gibt es für uns nur äußere Dunkelheit. S011 das nun heißen, wir seien vollkommen Herr der Lage? Gewiß nicht; Freud hat uns darüber in seinem Vermächtnis Bemerkungen zur negël' tiven Reaktion des Therapeuten hinterlassen. { A _ . Der Schlüssel zu diesem Geheimnis, sagt man, liege in der Instanz eines ursprünglichen Masochismus, anders gesagt: einer Manifestatıøfl jenes reinen Todestriebs, dessen Rätsel uns Freud auf der Höhe seinßl' analytischen Erfahrung aufgegeben hat. _ Wir können uns darüber ebensowenig erhaben dünken, wie wir hier die Untersuchung dieses Todestriebs aufzuschieben vermögen. Wir bemerken, daß sich in .der Ablehnung dieses Endpunkt“ der Frcudschen Lehre diejenigen, die die Analyse um eine Vorstellung des ego zentrieren, deren Irrtum wir nachgewiesen haben, mit d<2I1@_n treffen, die wie Reich in dem Prinzip, den unaussprechlichen orgëlfll' sche_n Ausdruck jenseits des Sprechens zu suchen, so weit gehen, daß sie, 'um diesen Ausdruck von seiner Panzerung zu befreien, genau wie.Reich eine Herbeiführung des Orgasmus, die sie wie er von d_§31' Analyse erwarten, in der Überlagerung von zwei wurmartigen Gebılden symbolisieren könnten, deren verblüffendes Schema man in Reichs Buch über die Charakteranalyse findetm. . B A Ein solches Zusammentreffen zweier Positionen wird uns zweıfell0S als gutesOmen für die Schärfe des Denkens ihrer jeweiligen Vertreter gelten, sobald wir den engen Zusammenhang aufgewıesen haben, der den Begriff des Todestriebs mit den Problemen des Sprechens verbindet.

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Bereits einer geringen Anstrengung des Denkens erscheint der Begriff des Todestriebs als ironisch, denn seine Bedeutung muß in der Ver1°2 A.d.Ü.: Lacan bezieht sidı auf die englische Ausgabe: Wilhelm Reich, Character Analysis translated by Theodore P. Wolfe, London (Vision PresS› Peter Nevıll)

0 J, P, 3:65. Vgl.: Wilhelm Reidı, Charakteranalyse, Köln (Kiepenheuer und Witsdıl

I970,S.44s-

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bindung zweier einander entgegengesetzter Termini gesucht werden. Trieb ist im weitesten Verstande das Gesetz, das in seiner _Abfolge einen Verhaltenszyklus mit dem Ziel der Erfüllung einer Lebensfunktion steuert, und der Tod erscheint zunächst als Zerstörung des Lebens. ` B , Die Definition, die am Beginn der Biologie Bichat :gegeben hat, der Leben als die Gesamtheit der Kräfte bezeichnete, die dem Tod widerstehen, nicht weniger als die modernste Auffassung des Lebens, die sich in Cannons Begriff der Homöostase als Funktion eines Systems, findet, das sein eigenes Gleichgewicht erhält, erinnern indes daran, daß Leben und Tod selbst 'innerhalb der Erscheinungen, die man dem Leben zıırechnet, sich in polarem Verhältnis miteinander verbinden. Infolgedessen dürfte die Kongruenz der Gegensätze im Begriff des Todestriebs mit den Phänomenen der Wiederholung, auf die Freuds Erklärung jene Gegensätze unter der Bezeichnung eines Automatismus in der Tat bezieht, keine Schwierigkeiten bereiten, wenn es sich um einen biologischen Begriff handelte. ' I ` Jeder spürt wohl, daß das nicht so ist, und gerade daran stoßen sich manche unter uns; Die Tatsache, daß sich viele bei der scheinbaren Unvereinbarkeit der beiden Teile des Begriffs Todestrieb aufhalten, vermag insofern unsere Aufmerksamkeit zu fesseln, als sie eine Unbedarftheitin Fragen der Dialektik anzeigt, die zweifellos durch das klassische Problem der Semantik in der Bestimmungsform aus der Fassung gebracht würde: mitder die hinduistisclfe Ästhetik in der Formel «Ein kleines Dorf auf dem Ganges» die zweite Form der Resonanz der Sprache illustriertma. ~ Man muß sich dem Begriff des Todestriebs in der Tat über seine Resonanz in dem nähern, was wir die Poetik des Freudschen Werks nennen wollen. Sie ist der Hauptzugang, um in dessen Sinn einzudringen, und zugleich die wesent1iche.Dimension, um seine dialektische 1°“ Es ist die Laksanalaksana genannte Form. 4 »A.d.Ü.: Vgl. zu der poetischen Theorie des dbvani die folgende Erläuterung: It «finds its origin in the analysis of language and meaning. The phrase, a herdsmen's station on the Ganges is obviously as it stands absurd; the denotation (abhidha)'givcs no sense, and we are obliged to find a transferred sense (lakshana) whidı gives us the sense of a station on the bank of the Ganges . . . There is brought to us by sudı_a phrase deliberately used in poetry a sense of the holy calm of suoh a station on the sacred stream with all its assoeiations of piety››.Keith, History of Sanskrit Literature,

Oxford 1928, S. 387, zit. naeh: A. Wilden, The Language of 'the' Self, Baltimore (Johns Hopkins Press) 1968, S. 152. -

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Rüdcwirkung von den Anfängen des Werks bis zuseinem Höhepunkt zu begreifen, den eben dieser Begriff bezeichnet. Man muß zum Beispiel daran erinnern, _daß Freud uns bezeugt, seine Berufung zum Arzt aufgrund eines öffentlichen Vortrags von Goethes Prosahymnus «Die Natur›› gefunden zu haben1°4, diesem von einem Freund wiedergefundenen Text, in dem der Dichter gegen Ende seines Lebens ein Putativkind der jugendlichen Ergüsse seiner Feder anzuerkennen bereit war. A i Am anderen Extrem von Freuds Leben finden .wir in dem Artikel über <_
1°' A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. XIV, S. 546.

105 A.d.U.= vgl. s. Freud, G. W., Bd. xvı, s. 92.

1°“ A.d.Ü.: Vgl. S. Freud, G. W., Bd. XIII, S. 62 f. 1°? A.d.Ü.: M. Heidegger, Sein und Zeit, a. a. O., S. 258 f. 164

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net hat, noch' auch die historische Vergangenheit, in der der Mensch einen Garanten seiner Zukunft findet, sondern die Vergangenheit, die sich in der Wiederholung als umgekehrte manifestiert“. Dies ist der Tote, den die Subjektivität sich zum Partner in einer Triade macht, die durch ihre Vermittlung im universalen Konflikt von Philia, der Liebe, und von Nai/eos, der Zwietracht, entsteht. Infolgedessen ist es micht mehr nötig, auf den veralteten Begriff des ursprünglichen Masochismus zu rekurriefen, um den Sinn der Wieder~ holungsspiele zu begreifen, in denen die Subjektivität die Beherrschung ihrer Gottverlassenheit und die Geburt des,Symbols hervorbringt. â ' ' „ Freud hat uns in genialer Intuition diese Verdunkelungsspiele vor Augen geführt, damit wir in ihnen erkennen, daß der Moment, in dem das Begehren sich vermenschlicht, zugleich der ist, in dem das_Kind zur Sprache geboren wird. ' B Wir können heute daran begreifen, daß das Subjekt in diesem Vorgang nicht nur einen Verlust bewältigt, indem es ihn auf sich nimmt, sondern daß es sein Begehren durch ihn zur zweiten Potenz erhebt. Denn sein Handeln zerstört das Objekt, das es in der antizipierenden Provokation seiner Anwesenheit und seiner Abwesenheit erscheinen und verschwinden läßt. Dieses Handeln negativiert damit das Kräftefeld des Begehrens, um sich selbst zum eigenen Objekt zu werden. Und dieses Objekt, das sogleich in. dem symbolischen Paar zweier elementarer Stoßgebete' Gestalt annimmt, verkündet im Subjekt die diachronische Integration einer Didıotomie von Phonemen, deren synchronische Struktur eine bestehende Sprache ihm *zur Assimilation anbietet; so beginnt das Kind sich auf das System des konkreten Diskurses seiner Umgebung einzulassen, in dem es mehr oder weniger näherungsweise in seinem Fort! und in seinem Da! die Vokabeln reproduziert, die es daraus erhält1°°. 4 ' Fort! Da! Schon in seiner' Einsamkeit ist das Begehren des Menschenjungen das Begehren eines anderen geworden, eines alter ego, von dem es beherrscht wird und dessen Begierdeobjekt von jetzt an sein eigener Schmerz ist. _ ' ~ . A 1°” Die vier Worte «in der Wiederholung umgekehrt», in denen unsere letzte Formulierung der Wiederholung steckt (1966), wurden an die Stelle eines ungeeigneten Rekurses auf die «ewige Wiederkehr» gesetzt, der alles war, was wir damals von uns geben konnten. '_ . _

1°* A.d.U.= vgl. s. Freud, G. w., Bd. X111, s. 11-14.

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Ob das Kind sich nun an einen imaginären oder realen Partner wendet, es wird ihn gleichermaßen der Negativität seines Diskurses gehorchen sehen, und da sein Ruf die 'Wirkung hat, diesen Partner verschwinden zu lassen, wird es in beschwörender Vorladung die Provokation seiner Rückkehr suchen, die seinem Begehren den Partner wiedergibt.: Das Symbol stellt sich so zunächst als Mord der Sache dar, und dieser Tod konstituiert im Subjekt die Verewigung seines Begehrens. Das erste Symbol, in dem wir Humanität in ihren Überresten erkennen, ist das Beg`räbnis, und die Vermittlung des Todes ist in jeder Beziehung zu erkennen, in der der Mensch zum Leben seiner Geschichte gelangt. i L p Dieses Leben allein überdauert und ist wahrhaftig, denn es wird, ohne sich zu verlieren, in einer ununterbrochenen Tradition von Subjekt zu Subjekt übermittelt. Wie kann man nur übersehen, wie weit es jenes ererbte Leben des Tieres transzendiert, in dem das Individuum in der Gattung verschwindet, da kein Grabmal seine ephemere Erscheinung von der unterscheidet, die es in der Unveränderlidıkeit des Typus wieder hervorbringt.. Läßt man jene hypothetischen Mutationen des phylum beiseite, die von einer Subjektivität, der der Mensch sich vorerst nur von außen nähert, integriert werden müssen, so unterscheidet sich durch nichts außer durch die Experimente, denen der Mensch sie unterwirft, eine Ratte von einer Ratte, ein Pferd von einem Pferd, es sei denn durch diesen haltlosen Übergang vom Leben zum Tod, wäh- 32 rend Empedokles, der sich in den Ätna stürzt, im Gedächtnis der Menschen diesen symbolischen Akt seines Seins zum Tode für immer leben"dig erhält. Die Freiheit des Menschen ist ganz innerhalb des grundlegenden Dreiecks eingeschrieben, das gebildet wird aus dem Verzicht, den er wegen des Genusses der Früchte seiner Knechtschaft dem Begehren des anderen durch die Todesdrohung auferlegt, ferner aus dem Einverständnis mit dem Opfer seines Lebens aus Gründen, die dem menschlichen Leben sein Maß geben, und schließlichaus der selbstmörderischen Entsagung des Besiegten, die den Herrn bei/seinem Sieg frustriert, indem sie ihn seiner unmenschlichen Einsamkeit überläßt. Von diesen Gestalten des Todes stellt die dritte den äußeren Umweg dar, durch den die unvermittelte Besonderheit des Begehrens, indem sie ihre unaussprechliche Form zurückerobert, in der Verleugnung einen letzten Triumph erlangt. Weil wir es mit ihr zu tun haben, müssen wir ihren Sinn erkennen. Sie ist in der Tat keine Perversion des 166

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Instinkts, sondern jene verzweifelte' Affirmation des Lebens, die die reinste Form darstellt, in der wir den Todestrieb erkennen. › Das Subj ekt-sagt Nein zu diese1ríWieselspiel1°9“ der Intersubjektivität, in dem das Begehren sich nur für einen Moment zu erkennen gibt, um sich in einem Wollen zu verlieren, das das Wollendes anderen ist. Geduldig entzieht es sein ungewisses Leben den schäfchenwolkigen Vereinigungen des Eros des Symbols, um dieses schließlich in wortloser Verwünschung zu bestätigeiı. Z Wenn wir im Subjekt an das heranreidıen wollen, was vor den seriellen Spielen des Sprechens dawar und was für die'Geburt von Symbolen von größter ,Bedeutung ist, so finden wir es im Tode, aus dem seine Existenz allen Sinn gewinnt, den sie besitzt. In der Tat behauptet es sich für die anderen als Begierde des _Todes; wenn es sich mit dem anderen identifiziert, so tut es das, indem es ihn in der Metamorphose des Bildes seines Wesens erstarren läßt, und alles Seiende wird von ihm niemals anders als unter dem Schatten des Todes evozicrt. Zu sagen, daß dieser Todessinn im Sprechen einen der Sprache äußerlichen Mittelpunkt aufdeckt, ist mehr als bloß eine Metapher; er zeigt eine Struktur. Diese ist verschieden von der Verräumlichung eines Kreisumfangs oder einer Kugel,fin der manche gern dieiGrenzen des Lebendigen und seines. Milieus schematisch darstellen. Sie entspricht vielmehr jener Gruppe von Beziehungen, die die symbolische Logik topologisch als Ring bezeichnet. . p 1 Um eine intuitive Vorstellung davon zu geben, scheint es, daß man, eher als auf die Oberfläche einer Zone, auf die dreidimensionale Form eines Torus insofern rekurrieren müßte, als dessen peripheres und zentrales Äußeres nur eine einzige Fläche bilden“°. Dieses Schema tut der endlosen Kreisbewegung des dialektischen Prozesses Genüge, die sich ergibt, wenn das Subjekt, sei es in der lebenswichtigen Zweideutigkeit des unmittelbaren Begehrens oder in der vollen Übernahme seines Seins zum Tode, seiner Einsamkeit gewahr wird. i A ` B Doch man kann an diesem Schema zugleich begreifen, daß die Dialektik nichts Individuelles ist und daß die Frage der Beendigung der Analyse die Frage nach dem Augenblick ist, in dem die Befriedigung des 1°°a A.d.Ü.: Vgl. Die Ausridıtung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht, unten S.23;Anm.35. , _ 11° Es sind dies Prämissen der Topologie, die wir seit fünf Jahren anwenden (1966). _

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Subjekts sich in jedermanns Befriedigung verwirklichen kann, das heißt in der Befriedigung all derer, mit denen es sich in einem Menschenwerk zusammentut. Das Werk des Psydıoanalytikers ist vielleicht das höchste von allen, die dem Jahrhundert aufgegeben sind, denn es stellt die Ver.. mittlung her zwischen dem Menschen der Sorge und dem`Subjekr des absoluten Wissens. Aus diesem Grund auch erfordert es eine lange subjektive und nie zu unterbrechende Askese; wobei das Ende der Lehranalyse selbst nicht vom praktischen Engagement des Subjekts zu trennen ist. ` i , 6 Wer den Horizont der Subjektivität seiner Epoche nicht zu erreichen vermag, sollte also lieber darauf verzichten, Analytiker zu werden. Denn wie kann er sein Dasein zur Achse so vieler Leben machen, wenn er selbst nichts von der Dialektik versteht, die ihn mit diesen Leben in einer symbolischen Bewegung verbindet. E1; sollte die Windung des fortgesetzten Baus zu Babel kennen, in die seine, Epoche ihn zwängt, und er sollte von seiner Funktion als Dolmetscher im Durcheinander der Sprachen wissen. Die Sorge, in der Finsternis des mzmdus, die der ungeheure Turm umschließt, auf ewigem Holz die verfaulende Schlange des Lebens zu sehen, sollte er mystischen Visionären überlassen. 6 ' Man möge uns zu lachen gestatten, wenn man uns unterstellt, wir hätten den Sinn des Freudschen Werks von den biologischen Grundlagen, die er selbst ihm gewünscht hat, auf die kulturellen Beziehungen abgelenkt, von denen es durchzogen ist. Wir wollen Ihnen hier weder die Doktrin des Faktors la predigen, mit dem die ersteren zu bezeichnen wären, noch die des Faktors c, in dem man die letzteren erkennen würde. Wir haben Ihnen nur das verkannte abc der Sprachstruktur ins Gedächtnis rufen wollen und Sie noch einmal das vergessene lo-rz, ba des Sprechens buchstabieren lassenm. Denn welches Rezept könnte Ihnen bei einer Technik nützen, die aus dem Sprechen besteht und ihre Wirkung aus der Sprache zieht, wenn Sie Funktion und Feld weder des Sprechens noch der Sprache erkennen. Die psychoanalytische Erfahrung hat ini Menschen den Imperativ des Wortes (verbe) als des Gesetzes wiedergefunden, das ihn nach seinem Bilde geformt hat. Sie handhabt die poetische Funktion der Sprache, um seinem Begehrenihre symbolische Vermittlung zu geben. Möge 1" A.d.Ü.: Französische Kinder lernen mit dieser Silbenfolge das Lesen; vgl. außerdem S. Freud, G. W., Bd. V, S. 198. . L 168

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diese Erfahrung Sie endlich begreifen lassen, daß in der Gabe (don) des Sprechensm alle Realität ihrer' Wirkungen liegt; denn aufgrund dieser Gabe ist die gesamte /Realität auf den Menschen gekommen und durch sein fortgesetztes Handeln behauptet er sie. ` Wenn das Gebiet, das diese Gabe des Sprechens definiert, Ihrem Handeln wie Ihrem Wissen genügen muß, so wird es auch Ihrem persönlichen Einsatz genügen. Denn es bietet ihm ein hervorragendes Betätigungsfeld. , ' Als die Devas, die Menschen und die Asuras, so lesen-wir im ersten Brâhmana der fünften Lektion der Brihadâranyaka-Upanishad112“, ihr Noviziat bei Prajapâti beendeten, richteten siean ihn die Bitte: «Sprich ZU 11115.?)

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«Da››, sagte Prajapâti, der Gott des Donners. «Habt Ihr mich verstanden?›› Und die Devas antworteten: «Du hast uns gesagt: Damyata, beherrscht Euch.›› Der heilige Text will sagen, daß die höheren Mächte sich dem Gesetz des Sprechens unterwerfen. W «Da››, sagte Prajapâti, der Gott des Donners. «Habt Ihr mich verstanden?›› Und die Menschen antworteten: <
113 Es handelt sich hier, richtig verstanden, nicht um jene «Gaben», deren Fehlen man den Novizen ankreidet, sondern um einen Ton, der ihnen häufiger fehlt, als ihnen recht ist. i- ^ W "za A.d.Ü.: Vgl. die engl. Übersetzung von F. Max Müller, in: The Upanishads, Part II, Oxford (Clarendon Press) 1884, S. 189 f. (== The..Sacred B001<S Of the East, Bd. 15) (repr. Delhi, Patria, Varanasi [Motilal Banarsidass] 1965). ' "3 Ponge schreibt das «résom (1966). A.d.Ü.: Ein Wortspiel auf raison (Vernunft).

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Vortrag beim Kolloquium von Royaumont Io.-13. Juli 1958 1 rı

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1 Erster Vortrag des an diesem Datum auf Einladung der Société française de psycbanalyse versammelten internationalen Kolloquiums, ersdıienen in La Psycbanalyse, vol. 6.

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I. Wer analysiert heute? 1. Daß eine Analyseidie Züge der Person des Analysierten trägt, davon spricht man wie von einer Selbstverständlichkeit. Indessen hält man sich für kühn, wenn man sich für die Wirkungen interessiert, die dabei von der Person des Analytikers ausgehen könnten. Das zumindest macht verständlich, daß es uns kalt über den Rücken läuft bei all den modischen Auffassungen der Gegenübertragung, die ohne Zweifel dazu beitragen, die Unzulänglichkeit von deren Konzeption zu verschleiern. Welches Beispiel von Seelengröße geben wir nicht, wenn wir uns als aus demselben Lehm gemacht zeigen wie die, die wir mit unsern Händen formen! 1 ' Ich habe da ein böses Wort geschrieben. Es ist harmlos für die, die es meint, trägt man doch heute 'nicht mehr die geringste Scheu zu sagen, man bemühe sich unter dem Namen der Psychoanalyse um eine «emotionale Reedukation des Patienten» [2.z]2. Siedelt man das Handeln des Analytikers- auf diesem Niveau an, führt das zu einer prinzipiellen Haltung, auf die bezogen alles, was sich zur Gegenübertragung sagen läßt, selbst wenn es nicht aus der Luft gegriffen ist, nur als Ablenkung dient. Denn von nun an liegt der Betrug, den wir hier ausräumen wollen“, jenseits. Gleichwohl richtet sich unsere Anklage nicht gegen die antifreudschen Momente der Psychoanalyse von heute. In diesem Punkt muß man ihr sogar dankbar sein, daß sie ihre Maske hat fallen lassen, brüstet sie sich doch damit, daß sie überdas hinausgeht, wovon sie im übrigen nichts weiß, indem sie von der Lehre Freuds gerade soviel behalten hat, um noch zu spüren, wie sehr von ihr abweicht, was sie von ihrer Erfahrung zum Ausdruck bringt. D A ' Wir wollen zeigen, wodurch die Unfähigkeit zu authentischer Praxis, wie es in der Geschichte der Menschen so geht, sich auf die Ausübung einer Macht reduziert. K. _ W I r 2. Die Zahlen zwisdıen eckigen Klammern verweisen auf die Literaturangaben am

Ende dieses Vortrags.

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3 Um gegen den Geist einer Gesellschaft einen Begriff zu kehren, nach dem man sie einschätzen kann: Der Satz, mit dem Freud sich den Vorsokratikern gleichstellt: «Wo Es war, soll Ich werden››, wird dort ganz einfach zum französischen Gebrauch übersetzt mit: Das Ich soll das Es ausquartieren. A.d.Ü: Wenn Lacan im folgenden wiederholt die «Psychoanalytiker von heute» und die «Psychoanalyse von heute» anspricht, bezieht er sich auf das am Ende des Aufsatzes zitierte Werk dieses Titels. 173

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2. Der Psychoanalytiker lenkt freilich die Kur. Erster Grundsatz die-. ser Kur, der ihm gleich zu Anfang vorbuchstabiert wird und auf den er, damit er sich's einpräge, während seiner ganzen Ausbildung immer wieder trifft, ist, daß er den Patienten durchaus nicht lenken darf. Gewissensstärkung im Sinne moralischer Führung, wie sie ein Angehöriger der katholischen Kirche darin sehen könnte, bleibt hier radikal ausgeschlossen. Wenn die Psychoanalyse der Moraltheologie Probleme aufgibt, so nicht Probleme der Gewissensstärkung, womit wir daran erinnern, daß die Gewissensstärkung nicht ohne Probleme ist. Die Ausrichtung der Kur ist etwas anderes. Sie besteht zunächst darin, durch das Subjekt die analytische Regel zur Anwendung kommen zu lassen, meinetwegen die Richtlinien, die, wie man nicht übersehen kann, im Prinzip der sogenannten «analytischen Situation» gegenwärtig sind, eben weil das Subjekt sie am besten ohne daran zu denken anwendet. _ Diese Richtlinien ergehen in einer einleitenden Unterredung in Gestalt von Weisungen, die, so wenig der Analytiker sie kommentiert, wie man annehmen ínuß bis hinein in die Untertöne ihrer Aussage die Lehre befördern, die der Analytiker daraus zieht nach der Konsequenz, die sie für ihn erreicht hat. Was ihn nicht weniger zum Bundesgenossen jener Unmenge von Vorurteilen macht, die beim Patienten an demselben Platz lauern: nach Maßgabe der Meinung, die dieser sich durch die Medien bilden konnte über die Prozedur und das Ende des Unternehmens. Dies genügt bereits uns zu zeigen, daß das Problem der Ausrichtung schon von den Richtlinien des Anfangs an sich nicht auf einer univoken Kommunikationsebene formulieren läßt, was uns zwingt, das_Problem jetzt auf diesem Moment beruhen zu lassen und es durch seine Entwicklung zu erhellen. _ Halten wir nur fest, daß dieses Moment seine Wahrheit daran hat, den Patienten vergessen zu lassen, daß es sich nur um Worte handelt, daß dies dem Analytiker aber nicht die Freiheit gibt, es selber zu vergessen [16]. 3. Im übrigen haben wir angezeigt, daß wir unser Thema von der Seite des Analytikers her angehen wollen. Sagen wir, bei der Kapitaleinlage im gemeinsamen Unternehmen investiert nicht allein der Patient mit seinen Schwierigkeiten. Auch der Analytiker mtíß bezahlen: 174

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-- Ganz bestimmt zahlt er mit Wörtern, insofern die Umwandlung, die diese in der analytischen Operation erfahren, sie auf die Ebene ihrer Deutungskraft hebt. _ „ F -- Er bezahlt aber auch mit seiner Person, insofern er, was immer er davon haben mag, diese hergibt als Träger jener besonderen von der Analyse in der Übertragung freigelegten Erscheinungen._ - Nicht zu vergessen, daß er wohl die Essenz seiner intimsten Einsicht wird drangeben müssen, sich in ein Geschehen zu mischen, das, wie Freud schreibt [6], an den «Kern unseres Wesens» rührt: Sollte er hier als einziger aus dem Spiel bleiben? Es möge, wer mir. Waffenglück wünscht, sich keine Sorgen machen um mich bei dem Gedanken, daß ich mich -hier wieder einmal Gegnern ausliefere, die nichts eiligeres zu tun haben, als mich auf meine Metaphysik festztinageln. _ j . Im Zentrum ihres Anspruchs, sich mit Effizienz zu begnügen, erhebt sich nämlich eine Äußerung wie die: daß der Analytiker weniger durch das heile, was er sagt und tut, als durch das, was er ist [22]. Offensichtlich verlangt keiner Rechenschaft vom Urheber solcher Äußerungen, und noch weniger fordert man ihnszur Zurückhaltung auf, wenn 'er mit einem matten Lächeln über die Lächerlichkeit, die er riskiert, sich hinter Herzensgüte verschanzt, seiner eigenen (man muß eben gut sein, nichts Transzendentes in dem Zusammenhang), um einer aussichtslosen Debatte über die Ubertragungsneurose ein Ende zu setzen4. Wer aber könnte so grausam sein, jemandem mit Fragen zu kommen, der unter der Last eines Koffers seufzt, wenn seine Haltung keinen Zweifel daran läßt, daß dieser voll Steineist. Trotzdem ist das Sein das Sein, wer immer es anruft, und wir haben das Recht zu fragen, was er da tut. ' 4. Ich setze also den Analytiker wiederauf die Armesünderbank, sofern ich selber einer bin, weil ich darauf hinweisen möchte, daß er um so weniger sicher ist in seinem Handeln, als er durch dieses in seinem Sein betroffen ist. A ' Als Interpret dessen, was mir in Rede oder Tat vorgesetzt wird, ı

' «Wie die analytische Behandlung absdıließem, Revue franç. de Psycbanalyse, 1954, IV, p. 519 et passim. Um den Einfluß einer solchen Ausbildung erkennen zu können,

lese man:Ch'.-H.Nodet, «Le Psydıa_naliste››, Uëvolution psychiatrique, 1957, No IV, p. 68 9-691.

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entscheide ich über meinen Orakelspruch und formuliere ihn, alleiniger Herr an Bord meines Schiffes neben Gott, nach meinem Belieben, dabei kann ich wohlgemerkt durchaus nicht alle Auswirkungen meiner Worte absehen, bin aber gerade darauf gefaßt und suche zu parieren, mit anderen Worten: ich bin immer frei in der Wahl des Moments, der Anzahl und der Art meiner Eingriffe, daß es scheint, als wäre die Regel gänzlich darauf abgestellt, in nichts mein Tun als Exekutor zu stören, womit der «Material››aspekt korreliert, unter dem meine Handlung hier nimmt, was sie produziert hat. s 5. Was die Handhabung der Übertragung angeht, so erweist sich da meine Freiheit im Gegenteil als entfremdet durch die Entzweiung, die meine Person in ihr erfährt, und jedermann weiß, daß hier das Geheimnis der Analyse zu suchen ist. Das hindert nicht, daß man sich fortschrittlich vorkommt mi_t dem klugen Satz: daß die Psychoanalyse studiert werden müsse als eine Zweiersituation. Zweifelsohne macht n'ıan.hier Voraussetzungen, die die Bewegungen derselben einschränken, aber nach wie vor dient die so konzipierte Situation (mit nicht mehr Künstlichkeit als die oben zitierte emotionale Reedukati_o'n) dazu, Grundsätze der Dressur eines sogenannten schwachen Ich aufzustellen, und zwar durch ein Ich, das man gerne für stark' genug halten möchte zu diesem Vorhaben, eben weil es stark ist. Daß man solches nicht ohne Unbehagen von sich gibt, beweisen die Anfälle von überraschend naiver Reue, etwa, wenn gesagt wird, man bestehe darauf, daß die «Heilung von innen heraus›› [2z]5 zu erfolgen habe. Dabei ist aber nur um so mehr bezeichnend, daß die Zustimmung des Subjekts, auf das man sichin derselben Passage dann wiederberuft, erst in der zweiten Phase einer zunächst oktroyierten Wirkung erfolgt. Es geschieht nicht zu unserem Vergnügen, daß wir diese Abweichungen zur Schau stellen, vielmehr wollten wir solche Fährnisse uns zu Weg-

zeichen machen.

In Wirklichkeit erlebt jeder Analytiker (gehörte er auch zu denen, die sich derart verrennen) die Übertragung immer in einem Staunen, das man zuletzt als Wirkung einer Zweierbeziehung erwartet hätte, die 5 Wir versprechen unsern Lesern, daß wir sie im Folgenden nicht mehr mit solchen läppischen Formeln langweilen werden, die hier wirklich nur den Zweck haben zu zeigen, wcihin es mit dem analytischen Diskurs gekommen ist. Wir sind somit bei unsern ausländischen Hörern entschuldigt, die sicher dergleichen* nicht weniger in ihrer Sprache haben, vielleicht aber nicht ganz so plattes Zeug. 176

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wie jede andere sein soll. Er sagt sich, daß er hier mit einer Erscheinung redinen muß, für die er nicht verantwortlich ist, und man weiß_,;mit welchem Nachdruck Freud auf deren spontanes Auftreten beim' Patienten hingewiesen hat. » Seit einiger Zeit belieben die Analytiker in den umwerfenden Revisionen, mit denen sie uns beglücken, uns beizubringen, daß dieser Nachdruck, hinter den sie sich lange verschanzt hatten, bei Freud eine Art Flucht vor dem Engagement meine, welches im Situationsbegriff notwendig mitgedacht sei. Sie sehen, man ist hier ganz auf der Höhe. Dabei ist's eher das bequeme Hochgefühl der Gebärde, mit der sie die Gefühle, die sie ihrer Gegenübertragung zuschreiben, in die Schale einer Waage werfen, auf der die Situation durch ihren Druck ins Gleichgewicht kommen soll - wa_s für uns von der Misere eines Be: wußtseins zeugt, die mit dem .Verzicht zusammenhängt, die wahre Natur der Übertragung zu begreifen. R Über das, was der Analysierte an phantasmatischen Gebilden auf die Person des Analytikers ablädt, sollte man nicht in der gleichen Weise vernünfteln wie darüber, wie ein idealer Spieler die`Absichten seines Partners zu erraten versucht. Sicher auch Strategie gibt es dai, aber man täusche sich nicht bei der Metapher des Spiegels, die ja die glatte Oberfläche meint, die der Analytiker dem Patienten präsentiert. Verschlossenes Gesicht und zugenähter Mund haben hier durchaus nicht denselben Zweck wie beim Bridge. Eher versichert sich der Analytiker damit der Hilfe dessen, was in diesem Spiel die französische_Sprache «den Toten›› nennt, aber es geht hier darum, den Vierten in Erscheinung treten zu lassen, der hier Partner des Analysierten wird, dessen Spiel diesen der Analytiker durch seine Würfe erraten lassen möchte: Dies ist die Fessel der, sagen wir: Selbstverleugnung, die der Einsatz der Partie dem Analytiker in der Analyse anlegt. ,A Man könnte hier bei der Metapher bleiben und sein Spiel bestimmen je nachdem ob er <
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6. Gehen wir weiter. Noch weniger frei ist der Analytiker in dem, was Strategie und Taktik dominiert: in seiner Praxis nämlich, wo er besser daran täte, sich nach seinem Seinsverfehlen als nach Seinem Sein zu richten. ' Um die Dinge anders zu formulieren: Sein auf den Patienten gerichte.. tes Handeln entgeht ihm mit der Vorstellung, die er sich davon macht, wenn er nicht dessen Anfang wieder aufgreift in dem, wodurch es möglich wird, wenn er nicht an dem Paradox festhält, daß es etwas von einer Vierteilung an sich hat, und noch einmal im Prinzip sich die Struktur vornimmt, nach der jedes Handeln in die Realität eingreift. Für die Psychoanalytiker von heute versteht sich dieser Bezug auf die Realität von selbst. Abweichungen davon beim Patienten messen sie nach dem Autoritätsprinzip der Erziehung aller Zeiten. Nur berufen sie sich dabei auf die Lehranalyse, die garantieren soll, daß der Realitätsbezug bei den Analytikern in ausreichendem Maße da ist, was nicht darüber hinwegtäuschen kann", daß sie, wenn sie sich den Problemen der Menschheit stellen, die sich an sie richtet, in ihren Ansichten bisweilen doch ein wenig provinziell sind. Damit wird das Problem nur auf eine individuelle Stufe zurückgeschoben.. Wenn sie also das Verfahren der Analyse bestimmen als Reduktion der Abweichungen beim Subjekt, die dessen Übertragung und dessen Widerständen zugeschrieben werden, die aber ausgezeichnet sind durch Bezug auf die Realität, so kann es kaum beruhigen, wenn sie sich laut auf die «ganz einfache Situation››- berufen, die die Analyse als Maßstab dafür offerieren soll. Nun, bis zur Erziehung der Erzieher, die so leicht über eine Erfahrung urteilen, die sie immerhin durchlaufen mußten, wird noch einige Zeit verstreichen. . _ Bei einer solchen Einschätzung nimmt man unwillkürlich an,.die Analytiker hätten dieser Erfahrung andere Richtungen geben müssen, wenn sie, um sie selber zu erfinden, sich auf ihren Realitätssinn verlassen mußten: ein Vorrang, den man sich nur schwer vorstellen kann. Ein wenig sind sie selber unsicher, und sie bemühen sich drum so peinlich, dabei die Formen zu bewahren. Man begreift auch, daß, um eine so offensichtlich prekäre Konzeption zu unterstützen, gewisse Leute jenseits des Ozeans das Bedürfnis gehabt haben, hier einen festen Wert einzuführen, der gleichsam das Urmeter fürs Reale abgeben soll: das autonome ego. Dieses stellt das vermeintlich organisierte Ensemble disparatester Funktionen dar, durchdie dem Subjekt ein Gefühl der Angeborenheit vermittelt wer178

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den soll. Das Subjekt hält man „dann für autonom, weil es abgeschirmt sein soll von allen Konflikten der Person (non-conflictual sp/oere)_[14]. _ „ Man erkennt hier eine uralte Täuschung, die von der allerakademischsten Selbstbeobachtungspsychologie bereits als unhaltbar verworfen wurde. Trotzdem wird ein Regredieren dieser Art gefeiert als Heimkehr in den Schoß einer «Allgemeinen Psychologie››. R t Jedenfalls löst es die Frage nach dem Sein des Analytikersó. Eine ganze Mannschaft von egos, die allerdings weniger gleichóe sind als autonom (aber an welchem Ursprungssiegel sollten sie sich erkennen im Dünkel ihrer Autonomiel) bietet sich den Amerikanern an mit dem Versprechen, sie zur bappiness zu führen ohne die Autonomien, gleichviel ob egoistische oder nicht, durcheinanderzubringen, die, um soweit zu kommen, den American way of life mit ihren «konfliktloåfifl Sphären» pflastern. p, r . 7. Fassen wir zusammen: Wenn es der Analytiker nur mit Widerständen zu tun hätte, müßte er nur zweimal hinsehen, bevor er eine Deutung gibt, wie es ja tatsäclılich bei ihm auch der Fall ist, aber mit solcher Vorsicht wäre es für ihn dann auch schon getan. * K Nur wird diese Deutung, wenn er sie gibt, aufgefaßt werden als von der Person kommend, dieizu sein ihm die Übertragung auferlegt. Wird er bereit sein, aus diesem Irrtum über die Person Vorteil zu ziehen? Die Moral der Analyse steht dem nicht entgegen unter der Bedingung, daß er diesen Effekt einer Deutung unterzieht, ohne die dieVAnalyse nicht über grobe_Suggestion hinauskäme. Eine unanfechtbare Position -- nur daß das Sprechen des Analytikers, noch als eines, das vom Andern der Übertragung. ausgeht, gehört werden wird und der Ausgang des Subjekts aus der Übertragung so ad z'nfi`m'mm sich verzögert. R Weil also das Subjekt dem-Analytiker zu sein unterstellt (Sein, das anderswo wäre), wird es möglich, daß eine Deutung zurückkehrt an die Stelle, von wo aus sie auf eine Verteilung der Antworten hinarbeitenkann. 7 ' A . Aber wer wird jetzt sagen können, was der Analytiker ist und was ° In Frankreich hatte der oben zitierte Doktrinär des Seins prompt die folgende Lösung parat: Das Sein des Psychoanalytikers ist angeboren [vgl. La P.D.A., I, p. r36]. 'ia A.d.Ü.: Gleichklang von «egos» und migaux» im Französischen. 179

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von dem übrig bleibt, wenn er vor der Aufgabe' steht, zu deuten. Daß er's doch selber sage, wenn, daß er ein Mensch sei, alles ist, was er uns zur Antwort zu geben hat. Ob er's hat oder nicht, wäre schon die ganze Geschichte: Trotzdem ist hier der Punkt, an dem er umlenkt, nicht nur vor der Unverschämtheit des Geheimnisses, sondern weil es in diesem Haben um das Sein geht, und darum, wie. Wir werden noch sehen, daß dieses Wie nicht bequem ist. F So zieht er sich lieber auf sein Ich zurück und auf die Realität, von der er einen Zipfel in der Hand hält. Aber nun ist er mit seinem Patienten auf ich und Ich". Und was geschieht, wenn sie spinnefeind sind aufeinander? Hier rechnetman dann listigerweise auf die Komplizenschaft dessen, was man bei der Gelegenheit den gesunden Teil des Ich nennt, denjenigen, der so denkt wie wir. _ -W. U. A. Z., kann man schließen, was uns zum Ausgangsproblem zurückführt: meinetwegen die Analyse wiederzuerfinden. Oder sie noch einmal zu machen: wobei wir die Übertragung als eine 592 besondere Form des Widerstands behandeln. A ii Viele verkünden dies. Ihnen stellen wir die Frage, die über diesem Kapitel steht: Wer ist der Analytiker? Der, der interpretiert, indem er sich die Übertragung zunutze macht? Der, der diese analysiert als Widerstand? Oder der, der seine Vorstellung von der Realität aufzwingt? y ' ' ` Eine Frage, die denen, an die sie gerichtet ist, näher auf den Pelz rückt und der man nicht so leicht ausweichen kann wie der Frage: Wer spricht, mit der ein bestimmter meiner Schüler ihnen Löcher in den Bauch redete, was die Patienten angeht. Denn ihre Antwort ist die von'Ungeduldigen; wäre die Frage anders gestellt, ein Tier unserer Spezies »wäre in noch ärgerer Weise tautologisch, sagen zu müssen: Ich. Ganz roh.

7 A.d.Ü.: Mais alors le voilà å je et ci moi avec son patient. Das Französische erlaubt zu unterscheiden zwischen je als Subjekt eines Satzes in direkter Rede und dem Personalpronomen moi, das auclı für die Bezeichnung der psychischen Instanz des Ich verwendet wird. Vgl. Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse, oben S. 89 u. 148 und Das Spiegelstadium als Bilder der Ichfunktion, Oben S. 61 ff. .180

II. Welcher Platz gehörtder Interpretation? r.Bisher ließen wir sämtliche Fragen unbeantwortet, die sich hier einem Neuling stellen. Indem wir aber die Probleme um die Ausrichtung der Analyse, die zur Zeit in der Diskussion sind, zusammenfassen soweit diese Aktualität die gegenwärtige Praxis derselben widerspiegelt, glauben wir, die Proportionen richtig wiedergegeben zu haben. Will sagen: die untergeordnete Stellung, die die Interpretation gegenwärtig in der Psychoanalyse einnimmt. Nicht daß man den Sinn für dieselbe verloren hätte, nur zeugt die Art und Weise, wie man an diesen Sinn herangeht, durchweg von einer Verlegenheit. Kein Autor stellt sich hier, ohne es mit allen möglichen Weisen verbaler Intervention zu versuchen, die nichtDeutung sind: Erklärungen, Gratifikationen, Antwortenauf den Anspruch und so weiter. Das Verfahren verrät sich, sewie es dem Brennpunkt des Interesses sich nähert. Es hat notwendig zur Folge, daß selbst ein Gedanke, der ausgesprochen wird, das Subjekt zur Einsicht (insight) in eine seiner Verhaltensweisen zu führen, speziell in die Bedeutung einer solchen als Widerstand, jeden andern Namen annehmen kann: Konfrontation zum Beispiel und wär's die des Subjekts mit seiner eigenen Aussage, nur nicht Deutung, da es doch lediglich um eine erhellende Aussage geht. R Auf rührende Weise bemüht sich ein Autor, der Gestalttheorie mit Gewalt die Metapher abzugewinnen, mit deren Hilfe er zum Ausdruck bringen könnte, was die Interpretation an' Entschiedenheit in eine 93 intentionale Ambiguität hineinbringen kann, welchen Abschluß in ein Unvollständiges, was freilich erst nachträglich realisiert wird [2]. 1

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2. Was sich so den Blicken entzieht, ist, wie man spürt, das Wesen einerTransmutation im Subjekt, und dies ist um so schmerzlicher für das Denken, als diese ihm- just in dem Augenblick entwischt, da sie vor sich geht. Tatsächlich, den Finger zu heben genügt nicht, wenn man zeigen will, wo Interpretation wirksam wird, man muß sich schon radikal zu einem Konzept der Funktion des Signifikanten bekennen, um in den Griff zu bekommen, wie hier das Subjekt sich einer Ordnung unterwirft, um von ihr verführt zu werden. Will sie die Diachronie der unbewußten Wiederholungen entziffern, muß die Interpretation in die Synchronie der hier sich zusammenfügenden Signifikanten etwas einführen, das schlagartig die Überset181

zung möglich macht - dies genau ist die Funktion des Andern im Unterschlagungsgeschäft des Codes: seinetwegen erscheint in diesem das fehlende Element. Filigranartig taucht diese Bedeutung des Signifikanten in der Ortung der analytischen Wahrheit auf, sobald ein Autor bei der Definition der Aporien sich strikt an den Erfahrungszusammenhang hält. Man lese Edward Glover und man ermißt, wie hoch der Preis ist, den er für das Fehlen dieses Terminus zu zahlen hat. In seinen triftigsten Konzeptionen findet er die Interpretation überall, weil er sie nirgends festzumachen weiß, sogar noch in einer simplen ärztlichen Verordnung, und man weiß nidıt, ob er sich selbst versteht,wenn er ganz einfach erklärt, die Symptombildung sei eine fehlerhafte Interpretation des Subjekts [13]. So gesehen wird die Interpretation zu einer Art Phlogiston: manifest in allem, was man' zu Recht oder zu Unrecht versteht, sofern es nur die Flamme des Imaginären speist mit jener reinen Parade, die unter dem Namen der.Aggressivität sich an der Technik jener Zeit schadlos hält (193 1, das ist noch neu genug, um noch von heute sein zu können. Vgl. [1 3]). Nur dadurch, daß die Interpretation schließlich im Hier uncl jetzt dieses Spiels kulminiert, unterscheidet sie sich noch von der Lektüre der signatura rerum, in der Jung mit Böhme rivalisiert. Ihr dahin zu folgen, ginge nur wenig ans Sein unserer Analytiker. Zu wissen, wieviel es bei Freud geschlagen hat, steht auf einem andern Zifferblatt, weshalb es nicht überflüssig ist, zu verstehen, wie das Uhrwerk auseinanderzunehmen ist. - 2 3. Zunächstist unsere Lehre vom Signifikanten Schulung, in der die, die wir ausbilden, sich brechen an den verschiedenen Wirkungen, die der Signifikant im Auftreten des Signifikats ausübt, wodurch allein zu-begreifen ist, wie Interpretation, indem sieihier sich einschreibt, Neues hervorzubringen vermag. Sie gründet sich nämlich durchaus nicht auf die Übernahme von Archetypen göttlichen Ursprungs, sondern auf die Tatsache, daß das Unbewußte radikal die Struktur von Sprache hat, daß ein Material hier im Spiel ist nach Gesetzen, die mit denen identisch sind, die das Studium der positiven Sprachen freilegt, der Sprachenalso, 'die wirklich gesprochen werden oder einmal gesprochen worden sind. Die Phlogistonmetapher, die uns Glover gerade eingegeben hat, ver182

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dankt ihre Verwendbarkeit dem Irrtum, den sie evoziert: Die Bedeutung geht ebensowenig aus dem Leben hervor wie den Körpern bei der Verbrennung Phlogiston entweicht. Über sie müßte wohl eher gesprochen werden wie von der Verbindung des Lebens mit dem Atom, das das Zeichen O hat“, das Zeichen, insofern dieses zunächst Gegenwart oder Abwesenheit konnotiert, indem es wesentlich das Und hinzufügt, die beide verbindet, da es ja, indem es Gegenwart und Abwesenheit konnotiert, die Gegenwart auf dem'I-iundament der Abwesenheit errichtet wie es die Abwesenheit in der Gegenwart konstituiert. Man erinnert sich, wie Freud auf der Suche nach einem Modell für den Wiederholungszwang mit der ihm eigenen Sicherheit auf seinem Gebiet genau an dem Schnittpunkt einhält, an dem er das Versteckspiel wie die wechselseitige Skandierung zweier Phoneme beobachtet, deren Verbindung ihm bei einem Kinde aufgefallen war. r Mit einem Sfchlagzeigt sich hier sowohl die Bedeutung des Objekts, welches als insignifikantes erscheint (was das Kind 'auftreten und verschwinden läßt), als auch der akzidentelle Charakter der phonetisch vollendeten Form im Vergleich zur phonematischen' Unterscheidung, und niemand kann Freud bestreiten, daß er diese mit Recht durch jenes «Fortl Dal» aus seiner Erwachsenensprache übersetzt [9]. * Inscminationspunkt einer symbolischen Ordnung, die vor dem infantilen Subjekt existiert und nach welcher dieses sich wird strukturieren müssen. ›

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4. Wir wollen uns die Mühe ersparen, die Regeln der Interpretation aufzuzählen. Nicht daß solche Regeln nicht zu formulieren wären, aber Formeln machen Erklärungen notwendig, die wir nicht als bekannt voraussetzen dürfen und die hier in der Kürze nicht zu geben sind. Halten wir uns lieber an das, was man' beim Lesen der klassischen Kommentare zur Interpretation immer wieder mit Bedauern feststellt: wie wenig Vorteil man gerade aus den Gegebenheiten zieht, die man vorantreibt. R Um ein Beispiel zu geben: jeder bezeugt es auf seine Weise, daß, damit eine Interpretation wohl begründet sei, nicht die Überzeugung 3 O, das statt vokalisiert zu werden als symbolischer Budıstabe für Sauerstoff, wie es die Metapher nahelegt, der wir nachgehen, eher gelesenwerden kann als: Null, sofern

diese Ziffer die essentielle Funktion der Stelle in der Struktur des Signifikanten sym-

bolisiert.

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zählt, die sie transportiert, sondern daß das Kriterium der Interpretation viel eher im Material zu sehen ist, das diese in der Folge zutage bringt. Indessen ist der psychologisierende Aberglaube so mächtig in den G31.. stern, daß man das Phänomen andauernd auf eine Zustimmung deS Subjekts hin betrachtet und dabei völlig außer Acht läßt, was Freud über die Verneinung° als Form der Bejahung ausführte, von der man zumindest doch sagen muß, daß sie nicht einfach Luft ist. 3 So übersetzt Theorie, wie der Widerstand in der Praxis erzeugt wird. Nichts anderes wollen auch wir zeigen, wenn wir sagen, es gibt keinen andern Widerstand gegen die Analyse als den~des Analytikers selber. u

5. Das Gravierende ist, daß in der Auffassung der heutigen Autoren die Abfolge der analytischen Wirkungen auf den Kopf gestellt erscheint. Ihren Vorstellungen nach wäre die Interpretation nur ein Stottern verglichen mit der Eröffnung einer umfassenderen Beziehung, in der man sich endlich verstände (<
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6.So betrachtetwird die Übertragung zur Sicherheitsmaßnahme des Analytikers und der Bezug aufs Reale das Terrain, auf dem der Kampf entschieden wird. Die bis zur Konsolidierung der Übertragung aufgeschobene Interpretation wird von da her abhängig von deren Reduktion. Daraus folgt, daß sie in einem working trougb aufgeht, das sehr gut mit dem Begriff «Übertragungsarbeit›› zu übersetzen wäre, die das Alibi sein soll für eine ArtRevanche für die anfängliche Schüchternheit, das heißt für ein Beharren, das allen möglichen forcierten Operationen Einlaß gewährt, die unter der Flagge dei' Ich-Stärkung segeln [2I-22]. A ' R 7. Hat man indessen, als man Freuds Vorgehen beispielsweiseim Fall des Rattenmanns kritisierte, bemerkt, daß der Grund für jene vorauslaufende Indoktrination, über die wir uns wundern, einfach der ist, daß Freud genau in umgekehrter Reihenfolge vorgeht? Er beginnt nämlich damit, den,Patienten an eine erste Wahrnehmungseiner Stellung im Realen heranzuführen, und sollte dies auch eine Überstürzung, womöglich gar eine, sprechen wir das Wort aus: Systematisierung der Symptome nach sich ziehen [8]. . Das zweite der wohlbekannten Beispiele: Er bringtiDora zu der Feststellung, daß sie an der großen Unordnung in der Welt ihres Vaters, die Gegenstand ihrer Klagen ist, mehr als nur teilgehabt, daß sie vielmehr sich zum Angelpunkt derselben gemacht hat, und diese ohne ihr Dazutun nicht hätte weiterbestehen können [7]. i Ich verweise seit langer Zeit auf das Hegelsche Verfahren einer Umkehrung der Positionen von Schöner Seeleund Realität, die sie anklagt. Es geht dabei nicht darum, jene dieser anzupassen, vielmehr ist zu zeigen, daß sie ihr nur zu gutangepaßt ist, da sie an ihrer Fabrikation sich beteiligt. 4 Hier aber bricht der Weg ab, der mit dem andern zu durchlaufen ist. Denn schon hat die Übertragung ihrWerk getan und hat gezeigt, daß es um etwas ganz anderes geht als um die Beziehungen des Ichs zur Welt. ' s Freud scheint sich nicht immer völlig zurechtzufinden in den Fällen, die er uns mitteilt, Deswegen auch sind sie so kostbar. " Er erkannte nämlich sofort, daß an dem Punkt das Prinzip seiner Macht lag, worin diese sich nicht von der Suggestion unterschied, aber auch, -daß diese Macht ihm einen Ausgang aus dem Problem '

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nur bot unter der Bedingung, von ihr keinen Gebrauch zu machen, denn von da ab erst konnte sie diese ihre ganze Übertragungsentwicklung nehmen.

Von diesem Augenblick an richtet er sich nicht länger an den, den er in seiner Nähe hält, und er verweigert ihm daher auch das Gegenüber von Gesichtzu Gesicht. Bei Freud ist die Deutung ein solch verwegenes Geschäft, daß wir, die wir sie vulgarisiert haben, nicht mehr imstande sind, ihre mantische Kraft zu erkennen. Wenn er von Trieb” spricht, etwas völlig anderem als Instinkt, deckt die Frische der Entdeckung für uns zu, was der Trieb in sich einschließt an Ankunft von Signifikantem. Jedoch indem Freud zutage bringt, was man nur als die Schicksalsliiıien des Subjekts bezeichnen kann, ist'.s die Gestalt von Tiresias, mit der wir uns fragen angesichts der Ambiguität, in der sein Verdikt wirksam wird. Denn diese geschauten Linien betreffen in so geringem Maße das Ich des Subjekts wie all das, was dieses hic er mmc in der Zweierbeziehung vergegenwärtigen kann, daß Freud, als er im Fallerdes Rattenmanns genau auf den Pakt ZHSIGUCII, den dessen-Eltern mit ihrer Hochzeit geschlossen hatten, auf ein Ereignis also, das einige Zeit vor dessen Geburt lag, die folgende Mischung -von Bedingungen wiederfindet: gerade noch gerettete Ehre, Gefühlsbetrug, gesellschaftlichen Kompromiß und verjährte Schuld, wovon das große Triebszenario das ihm den Patienten zugeführt hat, einen kryptographischen Abzug darzustellen scheint; hier findet er endlich den Grund für die Sackgasse, in welchen sich dessen sittliches Leben und sein Begehren verlaufen. Aber am erstaunlichsten ist, daß der Zugang zu diesem Material erst eröffnet wird durch eine Deutung, in der Freud mutmaßliche Schlüsse zog aus einem Verbot, das der Vater des_ Rattenmanns ausgesprochen hat (und das sich auf die Legitimation jener hohen Liebe bezog, der dieser sich gewidmet lıatte), um jene Vergeblichkeit zu erklären, mit dem ihm diese Verbindung in all ihren Aspekten gezeichnet erschien. Eine Deutung, die doch zumindest ungenau genannt werden muß, da sie dementiert wird durch die Realität, die sie behauptet, die aber ,gleichwohl wahr ist dadurch, daß Freud intuitiv vorwegnimmt, was wir zur Erkenntnis der Funktion des Andern in der Zwangsneurose beigetragen haben, indem wir zeigen konnten, daß' diese Funktion in der_Zwangsneurose von einem Toten übernommen wird, und 1° A.d.Ü.: Deutsdi im Original, auch im Folgenden. 186

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daß dies in diesem Fall nicht besser als durch den Vater geschehen konnte, der ja, tatsächlich tot, die Position eingenommen hat, die Freud als die des absoluten Vaters erkannt hat. , _

8. Die unsere Schriften lesen und unserem Unterricht folgen, mögen uns verzeihen, wenn sie hier Beispiele wiederfinden, mit denen ich ihnen vielleicht zu oft schon gekommen bin. Nicht nur bin ich, um zu zeigen, auf welcher Ebene die Interpretation wirksam wird, verhindert, meine eigenen Analysen anzuführen, ist doch die Interpretation, die sich als koextensiv zur Geschichte erweist, in dem kommunizierenden Milieu, in dem sich viele' unserer Analysen abspielen, nicht mitzuteilen, ohne daß wir das Risiko laufen, die Anonymität des Falls aufzuheben. Es ist mir bei solcher Gelegenheit auch schon gelungen, genug zu sagen ohne allzuviel zu sagen, das heißt mein Beispiel vorzubringen, ohne das es jemand mit Ausnahme des Betroffenen erkennen konnte. 1 Auch halte ich den Rattenmann nicht für einen Fall, den Freud geheilt hat, denn wenn ich dem hinzufügte, daß ich nicht glaube, daß die Analyse unschuldig ist an dem tragischen Schluß der Geschichte, dem Tod auf dem Schlachtfeld, was gäbe ich da nichttall denen 'Gelegenheit zu fluchen, die sich Schlechtes dabei denken! , Der Horizont, an dem Freud sich die grundlegenden Entdeckungen zeigten, an denen wir, was die Dynamik und die Struktur der Zwangsneurose anbelangt, uns immer noch orientieren, dieser Horizont, sage ich, tut sich auf in einer Ausrichtung der Kur, die sich, wie icli eben gezeigt, habe, an den Prozeß hält,.der von der ,Richtigstellung der Verhältnisse zwischen dem Subjekt und dem Realen über die Entwicklung der Übertragung bis zur Deutung führt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. _ ' Die Frage ist nun gestellt und es gilt zu erkennen, ob wir, indem wir diese Ordnung yumkehrten, jenen Horizont nicht verloren haben. I

9. Man kann sagen, daß die neuen Wege, durch die man den Marsch, den der Entdecker eröffnet hat, legalisieren wollte, Zeugnis ablegen von einer Begriffsverwirrung, die nur das Studium des besonderen Falls rückgängig machen kann. Wir greifen daher im Folgenden ein Beispiel auf,.das bereits zu unserer Lehre beigetragen hat. Es ist; wohlgemerkt, von einem Autor von Rang, der durch seine Abstammung ein besonderes Gespür für die Dimension der Deutung besaß. 187

Es handelt sich um Ernst Kris und um einen Fall, den er, was er uns nicht verschweigt, von Melitta Schmideberg übernommen hat [1 5]. Es geht um ein in seinem intellektuellen Leben gehemmtes Subjekt, das insbesondere unfähig ist zu einer Publikation seiner Forschungen dies wegen eines Zwangs zum Plagiat, dessen es anscheinend nicht Herr zu werden vermag. Soweit das subjektive Drama. Nach Melitta Schmidebergs Auffassung handelt es sichgum die Rekurrenz eines kindlichen Vergehens - der Patient hatte Süßigkeiten und Bücher gestohlen -, und auf diesem Wege unternahm sie dann auch die Analyse des unbewußten Konflikts. I Ernst Kris schmeichelt sich, den Fall in einer methodischen Deutung wiederaufzunehmen, die von der Oberfläche in~die Tiefe vordringen soll, wie er sagt. Daß er sie in den Schutz der Hartmannschen Ich-Psychologie stellt, die er unterstützen zu müssen glaubt, ist.Beiwerk angesichts dessen, was nun geschieht. Ernst Kris ändert die Perspektive des Falls und gibt vor, dem Subjekt den insig/at eines neuen Anfangs zu vermitteln ausgehend von einer Tatsache, die nur eine Wiederholung von dessen Zwang darstellt, bei der Kris jedoch lobenswerterweise sich nicht mit den Aussagen des Patienten -zufriedengibt. Als dieser nämlich behauptet, er hätte gegen seinen Willen die Ideen zu einer von ihm eben fertiggestellten Arbeit einem Werk éntnommen, das ihm nun ins Gedächtnis kommt, wodurch ihm eine nachträgliche Kontrolle möglich wird, schlägt _er nach undentdeckt, daß nichts VOD alledem über das in wissenschaftlichen Kreisen übliche Maß hinaus-_ geht. Kurz, als er sich vergewissert hat, daß sein Patient nicht plagiatorisch belastet ist, so sehr er es zu sein glaubt, geht er daran ihm zu zeigen, daß er es sein will, um sich daran zu hindern, es wirklich zu sein - was heißt: die Abwehr vor dem Trieb zu analysieren, der sich hier in der Hinneigung zu den Ideen der andern manifestiert. Dieses Eingreifen kann man als einen Irrtum ansehen aus dem einfachen Grund, weil es Abwehrund Trieb als konzentrisch auffaßt und meint, es sei sozusagen das eine nach dem andern gemodelt. ' Der Beweis dafür, daß es auch wirklich Irrtum ist, liegt da, wo Kris es bestätigt sieht: In dem Augenblick nämlich, als er den Kranken glaubt fragen zu können, was er von der dergestalt umgekehrten Weste hält, gibt ihm der nach kurzem Nachsinnen zur Antwort, seit einiger Zeit streiche er nach Verlassen der Sitzung durch eine Straße voll netter kleiner Restaurants und halte auf den Speisekarten Ausschau nach seinem Lieblingsgericht: frischem Hirn.

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Ein Geständnis, das nicht so sehr als eines betrachtet werden darf, das durchs Material, das es bringt, das Gelingen des Eingreifens bestätigt, sondern uns vielmehr den korrigierenden Wert eines acring out zu haben scheint im Bericht selbst, den es davon gibt. Solcher Senf nach dem Essen, der dem Patienten in die Nase steigt, scheint mir eher dem Gastgeber zu sagen, daß er beim Auftragen fehlte. So zwanghaft, ihn zu riechen, sein mag, er ist ein him; als zweifellos passageres Symptom warnt er den Analytiker: Sie sind daneben. p Sie sind daneben, wiederhole ich, und wende mich der Erinnerung an Ernst Kris zu, die in mir iaufsteigt, denk ich an den-Kongreß von Marienbad, wo ich am Tag nach meinem Vortragüber das Spiegelstadium mich verabschiedete, um dem Wind der Zeit nachzuspüren, einer Zeit voll .dunkler Verheißungen, an der Olympiade in Berlin. Liebenswürdig hielt mir Kris entgegen: «ça ne se fait pas››, hier bereits diesem Hang zum. Respektierlichen nachgebend, der im vorliegenden Fall vielleicht sein Vorgehen beeinflußt hat. Ist's das, Ernst Kris, was Sie in die Irre führt, oder nur, daß Ihre Absichten gerade seien, weil's Ihr Urteil auch ist, woran kein Zweifel sein kann, wenn nicht die Dinge wären, die schuld sind an der Schikane. Nicht daß Ihr Patient nicht stiehlt, ist hier entscheidend. Entscheidend ist, daß er nicht . .. Nein, nicht «nicht››: daß er nic/ots stiehlt. Und genau das hätte man ihm zu verstehen geben sollen. Gerade umgekehrt als Sie glauben läßt ihn nicht seine Abwehr gegen die Idee zu stehlen in der Meinung, daß er stiehlt. Vielmehr: daß er einen Gedanken haben könnte, wozu.ihm der Gedanke nicht kommt oder ihiı doch kaum streift. t Es ist also nutzlos, ihn in diesen Prozeß zu verwickeln und durchblicken zu lassen, wo Gott selbst sich nicht erkennen könnte, was sein Kollege ihm an 'mehr oder weniger Originellem klaut, wenn er mit ihm ein Schwätzchenmacht. B I Sollte diese Lust auf frisches Hirn nicht Ihre eigenen Begriffe aufzufrischen vermögen und Sie in den Thesen von Roman Jakobson an die *Funktion der Metonymie erinnern, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen werden. A Sie reden von Melitta Schmideberg, als ob sie die Kriminalität mit dem Es verwechselt hätte. Ich bin da nicht so sicher, und wenn ich an den Aufsatz denke, in dem sie den Fall zitiert, so suggeriert mir die Abfassung des Titels eine Metapher. A . .

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Sie behandeln den Patienten wie einen Zwangscharakter, während er Ihnen doch die Hand hinstreckt mit seinem Essensphantasma und ihnen damit die Gelegenheit gibt, der Nosologie Ihrer Epoche eine Viertelstunde fvorauszusein und mentale Anorexie zu diagnostizieren. 60 Sie würden damit auch diesen Doppelbegriff, den Sie auf seinen eigentlichen Sinn gebracht hätten, zurechtgerückt haben, nachdem der Gemeingebrauch ihn auf die zweifelhafte Qualität einer ätiologischen Indikation reduziert hat. s Anorexie in diesem Fall in bezug auf das Mentale, auf das Begehren, aus dem die Vorstellung lebt, und das bringt uns auf den Skorbut, der auf dem Floßiherrscht, auf dem ich es zusammen mit den mageren Jungfrauen auf die Reise schicke. ~ Deren symbolisch motivierte Verweigerung scheint mir viel Ähnlichkeit zu haben mit der Abneigung, die der Patient vor dem hat, was er denkt. Schon seinem Papa, Sie sagen es uns, war der Zugang zur Ideenwelt verstellt. Sollte der Großvater, der sich in dieser Materie einen Namen gemacht hatte, ihm das alles verleidet haben? Wie soll ma`n das wissen! Sicher haben Sie recht, im Signifikanten: groß, so wie er in der Verwandtschaftsbezeichnung enthalten ist, ohne zu zögern den Ursprung der Rivalität zu sehen, die anläßlich. einer Angelpartie mit dem Vater im Wettstreit um den- größten Fisch zum Ausdruck kam. Aber es inspiriert mich doch diese Herausforderungder reinen Form eher als daß sie sagen will: hier ist nichts zu braten. Es besteht also keine Gemeinsamkeit zwischen Ihrer Wallfahrt, die von der Oberfläche ausgehen soll, und der subjektiven Berichtigung, wie sie oben in der Freudschen Methode herausgestellt wurde, obschon sie dort auf keinerlei topischer Priorität sich gründet. Auch ist diese Berichtigung bei Freud dialektisch und geht von den Aus~ sagen des Subjekts aus, um auf sie zurückzukommen, was besagen will, daß eine Interpretation nur genau sein kann als - Interpretation. Sich hier auf die Seite des Objektiven zu schlagen, ist Unfug› und wär's auch nur deshalb, weil das Plagiatentum sich relativ verhält zu den landläufigen Sitten“. 11 Das Beispiel hier wäre: in den USA, wo Kris gelandet ist, gelten Publikationen 2118 Bcsitztitel, und eine Lehre wie die meine müßte jede Woche ihre Rechte schützen gegen die Plünderung, zu der sie reichlich Anlaß böte. In Frankreich unterwandern meine Gedanken gleichsam eine Gruppe, in der man Geboten folgt, durch diß meine Lehre untersagt ist. Weil sie verflucht sind, können Ideen hier nur als Sdımufls für einige Modenarren da sein. Egal: Die Leere, diesie ertönen lassen, läßt 11161“. Ob man mich nun zitiert oder nicht, eine andere Stimme hören.

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Die Vorstellung aber, daß die Oberfläche die Ebene des Oberflächlichen ist, ist selbst gefährlich. R _ Eine andere Topik tut ınot, damit man sich nicht im Platz des Begehrens irre. Das Begehren von der Karte wischen, das doch schon in der Landschaft des Patienten verschüttet ist, ist nicht die beste Nachfolge, die Freuds Unterweisung haben konnte. P . Noch ist dies das Mittel, mit der Tiefe Schluß zu machen, denn diese wird auf der Oberfläche sichtbarfwie eine Flechte, die an Festtagen im Gesicht erblühtı.

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III. Woran ist man mit der Übertragung? ~ ı

4:

1. Wir wollen uns auf die Arbeit unseres Kollegen Daniel Lagache beziehen, um uns ein exaktes historisches Bild machen zu können von den Arbeiten, die in Freuds Umkreis in Fortsetzung seines Werks und in der Folgezeit der von ihm entdeckten Übertragung gewidmet worden sind. Indem Lagache in die Funktion des Phänomens Strukturunterscheidungen einführt, die für die Kritik desselben von essentieller Bedeutung sind,. erweitert er den Gegenstandsbereich seiner Arbeit. Wir erinnern hier nur an die recht gelungene Formulierung einef Wechselbeziehung zwischen Wiederholungsbedürfnis und Bedürfniswiederholung, die das Phänomen in seiner letzten Natur erfaßt. _ Nun wird durch eine Arbeit dieser Art, wenn anders wir daraus in unserer Lehre die gemeinten Konsequenzen gezogen haben, speziell durch die Einteilung, “die sie einführt, recht deutlich, wie sehr die Diskussion des Problems auf Teilaspekte sich versteiftıhat, insbesondere wie der allgemeine Gebrauch des Begriffs, selbst in der Analyse, seiner fragwürdigsten, wenn auch geläufigsten Auslegung verhaftet bleibt: indem man aus ihm die Abfolge oder Summe aller positiven oder negativen Gefühle macht, die der Patient seinem Analytiker zuwendet. A e Um abschätzen zu können, wie weit wir damit in unserer wissenschaftlichen Gemeinsdıaft sind, ist zu sagen, daß, so' sehr dies auch zu fordern wäre, weder Ubereinstimmung noch Klarheit herrschen in den folgenden Punkten: Handelt es sich um denselben Effekt der Bezie_

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hung zum Analytiker, der manifest wird in jener zu Beginn einer jeden Behandlung zu beobachtenden Verliebtheit und in jenem Geflecht der Befriedigungen, das einen Abbruch dieser Beziehung so schwierig macht, da die Übertragungsneurose über die im engeren Sinne analytischen Mittel, wie es scheint, hinausgehtilst es überhaupt noch die Beziehung auf den Analytiker und deren fundamentale Frustration, was in der zweiten Phase der Analyse-die Skandierung: Frustration, Aggression, Regression begründet, in der die fruchtbarsten .Wirkungen der Analyse sich einschreiben sollten? Wie sind die Erscheinungen einzuordnen, deren Bewegung durchkreuzt wird von _Phantasmen, die offenkundig die Person des Analytikers miteinbeziehen? Warum diese Dunkelheiten so hartnäckig bestehen bleiben mußten, ist in einer beispiellos scharfsichtigen Arbeit aufgezeigt worden: Da-I nach sind es noch jedesmal, wenn im Laufe der Zeit die Problematik der Übertragung einer Revision unterzogen wurde, die antreibenden technischen Divergenzen gewesen, die eine wirkliche Kritik des Übertragungsbegriffs verhindert haben [20]. i _ 2. Dieser Begriff ist für die analytische Aktion, zu der wir hier zurückkehren wollen, von so zentraler Bedeutung, daß, wie wir hier sagen können, an ihr sich der Partialcharakter der Theorien messen läßt, an welchem die Reflexion derselben haltmacht. Damit ist gesagt, daß man nicht fehlgehen kann im Urteil, wenn man sich an die Handhabung der Übertragung hält, die ausiihnen folgt. Solcher Pragmatismus ist angemessen. Denn diese Handhabung der Übertragung ist eins mit ihrem Begriff, und so geringfügig bearbeitet dieser in der Praxis auch sein mag, er kann sich nur an den Einseitigkeiten der Theorie ausrichten. Andererseits kann man nicht sagen, daß die verschiedenen gleichzeitig nebeneinander bestehenden Einseitigkeiten sich ergänzten. Worin sich bestätigt, daß sie an einem zentralen Fehler leiden. Um hier bereits ein wenig Ordnung einzuführen, reduzieren wir diese Besonderheiten der Theorie auf drei, auch wenn wir uns damit selbst zu einer Parteinahme bekennen müßten, die aber weniger gravierend ist, weil sie nur der Darstellung dient. 4

3. Wir verbinden den Genetismus, insofern er die' analytischen Phänomene auf die hier betroffenen Entwicklungsmomente gründen und sich an der sogenannten direkten Beobachtung des Kindes orientieren 192

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will, mit einer besonderen Technik, derjenigen nämlich, die das Wesentliche dieses Vorgehens in der Analyse der Abwehrmechanismen erblickt.

Diese Verbindung ist historisch offenkundig. Man kann sogar sagen, daß sie anders gar nicht besteht, weil sie ausschließlich konstituiert ist durch ein Versagen der Solidarität, die sie vorgibt. . Ausgangspunkt derselben ist, wie man zeigen kann, der legitime Glaube an den Begriff eines unbewußten Ich, in dem Freud seine Lehre einer Neuorientierung unterzog. Weiterzugehn bis zu der Annahme, die unter seiner Funktion versammelten Abwehrmechanismen folgten in ihrem Auftreten ihrerseits einem Gesetz, das jener Abfolge von Phasen gleichen, ja sogar mit ihr korrespondieren sollte, durch' die Freud das Zutagetreten des Triebs mit der Physiologie zu verknüpfen versucht lıatte, ist der Schritt, den Anna Freud in ihrem Buch «Das Ich und die Abwehrmechanismen» vorschlägt, und den sie durch die Erfahrung überprüft haben wollte. t . ` Dies hätte in der Tat die Gelegenheit sein können für eine fruchtbare Kritik der Beziehungen zwischen der Entwicklung und jenen offenbar komplexeren Strukturen, die Freud in die Psychologie eingeführt hat. Aber die Operation rutschte tiefer, so viel größer war die Verlockung, in die beobachtbaren Etappen dersensomotorischen Entwicklung und des intellektuellen Wachstums jene Mechanismen hereinzunehmen, die vom Fortschritt derselben sich sollten abheben lassen, wieeman glaubIIC.

Man kann sagen, daß die Hoffnungen, die Anna 'Freud an dieses Unternehmen knüpfte, enttäuscht worden sind. Die analytische Technik ist damit in nichts aufgeklärt worden, wenn auch die Details, die eine durch die Analyse aufgeklärte Beobachtung von Kindern zutage fördern konnte, manchmal sehr suggestiv sind. ' Der hier als Alibi für eine verunglückte Typologie fungierende Begriff des pattern begünstigt eine Technik, die zur Aufdeckung eines inaktualen pattern sich an dessen Differenz zu einem pattern festklammert, das_ in seinem Konformismus die Garantie seiner Konformität hat. Beschämend, welche Erfolgskriterien aus solcher Falschmünzerei resultieren: Aufstieg in eine .höhere Gehaltsklasse„der Notausgang einer Liaison mit der Sekretärin, welche den biederen Ehetrabern zu einem gelegentlichen Galopp verhilft, der Beruf und die politische Gemeinschaft, das alles scheint uns nicht so recht würdig, den im planning des Analytikers, ja sogar in seiner Interpretation artikulier-

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ten Appell an die Zwietrachtnfi der Lebens- und Todestriebe zu erheischen - selbst wenn es sich noch so präremiög als ein Beitı-Q zum Problem der «Ökonomie›› versteht, die hier, völlig widersprüqhlicš zum Denken Freuds, als Spiel eines in seinem Gegensatz homologen Kräftepaars auftritt. 4. Weniger abgeschliffen in ihrem analytischen Profil scheint uns die zweite Seite, auf der erscheint, was von der Übertragung sich den Blicken entzieht: der Drehpunkt, der die Objektbeziehung sein soll' Diese Theorie mag in den letzten Jahren in Frankreich ziemlich außer Kurs gekommen sein, sie läßt trotzdem nicht anders als der Genetismus immer noch ihre hohe Abkunft erkennen. Eingeführt in die Diskussioj, wurde sie von Abraham, dem wir als originalen Beitrag den Begriff des Partialobjekts verdanken. Auf die Bedeutung desselben einzu, gehen, ist hier nicht der Ort. Uns geht es hier eher darum die Verbin, dung aufzuzeigen, die dieser Begriff zum partialen Charakter der Übertragung unterhält, von der Abraham nur einen Aspekt Wahn, nimmt, den er dann, so undurchsichtig wie er ist, als Liebesfähigkeit her, ausstellt, als gäbe es beim Kranken eine konstitutionelle Gegebenheit, an der sich der Grad seiner Heilungschancen ablesen ließe,- das einzige übrigens, woran die Behandlung von Psychosen soll scheitern können. Wir haben hier tatsächlich zwei Gleichungen. Übertragung als Sexual.. übertragung ist Ansatzpunkt für die sogenannte Objektliebe. An der Übertragungsfähigkeit bemißt sich der Zugang zum Realen. Man kann nicht genug betonen, daß es sich hier um eine petitio principii han.. delt. s ' ' Im Gegensatz zu den Annahmen des Genetismus, der auf einer Ord.. nung gestalthafter I-Iervorbringungen im Subjekt aufbaut, behaupte; Abrahams Perspektive eine Finalität, die im Instinkt begründet sein soll, insofern als sie sich unter dem I-Ieranreifen eines nicht benenn.. baren Objekts das Objekt groß O vorstellt, das die Phase der Objektalität regiert (die durch ihreaffektive Substantialität bedeutungs.. mäßig von der Objektivität untersdıieden ist). Diese ektoplasmatisdıe Konzeption des Objekts zeigte bald schon ihre Gefahren, nachdem sie aufs Niveau jener grobschlächtigen Dichotomie herabgesunken war, die daraus resultierte, daß man den prägenitalen dem genitalen Charakter entgegenhielt. "H A.d.Ü.: Im Original Großsdıreibung Discoıide, was an die ınythische Figur erinnert. ' ` 194

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Dieses erstrangige Thema erfährt eine summarische Entwicklungdadurch, daß`dem prägenitalen Charakter insgesamt die Züge eines projektiven Irrealismus, eines mehr oder weniger dosierten Autismus, der Befriedigungsrestriktion durch Abwehr, der Objektkonditionierung verliehen werden, diese letzte durch eine Isolation, die doppelt Schutz bieten soll vor den Zerstörungskräften, die auf ihn gerichtet sind, ein Amalgam also sämtlicher Störungen der Objektbeziehung, das die extreme Abhängigkeit aufweisen soll, die daraus für das Subjekt resultiert. Ein Gemälde, das trotz seiner gewollten Verworrenheit recht zweckmäßig wäre, müßte es nicht als Negativ dienen zu jenem Schäferidyll des «Übergangs von der prägenitalen zur genitalen Form››, wo' die Triebe <
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was sie sich ehedem unter Seırualfreuden vorstellten und dem, was nun ihre Empfindung ist.›› L ~ Man versteht, daß für die, die von vorneherein über diese Freude verfügen, «die Genitalbeziehung sich - um es direkt zu sagen - ohne große Geschichten vollzieht» [21 Ohne Geschichten außer der, auf umwerfende Weise sich zu paaren in dem Wort: se taper le derriêre au lustrels, dessen Platz uns hier markiert scheint für den künftigen Scholiasten, der hier sein ewiges Geschäft wird aufnehmen können. t 5. Soll man Abraham tatsächlich folgen, wenn er uns die Objektbeziehung vorstellt als etwas, das typisch sich in der Tätigkeit des Sammlers zeigt, so ist deren Regel womöglich nicht in dieser erbaulichen Antinomie zu suchen, sondern eher in einer Art Sackgasse, die' für das Begehren als solches konstitutiv ist. Daß das Objekt als gebrochen und dekomponiert sich darstellt, hat 'seinen Grund vielleicht anderswo als in einem pathologischen Faktor. Und was~hat die absurde Hymne an die Harmonie des Genitalen mit dem Realen zu tun! g s t Soll das Drama der ödipalen Situation aus'unserer Erfahrung gestrichen werden, das in Freud seinen Gestalter gefunden hat, der in ihm gerade die banalsten Beschränkungen und Erniedrigungen“ des Liebeslebens, auch des erfülltesten, erklärt sah. _ Ist es an uns, Eros, den Schwarzen Gott, umzufrisieren zum Lockenschaf des Guten Hirten? s Ohne Zweifel ist Sublimierung am Werk in diesem Opfer, das von der Liebe ausstrahlt, aber man sollte sich doch etwas weiter in die Struktur des Sublimen vertiefen und dieses nicht, wogegen Freud jedenfalls sich verwahrt hat, mit dem perfekten Orgasmus verwechseln. Das Schlimmste ist, daß in natürlichster Zärtlichkeit sich ergehende Seelen schließlich soweit kommen, 'daß sie sich fragen,'ob sie wohl der aberwitzigen Norm der Genitalbeziehung zu genügen vermögen - abermals eine Bürde, die wir wie jene vom Evangelium Verfluchtfifl den Unschuldigen auf den Rücken laden. Man wird indessen, liest man uns (wenn überhaupt etwas auf die Zeiten kommt, in welchen man nicht mehr verstehen wırd, worauf 15 A.d.Ü.: Wörtlidız sich den Hintern am Lüster ansdılagen. 1° A.d.Ü.: Im Original deutsch in Klammern. 196

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diese heftigen Ausfälle sich praktisch richteten), sich vorstellen können, unsere Kunst hätte darin bestanden, den sexuellen Appetit bei Drüsengestörten anzuregen _-_ und dabei haben wir zur Physiologie der Drüsen nicht dås Geringste beigetragen und brauchen auch herzlich wenig davon zu verstehen. 6. Wenigstens drei Seiten braucht eine Pyramide, auch eine aus Häresie. Die, welche den hier im Aufklaffen der Übertragungskonzeption beschriebenen Zweiflächer schließt, möchte, wenn man so sagen darf, dessen Ränder wieder verbinden. t ' Wenn die Übertragung ihre Kraft daran hat, daß sie auf die Realität zurückgeführt wird, deren Repräsentant der Analytiker ist, und es sich darum handelt, das Objekt” in der Treibhausluft einer geschlossenenSituation heranreifen zu lassen, bleibt dem Analysierten, wenn der Ausdruck erlaubt ist, nur noch ein Objekt zu knacken: und das wäre der Analytiker. ._ .; Daher der Begriff einer intersubjektiven Introjektion, der, unglücklich in einer Zweierbeziehung installiert, unsere dritte Verwechslung dar-

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Tatsächlich geht es um einen verbindenden- Weg, dessen Metapher die diversen theoretisd-ıen Soßen, die ihn, bezogen auf die jeweilige Topik, gängig machen, nur bewahren können, indem sie sie variieren nach dem Operationsniveau, das sie für seriös halten: Introjektion bei Ferenczi, Identifizierung mit dem Über-Ich des Analytikers bei Strachey, narzißtische Endverzückung bei Balint. Wir' wollen die Aufmerksamkeit auf die Substanz dieser mystischen Speisung lenken, und wenn wir uns dabei einmal mehr auf das beziehen müssen, wa_s vor unserer Türe passiert, so deshalb, weil die analytische Erfahrung bekanntlich ihre Kraft aus dem Besonderen schöpft. t So scheint uns, daß man die Wichtigkeit, die in der Kur dem Phantasma des phallischen Verschlingens beigemessen wird, für welches das Bild des Analytikers herhalten muß, hervorheben sollte -in ihrem Zusammenhang mit einer Ausrichtung der_Kur, die sie ausschließlich mit der Einrichtung der Distanz zwischen dem Patienten und dem Analytiker als Objekt der Dualbeziehung in Verbindung bringt. il Denn so schwachsinnig die Theorie auch sein mag, vermittels welcher " A.d.Ü.:
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ein Autor System in seine,Technik bringt es bleibt nichtsdestowenigef Wahl“, daß er tatsächlich analysiert und diaß der im Irrtum freigelegfe Zusammenhang hier der Garant des effektiv praktizierten Irrweges ıst. šíafillhlef deutlich wird, ist die Ausnahmefunktion des Signifikaflten . a us uf der Art und Welse, wie das Subjekt dem Begehren präsent ıst, allerdıngs in einer, wie man sagen kann blinden Erfahrung: Weil ef Vönlg 2111 Orientierung über die wirklicheh Verhältnisse der an211Y" “fallen Situation fehlt, die wie jede andere Situation in der gesprochefi Wffd, dadurch, daß man sie innerhalb einer Zweierbeziehung ansiedelfi wıll, notwendig zerstört werden muß. ' àlí:n;1ud1e`Natuf (ier 5Ymbolischen Einverleibung verkannt bleibt, und _ S guten Grundefl, und ausgesdılossen ist, daß in der AnalY5e “gend etwas Reales konsumiert wird, so zeigt sich nach den eleinefl' taren Bestımmungen meiner Lehre, daß in dem, was sich produziert, nur “fich Imagifiäres erkannt werden kann. Denn man muß nieht ulfbedmgf den P1311 eines Hauses kennen,-um mit dem Kopf gegen seine Mauern zu rennen, darauf kann man sogar recht gut verzichten. wir Selbst haben lefiem Autor zu einer Zeit als wir die~Debatfe unt? uns führtem angezeigt, daß, hält man :iich an eine imaginäre

Bezıehung zwischen den Objekten, als Ordnungskategorie nur die Di-

mension der Distanz Übrigbleibt.-Dieses nicht in deriAbsicht, dßß er dem beipflichte. _ Die Distanz zur einzigen Dimension zu machen in der die Beziehufl* gen des Neurotikerstzum Objekt sich abspielen ,führt in unüberwindbe-1'e WiCleI'SPI°üChe, die man oft genug sowohl im Innern des SystemS als auch In efitgegefigesetzter Richtung finden kann, die die verschiedensten Autoren, um ihre Impressionen zur Ordnen aus derselben Metapher ableiten. Zuviel oder zuwenig Distanz zuin Objekt scheinen manchmal bis zur Ununterscheidbarkeit vertauscht. Und nicht die Distanz des Obiekffi, Sondern vielmehr seine zu große Veftrautheit mit dem Sublekf, erschien Ferenczi als charakteristisch für den Neurotiker. WaS einer Sagen will, entscheidet sich in seiner Technik, und die Tech-

nik der Annäherung, des mpprocher, enthüllt, so unbezahlbar der Effekt dieses WOIIBS auch sein mag, wenn es in einem englischen Exposé unübersetzt auftaucht, in der Praxis ein Bestreben, das an Zwang grenzt. ~ S' Man kann kaum glauben, daß das Ideal einer solchen auf Null

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(englisch nil) reduzierten Distanz seinen Urheber nicht erkennen lassen soll, wie hier seine theoretische Paradoxie sich verdichtet. Wie dem auch sei, sicher ist, daß diese Distanz als universal gültiger Parametef aufgefaßt wird, der die verschiedenen Techniken zum Abbau der Neurose - mag einem die Diskussion über ihren Umfang noch so chinesisch vorkommen - regelt. Was eine solche Konzeption den speziellen Bedingungen der Zwangsneurose verdankt, kann nicht ganz auf die Seite des Objekts abgeschoben werden. , . Vielmehr scheint ihr nicht einmal gutgeschrieben werden' zu können, daß ein Vorteil aus -den Resultaten zu ziehen wäre, die sie aus der Zwangsneurose gewinnen könnte. Wenn wir uns wie Kris auf eine in zweiter Instanz wiederaufgenommene Analyse beziehen dürfen, können wir bezeugen, daß eine solche Technik, die unbestreitbar Talent verrät, bei einem klinischen Fall einer reinen Zwangsneurose bei einem Mann zu einer urplötzlichen Verliebtheit geführt hat, die, obzwar platonisch, so doch nicht weniger zügellos war, und die sich auch als nicht weniger irreduzibel erwies, weil sie auf das erste in seiner Umgebung erreichbare gleichgeschlechtige Objekt sich richtete. Spricht man hier von transitorischer Perversion, so kann das einen notorischen Optimisten befriedigen, doch nur um den Preis, daß man in dieser atypischen Wiederherstellung des in dieser Beziehung viel zu sehr vernachlässigten Dritten erkennt, daß man nicht zu sehr auf den Punkt der Nähe in der.Beziehung zum Objekt losschießen sollte. ı 1 3

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7. Das Abstumpfen der Technik durch fortschreitenden Th_eorieverlust kennt keine Grenze. Auf die Erfindungen solch wilder Analyse haben wir bereits hingewiesen, erstaunt und peinlich berührt zugleich, daß da nicht die geringste Kontrolle sich geregt haben soll. Seinen Analytiker riechen zu können, erscheint in einer Arbeit' buchstäblich als Verwirklichung, womit der glückliche Ausgang der Übertragung bezeichnet wird. ) S I ` Was den Wert dieses letzten Beispiels ausmacht, ist, wie man hier sehen kann, eine Art unfreiwilliger Humor. Jarry hätte an ihm seine helle Freude gehabt. Tatsächlich kann man sich nur noch an das Folgende halten, wenn man die Entwicklung der analytischen Situation real nimmt: Wahr ist, daß neben dem Schmecken nur noch in der Dimension des Riechens die Distanz sich auf Null _(m`l) reduzieren läßt, diesmal imfRealen. Ob man darin einen Hinweis für die Aus199

richtung der Kur und die Prinzipien ihrer Macht sehen kann, ist eher fragwürdig. t Indes, daß ein Käfiggeruch durch eine Technik zieht, in der man sozusagen über die Nase peilt, hat nicht nur eine lächerliche Seite. Die Schüler meines Seminars erinnern sich an jenen Uringeruch, der die Wendung brachte in einem Fall von transitorischer Perversion, mit dem wir uns zur Kritik der besagten Technik beschäftigt haben. Man kann nicht sagen, daß er ohne Zusammenhang gewesen wäre mit dem Ereignis, das die Beobachtung motiviert, denn der Patient hatte, als er durch ein Loch in der Wand eines Klosetts einer Frau beim Urinier_en~zusehen konnte, seine Libido plötzlich umgesetzt, ohne daß er dazu durch irgend etwas prädestiniert gewesen wäre, wie es scheint: nachdem die mit dem Phantasma der phallischen Mutter verknüpften infantilen Regungen bis zu diesem Zeitpunkt nur in'Gestalt der Phobie aufgetreten waren [23]. Gleichwohl ist hier keine direkte Verbindung, wie es ebenfalls nicht korrekt wäre, in diesem Voyeurismus eine Umkehrung des exhibitionistischen Aktes zu sehen, der bereits im Atypischen der Phobie mit der völlig korrekt gestellten Diagnose enthalten ist: für den Patienten in Gestalt der Angst, seiner Größe -wegen verspottet zu werden. Wie wir schon sagten, beweist die Analytikerin,'der wir diese bemerkenswerte Publikation verdanken, seltenen Scharfsinn, 'indem sie immer wieder, mit peinlicher Hartnäckigkeit, auf die Interpretation einer gCWiSSen RüStL1ng zurückkommt, die in einem Traum aufgetaucht war in der Stellung eines Vcrfolgers, der dazu noch mit einer Fliegenspritze bewaffnet war wie mit einem Symbol der phallischen Mutter. Hätte ich nicht elıer vom Vater sprechen sollen, fragt sie sich, und rechtfertigt ihre Unterlassung damit, daß in der Geschichte des Patienten ein realer Vater nicht aufgetreten war. Meine Schüler können hier bedauern, daß ihr die Lehren meines Seminars dabei nicht zur Hilfe kommen konnten, denn sie wissen, nach welchen Prinzipien ich sie zu unterscheiden gelehrt habe zwischen dem phobischen Objekt als Signifikanten, der alles tut, um an die Stelle des Mangels des Anderen zu treten, und dem jeglicher Perversion zugrundeliegenden Fetisch als dem im' Schnitt des Signifikanten erblickten Objekt. _ I i In Ermangelung dessen vermochte sich die talentierte Anfängerin auch nicht an den Dialog der Rüstungen in André Bretons Discours sur le peu de réalité erinnern. Das hättesie auf die Spur gebracht. 200

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Aber wiekann man so etwas hoffen, wo doch diese Analyse zur Kontrolle eine Ausrichtung erfuhr, die sie auf dauernde Störmanöver verwies, was den~Patienten auf die reale Situation hinführen sollte. Was wundern wir uns, daß die Analytikerin anders als die Königin von Spanien offenbar Beine hat, beweist sie dies doch selbst durch die Unduldsamkeit ihrer Rufe zur Ordnung der Gegenwart. Sicher zeigt sich ein solches Vorgehen nicht ohne Grund in dem gutartigen Ausgang des acting out, das hier in der Probe steht: denn auch die Analytikerin sah sich - dessen war sie sichübrigens bewußt - einem ständigen kastrierenden Eingreifen ausgesetzt. Warum aber soll diese Rolle der Mutter zugeteilt werden, die ja die ganze Zeit über eher als Vermittlerin aufgetreten war, wie alles in der Anamnese dieser Krankengeschichte zeigt? , v Das Fehlen des Ödipuskomplexes "ist kompensiert worden, durchweg jedoch in der in ihrer Naivität entwaffnenden Form einer völlig gezwungenen wenn nicht gar willkürlichen Berufung auf den Mann der Analytikerin, der sich dafür geradezu anbot, hatte er doch, selber Psychiater, seine Frau mit dem Patienten versehen. g Das ist hier kein gewöhnlicher Umstand. ijedenfalls ist er zurückzuweisen als der analytischen Situation äußerlich. Es sind nicht die ungelenken Umwege der Behandlung an sich, was einen reserviert sein läßt dem Ausgang derselben gegenüber,und der doch recht maliziöse Humor jener meist als Preis der Schändung entwendeteri letzten Honorare während einer Behandlung ist an sich durchaus kein schlechtes Zeichen für die Zukunft. Die Frage, die zu stellen wäre, ist die' nach der Grenze zwischen Analyse und Reedukation, wennihr Prozeß selber sich an der Herausforderung der realen Einwirkungen ausrichtet. Man sieht das, wenn man in dieser Krankengeschichte die biographischen Daten mit den Übertragungsgebilden vergleicht: Der Anteil, den die Entzifferungdes Unbewußten ausmacht, ist wirklich sehr klein. Man fragt sich sogar, ob nicht der größte Teil unberührt in jener Verzystung .des Rätsels bleibt, das unter dem Etikett einer transitorischen ,Perversion den Gegenstand dieses instruktiven Beitrags ausmacht.

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8. Daß der Nichtanalytiker unter den Lesern sich nur nicht täusche: Durchaus nicht soll hier der Wert einer Arbeit herabgemindert werden, auf die das Vergilsche Epitheton improbus genau zutrifft. Wir verfolgen hier keine andere Absicht als den Analytikern warnend `

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vor Augen zu führen, wie ihre Technik ins Gleiten gerät, wenn Sle nicht erkennen, wo in Wahrheit sich deren Wirkung entfaltet. Bei all der Hartnäckigkeit in den Versuchen, eine Definition dieses Orts zu finden, kann man nicht sagen, daß die Erfahrung, die dıe Analytiker aufrollen, so bescheiden sie auch sein mag und so fiktıv die Positionen auch sind, auf die sie sich zurückziehen, immer unfruchtbar bliebe. . t Genetische Untersuchungen und direkte Beobachtung haben sich durchaus nicht von einer eigentlichen analytischen Beseelung abgelöst. Wır selbst haben, als wir uns in unserem“ Seminar ein Jahr lang mit dem Thema-der Objektbeziehungen beschäftigt haben, auf den Wert einer Konzeption hingewiesen, die in aller Deutlichkeit herausstellt, iílnß die Beobachtung des Kindes an der Funktion des-Bemutterns in _Clf›`I` Objektgenese sich zu orientieren hat. Wir denken an den Begriff elflee Übergangsobjekts, der, eingeführt von D. W. Winnicott, ein Schlüssel zur Erklärung der Genese des Fetischismus ist [27]. ~ Bleibt,`daß die offenkundigen Zweifel über die großen Freudschen Begriffe, die einem bei der Lektürekommen, den Schwächen korrelle* ren, die die praktische Arbeit erschweren. Was wir damit sagen Wollen ist, daß Forscher und Forschergruppen, je deutlicher Sie SPÜf°n› fíaß sie in Sackgassen geraten bei dem Versuch, ihr Handeln in seiner Authentizität zu bestimmen, dieses um so eher in die Richtung emef Machtausübung zwingen wollen. _ Soldıe Macht substituieren sie der Beziehung zum Sein, in der jeneS Handeln seinen Platz einnimmt, und begeben sich so seiner Mıttel, namentlich der der Sprache, ihrer wahrhaften Erhabenheit. Daher ist es eine, wenn audi noch so befremdliche, Art Wiederkehr des Verdrängten, die von Anmaßungen aus, die am wenigsten dazu angetan sind, sich mit der Würde jener Mittel zu belasten, diesen Bindungsfehler aus einem Rekurs auf das Sein als Gegebenheit des Realen entstehen läßt, wobei der hier herrschende Diskurs jede Frage von sich weıst, die superbe Plattheit nicht schon erkannt hätte. 4

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IV. Wie mit seinem Sein agieren? |

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1. Sehr früh in der Geschichte der Psychoanalyse erscheint die Frage nach dem Sein des Psychoanalytikers. Daß dies durch den Mann geschieht, den das Problem der analytischen Aktion am meisten gequält hat, kann uns nicht überraschen. Tatsächlich macht Ferenczis Aufsatz «Introjektion und Übertragung››, der von 1909 datiert [3], hier den Anfang, er antizipiert auf lange Zeit alles, was später zu diesem Thema gesagt worden ist. Ist nach der Auffassung Ferenczis Übertragung Introjektion der Person des Arztes in der subjektiven Ökonomie, so geht es hier doch nicht mehr um diese Person als Träger eines Wiederholungstriebs, eines nicht angepaßten Verhaltens oder als Bild eines Phantasmas. Vielmehr meint Ferenczi, daß ing die Ökonomie des Subjekts hier all das aufgenommen werde, was der Psychoanalytiker in dem Duo als das Hier und Jetzt einer Fleisch gewordenen Problematik vergegenwärtigt. Geht dieser Autor nicht sogar soweit zu sagen, eine Kur sei nur dadurch zu beendigen, daß der Arzt dem Kranken die Verlassenheit eingesteht, in deren Stand er sich selber befindetıa. 2. Ist es nötig, daß man mitrsolcher Lächerlichkeit dafür bezahlt, nur damit das Seinsverfehlen des Subjekts als Zentrum der analytischen Erfahrung erkennbar wird, als Feld auch, auf dem die Passion des Neurotikers zur Entfaltung kommt? a Außerhalb des Feuers der ungarischen Schule, dessen Glut nun zerstreut ist und bald zu Asche zerfallen sein wird, ist es allein den Engländern in ihrer kalten Objektivität gelungen, dieses Aufklaffen, von dem der Neurotiker in all seinen Versuchen, seine Existenz zu rechtfertigen, Zeugnis gibt, zu erfassen und damit von der zwischenmenschlichen Beziehung, ihrer Wärme und ihrem vielfältigen Trug, die Beziehung zum Andern zu unterscheiden, in der das Sein seinen Status findet. a Wir erinnern hier nur an Ella Sharpe und die treffenden Bemerkungen, mit welchen sie den wirklichen Nöten des Neurotikers nachgeht [24]. Die Kraft ihrer Argumente kommt aus einer Art Naivität, deren Reflex jene mit Recht berühmte Schroffheit ist, die ihren Stil als Thera13 Berichtigung des Textes im vorletzten Satz und in der ersten Zeile des folgenden Abschnittes (ı966)._ v

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peutin wie Schriftstellerin aiıszeichnet. Es ist kein gewöhnlicher Zug, daß sie ihre Eitelkeit nicht verbergend vom Analytiker eine Allwissenheit verlangt, mit deren Hilfe dieser die Absichten in den Diskursen des Analysierten soll lesen können. Man muß ihr dafür danken, daß sie, was die Schulung des Praktikers anbelangt, literarische Bildung an die ersteiStelle setzt, selbst wenn ihr dabei zu entgehen scheint, daß in der vorgeschlagenen Minimallektüre Werke der Einbildungskraft dominieren, in denen der Signifikant des Phallus kaum verhüllt eine zentrale Rolle spielt. Das beweist nur, daß die Auswahl ebenso von Erfahrung geleitet ist wie es ihr glüdtt, prinzipielle Unterweisung zu geben. ~ ' ~ \

3. Ob mit oder ohne Vorläufer, es waren abermals die Engländer, die das Ende der Analyse auf das Kategorischste durch die Identifikation des Subjekts mit dem Analytiker definiert haben. Gewiß, die Auffassungen darüber, ob es sich dabei um dessen“ Ich oder Über-Ich handelt,_gehen auseinander. So leicht läßt sich die Struktur, die Freud im Subjekt freilegte, nicht meistern, wenn man versäumt, in derselben das Symbolische vom Imaginären und vom Realen zu unterscheiden. ` _ Sagen wir nur, daß Anstoß erregende -.Aussagen dieser Art nicht gemacht würden, wenn die, die sie vortragen, nichts dazu drängte. Die von Melanie Klein in der Praxis entfaltete Dialektik der phantasierten Objekte läßt sich tendenziell in eine Theorie übersetzen, die auf Identifikationsbegriffen aufbaut. e t Denn diese Objekte, die, partial oder nicht partial, bestimmt signifikant sind, Brust, Kot oder Phallus, gewinnt oder verliert zweifelsohne das Subjekt, das von ihnen zerstört wird oder sie beschützt, das vor allem aber diese Objekte ist je nach dem Platz, an dem diese in seinem fundamentalen Phantasma funktionieren, und dieser Modus der Identifikation zeigt nur die Pathologie der abschüssigen Bahn, auf die das Subjekt gestoßen wird in einer Welt, in der seine Bedürfnisse auf Tauschwerte reduziert sind, wobei diese abschüssige Bahn ihre radikale Möglichkeit nur an jener Mortifikation hat, die der Signifikant über das Leben des Subjekts verhängt, indem er es nummeriert. ı

4. Es möchte scheinen, daß der Psychoanalytiker, weil er dem Subjekt hilft, dieser Pathologie heil entkommen sein müßte, die, wie man sieht, auf nichts weniger als auf einem ehernen Gesetz beruht. :o4

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Deshalb bildet man sich auch ein, der Psychoanalytiker müsse ein glücklicher Mensch sein. Verlangt man von ihm denn nicht'Glück, und wie sollte er es geben, wenn er nicht selbst ein wenig davon besäße? sagt sich der gesunde Menschenverstand. Tatsächlich sträuben wir uns auch gar nicht dagegen, Glück zu versprechen in einer Zeit, in der die Frage nach seinem Maß kompliziert geworden ist: in erster Linie darin, daß Glück, wie Saint-Just es formulierte, zu einem Faktor der Politik geworden ist. . Wir wollen, gerecht sein, der humanistische Fortschritt von Aristoteles bis zum heiligen Franz (von Sales) hat die Aporien des Glücks nicht ausgefüllt. S Es ist bekanntlich verlorene Zeit, das Hemd eines glücklichen Menschen zu suchen, und was man den Schatten eines Glücks nennt, meidet man besser wegen der Übel, die er mit sich bringt. A Inder Beziehung zum Sein hat der -Analytiker sein Operationsniveau zu suchen, und die Chancen, die ihm zu diesem Ende die Lehranalyse bietet, sind nicht nur an dem vermeintlich bereits gelösten Problem des Analytikers zu messen, der ihn dorthin führt. ' ~ Es gibt Mißgeschicke des Seins, die die Kollegien aus Klugheit und aus jener falschen Scham, die Herrschaft absichert, heraus nicht von sich abzulösen wagen. r Eine Ethik wäre zu formulieren, welche die Freudschen Eroberungen auf dem Gebiet des Begehrens miteinbezöge: An deren Spitze wäre die Frage nach dem Begehren des 'Analytikers zu stellen. 5. Der Zerfall der analytischen Spekulation speziell auf diesem Gebiet muß einen treffen, allein schon wenn man für die Resonanz der alten Arbeiten nicht ganz unempfindlich ist. Weil sie einen Haufen Dinge verstehen, bilden sich die Analytiker in ihrer Gesamtheit ein; Verstehen trage sein Ziel in sich, und dieses Ziel könne nichts anderes sein als ein Happy-End. Dabei 'könnten sie am Beispiel der Physik sehen, daß man bei den allergrößten Erfolgen nicht weiß, wohin die Reise geht. _ Oft ist es besser, nicht zu verstehen, um zu denken, und man kann meilenweit im Verständnis davongaloppieren, ohne daß der kleinste Gedanke dabei herausspringt. s _ Selbst die Behaviouristen habenmit einem Verzicht aufs Verstehen begonnen. Aber da ihnen jeder weitere Gedanke abging in einer Materie, unserer, dieeantiphysis ist, haben sie, ohne es zu verstehen, zo;

dann sich das erschlichen, was wir verstehen: das gab unserem Stolz wieder Auftrieb. Ein Beispiel, wozu wir in moralischer Hinsicht fähig sind, gibt der Begriff derAufopferungsbereitschaft. Er umschreibt ein Zwangsphantasma, das von sich selber notwendig unverstanden bleiben muß: Alles für den andern, der mir ähnlichısa ist, sagt man, und will die Angst nicht wahrhaben, die vom Andern (mit großem A) ausgeht dadurch, daß es nicht ein Ähnliches ist. A 6. Wir behaupten nicht, die Psychoanalytiker zu lehren, was Denken ist. Sie wissen es. Aber es ist nicht so, daß sie es von sich aus begriffen hätten. Sie haben hier bei den Psychologen gelernt. Denken ist ein Probehandeln, wiederholen sie gelehrig. (Freud selbst leistet dieser Täuschung Vorschub, was ihn nicht daran hindert, ein strenger Denker zu sein, dessen Handeln sich im Gedanken vollendet.) A ,In Wahrheit ist das Denken der Analytiker ein Handeln, das sich auflöst. Darum besteht auch einige Hoffnung, daß, wenn man ihre Gedankendarauf lenkt, es wieder aufzunehmen, sie es auch .Wieder überdenken. W . 7. Der Analytiker ist der Mensch, zu dem man spricht und zu dem man frei spricht. Dafürist er da. Washeißt das? _ Alles, was man über die Verbindung von Ideen sagen kann, ist nur psychologistische Einkleidung. Die mitgeteilten Wortspiele sind weit davon entfernt - und"außerdem ihrem Begriff nach so unfrei wie nur etwas. V Die Freiheit, die das Subjekt, eingeladen in der Analyse zu sprechen, zeigt in dem, was es sagt, ist in Wirklichkeit nicht allzu groß. Nicht, daß es streng an der Kette seiner Assoziationen liegt, die es ohne Zweifel unterdrücken, sondern daß diese auf ein freies Sprechen, auf ein volles Sprechen zusteuern, könnte ihm peinlich werden. Nichts fürchtet man mehr, als etwas zu sagen, das wahr sein könnte. Denn es würde es ganz und gar, wenn es das wäre, und Gottweißwas geschieht, wenn etwas, weil es wahr ist, nicht mehr in die Ungewißheit zurücktreten kann. a ' Ist dies der Prozeß der Analyse: ein Fortschreiten' der Wahrheit? 132 A.d.Ü.: tour pour Pautre, mon semblable heißt eigentlich «Alles für den andern, meinen Nädıstens, wobei aber das Wortspiel mit semblable untergeht. 206

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Schon höre ich die Jüngelchen tuscheln von meinen intellektualistischen Analysen und daßich, wenn ich pointiert formuliere, das Unaussprechliche zu bewahren wisse. i Daß unser Hören sich jenseits des Diskurses einrichte, ich weiß es so gut wie irgendwer, wenn ich mich nur entscheide zu hören und nicht abzuhören. Ja, gewiß, nicht den Widerstand abzuhören, nicht die Spannung, den Opisthotonus, die Blässe, nicht die_Adrenalinentladung (sic), in der sich ein stärkeres Ich (resic) weiterbilden soll: was ich höre, höre ich nach dem Vernehmen. s Das Vernehmen zwingt mich nicht zu verstehen. Was ich vernehme, bleibt darum nicht weniger ein Diskurs, und wäre dieser so wenig diskursiv wie ein Ausruf. Denn ein Ausruf ist der Sprache (langage), nicht dem expressiven Schrei zuzuordnen. Es ist ein Teil des Diskurses, der_das keinem andern abtritt wegen der Syntaxwirkungen in einer bestimmten gegebenen Sprache (langue déterminée). < A Auf das, was ich zweifelsfrei vernehme, habe ich nichts wieder zu sa~ gen, wenn ich davon nichts verstehe, und verstände ich etwas, wäre ich sicher, mich zu täuschen. Das könnte mich nicht daran hindern, darauf zu antworten. Das geschieht außerhalb der Analyse in einem solchen Fall. Ich schweige. Jedermann ist einverstanden, daß ich den Sprecher frustriere, er selber zuerst, ich auch. Warum? ~ Wenn ich ihn frustriere, so weil er von mir etwas beansprucht. Ihm zu antworten eben. Aber er weiß wohl, daß es nur Worte wären. Wie er sie von jedem beliebigen haben kann. Es ist nicht einmal sicher, ob er es mir zu danken hätte, wenn es gute Worte, noch weniger, wenn es schlechte wären. Solche Worte beansprucht er garnicht von mir. Er beansprucht von mir . . . aus der Tatsache heraus, daß er spricht: sein Anspruch ist intransitiv, er verlangt nicht nach einem Objekt. . . Gewiß, sein Anspruch erhebt sich auf dem Feld eines impliziten Anspruchs desjenigen, um dessen willener da ist: ihn zu heilen, ihn ihm selbst zu enthüllen, ihn mit der Psychoanalyse bekannt zu machen, ihn zum Analytiker zu qualifizieren. Aber dieser Anspruch, er weiß es, kann warten. Sein momentaner Anspruch hat damit nichtszu tun, es ist nicht einmal seiner, denn letztlich habe ich ihm ja angeboten zu sprechen. (Einzig das Subjekt ist hier transitiv.) ' Es ist mir also alles in allem gelungen, was man allgemein in der Handelswelt gerne mit solcher Leichtigkeit zustande gebracht sähe: Mit dem Angebot habe ich die Nachfrage geschaffen. a

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8. Aber es ist dies, wenn man so sagen kann, ein radikaler Anspruch, Ganz bestimmt hat Madame Macalpine recht, ausschließlich in der analytischen Regel den Motor der Übertragung zu suchen. Doch sie irrtisich, wenn sie im Fehlen jedes Objekts einen offenen Zugang zur infantilen Regression sieht [24]. Solches wäre eher ein Hindernis, denn wie jedermann, an erster Stelle der Kinderanalytiker, weiß, braucht es eine Menge kleiner Gegenstände, um eine Beziehung mit dem Kind zu unterhalten. j Durch das Mittel des Anspruchs öffnet sich die ganze Vergangenheit bis zum. Grund der ersten Kindheit. Ansprüche stellen, das Subjekt tat nie anderes, konnte überhaupt dadurch_ nur leben, und wir greifen dies auf. _ i Diesen Weg kann die analytische Regression nehmen und sie stellt sich in der Tat auch so dar. Man redet von ihr, als ob das Subjekt sich als Kind gebärden wollte. Zweifelsohne kommt so etwas vor, wobei solches Getue nichts Gutes ahnen läßt. Sie weicht jedenfalls von dem ab, was man für gewöhnlich in dem, was man für Regression hält, beobachtet. Denn die Regression demonstriert.ja nichts anderes 61 als die Wiederkehr und Vergegenwärtigung von Signifikanten, die in Ansprüchen kursieren, die verjährtsind. A ` 9. Um zum Ausgangspunkt zurückzukehren: Diese Situation erklärt die Primärübertragung - und die Liebe, in welcher diese bisweilen'

sich manifestiert. .y t Denn wenn Liebe heißt: geben, was man nicht hat, ist freilich wahr, daß das Subjekt mit Recht erwartet, daß man sie ihm gebe, zumal ja der Psychoanalytiker nichts anderes zu geben hat. Aber selbst dieses Nichts ist nicht geschenkt, und es ist besser so: Für dieses Nichts bezahlt man ihm, durchaus nicht wenig, und man zeigt damit, daß es anders nicht viel wert wäre. Mag indessen die Primärübertragung in den meisten Fällen im Dunkeln bleiben, es bleibt diesem Dunkel doch unbenommen zu träumen und seinen Anspruch zu reproduzieren, und gäbe es auch nichts mehr zu beanspruchen. Dieser Anspruch, leer zu sein, wird “drum nur um so reiner sein. Man wird einwenden, daß der Analytiker immerhin seine Gegenwart gibt, aber ich glaube, diese ist zunächst nur das Implikat seines Zuhörens, und dieses wieder nur die Bedingung des Sprechens. Warum auch, wenn dem nicht so wäre, verlangte die Technik, daß er mit 208

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diesem so vorsichtig verfahren soll? Erst später wird seine Gegenwart bemerkt.

Im übrigen ist das Gefühl seiner Gegenwart, wo es am deutlichsten sich ausprägt, gebunden an einen Moment, in dem das Subjekt nur schweigen kann, das heißt: wo es selbst noch vordem Schatten des Anspruchs zurückweicht. Also ist der Analytiker der, der den Anspruch.trägt, nicht um das Subjekt. zu frustrieren, wie gesagt wird, sondern'damit die Signifikant'en wieder- in Erscheinung treten, an denen seine Frustration hängt." I ıo. Denken wir daran, die Primäridentifıkation entsteht im ältesten Anspruch, sie leitet sich her aus der mütterlichen Allmacht und verpflichtet nicht nur die Bedürfnisbefriedigung auf den Apparat des Signifikanten, sondern zerlegt, filtert und modeliert die Bedürfnisse nach den Engführungen der Struktur des Signifikantem. e Die Bedürfnisse unterliegen denselben .konventionellen Bedingungen wie der Signifikant in seiner doppelten Bestimmung: Synchron in der Opposition zwischen irreduziblen Elementen, diachron in der Substitution und Kombination, wodurch die Sprache, wenn schon alles gewiß nicht ausfüllt, so doch das Ganze der zwischenmenschlichen Beziehung strukturiert. ' Hieraus erklärt sich das Schwanken in Freuds Aussagen über die Beziehungen zwischen Über-Ich und Realität. Wohlgemerkt, das ÜberIch ist nicht die Quelle der Realität, wie er gelegentlich sagt, doch steckt es deren Bahnen ab, bevor es im Unbewußten die ersten idealen Wegzeichen wiederfindet, wo die Triebe, indem den Bedürfnissen der Signifikant sich substituiert, als verdrängte sich konstituieren. I

11. Es besteht nun also kein Bedürfnis mehr, noch weiter die Triebfeder der Identifikation mit dem Analytiker zu suchen. Die Identifikation kann sehr unterschiedlich sein, aber es wird immer eine Identifikation mit Signifikanten sein. In dem Maße wie eine Analyse sich entwickelt, hat es der~Analytiker nach und nach mit sämtlichen Artikulationen des Anspruchs des Subjekts zu tun. Er darf darauf, wie wir später noch sagen werden, nur aus der Übertragungshaltung antworten. Wer würde im übrigen nicht unterstreichen wollen, wie wichtig das ist, was man die permissive Hypothese der Analyse nennen könnte! y

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Indessen bedarf es, damit das, was nicht verboten ist, obligatorisch

werde, keiner eigenen Politik.

Analytiker, die wir fasziniert nennen von Folgeerscheinungen der Frustration, nehmen nur eine Suggestionshaltung ein, die das Subjekt aufs Herumreichen seines Anspruchs reduziert. Ohne Zweifel ist mit emotionaler Reedukation gerade das gemeint. W Güte ist dabei zweifelsohne nötiger als anderswo, doch kann diese die Übel nicht heilen, die sie selber auf den Plan ruft. Ein Analytiker, der das Wolıl des Subjekts will, wiederholt, wozu er selber gebildet, ja manchmal sogar verdreht wurde. Auch die abwegigste Erziehung hatte nie anderes im Auge als das Wohl des Subjekts. i Es gibt eine Theorie der Analyse, die im Gegensatz zum vorsichtigen Aufbau der Analyse bei Freud den Bereich der Symptome auf die Angst reduziert. Daraus folgt eine Praxis, in der sich das, was _ich gelegentlich die-obszöne und blutrünstige Erscheinungsform des ÜberIch genannt habe, niederschlägt, .woraus für die Übertragungsneurose kein anderer Ausgang ist als: den Kranken sich setzenzu heißen, ihm durch das Fenster die ladıenden Seiten der Natur zu zeigen und zu sagen: «Los! Nun seien Sie mal ein artiges Kind» [22].

V. Man muß .das Begehren buchstäblich nehmen. I. Ein Traum ist schließlich nur ein Traum, wie man heute hören kann [22]. Ist das nichts, daß Freud in ihm das Begehren” erkannte? Das Begehren, niclıt die Triebe. Man muß eben die «Traumdeutung›› lesen, wenn man wissen will, was Freud dort <<Wunsch›› nennt.Halten wir bei der Vokabel «Wunsch›› und dem entsprechenden 'wish im Englischen und unterscheiden wir beide von dësir, da beide losgehen 1° A.d.Ü.: Die folgenden Sätze sind ein Grund, daß wir Lacans zentralen Begriff des dëfíf mit "Be8°hI'ßn», nicht mit «Wunsdu übersetzen. Daraus ergeben sich Probleme

der Rückübersetzung. So folgt aus unserer Entscheidung, daß der Satz le rêfve est la

rëalisatiøn d'ım dêsir wiederzugeben wäre rnit: «Der Traum ist die Verwirklidıung eines Begehrens››, wobei der deutschsprachige Leser im Auge behalten muß, daß bei Freud von «Wunsd1erfüllung» die Rede ist. Lacan selbst verweist auf «Begehren››, so in dem Vortrag über die «Bedeutung des Phalluss, der in «Sdıriften II» enthalten sein wird. Vgl. audı J. Laplandıe und J.-G. Pontalis, Das Vokabular der Psychoanalyse, Frankfurt a. Main 1972, S. 634 ff. ' . ' 210

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wie naß gewordene Knallfrösche, was nichts weniger als die Vorstellungvon Konkupiszenz erweckt. Dem entspricht im Französischen das Wort voeu. Voenx, Wünsche, können fromm sein oder sehnsüchtig, sie können aufsässig sein und sie können einen hereinlegen. Eine Frau kann einen Traum haben, der von keinem andern Begehren beseelt ist, als Freud, der sie mit der Theorie bekannt gemacht hat, derzufolge der Traum ein Begehren ist, den Beweis zu liefern, daß es sich damit durchaus nicht so verhält. Der entscheidende Punkt ist, daß das Begehren sich artikuliert in einem Diskurs, der voll List ist. Nicht weniger wichtig ist es jedoch zu sehen, was die Konsequenz davon ist, daß Freud sich begnügt, hierin das Traumbegehren und die Bestätigung seines Gesetzes zu erkennen, denn nurso läßt sich begreifen, was Begehren in seinem Denken_heißen soll. _ A Dessen Exzentrik geht bei ihm sogar noch weiter, da ein Straftraum mitunterdas Begehren nada dem bezeichnet, was die Strafe ,unterdrückt. = _ _ Bleiben wir nicht bei den Schubladenetiketten stehen, obschon nicht wenige sie mit der Frucht der Wissenschaft verwechseln. Lesen wir die Texte und folgen wir Freuds Denken auf jenen Umwegen, die es uns aufnötigt, und vergessen wir nicht, daß derselbe Freud, der im Blick auf das Ideal eines wissenschaftlichen Diskurses diese Umwege bedauert, auch versichert, sein Gegenstand hätte ihn dazu gezwungen“. Man sieht also, daß dieser Gegenstand identisdı ist mit den besagten Umwegen, denn Freud kommt bei der ersten Gelegenheit in seinem Werk, als er den Traum einer Hysterika berührt, auf den Umstand zu sprechen, *daß sich in diesem durch Verschiebung, genau gesagt hier durch die Anspielung auf das Begehren einer andern, ein Begehren vom Vorabend befriedigt, das in seiner herausragenden Position unterstützt wird von einem Begehren, das wohl auf eine andere Ebene gehört, denn Freud ordnet es ein als das Begehren, ein unbefriedigtes Begehren zu haben [7]21. 2° Vgl. Brief 118 vom 11.9.1899 an Fließ in: Aus dem Anfängen der Psychoanalyse, Frankfurt a.Main' 1962, S. 254f. ı 21 Hier der Traum, wie ihn die Patientin in ihrer Erzählung auf S. 152 der G. W., II-III wiedergibt: «Ich fwiii ein Soııper geben, babe aber nichts *vorrätig als etwas geräucberten Lachs. Ich denke daran, einkaufen zu geben, erinnere mich aber, daß es Sonntag Nachmittag ist, wo alle Läden gesperrt sind. Ich will mm einigen Lieferanten telephonieren, aber das Telepbon ist gestört. So muß ich auf den Wunsch, ein Souper zu geben, -verzichten» -

21 1

Man rechne nach, wie vieler Verweisungen es hier bedarf, damit das Begehren zu einer geometrisch wachsenden Kraft werden kann. Ein Indiz allein würde nicht genügen, deren 'Grad zu beschreiben. Man müßte schon zwei Dimensionen in diesen Verweisungen unterscheiden: ein Begehren des Begehrens, anders gesagt ein durch ein Begehren bedeutetes Begehren (das Begehren der Hysterika, ein unbefriedigtes Begehren zu habe, ist bedeutet in ihrem Wunsch nach Kaviar: der Wunsch nach Kaviar ist sein Signifikant) schreibt sich ein in das zweite Register eines Begehrens, das einem Begehren substituiert. ist (im Traum ist der Wunsdı der Freundin nach geräucherteın Lachs dem

Wunsch der Patientin substituiert, der auf Kaviar sich richtet, was

die Substitution eines Signifikanten unter einen andern Signifikanten

wäre)22.

2.`Was wir so finden, hat nichts Mikroskopisches an sich, wie es ja auch keiner speziellen Instrumente bedarf zu der Erkenntnis, .daß das Blatt die Strukturmerkmale der Pflanze hat, ,von der es genommen ist. Hätte man auch nie eine Pflanze'anders_ erblickt als ohne Blätter, man würde sofort gewahr, daß ein Blatt mit weit größerer Wahrscheinlichkeit ein Teil der Pflanze ist als ein Stück Haut. Das Begehren aus dem Traum der Hysterika, aber auch das allerklein-

ste Nichts an seinem Platz in Freuds Text faßt zusammen, was das ganze Buch über die sogenannten unbewußten Mechanismen Verdichtung, Verschiebung und so weiter ausführt, indem es von deren

gemeinsamer Struktur zeugt: nämlich von der Beziehung des _Be-

gehrens auf jenes Mal der Sprache, das das Freudsche Unbewußte spezifiziert und unsere Konzeption des Subjekts zu einer dezentrischen

macht.

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Ich denke, meine Schüler werden es zu schätzen wissen, daß ich sie so und nicht anders an jene fundamentale Opposition von Signifikant und Signifikat heranführe, in der, wie ich ihnen zeige, die Macht der Sprache beginnt, freilich nichtohne ihnen im Hinblick auf die Ausübung derselben noch einige Nüsse zu knacken zu geben. ` , Ich erinnere an den Gesetzesautomatismus, demzufolge sichin der signifikanten Kette artikulieren

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22 Womit Freud die hysterische Identifizierung motiviert, indem er präzisiert, daß der geräucherte Lachs für die Freundin dieselbe Rolle spielt wie der Kaviar für die Patientin. 212

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a) die Substitution eines Terms unter einen andern, wodurch der Metaphereffekt, b) die Kombination eines Terms mit einem andern, wodurch der Metonymieeffekt entsteht [1 7]. Wenden wir diese Gesetze hier an, so können wir erkennen, daß, wenn im Traum unserer Patientin der geräucherte Lachs, Objekt des Begehrens ihrer' Freundin, alles ist, was sie anzubieten hat, Freud in der Annahme, der geräucherte Lachs sei hier dem Kaviar substituiert, den er ja als Signifikanten des Begehrens der Patientin auffaßt, uns den Traum als Metapher des Begehrens vorstellt. Was aber ist die Metapher anderes als eine positive Sinnwirkung, das heißt ein gewisser Übergang des Subjekts zum Sinn und in die Richtung des Begehrens? 1 ' Nachdem hier das Begehren des Subjekts als das vorgestellt wird, was sein (bewußter) Diskurs impliziert, nämlich als vorbewußtes - was offenbar ist, denn ihr Mann ist bereit, ihr Begehren zu befriedigen, während die Patientin, die ihn von der Existenz eines solchen Begehrens überzeugt hat, will, daß er nichts dazu tue, was dann erst ein Freud als Begehren, ein unbefriedigtes Begehren zu haben, zur Artikulation bringen wird -, sollten wir nun weiter gehen, wenn wir wissen wollen, was ein solches Begehren im Unbewußten sagen will. '

Der Traum ist nicht das Unbewußte, aber wie' Freud uns sagt, sein Königsweg. Das befestigt uns in der Meinung, daß er durch Wirkung der Metapher verfährt. Diese Wirkung entdeckt der Traum. Für wen? Darauf kommen wir gleich zurück. Halten wir für den Augenblick fest, daß das Begehren, wenn es als unbefriedigtes bezeichnet ist, dies durch den Signifikanten: Kaviar ist, sofern der. Signifikant es als unerreichbar symbolisiert, daß aber, sowie es' als Begehren in den Kaviar schlüpft, das Begehren nach Kaviar seine Metonymie ist, die notwendig wird durch das Seinsverfehlen, in dem es sich hält. L Die Metonymie ist, wie ich 'Sie lehre, der Effekt, der möglich wird dadurch, daß es keine Bedeutung gibt, die nicht auf eine andere Bedeutung verwiese, und wo deren allgemeinster Nenner entsteht, dieses Wenige an Sinn nämlich (das für gewöhnlich mit dem Insignifikanten verwechselt wird), dieses Wenige an Sinn, sage ich, das sich im Grund des Begehrens herausstellt und ihm den Akzent von Perversion gibt, den wir in der vorliegenden Hysterie zu entlarven versucht sind. i N213

Das Wahre an dieser Erscheinung ist, daß das Begehren die Metonymie des Seinsverfehlens ist. 3. Kommen wir nun auf das Buch zurück, das im Französischen <
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-,unsere Stimme zögert jedoch eine Weile um zu schließen -: des Begehrens. Denn das Begehren ist, wenn Freud wahr spricht über das Unbewußte und wenn die Analyse notwendig ist, nur in der Deutung zu erfassen. i Aber fassen wir noch einmal zusammen: die Bearbeitung des Traums lebt aus dem Begehren -- warum zögert unsere Stimme und schließt nicht: nach Anerkennung, als erlösche das zweite Wort, welches eben noch, als es das erste war, das andere in seinem Lichte aufsog. Schließlich gibt man sich ja nicht im Schlaf zu erkennen. Und der Traum, teilt Freud uns mit und sieht hier anscheinend nicht die Spur eines Widerspruchs, dient vor allem dem Begehren nach Schlaf. Er ist narzißtischer Rückzug der Libido und Abzug von Besetzung von der Realität. __

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Im übrigen ist es eine Erfahrungstatsache, daß, sobald mein Traum meinen Anspruch einholen will (nicht, wie man ungenau sagt, die Realität, die meinen Schlaf beschützen kann) oder auch, was sich hier als dessen Äquivalent darstellt, den Anspruch des andern, ich aufwache. . 5. Ein Traum ist letzten Endes nur ein Traum. Wer heute den Traum als .Instrument für die Analyse verschmäht, hat, wie wir sehen konnten, sicherere und direktere Wege gefunden, den Patienten auf gute Grundsätze zurückzuführen und auf normale Begierden, die den wahren Bedürfnissen genüge tun. Welchen? Den Bedürfnissen von jedermann, mein Lieber. Wenn's das ist, was Dir Angst macht, so vertraue Deinem Analytiker, steig auf den Eiffelturm und sieh, wie herrlich Paris ist. Schade nur, daß einige schon von der ersten Etage aus über die Brüstung springen, und justament solche, deren Bedürfnisse sämtlich auf das richtige Maß zurückgeführt worden sind.. Negative therapeutische Reaktion, nennen wir das. i Gottseidank geht die Verweigerung nicht bei allen so weit. Das Symptom bricht ganz einfach wieder durch wie wildes Gras: Wiederholungszwang. A _ _ Indessen sind hier die Karten nur falsch herum ausgegeben: Man wird nämlich nicht gesund, weil man sich erinnert. Man erinnert sich, weil man gesund wird. Seitdem man diese Formel gefunden hat, ist die Reproduktion der Symptome unproblematisch geworden, ein Problem ist nur noch die Reproduktion der Analytiker. Die der Patienten ist gelöst. 5 V _ ' 215

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6. Ein Traum ist also nur ein Traum. Aus der Feder eines Psychoanalytikers, der sich auch in die Lehre einmischt, stammt sogar der Satz er sei eine Produktion des Ich. Das beweist, daß man nicht allzuviel riskiert, wenn man die Menschen aus dem Traum holen will: dieser geht dann eben am hcllichten Tage weiter, wie man sehen kann, und dies sogar bei Leuten, die sich aufs Träumen kaum einlassen, Doch selbst die sollten, wenn sie Psychoanalytiker sind, Freud zum Traum lesen, anders können sie unmöglich verstehen, was er mit dem Begehren des Neurotikers, mit verdrängt, mit unbewußt, mit Deutung mit Analyse selbst sagen will, und anders ist unmöglich einzugané zu finden zu allem, was seine Technik oder seine Doktrin angeht, Wir werden noch die Quellen des kleinen Traums sehen, den wir weiter oben für unsere Zwecke herausgegriffen haben. jenes Begelıren unserer (wie Freud selbst sie nennt) witzigen Hysterikerin, ich spreche von ihrem wachen Begehren, ihrem Wunsch nach Kaviar, ist das Begehren einer überglücklichen Frau, die dies gerade nicht sein will. Ihr Metzger von Mann nämlich versteht sich darauf, an der Stelle der Befriedigungen, die jeder braucht, das Tüpfelchen aufs i zu setzen. _ 3 So gibt cr, als ihm ein Maler, gottweiß mit welchen Hintergedanken, Komplimente wegen seines interessanten Schädels macht, diesem in seiner derben Manier zu verstehen, da könne er noch lange warten, ein Stück vom Hintern eines schönen Mädchens sei ihm ja sicher lieber, und falls er erwarte, daß er ihm ein solches noch hinterhertrüge, könne er ihn mal. 5 . So spricht ein ganzer Mann, über den eine Frau sich nicht beklagen braucht, ein genitaler Charakter, der, wie sich's gehört, darauf acht gibt, daß die seinige, wenn er mit ihr geschlafen hat, sich's nicht nachher noclı selber besorgen muß. Freud verschweigt uns übrigens nicht, daß -sie selbst ganz verliebt ist und sich dauernd mit ihm herumneckt. Nur: Sie will nicht in ihren tatsächlichen Bedürfnissen allein befriedigt werden. Sie will noclı andere als Draufgabe, und um sicher zu gehen, daß sie dies auch sind, sjie nicht befriedigen. Darum kann auf die

Frage: Was steht im Begehren der witzigen Fleischersfrau? zur Antwort gegeben werden: Kaviar. Diese Antwort ist aber_ hoffnungslos, denn Kaviar, das will sie auch wieder nicht. I

7. Darin liegt aber nicht alles, nicht ihr ganzes Geheimnis. Denn nicht nur schließt eine solche Sackgasse sie nicht ein, sie findet hier sogar ı

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den Schlüssel ins Freie, der der Schlüssel des Begehrens aller gewitzten Hysterikerinnen auf der ganzen Welt ist, egal ob Fleischersfrauen oder nicht. ii 1 A Genau dies sieht Freud in einem jener Seitenblicke, in welchen er das Wahre überrascht, während er im Vorbeigehen noch jene Abstraktionen zerstört, die, wenn's nach den positiven Geistern ginge, alles und jedes erklären sollen: hier die Nachahmung, an der Tarde so sehr hängt. Auf den essentiellen Dreh, den Freud hier an der hysterischen Identifikation aufdeckt, muß man im Besonderen kommen. Wenn unsere Patientin sich mit ihrer Freundin identifiziert so deshalb, weil diese unnachahmlich ist in dem unbefriedigten Begehren nach jenem Lachs, den Gott verdamme, wenn nicht Er es ist, der ihn räuchert. . So antwortet der Traum der Patientin auf den Anspruch ihrer Freundin, die gern zu ihr zum Abendessen kommen möchte. Und man weiß nicht, was sie, abgesehen davon, daß man bei ihr gut ißt, dazu wohl antreibt, es sei denn der Umstand, den unsere Fleischersfrau nicht aus den Augen verliert, daß nämlich ihr_Gatte immer gerne davon spricht. Doch mager, wie sie ist, kann sie ihm, der die Rundungen über alles liebt, doch kaum gefallen. Sollte er indessen auch ein Begehren haben, das ihm in der Quere bleibt, während alles in ihm befriedigt ist? Dies gehört in denselben Zusammenhang, der im Traum aus dem Begehren ihrer Freundin das Scheitern ihres Anspruchs macht. ' Denn so präzis der Anspruch durch das Requisit des eben geborenen Telefons auch symbolisiert sein mag, esist vergebens. Der Anruf der Patientin kommt nicht an; ein starkes Stück, wenn die andere immer dicker würde, damit ihr Mann dann an ihr sichergötzsen könnte. Aber wie kann eine andere geliebt werden (genügt nicht, damit die Patientin daran denkt, der Umstand, daß der Mann ihr Beachtung schenkt) von einem Mann der an ihr sich nicht befriedigen könnte (er, der Mann mit dem «Stück vom Hintern››)? Hier stellt sich in aller Schärfe die Frage, die sehr allgemein die nach der hysterischen Identifikation ist. ' 8'. Zu dieser Frage wird das Subjekt hier genau. Worin, sich die Frau mit dem Mann identifiziert und die Schnitte geräucherter Lachs an die Stelle des Begehrens des Andern tritt. Da dieses Begehren zu nichts langt (wie sollten mit einer einzigen 217 .-

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Schnitte geräucherter Lachs soviel Leute geladen werden können), muß ich wohl letzten Endes (und am Ende des Traums) auf mein Begehren, zu speisen zu geben (auf meine Suche nach dem Begehren des Andern, das das Geheimnis meines eigenen ist), verzichten. Alles ist mißlungen, und Sie sagen, daß der Traum die Verwirklichung eines Begehrens ist. Wie reimen Sie sich das zusammen, Professor? So gefragt, geben die Psychoanalytiker schon 'lange keine Antwort mehr, nachdem sie selbst verzichtet haben, sich Gedanken zu machen über die Begierden ihrer Patienten: _Sie reduzieren diese auf deren Ansprüche, was ihnen die Aufgabe erleichtert, sie in ihre eigenen zu verwandeln. Ist's nicht der Weg des Vernünftigen, den sie damit gewählt haben? " in Gelegentlich aber läßt sich das Begehren nicht so leicht wegzaubern, weil es allzu offensichtlich ist und genau im Zentrum der Szene steht auf dem Tisch der Agapen wie hier, in Gestalt-des Lachses, eines durch Zufall~recht hübschen Fisches, den man nur, wie's im Restaurant ge6 macht wird, unter einem feinen Tuch aufzutragen braucht, auf daß das Entfernen desselben dem gleich werde, zu dem man am Ende der antiken Mysterien kam. ' Phallus zu sein, und sei's auch ein etwas schmächtiger. Haben wir hier nicht die letzte Identifikation mit dem Signifikanten des Begehrens? , . Dies ist offenbar für eine Frau nicht selbstverständlich, und einige von uns wollen mit diesem Logogriph auch nichts mehr zu tun haben. Müssen wir nun Buchstabe für Buchstabe die Rolle des Signifikanten auseinandernehmen und uns dann den Kastrationskomplex und, gottbehüte, womöglich noch jenen Penisneid auf den Hals laden, wo doch Freud selbst an diesem Kreuzweg sich nicht mehr herauszuwinden wußte, da er jenseits nichts sah als die Udnis der Analyse? B Immerhin, er führte sie bis dahin, und es war ein'Ort, der weniger Plagen hatte als die Übertragungsneurose, die Sie zwingt, einen Patienten wegzuscheuchen, den man bitten muß, langsam zu gehen, damit er seine Fliegen nicht zurückläßt. 9. Sprechen wir trotzdem aus, was das Begehren strukturiert. i Begehren ist, was manifest wird in dem Zwischenraum, den derAnspruch diesseits seiner selbst aushebt, insofern das Subjekt, indem es die signifikante Kette artikuliert, das Seinsverfehlen an den Tag bringt mit dem Appell, das Komplement davon vom Andern zu erhalten, 218

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insofern der Andere, Ort des Sprechens, auchder Ort dieses Verfehlens ıst. 3 8 Was damit dern Andern zu erfüllen aufgegeben ist und eigentlich das ist, was er nicht hat, da auch ihm das Sein abgeht, ist das, was Liebe heißt, aber auch Haß ist und Ignoranz. e Es ist auch, Leiden des Seins, was jeder Anspruch über das sich in ihm artikulierende Bedürfnis hinaus evoziert, und es ist wohl das, was dem Subjekt um so gründlicher vorenthalten bleibt als das im Anspruch artikulierte Bedürfnis befriedigt wird. _ Mehr noch, die Bedürfnisbefriedigung erscheint hier -nur als der Trug, in dem der Liebesanspruch zerschellt, wobei das Subjekt auf den Schlaf verwiesen wird, wo es sein Wesen treibt am Rande des Seins, das es in sich sprechen läßt. Denn das Sein der Sprache ist das Nicht-Sein der Objekte, und daß das Begehren von Freud an seinem Platz im Traum entdeckt wurde - immer schon der Skandal sämtlicher Anstrengungen des iDenkens, sich in der Wirklichkeit anzusiedeln -, genügt uns zu unserer Instruktion. 'Sein oder nicht sein, schlafen, träumen vielleicht, noch die, vermeintlich, schlichtesten Träume des Kindes.(<<schlicht››. wie die analytische Situation zweifelsohne) zeigen schlichterweise wunderbare oder verbotene Objekte. i L ro. Aber nicht immer schläft das Kind wie hier ein im Herzen des Seins, besonders dann nicht, wenn der Andere, der ja auclı seine Vorstellungen von seinen Bedürfnissen hat, sich einmischt, und es anstelle von dem, was er nicht hat, bis zum Ersticken vollstopft mit dem Brei dessen, was er hat, und» so seine Pflege mit dem Geschenk seiner Liebe verwechselt. 1 Gerade das Kind, das man mit dem höchsten Maß an Liebe nährt, verweigert die Nahrung und spielt mit seiner Weigerung wie mit einem Begehren (mentale Anorexie). i An diesen äußersten Grenzen begreift man wie nirgendwo, daß der Haß auf die Liebe herausgibt (rend la monnaie de l'amour), daß aber Ignoranz ohne Vergebung bleibt. _ Schließlich: Fordert nicht das Kind, das sich weigert, den Ansprudı .der Mutter zu befriedigen, daß diese außer ihm noch ein Begehren habe, weil hier der Weg zum Begehren ist, der ihm fehlt? 11. Tatsächlich ist eines der Prinzipien, die aus diesen Prämissen folgen, dieses, daß I

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- wenn das Begehren tatsächlich im Subjekt ist gemäß jener Bedingung, die ihm durch die Existenz des Diskurses auferlegt ist: daß es sein Bedürfnis durch die Engführungen des Signifikanten gehen läßt; V -

- wenn andrerseits, wie wir oben durch unsern Aufriß der Übertragungsdialektik zu verstehen gegeben haben, wir das Andere mit einem großen A als den Ort der Entfaltung des Sprechens” definieren müssen (als den «andern Schauplatz››23, von dem Freud in der «Traumdeutung» spricht);

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- wir anzunehmen haben, daß, Tatsache eines der Sprache ausgelieferten Tieres, das Begehren des Menschen das Begehren' des Andern ist. Damit ist eine völlig andere Funktion gemeint als die primäre Identifikation, die wir weiter oben angesprochen haben, denn nicht darum geht es, daß das Subjekt die Insignien des andern übernehme, sondern darum, daß das Subjekt die für sein Begehren konstitutive Struktur in eben dem Aufklaffen finden muß, das sich auftut durch den Effekt der Signifikanten bei jenen, die für es das Andere repräsentieren können, sofern sein Anspruch ihnen unterworfen (assujetti) ist. ` Möglicherweise blicken wir hier im Vorbeigehen auf den Grund jenes Verdunkelungseffekts, der uns inder Anerkennung des Traumbegehrens zurückhielt. Getragen ist das Traumbegehren nicht vom Subjekt, das «Ich›› sagt in seinem Sprechen. Artikuliert gleichwohl am Ort des Andern, ist es Diskurs, Diskurs, dessen Grammatik als solche Freud zu schreiben begonnen hat. So haben die Wünsche, die es konstituiert, keinen Optativ, um den Indikativ ihrer Formel zu modifizieren.

Woran, durch eine linguistische Referenz, zu sehen wäre, daß der sogenannte Aspekt des Verbs hier der der «erfüllten Vergangenheit››24 (eigentlicher Sinn der Wunsc/aerfiillung) ist. Diese ex-sistence, (Entstellung)25 des Begehrens im Traum erklärt, 23 A.d.Ü.: Im Original deutsch. 24 A.d.Ü.: Im Französischen klar: «est ici celui de Faccompli (vrai sens de ia: Wunscherfüllung)». Wobei Wunscherfüllung übersetzt wird mit accompiissement du désir. „2“ Wobei man nicht vergessen darf: daß dieser Terminus zum erstenmal in der

«Traumdeutung›› auf den Traum bezogen verwendet wird - daß diese Verwendung

seinen Sinn wiedergibt und zugleich aber den Terminus: distorsion, womit die Engländer ihn übersetzen, indem sie ihn aufs Ich anwenden. Diese Anmerkung erlaubt ein Urteil über den Gebrauch, den man in Frankreich vom Ausdruck distorsion du Moi (= Verdrehung des Ida) macht, indem die Anhänger der Ich-Stärkung, die nicht gewarnt sind, den «falschen Freundenš, die die englischen Wörter sind, zu mißtrauen (die Wörter sind doch so unwidıtig, nicht wahr), nur: verdrehtes Ich verstehen. 220

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daß die Signifikanz des Traums hier das Begehren maskiert, während sein Motiv, das nur problematisch ist, verblaßt. v -1»

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12.. Das Begehren entsteht im Jenseits des Anspruchs dadurch, daß dieser, indem er das Leben des Subjekts nach seinen Bedingungen artikuliert, das Bedürfnis zurechtstutzt; aber es gräbt sich auch ein in seinem Diesseits dadurch, daß er, bedingungsloser Anspruch der Anwesenheit und Abwesenheit, das Seinsverfehlen, evozicrt unter den drei Gestalten des Nichts, das dem Liebesanspruch zugrunde liegt, des Hasses, der bis zur Verneinung des Seins des andern geht, und des Unaussprechlichen an dem, was sich in seinem Vorstelligwerden ignoriert. In dieser fleischgewordenen Aporie, von der man bildlich sagen kann, daß sie ihre schwere Seele den lebensfähigen Abkömmlingen des verwundeten Triebs verdankt und ihren subtilen Körper“ dem in der signifikanten Folge aktualisierten Tod, behauptet sich das Begehren als absolute Bedingung. ~ ' Weniger noch als das Nichts, das den Reigen der die Menschen bewegenden Bedeutungen durchläuft, ist es derAbdruck der Bahn und wie das Mal vom Prägeeisen des Signifikanten, mit dem das Subjekt, das spricht, an der Schulter gezeichnet ist. Es ist weniger reines Erleiden des Signifikats als reines Tun des Signi_fikanten, das in dem Augenblick zum Stillstand kommt, wo das Lebendige, Zeichen geworden, es insignifil-:ant macht. _ F In 'diesem Einschnittsmoment erscheint die Gestalt eines blutigen Fetzens: das Pfund Fleisch, das das Leben zahlt, uni daraus den Signifikanten der Signifikanten zu machen, und das als solches unmöglich dem imaginären Körper wiedererstattet werden kann; es ist der verlorene Phallus des einbalsamierten Osiris. 13.Die Funktion dieses Signifikanten als solchen in der Suche des Begehrens ist nun tatsächlich, wie Freud herausgestellt hat,_der Schlüssel zur Beendigung der Analyse, und kein Kunstgriff könnte ihn zu dem Ende ersetzen. . _ Um eine Vorstellung davon zu geben, beschreiben wir im Folgenden, was sich am Ende der Analyse eines Zwangsneurotikers zugetragen hat,nach einer langen Arbeit, in welcher man sich nicht damit begnügte, die «Aggressivität des Subjekts» zu analysieren (anders gesagt: nicht 2° A.d.Ü.: Zu anima corporalis und corpus .subtile in der Alchimie, vgl. C. Jung: Psychologie und Alchemie, Gesammelte Werke Bd. tz, Olten und Freiburg im Breisgau (Walter) 1972, S. 322 H. 221'

bloß Blindekuh spielte mit seinen imaginären Aggressionen), sondern es erkennen ließ, welchen Platz es in dem zerstörerischen Spiel einge.. nommen hatte, das von einem Elternteil mit dem Begehren des andern getrieben worden war. Er ahnt seine Ohnmacht, zu begehren, ohne den Andern zu zerstören, und folglich auch sein Begehren selbst, insofern es Begehren des Andern ist. F Um soweit zu kommen, ist ihm gezeigt worden, mit welchem Manöver er die ganze Zeit über das “Andere in Schutz genommen hat. Erkennbar wurden in der Durcharbeitung” sämtliche Kunstgriffe- einer Verbalisierung, die den andern vom Andern unterscheidet und die ihn von der dem Ennui des Andern reservierten Loge aus die zirzensisohen Spiele zwischen den zwei andern (des kleinen a und des Ich, seines Schattens) arrangieren läßt. _, _. _ Bestimmt genügt es, um die Zwangsneurose auf diesen Rond-point zu bringen, nicht, indieser ihrer wohlbekannten Ecke rundzulaufen, noch, diesen Rond-point zu kennen, um sie auf ihn hinzuführen, auf einem Weg, der nie der direkteste sein wird. Dazu braucht es nicht nur den Plan eines wiederaufgebauten Labyrintlıs, nicht nur einen ganzen Stoß bereits entdeckter Pläne. Es braucht vor allem eine 'allgemeine Kombinatorik, die zweifelsfrei über der Vielfalt der Pläne steht, die aber auch, was viel nützlicher ist, die optischen Täuschungen, besser die wechselnden Perspektiven des Labyrinths erfassen kann. Denn weder die einen noch die andern fehlen in der Zwangsneurose, deren Kontrastarchitektur noch nicht genug bemerkt wordenist und die man nicht auf die Formen der Fassade beschränken darf. Zentral in all den verführerischen, rebellischen, gleichgültigen Attitüden geht es um Ängste, diemit Leistungen verknüpft sind, um Ranküne, die durchaus sich mit Großmut verträgt (zu behaupten, Zwangsneuroti63 kern fehle es an Opferwillenl), um Unstetigkeit des Geistes, hinter der sich felsenfeste Treue verbergen kann. All dies ist in einer Analyse gleichzeitig in Bewegung, wobei es natürlich zu gelegentlichen Flauten kommt. Der große Treck aber bleibt. _ Und hier endlich ist unser Subjekt am Ende seiner Rolle, angelangt an dem Punkt, uns einen Streich zu spielen, der recht eigentümlich ist in dem, was er aufdeckt von einer Struktur des Begehrens. Sagen wir, daß es reifen Alters, wie man sich komischerweise ausQ

2" A.d.Ü.: Im Original travail de transfert, wörtlich «Übertragungsarbeit››, was Lacan in Klammern mit «Durdıarbeitung›› übersetzt. 2.52

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drückt, und abgeschlafften Geistes uns gerne betrügen würde mit dem Gaukelspiel einer Menopause auf seiner Seite, die eine plötzliche Impotenz entschuldigen soll, nur um die unsere anzuklagen. Tatsächlich kostet die Neuverteilung der Libido gewissen Objekten den Posten, und wär dieser auch unkündbar. Kurz, es ist impotent im Verkehr mit seiner Geliebten und schlägt ihr rückgreifend auf seine Erkenntnisse über die Funktion des potentiellen Dritten im Paar vor, sie solle-mit einem andern Mann ins Bett gehen, damit man sehe. Wenn sie nun an der Stelle bleibt, an die sie die Neurose gestellt hat, und die Analyse sie dort trifft, so deshalb, weil sie ohne allen Zweifel seit langem den Begierden des Patienten, mehr aber noch den sich in diesen durchsetzenden unbewußten Postulaten stattgegeben hat. v Man wird auch niehtverstaunt sein, daß sie dann prompt, in derselben Nacht noch jenen Traum hat, densie unserem Helden brühwarm erzählt. ' , Sie besitzt einen Phallus, dessen Umrisse sie unter ihren Kleidern spüren kann, was sie aber nicht hindert, auch eine Vagina zu haben und vor allem zubegehren, daß dieser Phallus in sie komme. Als unser Patient dies vernimmt, spürt er plötzlich seine Kräfte wiederkehren und er liefert davon auf der Stelle seiner Gevatterin den glänzen_dsten Beweis. Was für eine Interpretation wäre hier angezeigt? Erraten haben wir bei dem Anspruch, den unser Patient an seine Geliebte stellte, daß er uns schon lange dazu bringen will, ihm seine verdrängte Homosexualität zu bestätigen. B Eine Erscheinung, die Freud sehr rasch voraussehen konnte ausseiner Entdeckung des Unbewußten: Unter den regressiven Ansprüchen gibt es einen auf Fabelbildung, der sich an den durch die1Analyse ausgebreiteten Wahrheiten vollsaugen möchte. Die aus Amerika wiedergekehrte Analyse hat die Erwartungen Freuds noch weit übertroffen. Wir haben uns aber an dem.Punkt, wie man sich denken kann, eher spröde verhalten. ' 32 Wir wollen bemerken, daß die Träumende hier ebensowenig sich darauf einläßt, da ihr Szenario jeden Helfer ausschließt. Was selbst einen Anfänger dazu anhielte, voll und ganz dem Text zu vertrauen, sofern er eine Ausbildung nach unsern Prinzipien erfahren hat. Wir analysieren gleichwohl nicht ihren Traum, sondern die Wirkung dieses Traums auf unsern Patienten. T i

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Wir könnten uns anders verhalten und diesem jene weniger offenkundige, in der Geschichte versteckte Wahrheitunseres Beitrags zu verstelıen geben: daß die Kastrationsabwehr, wenn irgend etwas ihr gleicht, in erster Linie eine Abwehr der Kastration des Andern (der Mutter zuerst) ist. g Wahre Meinung ist nicht Wissen, und Gewissen ohne Wissen ist nichts als Komplize der Ignoranz. Unsere Wissenschaft läßt sich nur vermitteln, indem sie in der Gelegenheit das Besondere artikuliert. 4 B Hier ist die Gelegenheit einmalig zu zeigen, was gemeint ist, wenn wir sagen: daß das unbewußte Begehren das Begehren des Andern ist - denn der Traum ist dazu da, dem Begehren des Patienten jenseits von dessen Anspruch stattzugeben, was dadurch sich zeigt, daß er Erfolg hat. Wenn es auch kein Traum des Patienten ist, ist er uns doch genau so viel wert, denn wenn er zwar nicht .in gleicher Weise an uns sich wendet, wie er ausgeht vom Analysierten, so wendet er sich an diesen so gut als es der Analytiker tun könnte. ; Wir haben die Gelegenheit, den Patienten die Funktion des Signifikanten begreifen zu lassen, die der_ Phallus in seinem Begehren hat. Als solcher nämlich fungiert der Phallus im Traum, damit der Patient den Gebrauch des Organs wiederfinde, das er repräsentiert, wie wir zeigen werden durch die Stelle, auf die der Traum zielt in der Struktur, in der sein Begehren gefangen ist. . Nicht nur träumte die Frau, sie hat ihm von dem Traum auch erzählt. Wenn sie nun in diesem Diskurs als Besitzerin eines Phallus sich ausgibt, sollte das schon alles sein, wodurch ihm sein erotischer Wert wiedergegeben ist? Einen Phallus zu haben genügt tatsächlich nicht, ihr eine Objektposition wiederzugeben, die sie einem Phantasma überantwortet, von dem aus unser Patient als Zwangsneurotiker sein -Begehren behaupten könnte in einem Unmöglichen, das dessen metonymische Bedingungen aufrecht erhielte. Diese letzteren machen seine Wahl immer von neuem zu einem Spiel des Entwischenlassens, in das die Analyse störend eingebrochen war, das aber die Frau wieder herstellt mit 'Hilfe einer List, hinter deren handfestem Charakter sich ein Raffinßmßflt Vfirbirgt, das sehr gut zu illustrieren vermag, wie das Unbewußte Wissen einschließt. Unserm Patienten nämlich hilft dieser Phallus nichts, nichts, ihn zu haben; denn sein Begehren ist, Phallus zu sein. Und das Begehren der Frau tritt ihm diesen hier ab, indem es ihm zeigt, was sie nicht hat. ' › 224

Die Beobachtung, der alles gleich viel bedeutet, wird die Entdeckung einer kastrierenden Mutter immer an die große Glocke hängen, sowenig die Anamnese Anlaß dazu geben mag. Sie macht sich hier breit wie man's erwartet. Man glaubt, damit hätte man alles zu Ende gebracht. Wir indessen können so nichts anfangen bei einer Deutung, wo, sich darauf zu berufen, nicht weit führen könnte, oder nur dazu, den Patienten abermals auf den Punkt zu bringen, wo er sich zwischen dem Begehren und dessen Verachtung hindurchwinden muß: natürlich der Verachtung seiner mürrischen Mutter, die das allzu heftige Begehren tadelte, dessen Bild ihm sein Vater hinterlassen hat. B Aber das hieße, ihm' weniger mitteilen, als ihm seine Geliebte sagt: daß nämlich ihr Traum, einen -Phallus zu haben, nicht ausschließt, daß sie ihn auch nochibegehre. Insofern war sein eigenes Seinsverfehlen berührt.

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Ein Verfehlen, das von einem. Exodus herrührt: Sein Sein ist immer anderswo. Er hat es «auf die Seiteigebracht››, wie man sagen kann. Sagen wir das, weil wir die Schwierigkeit des Begehrens motivieren wollen? Eher doch, weil das Begehren eines nach Schwierigkeiten ist. Lassen wir uns nur nicht täuschen bei der Sicherheit, die das Subjekt daran hat, daß die Träumende einen Phallus habe, daß sie ihm diesen nicht mehr zu nehmen brauche - und sei's auch nur, um gelehrt darauf hinzuweisen, daß die Sicherheit hier zu sehr betont ist, um nicht problematischzu sein. f _ Denn das hieße gerade verkennen, daß diese Sicherheit gar nicht soviel Gewicht forderte, wenn sie nicht in Gestalt eines Zeichens sich ausdrücken müßte, und daß sie gerade dadurch ihre Wirkung tut, daß das Zeichen als solches gezeigt wird, daß es dort erscheint, wo es nicht sein kann. ' Die Bedingung des Begehrens, die den Zwangsneurotiker vor allem festhält, ist jenes Mal selbst, mit dem das Begehren, so wie er es vorfindet, verderbt ist vom Ursprung seines Objekts her: die Schmuggelei. Einzigartiger Modus der Gnade, der nur durch die Verleugnung der Natur sich darstellt. Hierin verbirgt sichleine Gunst, die bei unserem Subjekt dauernd Einlaß begehrt. Und eines Tageswird es sie, indem es sie wegschickt, eintreten lassen. 14. Weil es von großer Wichtigkeit ist, daß das Begehren in der Ausrichtung der Kur seinen Platz behält, sind wir gehalten, diesen Platz 0

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durch die Beziehung zu den Wirkungen des Anspruchs zu bestimmen, die hier nur im Zusammenhang mit dem Prinzip der Macht der Kur betrachtet werden. Daß der genitale Akt tatsächlich in der unbewußten Artikulation des Begehrens seinen Platz finden muß, macht die eigentliche Entdeckung der Analyse aus, und gerade deshalb haben wir nie .daran gedacht, hier der Illusion des Patienten nachzugeben, wenn er sich vormacht, daß es seiner Sache auch nur im geringsten förderlich sein könnte, wenn wir es ihm im Hinblick auf Bedürfnisbefriedigung mit seinem Anspruch leichter machen wollten. (Noch weniger haben wir je versucht, ihm mit dem Klassischen: coims normalis došim repetatıqr das Rückgrat zu stärken.) j W Weshalb denkt man hier anders und glaubt, es sei für den Fortschritt der Kur wesentlicher, sich aus welchen Gründen immer auf andere Aflspfüfihe ZU Ve1'1@8efl› und zwar unter dem Vorwand, diese seien regressiv? i Gehen wir einmal mehr davon aus, daß in erster Linie für das Subjekt sein Sprechen eine Botschaft ist, denn es entsteht am Ort des Andern. Daß damit sein Anspruch selbst hier entspringt und als solcher abgefaßt ist, erklärt sich nicht allein daraus, daß er dem Code des Anderen unterstellt ist. Er stammt vielmehr von diesem Ort des Andern (ja sogar aus dessen Zeit). Das ist klar zu lesen im freiesten Sprechen, das das Subjekt produziert. Es wendet sich an seine Frau oder seinen Meister, ihnen sein Wort zu geben mit einem Du bist (die oder der), ohne kundzutun, was es selber ist, es sei denn dadurch, daß es sich selbst eine Morddrohung zuraunt, die der Doppelsinn des Französischen hörbar machtzß. Das Begehren, das, wie man hier sieht, immer im Anspruch durchscheint, ist drum nicht weniger jenseits. Es ist auch diesseits eines flfldfifI1 Afl5P1`UCh5› in dem das Subjekt, verhallend am Ort des andern, weniger seine Abhängigkeit ausstreichen dürfte durch eine Rückkehrversicherung als daß es vielmehr das Sein selbst fixiert, das es hier vorschlägt. r _ _ Das will besagen, daß allein aus einem Sprechen, das dem Subjekt das Mal, das es durch seine Worte empfängt, wieder nähme, jene Loâsprechung kommen kann, die das Subjekt seinem Begehren zurückga e. iz

23 A.d.Ü.: In tu es = du bist klingt tuer = töten. ` 226

Indesist das Begehren nichts anderes als die Unmöglichkeit solchen Sprechens, das, wenn es auf das erste antwortet, nicht umhin kann, sein Mal zu verdoppeln und so jene Spaltung” aufzunehmen, der das Subjekt unterworfen ist, weil es Subjekt nur ist, sofern es spricht. (Symbolisiert ist dies in dem Querbalken edler Bastardschaft3°, mit

dem wir das S des Subjekts versehen, um festzuhalten, daß eseben jenes Subjekt S ist“. T . -

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Die Regression, die man in der Analyse an die erste Stelle setzt (zweifelsohneizeitlidıe Regression, wobei man aber präzisieren muß, daß es sich um die Zeit der Wiedererinnerung handelt), bezieht sich nur auf die (oralen, analen.etc.) Signifikanten des Anspruchs: und 'auf den entsprechenden Trieb ausschließlich über diese. K Reduziert man diesen Anspruch auf seinen Platz, kann dies auf das Begehren einen Schein von Reduktion durch die Bedürfniserleichterung werfen. Dies ist dann aber eher ein Effekt der Schwerfälligkeit des Analytikers. Denn wenn es stimmt, daß die Signifikanten des Anspruchs die Frustrationen unterstützt haben, wo das Begehren sich fixiert hat (Freuds Fixierung), so ist das Begehren subjektzwingend nur an ihrer Stelle. Ob sie sich nun als frustrierend oder gratifizierend versteht, jede Antwort auf den Anspruch in der Analyse führt hier die Übertragung auf die Suggestion zurück. Tatsächlich bestehtzwischen Übertragung und Suggestion, dies genau ist die Entdeckung Freuds, eine Beziehung in dem Sinne, daß Übertragung auch Suggestion ist, Suggestion aber, die allein vom Liebesanspruch aus wirksam wird, der nicht mit irgendwelchen Bedürfnisansprüchen gleichgesetzt werden darf. Daß dieser Anspruch als solcher sich nur konstituiert, insofern das Subjekt Subjekt des Signifikanten ist, macht es überhaupt erst möglich, daß man ihn' mißbräuchlich auf die Bedürfnisse zurückführt, denen diese Signifikanten entlehnt sind 3° A.d.Ü.: Im Original: «refente (Spaltung)›. *° A.d.Ü.: Begriffe aus der Wappenbesthreibung. 31 Vgl. das (S 0 An) und das (S <3' a) unserer Skizze, die wir in '«Subversion des Subjekts» wiederaufgenommen haben (A.d.Ü.: Erscheint in «Sdıriften II››). Das Zeichen O bezeichnet die Beziehungen: Einsdıließung - Aussdıließung - Konjunktion Disjunktion. Die Verbindungen, die es in diesen zwei Klammern bezeichnet, erlauben das S mit Querstrieh zu lesen: S im Prozeß des fading im Schnitt des Anspruchs: S, im Prozeß des fadíng vor dem Objekt des Begehrens. Namentlich: Trieb und Phantasma. A.d.Ü.: Wir setzen für Anspruch das Zeichen An, da A bereits besetzt ist für der / das Andere. -

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- was die Psychoanalytiker dann auch ohne zu zögern tun, wie wir sehen. _ E Es darf indessen die Identifikation mit dem allmächtigen Signifikanten des Anspruchs, wovon wir bereits gesprochen haben, nicht verwechselt werden mit der Identifikation mit dem Objekt des Liebesanspruchs. Diese ist wohl auch Regression, was Freud betont, als er sie als den zweitens Modus der Identifikation bestimmt, den er in der zweiten Topik durch die Niederschrift von «Massenpsychologie und Ichanalyse›› unterscheidet. Doch handelt es sich um eine andere Regressıon. . Hier ist der exit, der einen aus der Suggestion herausläßt. Die Identifikation mit dem Objekt als Regression eröffnet, da sie vom Liebesanspruchnausgeht, die Übertragungssequenz (sie eröffnet sie und sie schließt sie nicht), den Weg also, wo die Identifikationen benennbar werden, die diese Regression, in dem sie sie anhalten, skandieren. Diese Regression ist aber nicht stärker vom Bedürfnis im Anspruch abhängig, als das sadistische Begehren expliziert ist im analen Anspruch, denn zu glauben, das Skybalon sei an sich ein schädliches Objekt, ist lediglich eine ganz gewöhnliche Verstandestäuschung. (Verstand inehme ich hier in jenem unseligen Sinne, der durch Jaspers in Umlauf gekommen ist. «Sie verstehenz' -›› so lautet die Eingangs636 floskel, mit der einem, der nichts versteht, zu imponieren versucht, wer selbst nichts zu verstehen zu geben hat.) Aber der -Anspruch, ein Häufchen Scheiße zu sein, sollte unsere Blickrichtung etwas verändern, wenn das Subjekt sich darin entdeckt. Mißgeschick des Seins, von dem wir bereits. gesprochen haben. Wer es nicht versteht, seine Lehranalysen bis zu jenem Wendepunkt voranzutreiben, an dem in einer Erschütterung sich zeigt, daß alle Ansprüche, die im Verlauf der Analyse sich artikulierten, und mehr noch als jeder andere der Anspruch, der an ihrem Anfang steht Analytiker zu werden - *und der damit hinfällig wird, nur Übertragungen waren, bestimmt, ein unstetes, in seinem problematischen Status recht zweifelhaftes Begehren aufrecht zu erhalten -, W01* CÜCS nicht versteht, hat keine Ahnung, was es zu erlangen gilt vom Subjekt, damit es eine Analyse ausrichten oder auch nur eine angemessene Interpretation geben kann. p G Diese Betrachtungen bestärken uns in der Meinung, idaßes natürlich ist, die Übertragung zu analysieren. Denn die Übertragungin sich selbst ist schon Analyse der Suggestion, insofern sie das Subjekt in 228

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Beziehung zu seinem Anspruch setzt in einer Haltung, die diesem nur aus dem Begehren kommen kann. Nur zur Aufrechterhaltung dieses Übertragungsrahmens muß die Frustration die Gratifikation überwiegen. r Der Widerstand, den das Subjekt der Suggestion entgegenbringt, erklärt sich allein aus dem Begehren, sein Begehren wach zu halten. Als solchem käme ihm die Bedeutung einer positiven Übertragung zu, denn was die Ausrichtung der Kur aus den Folgen des Anspruchs heraushält, ist das Begehren. r Diese Vorstellungen lassen, wie man sieht, 'die überkommenen Meinungen zu dieser Materie nicht unberührt. Wenn sie nur zu bedenken gäben, daß hier irgendwo ein Fehler steckt bei der Verteilung der Karten dieses Spiels, hätten wir unsern Zweck erreicht. r 15. Hier sind ein paar Bemerkungen zur Bildung der Symptome am Platz. Ü Seit Freud in seiner demonstrativen Studie über die subjektiven Phänomene: Träume, Versprecher, Witze, die, was er uns ausdrücklich zu verstehen gegeben hat, mit jenen identisch sind inihrer Struktur (aber für unsere Weisen liegt dies wohlgemerkt alles viel zu tief unter ihrer Erfahrung, die _sie - Gottweiß auf welchen Wegen! - sich erworben haben, viel zu tief, als daß sie auch nur im Traum daran dächten, darauf zurückzukommen) -, Freud also hat hundertmal betont: die Symptome sind überdeterminiert. Für den durchschnittlichen Phrasendrescher, der uns für morgen schon verspricht, die Analyse auf ihre biologischen Grundlagen zurückzuführen, ist das alles eine große Selbstverständlichkeit. Das redet sich so leicht daher, daß er es gar nicht zu begreifen braucht. Was aber dann? ' A r Lassen wir beiseité, was ich zur Überdeterminierung im strengen Sinne bemerkt habe: daß sie nur in der Struktur der Sprache erfaßbar ist. Was heißt dann: in den neurotischen Symptomen? Das heißt, daß Interferenzbeziehungen bestehen zwischen den Wirkungen, die bei einem Subjekt auf einen bestimmten Anspruch antworten, und denen ausieiner Position, die das Subjekt als solches inbezug auf den andern (den andern, hier Seinesgleichen) einnimmt. «Die das Subjekt als solches einnimmt›› soll heißen, daß die Sprache ihm erlaubt, sich als den Maschinisten, als eigentlidien Inszenator der ganzen imaginären Verhaftung zu betrachten, deren lebende Marionette es anders nur darstellte. s '

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DasPhantasma illustriert diese ursprüngliche Möglichkeit auf das beste. Jeder Versuch, dasselbe auf die Einbildungskraft zu reduzieren, ist daher, wenn er sein Scheitern nicht zugibt, fortdauernder Widersinn, Widersinn, von dem auch die Kleinschule, die die Dinge hier weit vorangetrieben hat, sich nicht lösen kann, da sie nicht einmal eine Ahnung hat von der Kategorie des Signifikanten. , Indessen macht der Begriff des Phantasmas, ist dieses erst einmal definiert als Bild, das in der signifikanten Struktur in Funktion tritt, überhaupt keine Schwierigkeiten mehr. f Sagen wir, das Phantasma in seiner fundamentalen Verwendungist das, vermittels dessen das Subjekt sich auf der Ebene seines dahinschwindenden Begehrens halten kann, dahinschwindend deshalb, ~_weil die Befriedigung des Anspruchs sofort ihm sein Objekt nimmt. . «]a, aber wie die sich anstellen, die Neurotiker, was soll man denn da tun! Sie sind nicht zu begreifen! ›› tönen die Familienväter. Genau das hat man schon lange, immer schon, behauptet, und die Analytiker bleiben dabei. Einfaltspinsel nennen esdas Irrationale und haben nicht einmal bemerkt, daß Freuds Entdeckung sich gerade darin zeigt, daß er zunächst für sicher hält, was unsere Exegeten sofort aus dem Sattel hebt: daß das Wirkliche (das Reale) vernünftig (rational) ist, worauf er dann konstatiert, daß das Vernünftige (das Rationale) wirklich (real) sein“. Damit vermag er zu artikulieren, daß das, was an wenig Räsonablem im Begehren sich zeigt, vom Übergang des Vernünftigen, soweites real ist, ,also der Sprache, ins Reale bewirkt ist, sofern nämlich das Vernünftige hier schon sein Wälle aufgeworfen hat. Das Paradox des Begehrens ist nämlich nicht Privileg des Neurotikers, eher rechnet er mit seinem Vorhandenseindurch die Art und Weise, wie er ihm gegenübertritt. Das verschafft ihm keinen schlechten Rang in der Ordnung menschlicher Würde und macht den mittelmäßigen Afif'~lYtikefn keine Ehre, die- was kein Werturteil sein soll, sondern eine Idealvorstellung, gekleidet in die Form eines Wunsches aller Interessierten - an diesem Punkt nicht an die besagte Würde herankommen: ein merkwürdiger Abstand, der immer schon versteckt ausgesprochen wurde von Analytikern - den übrigen nämlich, ohne daß 318 A.d.Ü.: Der Leser wird verstehen, warum wir das I-Iegelzitat durch die Termini

«rational» und «real›› in Klammern ergänzen. Es folgt dies zum Teil aus den termi-

nologischen Entscheidungen unserer Übersetzung. Vgl. auch Funktion und Feld der Spradıe und des Sprechens in der Psychoanalyse, oben, S. A134 f. 230

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man sie nun vonden ersten unterscheiden müßte, denn sie hätten gar nicht daran gedacht es zu tun, wenn sie nicht zuvor sich dem Irrtum der ersten hätten entgegensetzen müssen.

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16. Die Art also wie der Neurotiker auf das Begehren bezogen ist, kurz gesagt: sein Phantasma prägt durch sein Vorhandensein die Antwort des Subjekts auf den Anspruch,'anders gesagt die Bedeutung seines Bedürfnisses. Aber dieses Phantasma hat nichts zu tun mit der Bedeutung, in die es interferiert. Diese Bedeutung kommt in Wirklichkeit aus dem Andern, soweit von ihm abhängt, ob der Anspruch Erhörung findet. Und das Phantasma gelangt dahin nur, weil es sich auf dem Rückweg befindet aus einer größeren Kreisbahn, die, indem es den Anspruch bis an die Grenzen des Seins führt, das Subjekt sich die Frage stellen läßt nach jenem Mangel, dem Verfehlen,_ in dem es sich selber als Begehren erscheint. _ i Es ist kaum zu glauben, daß die Analyse bestimmte immer schon ins Auge fallende Züge des menschlichen Handelns als solchen hier nicht ans Licht gebracht hat. Wir wollen davon sprechen, wodurch dieses Handeln des Menschen zur Geste” wird, die auf- ihr Chanson sich stützt. Dieser Aspekt von Tat, Leistung, von durchs Symbol eingeengtem Ausgang, das, 'was diesen also symbolisch macht (aber nicht in dem entfremdeten Sinne, den dieser Ausdruck für gewöhnlich hat), das schließlich, um dessentwillen man von einem Übergang zur 'Tat sprechen kann, dieser Rubikon, der für ein Begehren steht, das immer verborgen bleibt in der Geschichte um seines Erfolges willen, all das, auf das hin jene vom Analytiker acting out genannte Erfahrung diesem einen gleichsam experimentellen Zugang erschließt, und~ worin sich seine ganze Kunst zeigt - der Analytiker verkürzt es im günstigsten Falle auf einen Rückfall des Subjekts, im schlechtesten auf einen Fehler des Therapeuten. . Verwundert konstatiert man, wie den Analytiker angesichts des Handelns falsche Scham anfällt, worin sich zweifelsohne eine echte verbirgt: die, die ihm aus einem Handeln kommt, dem eigenen, einem der höchsten, wenn es in die Niederungen der Verworfenheit hinabsteigt. 9 Was ist es denn anderes, wenn der Analytiker sich dazwischenwirft 32 A.d.Ü.: «Geste›› hier ein Wortspiel im alten Sinne der Chanson de geste = Tat. .

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und die Botschaft der Übertragung, die er deuten soll, als eine trügerische Bedeutung des Realen entlarvt, die nur Mystifikation ist? Der Analytiker von heute glaubt doch die Übertragung genau da fassen zu können, wo nach seiner Definition das Phantasma und die sogenannte passende Antwort auseinandergehen. Auf was passend, wenn nicht auf den Anspruch des Andern, und Worin sollte dieser Anspruch mehr Bestand oder weniger Bestand haben als die erhaltene Antwort, wenn der Analytiker sich nicht für autorisiert hielte, jeden Wert des Phantasmas zuverleugnen, indem er seine eigene Realität ausmißt. G A I Genau der Weg, auf dem er vorangeht, verrät ihn, wenn er auf diesem Weg sich ins Phantasma einführenimuß und sich als imaginäre Hostie anbietet für Fiktionen, in welchen ein stumpfsinniges Begehren wuchert, anbietet als ein unerwarteter Odysseus, der. sich zur Speise gibt, damit der Schweinestall der Circe gedeihe. Man sage ja nicht, ich wolle hier jemandem die Ehre abschneiden, denn dies genau ist der Punkt, an dem alle die,i die ihre Praxis nicht anders zu artikulieren vermögen, von selber sich Gedanken machen und sich beunruhigt fragen: Ist? es nicht bei den Phantasmen, wo wir dem Subjekt die Gratifikationlverschaffen, an der sich die Analyse festfährt? Dies dieFrage, die sie immer wiederholen in dem ausweglosen Insistieren des Unbewußten, das sie quält“. F 17. So läßt der Analytiker von heute seinen Patienten bestenfalls auf dem Punkt rein imaginärer Identifikation, der der Hysteriker verfallen bleibt, insofern sein Phantasma die Klebrigkeit derselben einschließt. B ' Also gerade der Punkt, wo Freud ihnwährend der ganzen ersten Zeit seiner Laufbahn zu schnell herausholen wollte, indem er das Verlangen nach Liebe forciert aufs Objekt der Identifikation bezog (bei Elisabeth von R. auf den Schwager; bei Dora auf Herrn K.; bei der jungen Homosexuellen aus dem Fall weiblicher Homosexualität 'sieht er klarer, stolpert aber, als er sich von der negativen Übertragung im Realen getroffen meint). Erst das Kapitel über die «Identifizierung›› in «Massenpsychologie und Ich-Analyse» setzt Freud in den Stand, klar diesen dritten Identifi”' A.d.Ü.: Die Anspielung auf «Gewissensquab (tourment de conscierzce -- trmrmfflt de Pinconscient) ist im Deutschen schwer hörbar zu machen. 232

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kationsmodus zu unterscheiden, der bestimmt ist durch seine Funktion als Träger des Begehrens und damit insbesondere durch die Beliebigkeit seines Objekts. Aber unsere Psychoanalytiker bleiben hart: Dieses beliebige Objekt ist die Substanz des Objekts, nehmet hin meinen Leib, nehmet hin mein Blut (diese Profanation stammt aus ihrer Feder). Das Geheimnis der Erlösung des Analysierten ist in dieser imaginären Vergießung, deren Oblat der Analytiker ist. A Wie sollte das Ich, mit dem sie sich hier zu helfen behaupten, nicht unter die verstärkte Entfremdung fallen, der sie das Subjekt überantworten. Immer schon und lange vor Freud haben die Psychologen, wenn sie sich auch nicht in diesen Wendungen ausgedrückt haben, gewußt, daß, wenn das Begehren die Metonymie des Seinsverfehlens ist, das Ich die Metonymie des Begehrens ist. A r So funktioniert die abschließende Identifizierung, deren sich die Analytiker rühmen. A Q i ' Geht es um Ich oder Über-Ich ihres Patienten, so zögern sie oder besser: machen sich nichts aus der Kur, 'um's genau zu sagen, und der Patient kann sich dann mit ihrem starken Ich identifizieren. Freud hat dieses Resultat in dem eben zitierten Aufsatz s_ehr genau vorausgehen, indem er zeigte, wie bei der Entstehung einer Führergestalt das unbedeutendste Objekt die Rolle eines Ideals übernehmen kann. Nicht von ungefähr orientiert sich die analytische Psychologie immer mehr an der Gruppenpsychologie, beziehungsweise an der Psychotherapie desselben Namens. i Beobachten wir die Auswirkungen davon in der analytischen Gruppe selbst. Es stimmt einfach nicht, daß die so betitelten Lehranalysanden sich nach dem Bild ihres Analytikers ausrichten, auf welcher Ebene man dieses auch betrachten mag. Viel eher sind die Analysanden eines Analytikers untereinander verbunden durch einen Zug, der in der Ökonomie eines jeden durchaus von sekundärer Bedeutung sein kann, in dem sich aber die Unzulänglichkeit des Analytikers in bezug auf seine Arbeit abzeichnet. i So läßt beispielsweise der, für den das Problem des Begehrens sich reduziert 'auf die Enthüllung der_Angst, in diesem Leichentuch all diejenigen zurück, die er geführt hat. 18. Wir sind nun also bei dem verflixten Prinzip dieser Macht, die immer offen ist für eine blinde Ausrichtung. Es ist die Macht, das _

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Gute zu tun, keine Macht hat ein anderes Endziel, und darum hat die Macht kein Ende. Hier aber geht es um anderes, es geht um die Wahrheit, um die einzige, um die Wahrheit über die Wirkungen der Wahrheit. Als Ödipus sich auf diesen Weg machte, hatte er bereits auf die Macht verzichtet. _ Worauf zielt folglich die Ausrichtung der Kur? Vielleicht genügt es, ihre Mittel zu befragen, um sie in ihrer Richtigkeit zu definieren. A Halten wir fest: s I. Daß das Sprechen hier alle Gewalten hat, die besonderen Gewalten der Kur; ~ _ 2._Daß man weit davon entfernt ist durch die Regel das Subjekt auf das volle Sprechen oder auf den zusammenhängenden Diskurs zu verpflichten, sondern ihm die Freiheit 'läßt, sich hierin zu ver.. suchen;

3. Daß es gerade diese Freiheit sehr schlechtverträgt; I . 4. Daß der Anspruch eigentlich das ist, was in der Analyse ausgeklamrnert bleibt, da ausgeschlossen ist, daß der Analytiker einem solchen stattgibt; j s i 5. Daß dem Eingeständnis des Begehrens kein Hindernis in den Weg gelegt werden darf, und daß dies der Punktist, auf den hin das Subjekt auszurichten, ja sogar zu kanalisieren ist; 6. Daß der Widerstand gegen solches Eingeständnis in letzter Analyse hier 2111 Hißhffi anderem liegen kann als an der Unverträglichkeit des Begehrens mit dem Sprechen. s Sätze, die in meinem Diskurs zu finden vielleicht einige, selbst einige meiner gewohnten Hörer wundern wird. _, Man spürt hier die brennende Versuchung beim Analytiker, auf den Anspruch zu antworten, so wenig es auch sein mag. Mehr noch, wie ist das Subjekt daran zu hindern, ihm eine solche Antwort zu unterstellen in der Gestalt seines Anspruchs auf Heilung und gemäß dem Gesichtskreis eines Diskurses, den es ihm imputiert mit um 30 größerem Recht, als unsere Autorität Anspruch aufcihn erhebt, egal ob zu Recht oder sonstwas. Wer wird nun dieses Nessushemd vonuns nehmen, das wir uns selber gfiwifht hfi1h@I1¦id9~ß diflfñnalyse auf sämtliche Desiderate des AnSPrUChS 2111tW01'IBI Und Zwar mittels verbreiteter Normen? Wer wird diesen ungeheuren Mist der analytischen Literatur aus dem Augiasstall hinauskehren? g Zu welchem Schweigen muß deriAnalytiker nun sich verpflichten, 234

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um überdiesem Sumpf den erhobenen Finger des heiligen johannes von Leonardo hervortreten zu lassen zu dem Ende, daß die Deutung den verlassenen Horizont des Seins wiederfindc, an dem ihre Kraft des Anspielens sich entfalten soll? ı9.Da es sich darum handelt, das Begehren zu fassen, und dieses nur buchstäblich zu fassen ist, weil seinen' Platz als Himmelsvogel die Netze der Letter determinieren, überdeterminieren, wie sollte man da vom Vogler nicht verlangen, daß er zuallererst literarisch gebildet sei? Die <
damit beim Analytiker sein soll (mit dem «Sein›› des Analytikers)

in Rücksicht auf sein eigenes Begehren; _ _ Wer besitzt noch die Naivität, in Rücksicht auf Freud sich an die Gestalt eines rechtschaífenen Bürgersvon Wien zu halten, der seinen Besucher André Breton damit in Erstaunen versetzte, daß er durchaus nicht als ein von Mänaden Gejagter sich aufspielte. Nun da wir nichts mehr besitzen alsdas Werk, erkennen wir in ihm nicht einen Feuerstrom, der nicht' das geringste zu tun hat mit den artifiziellen Wässerchen eines François Mauriac? r Wer verstand es besser als er, indem er kein Hehl aus seinen Träumen machte, die Schnur zu drehen, auf der der.Ring gleitet, der uns mit dem Sein verbindet, und ihn so in den geschlossenen Händen, die sich ihn im Wieselspiel” menschlicher Leidenschaft weiterreichen, kurz_aufleuchten_zu lassen? Wer hat wie dieser Stubengelehrte gewettert gegen die, die den Genuß gepachtet haben und die Last des Bedürfnisses abladen auf die'Schultern der andern? 3'* A.d.Ü.: Gemeint ist Walter Muschg, dessen Zürcher Antrittsvorlesung über «Psychoanalyse und Literaturwissenschaft» handelte und der ab 1936 in Basel gelehrt hat. Die Freudschule von Paris würdigte Muschg mit einer Übersetzung eines seiner Auf-› sätze zu diesem Thema und einem längeren Kommentar dazu. S. La Psychanalyse, Vol. 4, Paris. 35 A.d.Ü.: Ein französisches Kinderspiel, bei dem ein Ring, der an einer Schnur hängt, im Kreis von Hand zu Hand gleitet. Zu erraten ist,- in wessen Hand der Ring am Ende eines Versspruchs sich befindet. _ 7-35

:fc:

Wer hat wie dieser Kliniker, der gebunden War an die Alltäglichkeit des Leids, das Leben ähnlich unerschrocken abgefragt nach seinem Sinn, und das nicht um zu sagen, daß es keinen hat, was bequem wäre, wollte man sich die Hände in Unschuld waschen, sondern nur einen, wo das Begehren getragen ist vom Tod? Begehrensmensch, Mensch eines Begehrens, das er gegen seinen Willen verfolgte auf Wegen, wo es sich spiegelt im Riechen, im Herrschen und im Wissen, der es hier .aber verstand, er allein, eingeweiht in abgelebte Mysterien, den Signifikanten ohne Gleichen zu enthüllen; diesen Phallus, den zu bekommen wie zu geben gleichermaßen unmög-. lich ist für den Neurotiker, gleichviel ob _er weiß, daß der Andere ihn nicht hat, oder hat, weil in beiden Fällen sein Begehren anderswe ist: nämlich Phallus zu sein, und daß der Mensch, ob Mann oder Frau, akzeptieren muß, ilın zu haben und nicht zu haben, ausgehend von der Entdeckung, daß er nicht Phallus ist. Hier schreibt sich jene letzte Spaltung“ ein, durchdie das Subjekt dem Logos sich artikuliert und über die Freud, als er über sie zu schreiben begann [r2], auf dem letzten Gipfel eines Werkes von den Dimensionen des Seins uns die Lösung dert«unendlichen›› Analyse gab, als sein Tod das Wort Nichts darunter setzte. _ g

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3° A.d.Ü.: Deutsch im Original. 2 36

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Hinweis und Literaturangaben Dieser Vortrag ist ein ausgewähltes Stück aus unserer Lehre. Unser Diskurs auf dem Kongreß und die Antworten, die dieser erhielt, haben ihn in seinen Zusammenhang gestellt. Wir haben damals eine Skizze vorgelegt, die die Ausrichtungen, die wir hier in bezug auf das Feld der Analyse und die Handhabung derselben vorstellen, präzise erfaßt, Wir geben hier alphabetisch geordnet nach Autoren die Belegstellen, auf die unser Text durch die Zahlen in eckigen Klammern verweist. › 4 Wir verwenden folgende Abkürzungen: _ G. W.: Sigmund Freud, Gesammelte Werke (Imago-Ausgabe). Die römische Zahl meint die Bandnummer. I.].P.: International journal of Psychoanalysis. _ The P. Q.: The Psychoanalytic Quarterly. ` La P. D. A.: Ein Werk mit dem Titel: La psychanalyse d'aujourd'hui, erschienen bei den Presses uniVCI'SiIfiifßS de Ffaflßß, auf das wir uns nur um der naiven Einfalt willen beziehen, mit der sidi darin der Hang dokumentiert, in der Psychoanalyse die Ausrichtung der Kur und die Prinzipien ihrer Madıtherabzusetzen. Eine Arbeit, die sicher nach außen wirkt, aber auch nach innen: als Obstruktion.Wir zitieren also nicht die Autoren, die durch keinerlei wissenschaftlichen Beitrag im strengen Sinne auftreten. [1] Karl Abraham, Die Psychosexuellen Differenzen der`Hysterie und der Dementia praecox (Erster Internationaler psydnoanalytischer Kongreß in Salzburg, 26. April 1908), Centralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie, 2. Heft, Juli 1903, Neue Folge Bd. 19, S. 521-533, und in Klinische Beiträge zur Psychoanalyse (Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig-Wien--Zürich 1921). [1] G'-f01'g°5 DCVef°UX› 501110 Criteria for the timing of confrontations and interpretations, I. J. P. XXXII, 1 (Januar 1951), p. 19-24. [3] Sandor Ferenczi, Introjektion und Übertragung, Jahrbuch für psychoanalytisdıe und psychopathologische Forschungen Bd. I (1909), S, 422-457 und 3_ F” Bausteine zur Psychoanalyse, Bd. I, Bern 19642, S. 9-5 7. ' [4] Anna Freud, Das Ich und die Abwehrmechanismen, 1936, Kap. IV; Die Abwehrmechanismen. Vgl. Versuch einer Chronologie, S. 60--63 (Internationaler Psychoannlytischer Verlag, Wien 1936). i I I _ [5] Sigmund Freud, Studien über Hysterie, 1895, G. W., I, Fall Elisabeth von R.. S. 196-151, S. 12;-127. [6] Sigmund Freud, Die Traumdeutung, G. W., II-III. Vgl. Kap. IV: Die Traumentstellung, S. 152--156, S. 157 und S. 163-168. Kern unseres ,Wesens, S. 609. I7] Sigmund Freud' Bruchstück einer HYSterie-Analyse (Dora), beendet am 24. Jan. 1901 (vgl. Sigmund Freud, Aus den Anfängen der Psychoanalyse, Frankfurt am Main 1962, S. 280, Brief 140). [8] Sigmund Freud, Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose, 1909, G. W., VII. Vgl. in I, d) Die Einführung ins Verständnis der Kur, S. 40:.--404 und die Fußnote S. 404 f., dann I, f) Die Krankheitsveranlassung, also Freuds entscheidende Deu137

tung dessen, was wir mit «Das Thema (Sujet) der Krankheit» übersetzen Würden, und I, g) Der Vaterkomplex und die Lösung der Rattenidee, auf S. 417--438. [9] Sigmund Freud, jenseits des Lustprinzips, 1920, G. W., XIII: Vgl. wenn noch nötig S. 1 1--14 des II. Kap. ' [10] Sigmund Freud, Massenpsydıologie und Ich-Analyse, i 1921, G» W-2 XIII, Kap. VII: Die Identifizierung, S. 116-1 18. [11] Sigmund Freud, Die endliche und die unendliche Analyse, 1937, G. W., XVI, S. 59-99, ins Französische übersetzt unter dem Titel: Analyse terminëefl) et analyse ı'ntermz`nahle(!!). Unsere Ausrufezeidıen gelten den Standards, die in der französischen Übersetzung von Freuds Werken praktiziert werden. [12] Sigmund Freud, Die Ichspaltung im Abwehrvorgang,-G. W., XVII, Schriften aus dem Nadılaß, S. 58-62. Datum des Manuskripts: 2. Jan. 1938 (unvol-lendet). [13] Edward Glover, The therapeutic effect of inexact interpretation: a contribution to the theory of suggestion, I._].P., XII, 4 (Okt. 1931),'S. 399-411. [14] Hartmann, Kris and Löwenstein, ihre Veröffentlichungen im Team, in The psychoanalytic study of the child, seit 1946. __ _ _ [15] Ernst Kris, Ego psychology and interpretation in psychoanalytic therapy, The P.Q., XX, No 1, jan. 1951, S. 21-25. [16] Jacques Lacan, Unser Vortrag von Rom, 26-27. Sep. 1953; Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse, siehe oben S. 71 ff. [17] Jacques Lacan, Die Instanz der Letter im Unbewußten oder die Vernunft seit Freud, 9. Mai 1957, ersdıeint in «Sdıfifçen 11,., ' , _ [18] Daniel Lagache, Le problème dutransfert (Vortrag an der XIV. Konferenz der Psychoanalytiker französischer Sprache, 1. Nov. 1951), Rev. franç. Psychan., t. XVI, 1952, No 1-2, S. 5-115. [19] Serge Le_c1aire, A la recherdıe des principes d'une psychothérapie des psychoses (K0I1gfCß V011 BOIIHCVRI, I 5- April 1957), L'Evolution psydıiatrique, 1958, fasc. 2, p. 377-419-

[20] Ida Mâcalpine, The development of the transference, The P.XIX, No 4, Okt. 1950, S. 500-539, besonders S. 502-508 und S. 522-528. ill] L9- P-D-A» 5- SI f. (über «prägenital›› und «genital››), passim (über die Ichstärkung und die Methode derselben), S. 102 (über die Distanz zum Objekt, methodisches Prinzip einer Kur). ' ' [22] La P. D. A. Vgl. in der Reihenfolge S. 133 (emotionale Reedukation), S. 133 (Gegensatz der P.D.A. zu Freud in der Frage über die Bedeutung der ZweierbeziehUf18)› 5' 132 (die Heilung «von innen heraus››), S. 135 (wichtig ist . . . nicht so sehr, was der Analytiker sagt oder tut, als vielmehr das, was er ist), und S. 136, etc., passim und auch S. 162 (über den Abschiedam Ende der Behandlung), S. 149 (über den Traum). 1 i L " [2 3: R. L., Perversion sexuelle transitoire au cours d'un traitement psydıanalytiqüßs Bulletin d'activités de 1'Association des Psychanalystes de' Belgique, No 25, 3- I-17› 1 18, rue Froissart, Brüssel. [24] Ella Sharpe, Technique of psychoanalysis, Coll. Papers, Hogarth Press. Vgl.

S. 81 (über das Bedürfnis, seine Existenz zu rechtfertigen); S. 12-14 (über die Kennt-

nisse und die erforderlidıen Techniken des Analytikers). 238

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6

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[25] Melitta Schmideberg, Intellektuelle Hemmung und Eß-störung, Zeitschrift für psychoanalytische Pädagogik, VIII, 1934. [26] _].D.Williams, The compleat strategyst, The Rand Series, McGraw-Hill Book Company Inc., New York, Toronto, London. [27] D.W.Winnicott, Transitional objects and transitional phenomena, 15. Juni 1951, I.].P., XXXIV, 1953, S. 11, S. 29-97.

Übersetzt 'von Norhert Haas I

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139

Begriffsregister Aufgenommen in dieses Register, das im zweiten Band dieser Ausgabe : er s änzt wer_ Die den wird, sind mit wenigen Ausnahmen nur Termini Laca ns 'ım engeren Sinne. ` Entspredıungen des psychoanalytısdıen Vokabulaısfindet man bei J. Laplanche und, J.-B. Pontalis, Das Vokabular der Psydıoanalyse › Frankfur t am M aın ` 1972, in der <Spıegelstadıum» und Übertragung von Emma Moersch 1 der wir n 111' In ` d en Begriffen ` ' ' «Phantasma» nidit folgen. ' der l das andere der l das Andere _ Anspruch Augenblidc des Schließens _ _ Aufklaffen Bedeutung Bedürfnis Begehren, seltener Begierde, Wunsch Diskurs Effekt, Wirkung Engführung das Imaginäre › signifikante Kette Letter, Buchstabe, Brief Lust Lusterleben, seltener Genuß Phantasma das Reale Seinsverfehlen Signifikant

= effe; = défilé = Pimaginaire = chaine signifiante = lettre == plaisir = jouissance = famásme = le reel = manque à être 2 signifiant

Slgfilfikat

Spiegelstadium Sprechen leeres Spredıen volles Sprechen

= Pautre = l'Autre _ - = demande moment de cnnclum = beance = signification = begein = désir ` = discours

=

1

(1215 symbOllSd'1C

= stade du miroir _ .__ - parole = parole vide -._- paro ' 1 e pleine = lg symbolique

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